Gram-Schmidtsches Orthogonalisierungsverfahren

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Das Gram-Schmidt’sche Orthogonalisierungsverfahren ist ein Algorithmus aus dem mathematischen Teilgebiet der linearen Algebra. Er erzeugt zu jedem System linear unabhängiger Vektoren aus einem Prähilbertraum (einem Vektorraum mit Skalarprodukt) ein Orthogonalsystem, das denselben Untervektorraum erzeugt. Eine Erweiterung stellt das Gram-Schmidt’sche Orthonormalisierungsverfahren dar: Statt eines Orthogonalsystems berechnet es ein Orthonormalsystem. Verwendet man ein System von Basisvektoren als Eingabe für die Algorithmen, so berechnen sie eine Orthogonal- bzw. Orthonormalbasis.

Die beiden Verfahren sind nach Jørgen Pedersen Gram und Erhard Schmidt benannt. Sie wurden allerdings bereits früher in den Werken von Pierre-Simon Laplace und Augustin-Louis Cauchy verwendet.

Für die numerische Berechnung durch einen Computer mit Gleitpunktarithmetik sind die Gram-Schmidt-Verfahren schlecht geeignet. Durch akkumulierte Rundungsfehler sind die berechneten Vektoren nicht mehr orthogonal. Es existieren aber Modifikationen des Verfahrens, die diesen Nachteil nicht haben. Andere Orthogonalisierungsverfahren basieren auf Householdertransformationen oder Givens-Rotationen.

Vorbemerkung

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Im Folgenden werden Elemente des betrachteten Vektorraums (Vektoren) mit einfachen lateinischen Buchstaben wie   und   bezeichnet, gegebenenfalls mit Indizes wie   und  . Es wird sowohl auf übergesetzte Pfeile als auch auf Fettdruck verzichtet. Das Skalarprodukt wird durch spitze Klammern dargestellt:  . Im komplexen Fall wird dabei die Konvention verwendet, dass das Skalarprodukt im ersten Argument semilinear, im zweiten Argument linear ist, das heißt

 

für alle Vektoren  ,   und alle  . Im komplexen Fall kommt es deshalb bei den unten dargestellten Formeln auf die Reihenfolge der Faktoren im Skalarprodukt an, im reellen Fall jedoch nicht.

Zudem bezeichnet   die Norm des Vektors  .

Algorithmus des Orthogonalisierungsverfahrens

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Illustration des Gram-Schmidt-Verfahrens an einem Beispiel mit drei Vektoren

Der folgende Algorithmus berechnet zu den linear unabhängigen Vektoren   ein Orthogonalsystem von   paarweise orthogonalen Vektoren, das denselben Untervektorraum erzeugt.

Die einzelnen Vektoren   des Orthogonalsystems berechnen sich wie folgt:

 
 
 
 
 

Anders gesagt werden die   für   also rekursiv durch

 

definiert.

Beispiel

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Im   versehen mit dem Standardskalarprodukt   seien zwei linear unabhängige Vektoren vorgegeben, die einen Untervektorraum erzeugen:

 

Es werden nun zwei orthogonale Vektoren   und   berechnet, die denselben Untervektorraum erzeugen:

 
 

Algorithmus des Orthonormalisierungsverfahrens

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Der folgende Algorithmus berechnet zu den linear unabhängigen Vektoren   ein Orthonormalsystem von   normierten, paarweise orthogonalen Vektoren, das denselben Untervektorraum erzeugt. Er ist identisch mit einer Normierung der orthogonalen Vektoren, welche durch den obigen Algorithmus bestimmt wurden.

Die einzelnen Vektoren   des Orthonormalsystems erhält man, indem zuerst jeweils ein orthogonaler Vektor berechnet und anschließend normalisiert wird:

  (Normalisieren des ersten Vektors  )
  (Orthogonalisieren des zweiten Vektors  )
  (Normalisieren des Vektors  )
  (Orthogonalisieren des dritten Vektors  )
  (Normalisieren des Vektors  )
 
  (Orthogonalisieren des  -ten Vektors  )
  (Normalisieren des Vektors  )

Anders gesagt werden die   und   für   also rekursiv durch

  und   definiert.

Im Allgemeinen erhält man durch dieses Verfahren kein besonders ausgezeichnetes System. Im   muss z. B. erst ein Umordnungsschritt nachgeschaltet werden, um ein Rechts- oder Linkssystem zu erhalten.

Beispiel

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Im   versehen mit dem Standardskalarprodukt   seien zwei Basisvektoren gegeben:

 

Es werden nun zwei Vektoren   und   berechnet, die eine Orthonormalbasis des   bilden.

 
 
 

Anmerkungen

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Eine besondere Eigenschaft der beiden Verfahren ist, dass nach jedem Zwischenschritt die bisher berechneten Vektoren   den gleichen Vektorraum erzeugen wie die Vektoren  . Die Vektoren   bilden also eine Orthogonal- bzw. Orthonormalbasis der entsprechenden Untervektorräume. Anders ausgedrückt ist die Transformationsmatrix, die die Koordinaten des einen Systems im anderen ausdrückt, eine rechtsobere Dreiecksmatrix. Diese hat außerdem eine positive Determinante, daher hat die resultierende Orthogonal- bzw. Orthonormalbasis die gleiche Orientierung wie die Ausgangsbasis. Fasst man die orthonormalen Vektoren   als Spalten einer Matrix Q zusammen, ebenso die Vektoren des Ausgangssystems   zu einer Matrix A, so gibt es eine Dreiecksmatrix R mit A=QR, es wird also eine QR-Zerlegung bestimmt. Dementsprechend kann das Ergebnis der Gram-Schmidt-Orthonormalisierung auch mit anderen Methoden zur QR-Zerlegung bestimmt werden, die mit Givens-Rotationen oder Householder-Spiegelungen arbeiten.

Berechnet man ein Orthonormalsystem von Hand, ist es oftmals einfacher, zunächst ein Orthogonalsystem auszurechnen und dann die einzelnen Vektoren zu normieren. Dadurch erspart man sich das zweifache Normieren und kann oftmals mit einfacheren Werten rechnen. Gegebenenfalls lohnt es sich, vor dem Erstellen des Orthogonalsystems/Orthonormalsystems das Gauß’sche Eliminationsverfahren durchzuführen.

Prinzip des Verfahrens

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Sind die orthogonalen Vektoren   bereits bestimmt, versuchen wir, von   eine passende Linearkombination der Vektoren   abzuziehen, sodass der Differenzvektor

 

zu allen Vektoren   orthogonal wird. Dies ist gleichbedeutend damit, dass das Skalarprodukt   für alle   den Wert 0 ergibt. Eine solche Linearkombination ergibt sich, wenn für jedes   der Ausdruck

 

gewählt wird. Eine Kontrollrechnung zeigt, dass dadurch alle Skalarprodukte   mit   den Wert 0 annehmen:

 

Orthonormalisierung unendlicher Systeme von Vektoren

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In einem beliebigen Hilbertraum   lässt sich das Verfahren auch auf unendliche Systeme unabhängiger Vektoren anwenden, wobei die Unabhängigkeit in dem Sinne zu verstehen ist, dass kein Element im Abschluss der linearen Hülle der übrigen Vektoren liegt. Den Fall eines abzählbaren Systems (d. h.   ist ein separabler Hilbertraum) kann direkt auf den oben dargestellten endlichen Fall zurückgeführt werden: Gegeben sei eine unabhängige Folge  , so erhält man eine entsprechende orthonormale Folge  , indem man für jedes   das obige Verfahren anwendet und   erhält. Allgemeiner kann jedes unabhängige System nach dem Wohlordnungssatz als Folge   für eine Kardinalzahl   und Ordinalzahlen   angesehen werden (im Falle einer dichten linearen Hülle des unabhängigen Systems ist   gerade die Dimension von  ). Bezeichne nun   die orthogonale Projektion auf einen abgeschlossenen Teilraum  , die aufgrund der Vollständigkeit des Raumes stets existiert, und   bezeichne die Normierung  . So ergibt sich ein Orthonormalsystem   durch

 
 .

Per transfiniter Induktion lässt sich dann zeigen, dass  , sogar für  . Expliziter lässt sich das Verfahren per transfiniter Rekursion wie folgt schreiben:

 

Hierbei ist die Summe aufgrund der besselschen Ungleichung wohldefiniert (insbesondere sind stets nur abzählbar viele Summanden ungleich Null).

Literatur

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  • K. Kirchgessner, M. Schreck: Vektoranalysis für Dummies. Das Pocketbuch Paperback . Wiley-VCH, 2012. ISBN 978-3-527-70742-3