Gießkannenmuscheln

Familie der Muscheln

Die Gießkannenmuscheln (Clavagellidae), auch Keulenmuscheln oder Siebmuscheln, sind eine Muschel-Familie aus der Großgruppe der Anomalodesmata. Die ältesten Vertreter der Familie sind aus dem Cenomanium (Kreide) bekannt.[3] Die Typusgattung Clavagella ist nur fossil bekannt.

Gießkannenmuscheln

Stirpulina coronata[1]

Systematik
Unterklasse: Heterodonta
Euheterodonta
Überordnung: Anomalodesmata
Ordnung:
Überfamilie: Clavagelloidea
Familie: Gießkannenmuscheln
Wissenschaftlicher Name
Clavagellidae
d’Orbigny, 1844
Bryopa aperta (G. B. Sowerby I, 1823) (aus Reeve, 1873: Taf.1, Fig.2, 2a,c[2])

Merkmale

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Das für Muscheln typische zweiklappige Gehäuse wird im Verlauf des Wachstums völlig umgestaltet: Das anfangs gebildete gleichklappige oder auch leicht ungleichklappige Gehäuse bleibt klein, und die linke Klappe wird im weiteren Verlauf des Wachstums in eine Kalkröhre integriert. Die rechte Klappe bleibt frei in der Röhre. Die Kalkröhre wird von den langen Siphonen gebildet. Das Größenverhältnis der Kalkröhre zum ursprünglichen zweiklappigen Gehäuse ist von Art zu Art sehr unterschiedlich, von etwa der doppelten Länge bis zur zwanzigfachen Länge und mehr. Das zunächst gebildete zweiklappige Gehäuse besteht aus zwei Lagen Aragonit, einer äußeren Lage bestehend aus Prismen und einer mittleren perlmuttrigen oder homogenen Lage, und einer inneren Prismenschicht, die anscheinend auch fehlen kann. Die Kalkröhre hat eine homogene Mikrostruktur und wird ebenfalls aus Aragonit gebildet. Die meist senkrecht im oder auf Substrat stehende Röhre wird unten (vorne) mit einer Siebplatte verschlossen, das obere (hintere) Ende ist schmal und offen. Die Siebplatte ist oft außen mit gewundenen röhrenförmigen Fortsätzen versehen. Das Schloss (des Juvenilgehäuses) ist weitgehend reduziert, meist sind nur ein schwacher Vorsprung und eine schwache Vertiefung vorhanden. Das Ligament liegt im Juvenilgehäuse intern und kann im Alter völlig reduziert werden (Beispiel: Bryopa aligamenta). Der Mantel ist zunächst eingebuchtet, später reduziert sich die Bucht. Die Schließmuskeln sind zunächst isomyar (etwa gleich groß), später werden sie oft stark reduziert. Die Siphonen sind sehr lang und sind miteinander verwachsen. Die freie Klappe und z. T. auch die in die Wohnröhre integrierte linke Klappe wachsen auch nach der Juvenilphase etwas weiter. Das ursprüngliche Gehäuse besitzt radiale Streifen sowie randparallele Anwachsstreifen.

Unterschiede zur Familie Penicillidae

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Das eigenartige Gehäuse bzw. die sekundäre Wohnröhre kann nur mit der nahe verwandten Familie Penicillidae verwechselt werden, und die bis vor wenigen Jahren noch als Synonym der Clavagellidae aufgefasst wurde. In den Penicillidae sind beide Klappen in die Röhre integriert. Das Ligament liegt extern, z. T. sogar mit einem Lithodesma. Die Schließmuskel werden weitgehend reduziert, ebenso die Mantellinie bzw. die Mantelbucht. Das ursprünglich zweiklappige Gehäuse wird schon bald nach der Metamorphose nicht mehr vergrößert. Das Wachstum beschränkt sich ausschließlich auf die Vergrößerung der Wohnröhre und deren Reparatur.[4]

Geographische Verbreitung und Lebensraum

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Die heute noch lebenden Arten der Familie leben im Mittelmeer und im westlichen Pazifik und östlichen Indik. Die Familie war in früheren Erdzeitaltern weiter verbreitet und hatte eine größere Diversität. Die ältesten Vertreter der Familie kennt aus dem Cenomanium (Kreide) von Frankreich.

Die Tiere leben eingegraben in weichem oder festen Sediment, oder bohren sich in festes Sediment oder auch Korallenstöcke ein. Das Bohren erfolgt vermutlich chemisch und mechanisch. Die Geschlechter sind getrennt, oder die Arten sind simultane Hermaphroditen.

Taxonomie

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Das Taxon wurde 1844 von Alcide Dessalines d’Orbigny schon in der heute korrekten Form Clavagellidae aufgestellt.[5] Es ist heute allgemein anerkannt,[6] jedoch wurde die Familie vor 2007 viel weiter gefasst unter Einschluss der Familie Penicillidae.[7]

Literatur

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  • Michael Amler, Rudolf Fischer & Nicole Rogalla: Muscheln. Haeckel-Bücherei, Band 5. Enke Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-13-118391-8, S. 121.
  • Rudolf Kilias: Lexikon Marine Muscheln und Schnecken. 2. Aufl., 340 S., Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 1997, ISBN 3-8001-7332-8, S. 68.
  • Fritz Nordsieck: Die europäischen Meeresmuscheln (Bivalvia). Vom Eismeer bis Kapverden, Mittelmeer und Schwarzes Meer. 256 S., Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1969, S. 162/3.
  • Guido Poppe und Yoshihiro Goto: European Seashells Volume 2 (Scaphopoda, Bivalvia, Cephalopoda). 221 S., Verlag Christa Hemmen, Wiesbaden 1993 (2000 unv. Nachdruck), ISBN 3-925919-10-4, S. 119.

Einzelnachweise

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  1. Gérard Paul Deshayes: Description des animaux sans vertèbres découverts dans le bassin de Paris pour servir de supplément à la Description des coquilles fossiles des environs de Paris comprenant une revue générale de toutes les espèces actuellement connues. Band 1 + separater Tafelband, 2. Auflage, Paris, London, New York, Baillière, 1860-66 Online bei www.biodiversitylibrary.org Taf.1 (S.80 Clavagella).
  2. Lovell Augustus Reeve: Conchologia Iconica, 18 (Monograph of the Genus Clavagella): Taf. 1–3 + Tafelerklärungen, London, Reeve 1873 Online bei www.biodiversitylibrary.org.
  3. Yasuo Kondo, Shin-ichi Sano: Origination of extant heteroconch families: Ecological and environmental patterns in post-Paleozoic bivalve diversification. Palaeontological Research, 13: 39–44, Tokyo 2009 doi:10.2517/1342-8144-13.1.039.
  4. Brian Morton: The evolution of the watering pot shells (Bivalvia: Anomalodesmata: Clavagellidae and Penicillidae). Records of the Western Australian Museum, 24: 19-64, 2007 (PDF).
  5. a b Alcide Dessalines d’Orbigny: Paléontologie française; description zoologique et géologique de tous les animaux mollusques et rayonnés fossiles de France, Terrains crétacés, Tome 3 Texte. Paris, Arthus-Bertrand, 1843-1844. Online bei www.biodiversitylibrary.org (S. 299).
  6. MolluscaBase: Glossidae J. E. Gray, 1847 (1840).
  7. Raymond Cecil Moore (Hrsg.): Treatise on invertebrate paleontology. Mollusca, 6, Part N, Bivalvia 2. XXXVIII S., S.N491–951, New York, 1969 (S.N858/9).
  8. John Pojeta, Jr., Norman F. Sohl: Ascaulocardium armatum (Morton, 1833), New Genus (Late Cretaceous): The Ultimate Variation on the Bivalve Paradigm. Memoir (The Paleontological Society), 24 (Supplement zu Band 61, Nr. 6 des Journal of Paleontology): 1-77, 1987, JSTOR:1315636.
  9. Brian Morton: The biology and functional morphology of Dianadema gen. nov. multangularis (Tate, 1887) (Bivalvia: Anomalodesmata: Clavagellidae). Journal of Zoology, 259 (4): 389-401, 2003 doi:10.1017/S095283690300342X.
  10. a b c Enrico Savazzi: Clavagellacea (Bivalvia) from the Tertiary of the Venetian region, NE Italy. Acta Geologica Polonica, 32 (1-2): 83-91, 1982 (PDF).
  11. Eduardo J. Mayoral: Bivalvia: Clavagellacea (Stirpulina pliocenica nov. sp.) del Neógeno Superior de la Cuenca del Bajo Guadalquivir. Treballs del Museu de Geologia de Barcelona, 1: 117-134, Barcelona 1990 (PDF).
  12. Brian Morton: A cadaver unearthed: the anatomy of the Japanese living fossil Stirpulina ramosa (Bivalvia: Anomalodesmata: Clavagellidae) – the unique specimen in the collections of Emperor Shōwa. Zoological Journal of the Linnean Society, 169, 776–797, 2013 doi:10.1111/zoj.12080.
  13. Robert B. Stallwood: A Turonian Clavagellid (Bivalvia) from the Ladd Formation of southern California. Journal of Paleontology, 69 (1): 84-88, 1995 (PDF).