Gritta von Rattenzuhausbeiuns

Film von Jürgen Brauer (1985)

Gritta von Rattenzuhausbeiuns (Alternativtitel: Gritta vom Rattenschloß) ist ein DEFA-Märchenfilm aus dem Jahr 1985 mit Nadja Klier in der Titelrolle, bei dem Jürgen Brauer Regie führte.

Film
Titel Gritta von Rattenzuhausbeiuns
Produktionsland DDR
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1985
Länge 79 Minuten
Altersfreigabe
Produktions­unternehmen DEFA, KAG „Johannisthal“
Stab
Regie Jürgen Brauer
Drehbuch Christa Kożik
Musik Stefan Carow
Kamera Jürgen Brauer
Schnitt Evelyn Carow
Besetzung

Handlung

Bearbeiten

Die 13-jährige Gritta lebt zusammen mit ihrem Vater, dem Hochgraf von Rattenzuhausbeiuns, und einem Diener in einem heruntergekommenen Schloss. Der Graf ist mehr an seinen Erfindungen interessiert als am Regieren, daher ist die Familie verarmt. Grittas Mutter ist vor langer Zeit verstorben. Im Schloss leben viele Ratten, die Gritta mit Haferbrei versorgt, dem einzigen, was sie im Schloss zu essen bekommen. Der Graf hatte eine Haferschneidemaschine erfunden, zum Dank wird er von den Bauern mit Hafer versorgt.

Grittas Vater versucht eine Thron-Rettungs-Maschine zu erfinden. Der König des Landes fürchtet um seinen Thron, daher hat er eine hohe Belohnung auf eine derartige Maschine ausgesetzt. Jeden Tag müssen nun Gritta und der Diener diese Maschine testen. Dabei landen sie an der Schlossdecke. Grittas Vater will eine Leiter besorgen, doch trifft er unterwegs auf Prinzessin Nesselkrautia Anna Bollena Maria, die zusammen mit einigen Kindern unterwegs ist. Er lädt sie auf sein Schloss ein. In der Zwischenzeit können Gritta und der Diener sich selbst befreien.

Die Prinzessin richtet sich häuslich im Schloss ein und bezirzt Grittas Vater, indem sie Au clair de la lune singt. Gritta passt dies gar nicht, da ihr Vater sich immer mehr für die junge Prinzessin interessiert und sie völlig übersieht. Trost findet Gritta bei Peter, einem Dorfjungen, der die Gänse hütet. Doch die Prinzessin ist gegen diese nicht standesgemäße Beziehung. Eines Tages taucht nun der Gouverneur Pekavus auf, der die Prinzessin heiraten möchte, weil sie von ihrem Vater ein beträchtliches Vermögen erben wird. Sie wird allerdings erst in drei Monaten volljährig. Es gelingt dem Grafen von Rattenzuhausbeiuns, die Angreifer, die die Prinzessin rauben wollen, in die Flucht zu schlagen. Um einen weiteren Angriff zu verhindern, heiratet er die Prinzessin. Darauf hat diese nur gewartet. Nun hat sie vollends das Sagen auf dem Schloss, und so schickt sie Gritta in eine Klosterschule.

In der Klosterschule gefällt es Gritta überhaupt nicht. Die strengen Regeln dort sind ganz etwas anderes als das wilde Leben, das sie bei ihrem Vater gehabt hat. Eines Tages entdeckt sie nun, dass der Gouverneur als falscher Priester zusammen mit den Nonnen gemeinsame Sache macht. Er hat eine Ratte auf dem Schloss der von Rattenzuhausbeiuns bestochen, damit diese das Testament der Prinzessin auffrisst. Ohne Testament würde das Vermögen ihres Vaters automatisch an ihren Vormund fallen. Zudem hat Pekavus dafür gesorgt, dass die Eltern der Mädchen, die auf der Nonnenschule sind, diese für ihr ganzes Leben ins Kloster geben. Das bringt dem Nonnenkloster viel Geld ein. Gritta warnt die anderen Mädchen, und diese fliehen aus dem Kloster.

In einer verfallenen Hütte an einem See finden die Mädchen Unterschlupf. Dort taucht eines Tages der Königssohn auf, der in Grittas Alter ist. Es gelingt Gritta, ihn davon zu überzeugen, dass der Gouverneur Pekavus es auf den Thron des Königs abgesehen hat. Dieser findet kurze Zeit später das Versteck der Mädchen. Es gelingt ihnen mit vereinten Kräften, ihn in die Flucht zu schlagen, doch müssen sie damit rechnen, dass er mit Verstärkung wiederkommt. Also können sie am See nicht bleiben, und so trennen sich die Wege von Gritta und den Mädchen. Sie gehen alle nach Hause, und auch Gritta macht sich auf den Weg zum Schloss Rattenzuhausbeiuns.

Als sie beim Schloss ankommt, stellt Gritta fest, dass es vollkommen verlassen ist. Nur ihre Ratten sind noch da. Sie verraten ihr, dass sie die Prinzessin solange genervt haben, bis sie das Schloss verlassen hat. Im nahe gelegenen Wald findet Gritta schließlich ihren Vater und die Prinzessin wieder. Sie hat inzwischen ein Kind bekommen und ist auch wesentlich versöhnlicher gegenüber Gritta geworden.

Mit Hilfe des Königssohns kann Gritta auf das Königsschloss gelangen. Als der König erfährt, dass Grittas Vater eine Thron-Rettungs-Maschine hat, will er sie sofort sehen. Doch Pekavus kommt ihnen zuvor und sperrt sie zusammen mit dem König und seinem Sohn ein. Er gibt sich fortan selbst als König aus, da er die Königskrone hat. Die Ratten sind Gritta allerdings gefolgt, und so können sie den König befreien.

Grittas Vater stellt inzwischen dem vermeintlichen König die Thron-Rettungs-Maschine vor. Pekavus probiert sie sofort aus. Allerdings vergisst er, einen Fallschirm anzulegen, und so wird er von der Maschine aus dem Schloss katapultiert. Da der König fortan alleine regieren müsste, macht er Gritta zu seiner ersten weiblichen Beraterin. Sie beschließt, klug und weise zu regieren und die Belastungen für die armen Leute zu lindern. Sie wird nur gute Gesetze machen, so dass auch alle Leute gut sind. Und wenn doch jemand böse sein sollte, dann kommt er auf die Maschine ihres Vaters.

Literarische Vorlage

Bearbeiten

Der Beginn des Films ist eng an das Märchen „Das Leben der Hochgräfin Gritta von Rattenzuhausbeiuns“ angelehnt, das 1840 von Gisela und Bettina von Arnim geschrieben wurde. Wesentliche Änderungen sind am Anfang nur Grittas Alter – im Buch ist sie 7, nicht 13 Jahre alt – und der Charakter ihres Vaters: Im Film ist der Graf zwar zerstreut und völlig auf seine Erfindungen fokussiert, weshalb er sein Schloss und Land verkommen lässt; er ist jedoch freundlich gegenüber Gritta und hat ein schlechtes Gewissen, weil er ihre Erziehung vernachlässigt hat. Im Buch dagegen hat er Gritta von klein auf sträflich vernachlässigt, sodass sie nur durch die Hilfe der Ratten das Säuglingsalter überlebte; zudem lässt er sie öfters seinen Jähzorn spüren und beschimpft sie.

Ab dem Zeitpunkt, da Gritta mit den anderen Mädchen das Kloster verlässt, wird ein Großteil der Buchhandlung schlicht ausgelassen. In der literarischen Vorlage ist die Gruppe lange Zeit in der Welt unterwegs und erlebt Abenteuer. Den Prinzen lernt Gritta erst viel später kennen, als sie zurückkehrt. Zudem kommt ihr jüngerer Bruder im Buch blind zur Welt, wird aber später geheilt.

Drehorte

Bearbeiten

Der Film wurde von der DEFA-Gruppe „Johannisthal“ gedreht. Ein Großteil der Innenaufnahmen entstand im Filmstudio Babelsberg. Die Burg Rattenzuhausbeiuns wurde als 4 m großes Modell in Groß Zicker auf Rügen errichtet. Weitere Aufnahmen der Burg wurden auf Burg Goldbeck bei Wittstock gedreht. Die Aufnahmen der Klosterschule entstanden im Kloster Memleben. Weitere Drehorte für Außenaufnahmen waren Bad Doberan, Michendorf, Saarmund und Räbel bei Havelberg.

Die im Film gesungenen Lieder sind Ach, wie ist’s möglich dann, Au clair de la lune und Nach Sevilla, nach Sevilla. Der Text zu letzterem stammt von Clemens Brentano, dem Bruder bzw. Onkel der Autorinnen der Romanvorlage.

Erstausstrahlung

Bearbeiten

Gritta Rattenzuhausbeiuns kam am 7. März 1985 in die Kinos der DDR. In der Bundesrepublik Deutschland wurde der Film das erste Mal am 16. Oktober 1986 im Kino aufgeführt. Im Fernsehen wurde er erstmals am 4. Januar 1987 auf DFF 2 in der DDR und am 1. Januar 1988 auf ZDF in der Bundesrepublik ausgestrahlt. 1999 erschien der Film auf Video.[1]

Kritiken

Bearbeiten
  • „Ein fantasievoller Film voller skurrilem Witz und mit vielen komischen Einfällen. Kindgemäße Unterhaltung mit einem starken Mädchen als Hauptperson.“ – Lexikon des internationalen Films[1]
  • „(…) ein frech-fröhlicher Film der munteren, anarchischen Gags.“ (Wertung: 2½ Sterne = überdurchschnittlich) – Adolf Heinzlmeier und Berndt Schulz in Lexikon „Filme im Fernsehen“ (Erweiterte Neuausgabe). Rasch und Röhring, Hamburg 1990, ISBN 3-89136-392-3, S. 321

Auszeichnungen

Bearbeiten
  • Beim Berliner Internationalen Film-Festival erhielt der Film 1986 eine Auszeichnung der UNICEF.
  • Bei der Verleihung des Goldenen Spatz im Jahre 1987 in Gera erhielt der Film den Sonderpreis des Vorsitzenden des Staatlichen Komitees für Fernsehen beim Ministerrat der DDR sowie den Findlingspreis[2].

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b Gritta von Rattenzuhausbeiuns. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 31. Dezember 2016.
  2. Wieland Becker und Volker Petzold: Tarkowski trifft King Kong – Geschichte der Filmklubbewegung der DDR. VISTAS, Berlin 2001. Seite 438
Bearbeiten