Geschichte des urartäischen Reiches

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Die Geschichte des urartäischen Reiches umfasst die Entwicklungen des Urartäischen Reiches, ein altorientalisches Reich in Ostanatolien, von den Anfängen im 9. Jahrhundert v. Chr. bis zu seinem Ende im 6. Jahrhundert v. Chr.

Datierung

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Die Abfolge der urartäischen Könige lässt sich über die durchgängige Angabe des Vatersnamens und Synchronismen mit Assyrien rekonstruieren. Bestimmte Namen sind sehr häufig (Rusa, Argišti und Sarduri), in der Spätzeit wurden nur noch Rusa und Sarduri verwendet. Daher ist die Abfolge der letzten Könige umstritten.

Name Vater Traditionelle Zählung Regierungsbeginn Regierungsende Gesicherter Vorgänger Gesicherter Nachfolger Regierungsjahre
Rusa Sarduri I 713 Sarduri Argišti 22
Argišti Rusa II 714/713 680? Rusa Rusa 28
Rusa Argišti II 685 645 oder früher/653/655 unsicher, 650/660 53/63/69
Rusa Erimena III ? ? ? ? ?

Die genaue Datierung der urartäischen Könige ist schwierig und oft nur über Synchronismen mit Assyrien möglich.

Urartäische Könige Synchronismen Assyrische Könige
Ištar-Duri 643 Assurbanipal (681–669)
Ursa 652 Assurbanipal (681–669)
Ursa Assurhaddon (669–627)
Sanherib (704–682)
Ursa Sargon II. (721–705)
Argišta 708 Sargon II. (721–705)
Sardaurri 743, 735? Tiglath-Pilesar III. (744–727)
Argišti/u Salmanasser IV. (781–772)
Ušpina Samši-Adad V. Jahr 821 Samši-Adad V. (823–811)
Seduri Salmanasser III., 31. Regierungsjahr (832) Salmanasser III. (858–824)
Aramu Regierungsjahre 858, 856, 844 Salmanasser III. (858–824)

(Angaben nach Salvini)[1]

Frühe Könige (Arzaškun in Nairi)

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  • ab mindestens 858 bis mindestens 843/höchstens 824 v. Chr. Aramu, Herrscher der Stadt Arzaškun

Aufstieg zu Regionalmacht

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  • ab mindestens 832–825 v. Chr. Sarduri I. Sohn des Lutipri, in den Anfängen noch regionaler Herrscher neben Kakia im Gebiet von Nairi.
  • 825–810 v. Chr. Išpuini
  • 820–810 v. Chr. Išpuini und Menua
  • 810–785 v. Chr. Menua, Sohn des Išpuini
  • 785–753 v. Chr. Argišti I.
  • 753–735 v. Chr. Sarduri II., Sohn des Argišti
  • 735–714 v. Chr. Rusa I.
  • 714–680 v. Chr. Argišti II., Sohn des Rusa
  • 680–639 v. Chr. Rusa II., Sohn des Argišti, 690–660 nach Salvini 2006

Ende der assyrischen Quellen

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Im Jahr 858 zog Salmanasser III. gegen Kakia, König von Nairi. Auch der Name des urartäischen Herrschers Aramu ist aus den Annalen von Salmanasser III. bekannt. Aramu bedeutet unter Umständen „Aramäer“ ist also kein Eigenname.[2] Salmanasser zog im ersten (858), dritten (856) und 15. Jahr seiner Herrschaft gegen Aramu, konnte aber nicht viel gegen ihn ausrichten. In den Annalen berichtet er, wie er aus Daiaeni kommend (vielleicht in der Gegend von Erzurum[3]), gegen die königliche Stadt (āl šarrūtī-šu) Aramus, Arzaškun, zog. Aramu floh aus Arzaškun vor der Macht seiner Waffen auf den Berg Adduri. Salmanasser zerstörte, wie auf dem schwarzen Obelisken und der Kurba’il Statue berichtet, Arzaškun und ließ ein Relief seiner selbst auf dem Berg Eritia anbringen, bevor er weiter nach Aramalê zog, das er zerstörte. Auch Turušpa zahlte ihm Tribut. Die Zerstörung von Arzaškun ist auch auf den Bronzetoren von Balawat abgebildet. Die Lage von Arzaškun ist unbekannt, Burney[4] will es in der Ebene zwischen Yoncalı und Patnos lokalisieren, Piotrovsky bei Erzurum und Salvini nördlich des Tigristunnels (Birkilin Çay), also vielleicht in der Sophene, oder in der Nähe von Musasir.[5] Sugunia ist eine weitere Stadt, die Salmanasser erwähnt, auch ihre Lage ist unbekannt.

Die Bildung eines zentralisierten urartäischen Staates war vielleicht eine Reaktion auf die vermehrten assyrischen Angriffe auf die vorher unabhängigen Stämme von Urartri.[6][7] R. Barnett[8] hält die Unterbrechung der Handelsrouten durch die assyrische Expansion für den entscheidenden Faktor, Levine[9] dem Kampf um Ressourcen.

Sarduri I.

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Erste eigene Belege eines solchen urartäischen States entstanden um 845 v. Chr. als Sarduri I. akkadische Inschriften im Tal von Van anbringen lässt. Es wird angenommen, dass die Dynastie ursprünglich aus dem Gebiet von Rawanduz in Ḫušaubuškia stammte.[10] Sarduri erbaute eine Festung neben dem Burgfelsen von Van, die erste bekannte urartäische Festung überhaupt. Das nördliche Seeufer wurde erobert.

Išpuini

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Eine Inschrift des Išpuini stammt aus Toprakkale bei Eleşkirt am westlichen Ende der Ebene von Ağrı.[11] Sie berichtet über seine Feldzüge im Norden.[12] Er zog danach gegen die Witeruhi, Luša und Katarza und das Land Etiuḫi zu Felde.[13] Diese werden gewöhnlich nördlich des Ararat lokalisiert.[14] Eine weitere Inschrift wurde in Nachitschewan gefunden. Es wird gemeinhin angenommen, dass entweder Išpuini oder sein Sohn Menua um 810 Hasanlu in Mannai eroberten.[15] Gegen Ende der Regierungszeit von Išpuini finden Feldzüge zum südlichen und westlichen Teil des Urmia-Sees statt, die unter anderem durch die Inschrift von Taštepe und die Stele von Karagündüz belegt sind.[16]

Menua eroberte Malatya und die Ušnu-Ebene und erreichte den Araxes, wo er eine Festung erbauen ließ. Nach der Felsinschrift von Yazılıtaş und der Inschrift von Süngütaşı (Zivin) zog er gegen Diaueḫe und Erekua zu Felde,[17] Diaueḫe wurde tributpflichtig gemacht, aber nicht dem Reich angegliedert. Inschriften aus Taşburun und Başbulak berichten von Bauten, die der König hier errichten ließ.[18]

Auch der Bau der Festung von Qalatgah wird Menua zugeschrieben.[19] Er behauptet, im Westen den Euphrat überschritten zu haben. Menua legte sich den Titel „König der Könige“ (LUGAL e-ri-la-a-ú-e) zu.

Argišti I.

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Sein Sohn Argišti gliederte dem Reich die fruchtbare Ararat-Ebene an. Unter seiner Herrschaft stieß Urarṭu am weitesten nach Norden vor.[17] Er führte Feldzüge gegen Diaueḫe, Luša, Katarza, Etiuḫi und Witeruḫi (Inschrift von Horhor[20]) und überfiel Tariuhi, Biani und Ḫušauša. Diaueḫe wurde jedoch nicht endgültig unterworfen, Sarduri II. berichtet von weiteren Feldzügen. Er führte die ersten Feldzüge in das Gebiet des Sewansees.[21] Argišti ließ Erebuni und Argištihinili erbauen.

Argišti I. führte Krieg gegen Aššur-nirari V. (754–745). In den Jahren 7–13 seiner Regierung zog er gegen Mannai[19] und erbeutete hier unter anderem Kamele.[22]

Sarduri II.

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Sarduri II. führte weitere Feldzüge im Norden, außer gegen Diaueḫe auch gegen Etiuḫi, Iga und zweimal gegen Qulḫa in der Nähe von Ḫušauša, das manchmal mit Kolchis gleichgesetzt wird.[23] Er erbeutete hier Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde und verschleppte zahlreiche Gefangene. Es wird auch ein Eisengegenstand erwähnt. In Diaueḫe konnte er Gold, Silber und Kupfer erbeuten. Inschriften des Sarduri sind unter anderem aus Güzelhisar und Taşköprü bekannt.[24] Er trug den Titel „König der Könige“ (LUGAL e-ri-la-ú-e).

Sarduri war Mitglied der anti-assyrischen Koalition in Kummuhi. Nachdem Tiglat-Pileser III. diese 743 niedergeworfen hatte, führte er einen Straffeldzug nach Urartu durch und plünderte Turušpa. Dies hatte jedoch keine nachhaltigen Folgen. Gegen Ende seiner Herrschaft eroberte Sarduri das südliche Ufer des Sewansees, nach seinem Tod scheint dieses Territorium aber wieder verloren gegangen zu sein,[25] das nördliche Ufer konnte sich urartäischen Vorstößen erfolgreich widersetzen.

Die urartäische Expansion fällt so vor allem in das Ende des 9. und den Beginn des 8. Jahrhunderts. Im 8. Jahrhundert richteten sich die jährlichen königlichen Feldzüge vor allem gegen das östliche Anatolien. Die Könige zogen unter dem šuri aus, einer Zeremoniallanze von fast 0,8 m Länge[26] (früher auch als Schwert oder Ḫaldi geweihter Streitwagen identifiziert). Regelmäßig wird von erbeuteten Vieh und Gefangenen berichtet. Zimansky sieht daher in diesen Feldzügen eher Raubzüge, die der Versorgung des urartäischen Kerngebiets dienten und Arbeitskräfte für den Bau der zahlreichen Festungen lieferten.[10] Sarduri berichtete, auf einem Feldzug gegen Eria (bei Gjumri) 6436 Männer und 15.553 Jünglinge gefangen genommen und nach Urartu deportiert zu haben, insgesamt 21.989 Menschen, zusammen mit 1613 Pferden, 115 Kamelen, 16.529 Rindern und 37.685 Schafen. Rusa I. eroberte die mannäische Provinz Uišdiš (Sargon, Gottesbrief). Die Deportations-Politik wurde bis in die Zeit von Rusa II. fortgesetzt. Er verschleppte unter anderem Frauen aus Muški, Ḫatti und Ḫaliṭu.[27] 735 zog Tiglat-Pileser III. gegen Urarṭu und plünderte Turušpa, konnte aber die Zitadelle nicht einnehmen.[28]

Rusa I. eroberte die mannäische Provinz Uišdiš.[29] Er führte erneute Feldzüge in das Gebiet des Sewansees.[30] Seine Eroberungen sind auf der Felsinschrift von Zowinar aufgeführt. 735 zog Tiglat-Pileser III. gegen Urarṭu und plünderte Turušpa, konnte aber die Zitadelle nicht einnehmen.[31] 714 v. Chr. war Urarṭu Ziel des 8. Feldzuges des assyrischen Königs Sargon. Dieser rühmt sich in seinem Gottesbrief, Rusa geschlagen zu haben, der daraufhin geflohen sei und Selbstmord begangen habe.[32] Sargon plünderte den Ḫaldi-Tempel in Musasir und machte reiche Beute, konnte aber keine bleibende Herrschaft im Gebiet des Vansees oder Urmia-Sees etablieren. Nach Sargons 8. Feldzug herrschte längere Zeit Frieden zwischen Assyrien und Urarṭu, nicht, weil letzteres unterworfen oder bleibend geschädigt worden war, sondern weil beide Reiche andere Probleme hatten.[33]

Argišti II.

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Von Argišti II. stammt eine Felsinschrift bei Kömürhan am Euphrat und mehrere Inschriften am Sewansee.

Rusa II., Sohn des Argišti war der letzte bedeutende urartäische Herrscher. Seine genaue Herrschaftszeit ist unbekannt. Einziger Fixpunkt ist eine Erwähnung in einem Gebet Assurbanipals von 653/652. Rusa rühmt sich in einer Inschrift von dem Tempel in der Festung Rusahinili des Sieges über Assur, Targu, Etiuḫi, vielleicht das Tal des Kura, Tabal, Qairanu, Ḫatti, Muški und Siluquini (Suluqu südlich des Sewansees?),[34] Bewohner dieser Länder wurden nach Urartu deponiert. Rusa erbaute fünf neue, sehr große Festungen, die teilweise ältere Strukturen ablösten. Seine Herrschaft sah tiefgreifende Veränderungen der urartäischen materiellen Kultur mit einem verstärkten assyrischen Einfluss.[35]

Um 645 wurden eine Reihe von Festungen, darunter Ayanıs, Bastam, Yukan Anzaf und Çavuştepe zerstört, vermutlich auch Karmir Blur, Rusanihili und Toprakkale. Die zugehörigen Siedlungen, soweit ergraben, wurden friedlich aufgelassen. Diese Zerstörungen werden gewöhnlich den Kimmerern zugeschrieben, Çilingiroğlu und Salvini[36] schließen jedoch auch ein Erdbeben nicht aus. Ein Kollaps der zentralen Autorität musste für das labile Wirtschaftssystem verheerende Folgen haben. Es beruhte auf intensiver Landwirtschaft (vor allem Bewässerungsfeldbau) in den wenigen fruchtbaren Tälern und der Ausbeutung der reichen Metallvorkommen (Eisen, Kupfer und Silber), aber auch zu einem nicht geringen Teil auf Kriegsbeute und der ständigen Zufuhr von Gefangenen als Arbeitskräfte. Fielen diese aus, wurden die ausgedehnten Bewässerungskanäle nicht in Schuss gehalten und versagte das Redistributionssystem, das auf ausgedehnten Lagern von Nahrungsmitteln wie Getreide und Trockenfleisch in den Zitadellen beruhte (vgl. die Tierknochen aus Bastam), ging ein Teil der Bevölkerung vermutlich wieder zu einer nomadischen Lebensweise über, unterworfene oder verbündete Stämme spalteten sich ab und der schriftkundigen Bürokratie war die Lebensgrundlage entzogen.

Bernbeck sieht das Ende Urartus dagegen als lokale Rebellionen gegen den unter Rusa II. zentralisierten Staat.[37]

Späte Herrscher

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Mit dem Ende des Assyrischen Reiches 614 endet die wichtigste Quelle zur Chronologie von Urarṭu. Der letzte aus assyrischen Inschriften bekannte Herrscher von Urarṭu ist Ištar-Duri im Jahre 643.[38] Assurbanipal rühmt sich 643, die Unterwerfung von Rusa, dem König von Urartu, entgegengenommen zu haben.[39]

Die von Igor M. Diakonov so genannten Prinzensiegel, in Kamir-Blur, Bastam, Toprakkale und Ayanıs gefunden, tragen die Abbildung eines Heiligen Baumes zwischen zwei Genien (apkallu) und oft eine Inschrift, die als A.NIN-li, Sohn der Königin, gelesen wurde. Folgende Prinzensiegel sind bekannt:[40]

Eigentümer Umschrift Fundort
mRu-sa-a-i mRu-sa-he Rusa, Sohn des Rusa Kamir Blur
mRu-sa-[a-i m]dSar5-du-[ri-]hi Rusa, Sohn des Sarduri Bastam
m.dSar5-du-hi[?]dSar5-du-[ri]-hi Sar(duri), Sohn des Sardu(ri) Bastam, Kamir-Blur
m.dSar5-du-ri mRu-sa Sarduri Sohn des Rusa Bastam
m]E-[r]i.me-n[a-n]é? Erimema Karmir-Blur

Diese Männer wurden als Angehörige des Königshauses in hohen Positionen oder als Kronprinzen gedeutet.

Auf Grund eines Siegels aus Ayanıs wird die Inschrift von Hellwag nun als A.ZUM-lis oder a-s.u-lis gelesen und als Siegel eines hohen Beamten gedeutet, der vielleicht für die Bewässerung zuständig war oder die Schleusenöffnungszeremonie (aus der Regierungszeit von Argišti II. und Rusa II. belegt) im Namen von Ḫaldi, Teišeba und Sivini durchführte[41]. Die Namen sind aber für das Herrscherhaus typisch und meist anderweitig nicht belegt.

Ein Rusa, Sohn des Erimena ist auch durch Inschriften aus Arin-Berd und Argištihinili nachgewiesen. Der Name seines Vaters ist nie als der eines Herrschers belegt, was manche Autoren dazu geführt hat, in ihm einen Usurpator zu sehen. Das Siegel des Erimena[42] war aber mit einem geflügelten Pferd versehen, wie auch die Siegel einiger A.ZUM-li, die Hellwag als hohe Beamte am Hof von Rusa II. deutet. Letztlich ist nur für Rusa, Sohn des Rusa und Rusa, Sohn des Erimena belegt, dass sie den Titel König (e-ri/LUGAL-li) trugen. Ihre Abfolge ist Gegenstand zahlreicher Abhandlungen, aber letztlich nicht eindeutig festzulegen.

Auf Grund der Stele von Gövelek hat Altan Çilingiroğlu eine veränderte Reihenfolge der Könige vorgeschlagen.[43]

Traditionelle Abfolge Çilingiroğlu 2008
Rusa Sarduriḫi (I) Rusa Sarduriḫi (I)
Argišti Rusaḫi (II) Argišti Rusaḫi (II)
Rusa Argištiḫi [II] Rusa Erimenáḫi (III)
Niedergang Rusa Argištiḫi (II)
Rusa Erimenáḫi (III) Niedergang

Das Ende von Urartu

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Es wird angenommen, dass Urarṭu mehrfach Ziel kimmerischer und skythischer Einfälle war. In den Brandschichten von Bastam, das allerdings schon Mitte des 7. Jahrhunderts v. Chr. zerstört wurde, sowie von Tušpa (Toprakkale), Teišebai (Karmir Blur) und Argištihinili fanden sich dreiflügelige Bronzepfeilspitzen und skythisches Pferdegeschirr. Es wird gewöhnlich angenommen, dass an diesen Eroberungszügen auch Meder und transkaukasische Stämme beteiligt waren. Die Pfeilspitzen aus Karmir Blur, in Bündeln niedergelegt, stammen allerdings aus einem Weihedepot in der Festung, sind also kaum als Hinweis auf die ethnische Identität ihrer Eroberer zu werten. Trensenknebel aus Bein, die in einem stark stilisierten Raubvogelkopf enden, wurden in Kaplantu, Kamir Blur, Çavuştepe, Hasanlu IIIB und Nuš-i Jan im Westiran gefunden. Sie sind typisch für die Kelermes-Stufe des frühen 7. Jahrhunderts.[44]

Piotrovski setzt das Ende von Urartu 590 oder 585 an, vor allem auf Grund von Jer 51,27 LUT Jeremia 51:27, in der Ararat (Urartu) neben Minni und Aschkenas (gewöhnlich als Skythen gedeutet) gegen Babylon zu Feld zieht; seine Interpretation wird jedoch überwiegend abgelehnt, die meisten Forscher gehen davon aus, dass das Reich bereits im 6. Jh. sein Ende fand.[45]

Zu einer endgültigen Beurteilung des Endes von Urarṭu sind insgesamt mehr exakte Daten nötig.

Mit dem Ende des Reiches verschwindet auch die urarṭäische Sprache. Als Xenophon und die Zehntausend 401/400 v. Chr. durch das Gebiet marschierten, lebten hier Armenier, Karduchoi, Chaldaoi und Taochoi unter persischer Herrschaft. Xenophon erwähnt keine der urartäischen Festungen.[46] Der armenische Historiker Moses von Choren schreibt dann die Inschriften und Bauten auf dem Burgberg von Van bereits der mythischen Königin Ara Semiramis zu,[47] das Reich von Urarṭu ist offensichtlich völlig vergessen.

Babylonische Feldzüge

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Geschichte des urartäischen Reiches (Urartu)
Nisibis
Tur Abdin
Arrapḫa
Erbil
Mardin
Kešilin-Pass
Feldzugsstationen auf dem Weg nach Urartu

In den Jahren 609 v. Chr. bis 607 v. Chr. führte der babylonische König Nabopolassar jährlich Feldzüge nach Urarṭu. Den Feldzugsberichten konnten Historiker wertvolle Informationen über Routen entnehmen, die bereits von den Assyrern benutzt wurden.

Feldzüge nach Urarṭu erfolgten über Arrapḫa, Erbil, Nisibis, Mardin und Tur Abdin. Feldzugsgeschwindigkeiten liefern exakte Zusatzinformationen:

„Im Monat Ellul des Jahres 608 v. Chr. sammelten sich die Truppen und überschritten den Tigris. Über Bit Hannuni erfolgte der Zug in die Berge von Urarṭu. Städte und Bauwerke wurden gebrandschatzt und die Bevölkerung getötet. Von Ura nach Kirski wurden sechs Doppelstunden benötigt.[48] Im Monat Tebet erfolgte die Rückkehr nach Babylon.“

Nabopolassar: Robert Rollinger[49]

Der bisher meist für das Jahr 547 v. Chr. angesetzte Lydien-Feldzug des Perserkönigs Kyros II. erfolgte unter der Annahme, dass die Lesung Lu-u-[d-di] von Sydney Smith aus dem Jahr 1924 korrekt sei. Es ergaben sich jedoch Zweifel an dieser Übersetzung. Die Assyriologen Grayson und Hinz schlossen als erste Silben auch Su und Zu nicht aus und verlegten den Feldzug nach Palmyra. 1977 kam J. Cargill zu dem Ergebnis, dass eine Lesung als Lydien wenig wahrscheinlich sei und Kyros bis in die Jahre 543/542 v. Chr. mit Feldzügen im medischen Kerngebiet beschäftigt war.[50] Ran Zadok bezweifelte 1985 die Lesung von Sydney Smith, da die übliche Schreibung von Lydien Lu-u-du war.

Untersuchungen in den Jahren 1996 bis 2004 ergaben eine Rekonstruktion des beschädigten Fragments als Ituguana KURU-[raš-tu il-li]k, wobei der Name Uraštu die keilschriftliche Kurzform von Urarṭu darstellt und die Vermutungen von J. Cargill und R. Zadok damit bestätigt wurden.

 
Geschichte des urartäischen Reiches (Urartu)
Karkemiš
Lydische Grenze
Mari
Tubal Grenze
Feldzugsstationen nach Lydien

„Im Monat Nisanu sammelte Kyros, König von Parsu, seine Truppen und überquerte unterhalb von Erbil den Tigris. Im Monat Ajaru marschierte er nach Urartu, schlug den dortigen König und stationierte seine Truppen in einer Festung.“

Nabonaid-Chronik:Robert Rollinger[51]

Genaue Auswertungen der Feldzüge belegen, dass die Euphrat-Route für Unternehmungen in die Regionen von Tubal, nahe Lydien, immer über Karkemiš führten. Die militärische Kampagne im Jahr 547 v. Chr. führte Kyros II. jedoch über die übliche Urarṭu-Strecke Erbil-Tur Abdin, da Nabonaid die Station Erbil erwähnte.[49]

Achämeniden

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547 v. Chr. wurde das Gebiet von Urarṭu in das Achämenidenreich eingegliedert. Urarṭu war mindestens bis 521 v. Chr., als Dareios I. hier mehrere Aufstände niederschlug, eine eigenständige Provinz.

Siehe auch

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Literatur

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  • Reinard Bernbeck: Politische Struktur und Ideologie in Urartu. In: Archäologische Mitteilungen aus Iran und Turan, 35/36, S. 267–312.
  • S. Kroll: Urartus Untergang in anderer Sicht. In: Istanbuler Mitteilungen, 34, 1984, S. 151–170.
  • Paul Zimansky: Xenophon and the Urartian Legacy. In: P. Briant: Dans les pas de Dix-Mille. Pallas 43, 1995, S. 255–268.

Einzelnachweise

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  1. Miroj Salvini: Some considerations on Van Kalesi. In: Altan Çilingiroğlu, G. Darbyshire (Hrsg.): Anatolian Iron Ages 5. Proceedings of the 5th Anatolian Iron Ages Colloquium Van, 6.–10. August 2001. British Institute of Archaeology at Ankara Monograph 3 (Ankara 2005) 154
  2. M. Salvini: Geschichte und Kultur der Urartäer: 1995, 26
  3. J. V. Kinnier Wilson: The Kurba’il Statue of Shalmaneser III. Iraq 14, 1962, 90–105
  4. C. A. Burney: A first season of excavations at the Urartian citadel of Kayalıdere. Anatolian Studies 16, 1966, 60
  5. M. Salvini: Geschichte und Kultur der Urartäer: 1995, Karte 2
  6. Tuğba Tanyeri-Erdemir: Agency, Innovation, change, continuity: considering the agency of Rusa II in the production of the imperial art and architecture of Urartu in the 7th Century BC: S. 268
  7. Ruben S. Badalyan et al.: The emergence of sociopolitical complexity in Southern Caucasia. In: Adam T. Smith, Karen S. Runinson (Hrsg.): Archaeology in the borderlands. Investigations in Caucasia and beyond. Monograph 47, Cotsen Institute of Archaeology, UCLA, 147
  8. R. D. Barnett, Ancient oriental influences on archaic Greece. In: S. Weinberg, The Aegean and the Near East (FS Hetty Goldman), Locust valley 1956, 212–238
  9. Levine: East-West trade in the late Iron Age: a view from the Zagros. In: Le plateau Iranien et l’Asie centrale. Paris 1976, 171–186
  10. a b Paul E. Zimansky: Archaeological enquiries into ethno-linguistic diversity in Urartu. In: Robert Drews (Hrsg.): Greater Anatolia and the Indo-Hittite Language family. (Washington: Institute for the Study of Man, 2001), 18
  11. C. A. Burney: A first season of excavations at the Urartian citadel of Kayalıdere. Anatolian Studies 16, 1966, 61
  12. Г.А. Меликишвили, Урартские клинообразные надписи. Москва: Издательство АН СССР, 1960, 23
  13. Г.А. Меликишвили, Урартские клинообразные надписи. Москва: Издательство АН СССР, 1960, 20–22
  14. Kemalettin Köroğlu: The Northern Border of the Urartian Kingdom. In: Altan Çilingiroğlu, G. Darbyshire (Hrsg.): Anatolian Iron Ages 5. Proceedings of the 5th Anatolian Iron Ages Colloquium Van, 6.–10. August 2001. British Institute of Archaeology at Ankara Monograph 3 (Ankara 2005) 99
  15. Dyson und Muscarella 1989
  16. Miroslav Salvini: Die Einwirkung des Reiches Urartu auf die politischen Verhältnisse auf dem Iranischen Plateau. In: Ricardo Eichmann, Hermann Parzinger (Hrsg.): Migration und Kulturtransfer. Bonn 2001, S. 349
  17. a b Kemalettin Köroğlu, The Northern Border of the Urartian Kingdom. In: Altan Çilingiroğlu/G. Darbyshire (Hrsg.), Anatolian Iron Ages 5, Proceedings of the 5th Anatolian Iron Ages Colloquium Van, 6.–10. August 2001. British Institute of Archaeology at Ankara Monograph 3 (Ankara 2005) 101
  18. G. A. Melikišvili: Urartskie klinoobraznye nadpisi. Moskau 1960, S. 30
  19. a b Charles Burney: Urarṭu und Iran: Some problems and answers. In: Altan Çilingiroğlu, D. H. French (Hrsg.): Anatolian Iron Ages 3. British Institute of Archaeology at Ankara Monograph 3 (Ankara 1994), S. 32
  20. Г.А. Меликишвили, Урартские клинообразные надписи. Москва: Издательство АН СССР, 1960, 127
  21. Raffaele Biscione: Pre-Urartina und Urartian settlement patterns in the Caucasus, two case studies, The Urmia Plain, Iran und the Sevan Basin, Armenia. In: Adam T. Smith, Karen S. Rubinson (Hrsg.): Archaeology in the Borderlands. S. 177.
  22. Kemalettin Köroğlu, The Northern Border of the Urartian Kingdom. In: Altan Çilingiroğlu/G. Darbyshire (Hrsg.), Anatolian Iron Ages 5, Proceedings of the 5th Anatolian Iron Ages Colloquium Van, 6.–10. August 2001. British Institute of Archaeology at Ankara Monograph 3 (Ankara 2005) 105
  23. I. M. Diakonoff, S, M. Kashkai, Répertoire Géographique des textes cuneiformes. 9. Geographical names according to Urartian texts (Wiesbaden 1981)
  24. Kemalettin Köroğlu, The Northern Border of the Urartian Kingdom. In: Altan Çilingiroğlu/G. Darbyshire (Hrsg.), Anatolian Iron Ages 5, Proceedings of the 5th Anatolian Iron Ages Colloquium Van, 6.–10. August 2001. British Institute of Archaeology at Ankara Monograph 3 (Ankara 2005) 102
  25. Raffaele Biscione: Pre-Urartina und Urartian settlement patterns in the Caucasus, two case studies, The Urmia Plain, Iran und the Sevan Basin, Armenia. In: Adam T. Smith, Karen S. Rubinson (Hrsg.): Archaeology in the Borderlands. 177
  26. Altan Çilingiroğlu, Mirjo Salvini: When was the Castle of Ayanıs built and what Is the meaning of the word 'Šuri'? Anatolian Iron Ages 4, Proceedings of the Fourth Anatolian Iron Ages Colloquium held at Mersin, 19–23 May 1997. Anatolian Studies 49, 1999, 55–60
  27. Miroj Salvini: Geschichte und Kultur der Urartäer. Darmstadt 1995, 108
  28. W. G. Lambert: Shalmaneser in Ararat. Anatolian Studies 11, 1961, S. 143–158
  29. Sargon, Gottesbrief
  30. Raffaele Biscione: Pre-Urartian und Urartian settlement patterns in the Caucasus, two case studies, The Urmia Plain, Iran und the Sevan Basin, Armenia. In: Adam T. Smith, Karen S. Rubinson (Hrsg.): Archaeology in the Borderlands. 177
  31. W. G. Lambert: Shalmaneser in Ararat. Anatolian Studies 11, 1961, S. 143–158
  32. Thureau-Dangin 1912
  33. Julian Reade: Campaigning around Musasir. In: A. Cilingiroğlu, D. H. French (Hrsg.): Anatolian Iron Ages 3. Ankara 1994, S. 186
  34. Paul E. Zimansky: Archaeological enquiries into ethno-linguistic diversity in Urartu. In: Robert Drews (Hrsg.): Greater Anatolia and the Indo-Hittite Language family. (Washington: Institute for the Study of Man, 2001), 22
  35. Tuğba Tanyeri-Erdemir: Agency, Innovation, change, continuity: considering the agency of Rusa II. in the production of the imperial art and architecture of Urartu in the 7th Century BC. S. 264–281
  36. Altan Çilingiroğlu, Miroslav Salvini: When was the castle of Ayanıs built and what is the meaning of the word 'Šuri'? Anatolian Iron Ages 4, Proceedings of the Fourth Anatolian Iron Ages Colloquium held at Mersin, 19-23 May 1997. Anatolian Studies 49, 1999, 56
  37. Reinhard Bernbeck, Politische Struktur und Ideologie in Urartu. Archäologische Mitteilungen aus Iran und Turan 35/36, 304
  38. Miroj Salvini: Some considerations on Van Kalesi. In: Altan Çilingiroğlu/G. Darbyshire (Hrsg.), Anatolian Iron Ages 5, Proceedings of the 5th Anatolian Iron Ages Colloquium Van, 6.–10. August 2001. British Institute of Archaeology at Ankara Monograph 3 (Ankara 2005) 154; Adam T. Smith: The Making of an Urartian Landscape in Southern Transcaucasia: A Study of political Architectonics. American Journal of Archaeology 103/1, 1999, 48
  39. Thompson/Mallowan 1933, 95
  40. Nach Ursula Hellwag, A.ZUM-li versus A.NIN-li: some thought on the owner of the so-called Prinzensiegel at Rusa II’s court. In: Altan Çilingiroğlu/G. Darbyshire (Hrsg.), Anatolian Iron Ages 5, Proceedings of the 5th Anatolian Iron Ages Colloquium Van, 6.-10. August 2001. British Institute of Archaeology at Ankara Monograph 3 (Ankara 2005) 93
  41. Ursula Hellwag, A.ZUM-li versus A.NIN-li: some thought on the owner of the so-called Prinzensiegel at Rusa II’s court. In: Altan Çilingiroğlu/G. Darbyshire (Hrsg.), Anatolian Iron Ages 5, Proceedings of the 5th Anatolian Iron Ages Colloquium Van, 6.-10. August 2001. British Institute of Archaeology at Ankara Monograph 3 (Ankara 2005) S. 91–98
  42. Umschrift und Übersetzung unter Archivlink (Memento des Originals vom 21. Juni 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/annals.xlegio.ru
  43. Altan çilingiroğlu, Rusa son of Argishti: Rusa II or Rusa III? Ancient Near Eastern Studies (A re-assessment of Iron Ages Chronology in Anatolia and neighbouring regions), ANES 45, 2008
  44. I. Askold: Die archäologischen Spuren der Kimmerier im Vorderen Orient und das Problem der vor- und frühskythischen Kulturen. In: Ricardo Eichmann, Hermann Parzinger (Hrsg.): Migration und Kulturtransfer. Bonn 2001, S. 332.
  45. Adam T. Smith: The Making of an Urartian Landscape in Southern Transcaucasia: A Study of political Architectonics. In: American Journal of Archaeology, 103/1, 1999, S. 50.
  46. Paul Zimansky: Xenophon and the Urartian Legacy. In: P. Briant: Dans les pas de Dix-Mille. Pallas 43, 1995, 255–268
  47. Miroj Salvini: Some considerations on Van Kalesi. In: Altan Çilingiroğlu, G. Darbyshire (Hrsg.): Anatolian Iron Ages 5, Proceedings of the 5th Anatolian Iron Ages Colloquium Van, 6.–10. August 2001. British Institute of Archaeology at Ankara Monograph 3 (Ankara 2005) 145–155
  48. Eine Doppelstunde entspricht etwa 9 bis 10 Kilometer; sechs Doppelstunden ergeben eine Weglänge von etwa 54–60 Kilometern
  49. a b Robert Rollinger: The Median Empire, the End of Urartu and Cyrus the Great Campaigne 547 v. Chr. in Nabonaid Chronicle II 16 in: Proceedings of the 1st International Conference on Ancient Cultural Relations between Iran and West-Asia, Teheran 2004, S. 5–6.
  50. J. Cargill: The Nabonidus Chronicle and the Fall of Lydia in: American Journal of Ancient History 2, 1977, S. 97–116
  51. Diese Lesung bildet die neue Grundlage aller zukünftigen Auswertungen in Robert Rollinger: The Median Empire, the End of Urartu and Cyrus the Great Campaigne 547 v. Chr. in Nabonaid Chronicle II 16 in: Proceedings of the 1st International Conference on Ancient Cultural Relations between Iran and West-Asia. Teheran 2004, S. 5–6.