Grabbe-Haus
Das Grabbe-Haus ist ein ehemaliges Zuchthaus und Geburtsstätte des Dichters Christian Dietrich Grabbe. Der Profanbau ist seit dem 5. September 1983 als Baudenkmal der Stadt Detmold im Kreis Lippe (Nordrhein-Westfalen) gelistet.[1]
Grabbe-Haus | |
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Grabbe-Haus, ehemaliges Zuchthaus | |
Daten | |
Ort | Detmold, Bruchstraße 27 |
Baujahr | 1752–1754 |
Koordinaten | 51° 56′ 8,8″ N, 8° 52′ 35,1″ O |
Geschichte
BearbeitenAm Detmolder Bruchberg, in Nachbarschaft zum Hospital zum Heiligen Geist, wurde 1752 ein Zuchthaus errichtet. Zu der Zeit dienten solche Einrichtungen nicht nur der Unterbringung von Gesetzesbrechern, sondern auch von Landstreichern, Bettlern, Geisteskranken und Waisenkindern. Ebensolche waren bis dahin auch schon im Hospital respektive Waisenhaus untergebracht, das aber nunmehr überfüllt war. Für 600 Taler wurde daher das Nachbargrundstück von Johan Tönnies Wend erworben, das Wohnhaus abgebrochen und mit dem Neubau begonnen. Für den Bau fielen Kosten in Höhe von fast 5000 Talern an. Die ersten acht Insassen zogen am 14. Mai 1754 ein.[2] Das Zuchthaus stand zu Beginn unter der Verwaltung des Landrates von Campen und des Superintendenten Caspar Curtius. In der Zeit zwischen 1763 und 1801 gab es bereits Baumaßnahmen wegen hygienischer Mängel.[3]
Am 1. Juni 1801 wurde Adolph Henrich Grabbe aus Ahmsen als Zuchtmeister eingestellt. In seiner Dienstwohnung kam am 11. Dezember 1801 sein Sohn Christian Dietrich Grabbe zur Welt. Bekannte Zuchthausverwalter waren Oberst Ernst Johann von Schröderß (bis 1801),[4] der Archivrat Johann Ludwig Knoch (zusammen mit Schröderß)[5] und der Archivrat Christian Gottlieb Clostermeier (1801–1829).[6][3]
Ein wesentlicher Umbau erfolgte in den Jahren 1833/37, als das Haus zum Fürstlichen Kriminalgericht umgestaltet wurde. Zusammen mit dem Hospital ging das Gebäude 1851 in den Besitz des Schmiedemeisters Wilhelm Wißmann über und wurde erneut umgebaut. 1888 erfolgte der Einbau von Schaufenstern durch H. Wißmann. Obwohl das Gebäude bereits 1923 in die Lippische Denkmalliste aufgenommen worden war, drohte Anfang der 1960er Jahre der Abriss: Im Gegensatz zu den Nachbarhäusern ragte das ehemalige Zuchthaus in die Bruchstraße hinein und behinderte den seinerzeit durchführenden Autoverkehr. Als Lösung wurden in der Fassade 1965 für die Fußgänger Arkaden eingebaut. Diese sind nach dem Ankauf des Gebäudes durch die Stadt Detmold in den Jahren 1989/90 – die Bruchstraße war mittlerweile zur Fußgängerzone geworden – wieder zurückgebaut worden.[7][1][8][3]
Das Grabbe-Haus ist seit 1938 Sitz der Grabbe-Gesellschaft mit dem Lippischen Literaturarchiv im Dachgeschoss. Seit 1990 befindet sich zur Straßenseite das Café Gothland und im Hinterhaus die Studiospielstätte des Landestheaters Detmold.[9]
Architektur
BearbeitenDas ehemalige Zuchthaus ist ein langgezogener, eingeschossiger Bruchsteinbau mit Mansarddach. Der Torbogen zur Bruchstraße zeigt die Initialen W.W. und die Jahreszahl 1851, das Jahr des Umbaus.[7] Der Eingang befand sich ursprünglich an der westlichen Hofseite und wurde erst bei diesem Umbau an die Giebelseite verlegt. Das Dach war schon zur Erbauungszeit ausgebaut. Hier befanden sich die Wohnräume des Zuchtmeisters, seine Schreib- und Registrierstube sowie einige Räume für weibliche Gefangene. Die männlichen Gefangenen waren im Erdgeschoss untergebracht.[8]
Archäologische Untersuchungen
BearbeitenMit dem Übergang des Gebäudes an die Stadt und den einhergehenden Sanierungsmaßnahmen fanden in den Jahren 1988 bis 1989 im und um das Haus herum archäologische Untersuchungen statt. Dabei stellte sich heraus, dass das Fundament des Außenmauerwerks offenbar von einem Vorgängerbau aus der Zeit vor 1752 stammte. Außerdem wurden im nordwestlichen Teil Überreste eines Gebäudes unbekannter Größe ergraben. An der östlichen Traufenwand wurde unter dem modernen Estrichboden ein massives Tonnengewölbe entdeckt. Im Hof konnte ein Kanal oder Tunnel freigelegt werden, der eine Länge von 22,5 m vom Burggraben bis zur Kellerwand hatte. In dem Tunnel wurden neun Goldmünzen aus den Jahren 1686 bis 1752 gefunden. Im Vorderhaus tat sich ein Brunnen auf, der später durch eine Sandsteinplatte abgedeckt und dann überbaut worden war.[10]
Literatur
Bearbeiten- Alfred Bergmann: Das Detmolder Zuchthaus als Stätte von Christian Dietrich Grabbes Kindheit und Jugend. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte des Strafvollzuges in Lippe an der Wende vom achtzehnten zum neunzehnten Jahrhundert. Grabbe-Gesellschaft, Detmold 1968.
Weblinks
Bearbeiten- Detlev Hellfaier: Im Geburtshaus Christian Dietrich Grabbes: das Literaturarchiv der Lippischen Landesbibliothek (PDF; 336 kB)
- Grabbe-Gesellschaft e.V.: Das Grabbe-Haus in Detmold
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Grabbe-Haus im Denkmalkataster der Stadt Detmold, abgerufen am 2. Oktober 2014
- ↑ Herbert von Kaven: Detmolder Kirchen und Schulen. In: Geschichte der Stadt Detmold (= Sonderveröffentlichungen des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins für das Land Lippe). Band 10. Maximilian-Verlag, Detmold 1953, S. 231–232.
- ↑ a b c Helmut Luley: Archäologische Untersuchungen auf dem Gelände des ehemaligen Zuchthauses in Detmold, Bruchstraße 27 (Grabbe-Geburtshaus). In: Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde. 59. Band. Selbstverlag des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins für das Land Lippe e.V., Detmold 1990, S. 79–83.
- ↑ Heinrich Röhr: Liebes altes Detmold. Verlag Hermann Bösmann, Detmold 1962, S. 4.
- ↑ Wolfgang Bender: Archivar aus Leidenschaft – Johann Ludwig Knoch (1712–1808). (PDF) Abgerufen am 2. Oktober 2014.
- ↑ Biografie bei der Lippischen Landesbibliothek. (PDF) Abgerufen am 2. Oktober 2014.
- ↑ a b Otto Gaul: Stadt Detmold (= Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen. Band 48/I). Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung, Münster 1968, S. 120.
- ↑ a b Kreis Lippe, Landesverband Lippe (Hrsg.): 20 Jahre Tag des offenen Denkmals in Lippe. Detmold 2012, S. 56.
- ↑ Landestheater Detmold: Spielort Grabbe-Haus. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 6. Oktober 2014; abgerufen am 2. Oktober 2014.
- ↑ Helmut Luley: Archäologische Untersuchungen... S. 84–88.