Gravitationskonstante

physikalische Konstante

Die Gravitationskonstante (Formelzeichen oder ) ist die fundamentale Naturkonstante, die die Stärke der Gravitation bestimmt. Im Gravitationsgesetz nach Isaac Newton ergibt sie direkt die Stärke der Gravitationskraft zwischen zwei Körpern in Abhängigkeit von ihrem Abstand und ihren Massen; in der allgemeinen Relativitätstheorie nach Albert Einstein bestimmt sie die Krümmung der vierdimensionalen Raumzeit und damit den Ablauf aller mit der Gravitation zusammenhängenden Erscheinungen. Für die Beschreibung astronomischer Größen und Vorgänge besitzt sie fundamentale Bedeutung.

Physikalische Konstante
Name Gravitationskonstante
Formelzeichen
Wert
SI 6.67430(15)e-11
Unsicherheit (rel.) 2.2e-5
Planck-Einheiten 1
gelegentlich auch
Quellen und Anmerkungen
Quelle SI-Wert: CODATA 2022[1]

Definition

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Nach dem newtonschen Gravitationsgesetz ziehen sich zwei kugelsymmetrische Körper mit den Massen   und  , deren Mittelpunkte einen Abstand   haben, gegenseitig mit der Kraft

 

an. Die in der Gleichung auftretende Proportionalitätskonstante   ist die Gravitationskonstante.

Diese Form des Gesetzes wurde 1873, zwei Jahrhunderte nach Newton, durch Alfred Cornu und Jean-Baptistin Baille eingeführt.[2] Newton schrieb sein Gesetz ohne Nennung der Konstante in Form der Proportionalitäten  , wie es damals in der wissenschaftlichen Literatur üblich war.

Um die Formulierung eines rationalisierten Einheitensystems zu erhalten, hätte man eine Definition über   wählen müssen, also mit einer 4π-mal so großen Proportionalitätskonstanten.

Wert und Einheiten

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Im Internationalen Einheitensystem (SI) beträgt der Wert nach der aktuellen Empfehlung CODATA 2018:[1]

 

(also mit einer geschätzten Standardunsicherheit von  ).

Verglichen mit den anderen Grundkräften der Physik ist die Gravitation eine sehr schwache Wechselwirkung, was sich in dem kleinen Wert der Gravitationskonstanten ausdrückt. Berechnet man beispielsweise den Betrag des Verhältnisses zwischen der Gravitationskraft und der elektrostatischen Kraft zwischen zwei Protonen, so erhält man unabhängig vom Abstand:

 

Wie klein dieser Wert ist, sieht man auch, wenn man die Gravitationskonstante in Einheiten der Teilchenphysik angibt, also mit der reduzierten Planck-Konstante  , der Lichtgeschwindigkeit   und der Energieeinheit GeV:[3]

 

Messungen

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Voraussetzungen

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Aus der im Alltag beobachtbaren Gravitationskraft zwischen der Erde und anderen Objekten (Gewicht von Objekten, Fallbeschleunigung, Umlaufbahnen von Mond und Satelliten) lässt sich das Produkt aus G und der Erdmasse M, die geozentrische Gravitationskonstante GM, auf bis zu zehn Dezimalstellen genau bestimmen. Analog lässt sich die heliozentrische Gravitationskonstante GM aus den Planetenbewegungen ableiten. Es gibt aber keine Möglichkeit, die Masse von Himmelskörpern ohne Kenntnis der Gravitationskonstante auch nur halbwegs genau zu bestimmen.

Zur Messung von   muss daher auf die geringe Anziehungskraft zwischen weitaus kleineren Körpern zurückgegriffen werden, deren Masse man präzise bestimmen kann. Beispielsweise beträgt die Anziehungskraft zwischen zwei Körpern von je 100 kg Masse in 1 m Abstand weniger als 10−9 (ein Milliardstel) ihrer Gewichtskraft, und alle andere Materie im Labor oder außerhalb davon übt auf die Testkörper ebenfalls Gravitation aus. Diese Messungen gestalten sich daher schwierig. Schon kleinste Temperaturunterschiede, Luftströmungen, Ungleichmäßigkeiten im Material oder Kriechen des Materials, sogar die Anzahl der Fahrzeuge auf dem Parkplatz vor dem Institutsgebäude, verfälschen die Ergebnisse.[4] Die bislang erreichte Genauigkeit ist mit fünf Dezimalstellen deutlich geringer als für andere Naturkonstanten.

Mit der im Labor bestimmten Gravitationskonstante lässt sich die Masse eines Himmelskörpers bestimmen, wenn er von einem Begleiter umrundet wird, dessen Bahnradius   und Umlaufkreisfrequenz   bekannt sind. Aus dem Gravitationsparameter   ergibt sich die Masse des Himmelskörpers als   (siehe Keplersche Gesetze). Das ist trotz der Unsicherheit in   wesentlich genauer als die Schätzung der Masse des Himmelskörpers aus seinem Durchmesser und dem angenommenen Dichteverlauf.

Schiehallion-Experiment

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Die erste erfolgreiche Messung mit einer bekannten Masse wurde 1774 von einem Forscherteam der Royal Society durchgeführt (Schiehallion-Experiment). Hierbei wurde die Lotabweichung im Schwerefeld der Erde aufgrund der gravitativen Anziehung eines Berges gemessen. Hieraus ließ sich das Verhältnis aus mittlerer Dichte der Erde und Dichte des Berges ermitteln, was (richtigerweise) einen unerwartet hohen Wert für die Dichte und damit Masse der Erde ergab.

Das Cavendish-Experiment

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Cavendish-Experiment (1798)

Das erste Laborexperiment zur Messung der Gravitationskraft zwischen zwei Körpern bekannter Masse gelang Henry Cavendish im Jahr 1797 mithilfe der von John Michell (1724–1793) einige Jahre zuvor eigens dafür erfundenen Gravitationswaage.[5][6] Die Waage bestand aus zwei kugelförmigen Testmassen mit zusammen (in heutigen Einheiten)  , die zu einer Hantel verbunden und an einem Torsionsdraht aufgehängt waren, sodass sie freie horizontale Drehschwingungen ausführen konnten. Zwei große Kugeln mit einer Gesamtmasse  , in gleichem Abstand   dicht neben je einer der Testmassen, erzeugten die Anziehungskraft, die die Testmassen ca. 1° aus der Ruhelage auslenkten. Aus dem Auslenkwinkel wurde die Torsionskraft   ermittelt, die der Anziehungskraft der großen und kleinen Kugeln bei diesem Abstand die Waage hält. Die dazu nötige Kenntnis der Torsionssteifigkeit des Drahtes wurde aus der Periodendauer der Torsionsschwingung gewonnen.

Aus Cavendishs Messwerten ergibt sich

 

Dies verfehlt den heutigen Wert nur um 1,2 Prozent.

Allerdings war der Begriff einer Gravitationskonstante zu Cavendishs Zeiten noch gar nicht üblich, vielmehr wurde das Newtonsche Gravitationsgesetz ausschließlich in Form von Proportionalitäten gebraucht. Dementsprechend betrachtete er das Verhältnis der beiden Kräfte   und  , mit denen die kleinen Kugeln von den großen bzw. von der Erde angezogen werden. Nach Newton gilt:

 

  ist nichts anderes als das (Gesamt-)Gewicht der kleinen Kugeln, sodass die Erdmasse   hierin die einzige Unbekannte ist. Cavendish konnte aus seinen Messdaten die Masse der Erde bestimmen. Populär wurde die physikalisch nicht korrekte und genau genommen sinnlose Formulierung, Cavendish habe „die Erde gewogen“.

Nachdem die Erdmasse, implizit also der Wert der Gravitationskonstante bekannt war, konnten auch die Massen weiterer Himmelskörper des Sonnensystems bestimmt werden.

Moderne Messungen

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Moderne Messungen verwenden verschiedene Methoden

  • das Prinzip des Cavendish-Experiments, mit kleineren Massen und dafür möglichst dünnen Fäden zur Aufhängung, weil deren Tragkraft mit kleinerem Radius r gemäß r2 abnimmt, das Rückstellmoment aber mit r4,[2]
  • … mit Messung der Änderung der Schwingungsfrequenz (statt des Winkels),[2][7]
  • … mit Messung der Winkelbeschleunigung: Beide Massen können sich unabhängig drehen und der Drehtisch wird so nachgeführt, dass die Torsion kompensiert wird, wodurch kein Drehwinkel, sondern die Winkelbeschleunigung zur Kompensation des Drehwinkels gemessen wird,[7]
  • … mit Ausgleich des Drehmoments durch elektrische Felder;
  • Änderung der Differenz des Gewichts zweier vertikal übereinander positionierter Testmassen, wenn zwischen sie eine große Masse (Quecksilber) eingefügt wird.[2]

Siehe auch

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Literatur

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Wiktionary: Gravitationskonstante – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. a b CODATA Recommended Values: Newtonian constant of gravitation. National Institute of Standards and Technology, abgerufen am 10. Juni 2024. Wert für die Gravitationskonstante (2022).
  2. a b c d Clive Speake, Terry Quinn: The search for Newton’s constant. In: Physics Today. Band 67, Nr. 7, 2014, S. 27, doi:10.1063/PT.3.2447.
  3. CODATA Recommended Values: Newtonian constant of gravitation over h-bar c. National Institute of Standards and Technology, abgerufen am 20. Mai 2019. Wert für die Gravitationskonstante in natürlichen Einheiten.
  4. David F. Bartlett: Why is it so easy to underestimate systematic errors when measuring G? Phil. Trans. R. Soc. A 372, 2014, doi:10.1098/rsta.2014.0021 (freier Volltext).
  5. Das Cavendish-Experiment. Abgerufen am 21. November 2024.
  6. Henry Cavendish: Experiments to determine the Density of the Earth. Phil. Trans. R. Soc. B 88, 469–526 (1798) (PDF) (englisch)
  7. a b Qing Li et al.: Measurements of the gravitational constant using two independent methods Nature 560, S. 582–588 (2018), 29. August 2018