Budzyń

Stadt in Polen in der Woiwodschaft Großpolen
(Weitergeleitet von Gmina Budzyń)

Budzyń (deutsch Budsin) ist eine Stadt im Powiat Chodzieski in Polens Woiwodschaft Großpolen. Der Ort ist Sitz einer Stadt-und-Land-Gemeinde.

Budzyń
Wappen von Budzyń
Budzyń (Polen)
Budzyń (Polen)
Budzyń
Basisdaten
Staat: Polen

Woiwodschaft: Großpolen
Powiat: Chodzieski
Fläche: 2,08 km²
Geographische Lage: 52° 53′ N, 16° 59′ OKoordinaten: 52° 53′ 22″ N, 16° 59′ 19″ O
Einwohner:
(31. Dez. 2020)[1]
Postleitzahl: 64-840
Telefonvorwahl: (+48) 67
Kfz-Kennzeichen: PCH
Wirtschaft und Verkehr
Eisenbahn: Posen–Schneidemühl
Gmina
Gminatyp: Stadt-und-Land-Gemeinde
Gminagliederung: 16 Ortschaften
13 Schulzenämter
Fläche: 207,61 km²
Einwohner: 8494
(31. Dez. 2020)[1]
Bevölkerungsdichte: 41 Einw./km²
Gemeindenummer (GUS): 3001022
Verwaltung
Bürgermeister: Marcin Sokołowski
Adresse: ul. Lipowa 6
64-840 Budzyń
Webpräsenz: www.budzyn.pl

Geographische Lage

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Die Stadt liegt in der historischen Region Posen, etwa 35 Kilometer südlich der Stadt Piła (Schneidemühl) und 65 Kilometer nördlich der Stadt Posen.

 
Budsin nördlich der Stadt Posen und südlich der Stadt Schneidemühl auf einer Landkarte der Provinz Posen von 1905 (gelb markierte Flächen kennzeichnen Gebiete mit seinerzeit mehrheitlich polnischsprachiger Bevölkerung)

Geschichte

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Häuser und Denkmal im Ortszentrum
 
Kirchplatz

In älterer Zeit war Budsin eine königliche Stadt; dies folgt aus einer Urkunde von 1458, aus der hervorgeht, dass König Kasimir II. der Jagiellone auf sie eine Schuld aufnahm. Ältere Urkunden der Ortschaft gingen bei einem Brandunglück verloren.

Frühe Neuzeit

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König Władysław IV. ersetzte der Stadt am 26. August 1641 in Warschau die verlorengegangenen Freibriefe und bestimmte, dass das gleiche Bürgerrecht (jus civile) wie in anderen Städten gelten solle und dass fortan statt des bisherigen polnischen Stadtrechts das deutsche Magdeburger Recht anzuwenden sei; alle letzterem zuwiderstehenden polnischen Gesetze und Bräuche erklärte er für abgeschafft.[2] Demgemäß sollte nicht mehr der Kastellan oder ein anderer Beamter über die Bürger Gericht halten, sondern die Rechtsprechung über sie von städtischen Richtern wahrgenommen werden. Die städtischen Richter sollten dem König oder Starosten unterworfen sein, jedoch ebenfalls auf der Grundlage Magdeburger Rechts. Die Bürgerschaft sollte jedes Jahr vier Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters nominieren, aus denen der Starost den Bürgermeister zu ernennen hatte. Auf gleiche Weise sollte bei der Ernennung der städtischen Richter verfahren werden. Die Handwerker-Innungen sollten gleiche Rechte genießen wie in Rogasen, dem Sitz des Starosten. Am 22. November 1722 erteilte König August II. der Starke der Stadt einen Freibrief über die Märkte, das Holzrecht, das Brauereiwesen und die Branntweinbrennerei.[2] Die Stadt hatte eine katholische Kirche.

1773 kam Budsin zu Preußen. Der Ort befand sich zur Zeit der Inbesitznahme in keinem guten Zustand und bestand nur aus wenigen, mit Stroh gedeckten Häusern sowie der Kirche.[3] Die Dorfbewohner waren Polen und ernährten sich größtenteils vom Ackerbau. Um die wirtschaftliche Lage der Stadt zu verbessern, wurden hier unter der Regierung Friedrichs des Großen ausländische Tuchmacher-Kolonistenfamilien angesiedelt, denen Neubauten zur Verfügung gestellt wurden, die sie geschenkt bekamen; im Jahr 1782 wurden hier fünfzehn Häuser auf Staatskosten errichtet und den Kolonistenfamilien übergeben. Von 1774 bis 1783 wurden 49 ausländische Familien angesiedelt, die aus 158 Personen bestanden.[3] Bis auf die ausländischen Kolonisten, die evangelisch waren, waren die Bewohner katholisch. Die Katholiken benutzten die vorhandene Kirche; die Evangelischen hatten vorläufig eine Betstube in einem Privathaus;[3] später bekamen sie ebenfalls eine eigene Kirche.

19., 20. und 21. Jahrhundert

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1894 hatte die Stadt einen Bahnhof der Linie PosenNeustettin.[4]

Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs gehörte die Stadt Budsin zum Kreis Kolmar i. Posen in der preußischen Provinz Posen. Nach Kriegsende fiel Budsin aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags 1920 an die Zweite Polnische Republik.

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs von der Wehrmacht erobert, befand sich Budsin von 1939 bis 1945 im Regierungsbezirk Posen des Reichsgaus Wartheland. Ab Ende August 1942 wurde in Budsin das SS-Arbeitslager Budzyń eingerichtet, in dem 500 Juden aus benachbarten Orten zur Arbeit beim Rüstungskonzern Heinkel zusammengezogen waren. Nach dem Warschauer Aufstand kamen weitere 800 Juden hinzu. Mitte 1943 hatte das Lager 3000 Insassen, darunter auch deutsche Juden. Kranke und Arbeitsuntaugliche wurden ausgesondert und in den Vernichtungslagern Belzec oder Majdanek getötet.

Im Januar 1945 eroberte die Rote Armee Budsin, was die Rückkehr der Stadt zu Polen bedeutete. Soweit die deutschen Bewohner nicht vor Kriegsende vor der näherrückendenFront geflohen waren, wurden sie in der Folgezeit vertrieben. Das Stadtrecht war Budzyń 1934 entzogen worden. Zum 1. Januar 2021 bekam es die Ortschaft zurück.[5]

Demographie

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Bevölkerungsentwicklung bis 1921
Jahr Einwohnerzahl Anmerkungen
1783 766 in 111 Häusern (meist mit Strohdächern), bis auf die angeworbenen Kolonisten größtenteils Polen katholischen Glaubens[3]
1788 827 [2]
1802 880 [6]
1816 968 darunter 694 Evangelische, 232 Katholiken und 42 Juden;[2] nach anderen Angaben 992 Einwohner, davon 270 Evangelische, 662 Katholiken, 60 Juden[6]
1821 1134 in 145 Privatwohnhäusern[6]
1826 in Häusern[7]
1843 1592 [2]
1861 1820 [2]
1867 1880 am 3. Dezember[8]
1871 1881 darunter 670 Evangelische, 1010 Katholiken, 200 Juden (780 Polen);[9] nach anderen Angaben 1878 Einwohner, darunter 651 Evangelische, 1050 Katholiken, 23 sonstige Christen, 154 Juden[8]
1885 1973 [4]
1900 2018 meist Katholiken[10]
1910 2022 am 1. Dezember, davon 1122 mit deutscher Muttersprache (829 Evangelische, 198 Katholiken, 33 sonstige Christen und 62 Juden) und 896 mit polnischer Muttersprache (alle Katholiken)[11][12]

Gemeinde

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Zur Stadt-und-Land-Gemeinde Budzyń gehören 13 Dörfer (deutsche Namen, amtlich bis 1945)[13][14][15][16][17] mit einem Schulzenamt:

  • Brzekiniec (Braknitz)[17]
  • Budzyń (Budsin)[14]
  • Bukowiec (Gramsdorf)[17]
  • Dziewoklucz (Zbyszewice, 1943–1945 Siebenschlößchen)[16]
  • Grabówka (Segenfelde)[15]
  • Kąkolewice (Kunkolewo, 1943–1945 Eichhöfen)[15]
  • Nowe Brzeźno (Neu Briesen)[17]
  • Ostrówki (Bismarcksruhm)[15]
  • Podstolice (Podstolitz, 1943–1945 Unterwalden)[16]
  • Prosna (Prosnau, 1943–1945 Prossen)[14]
  • Sokołowo Budzyńskie (Jankendorf)[14]
  • Wyszynki
  • Wyszyny (Wischin)

Weitere Ortschaften der Gemeinde sind Niewiemko, Nowawieś Wyszyńska (Neubuden)[14] und Popielno.

Persönlichkeiten

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  • Wanda Kallenbach (1902–1944), Opfer der NS-Justiz; geboren in Jankendorf
  • Egon Wolff (1910–1981), brasilianischer jüdischer Historiker

Literatur

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  • Budsin, Stadt, Preußen, Provinz Posen, Regierungsbezirk Bromberg, in: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Budsin (meyersgaz.org).
  • Heinrich Wuttke: Städtebuch des Landes Posen. Codex diplomaticus: Allgemeine Geschichte der Städte im Lande Posen. Geschichtliche Nachrichten von 149 einzelnen Städten. Leipzig 1864, S. 286–287 (Google Books).
  • Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Zweiter Theil, welcher die Topographie von West-Preussen enthält. Kantersche Hofdruckerei, Marienwerder 1789, S. 111–112, Ziffer 5) (Google Books).
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Commons: Budzyń – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

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  1. a b Population. Size and Structure by Territorial Division. As of December 31, 2020. Główny Urząd Statystyczny (GUS) (PDF-Dateien; 0,72 MB), abgerufen am 12. Juni 2021.
  2. a b c d e f Heinrich Wuttke: Städtebuch des Landes Posen. Codex diplomaticus: Allgemeine Geschichte der Städte im Lande Posen. Geschichtliche Nachrichten von 149 einzelnen Städten. Leipzig 1864, S. 286–287.
  3. a b c d Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preußen. Teil II: Topographie von Westpreußen, Marienwerder 1789, S. 111–112, Ziffer 5.
  4. a b Michael Rademacher: Pos_kolmar. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  5. Rozporządzenie Rady Ministrów z dnia 31 lipca 2020 r. w sprawie ustalenia granic niektórych gmin i miast, nadania niektórym miejscowościom statusu miasta, zmiany nazwy gminy oraz siedziby władz gminy im Internetowy System Aktów Prawnych, S. 3.
  6. a b c Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 5: T–Z, Halle 1823, S. 264–271, Ziffer 100.
  7. Leopold von Zedlitz-Neukirch: Die Staatskräfte der preußischen Monarchie unter Friedrich Wilhelm III.. Band 2, Teil 1, Berlin 1828, S. 113–114, Ziffer II.
  8. a b Königliches Statistisches Büro: Die Gemeinden und Gutsbezirke des preussischen Staates und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. Dezember 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Teil IV: Die Provinz Posen, Berlin 1874, S. 152–153, Ziffer 1 (Digitalisat, S. 159-160).
  9. Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 143-144, Ziffer 2.
  10. Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 3, Leipzig/Wien 1900, S. 567.
  11. Königlich Preußisches Statistisches Landesamt: Gemeindelexikon der Regierungsbezirke Allenstein, Danzig, Marienwerder, Posen, Bromberg und Oppeln. Auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und anderer amtlicher Quellen. Heft V: Provinz Posen, Regierungsbezirk Bromberg. Berlin 1912, S. 26–27, Ziffer 1 (Google Books)
  12. Gemeindeverzeichnis Kreis Kolmar in Posen 1900 – gemeindeverzeichnis.de
  13. Das Genealogische Orts-Verzeichnis
  14. a b c d e Vgl. Deutsche Topograph. Karte, 3167 Budsin
  15. a b c d Vgl. Deutsche Topograph. Karte, 3067 Kolmar
  16. a b c Vgl. Deutsche Topograph. Karte, 3068 Margonin
  17. a b c d Vgl. Deutsche Topograph. Karte, 3168 Zelice