Großer Gott, wir loben dich
Großer Gott, wir loben dich ist ein römisch-katholisches, heute auch ökumenisches Kirchenlied. Ignaz Franz dichtete es 1768 als freie deutsche Fassung des aus dem 4. Jahrhundert stammenden lateinischen Gesangs Te Deum laudamus (Dich, Gott, loben wir), dessen liturgische Rolle es oftmals übernimmt. Es wird häufig zum Ende von feierlichen Dankgottesdiensten, etwa zum Jahresschluss, oder zu freudigen Anlässen wie der Fronleichnamsprozession gesungen und ist eines der bekanntesten deutschen Kirchenlieder. Dem Lied wird ein besonderer Rang zugesprochen, „einen mächtigeren, umfassenderen, grundsätzlicheren, der es erlaubt, von einer Hymne zu sprechen“ (Hermann Kurzke).[1]
Als eines von wenigen ursprünglich katholischen Liedern wird es auch häufig im Protestantismus gesungen (EG 331, GL 380, MG 34). Es ist in seiner englischsprachigen Form (Holy God, we praise thy name) und durch die deutsche Auswanderung nach Nordamerika auch dort zu einem der am weitesten verbreiteten Kirchenlieder geworden.
Melodie
BearbeitenDie bekannte Melodie wurde zum ersten Mal im Katholischen Gesangbuch (Wien 1776)[2] abgedruckt. In der Folgezeit haben sich unterschiedliche Varianten herausgebildet. Die beiden gängigen, leicht unterschiedlichen Fassungen gehen auf Johann Gottfried Schichts Allgemeines Choralbuch (1819) und Heinrich Bones Gesangbuch Cantate (Mainz 1852)[3] zurück. Hin und wieder vorgeschlagene Alternativmelodien haben sich nicht durchsetzen können.
Melodie von Wien um 1776, Heinrich Bone 1852 (Text von Ignaz Franz 1768):
Quelle: Gotteslob Nr. 380
Text
BearbeitenDer Text paraphrasiert den lateinischen Hymnus Te Deum in der Liturgie der lateinischen Kirche und wurde von dem Priester Ignaz Franz (1719–1790) gedichtet. Ursprünglich hatte das Lied zwölf Strophen. 1778 veröffentlichte Franz eine andere Version, die sich jedoch nicht durchsetzen konnte. Die heutige Fassung entstand durch das Zusammenziehen der ursprünglich fünften und sechsten Strophe.
Durch Johann Gottfried Schicht fand 1819 das Lied auch Einzug in protestantische Liederbücher, war jedoch als „geistliches Volkslied“ der Aufklärungszeit angefeindet. Erst im 20. Jahrhundert fand es dort Zustimmung, meist aber stark gekürzt. Die Neuapostolische Kirche passte den Text des Liedes mehrmals an.[4]
In Militärgesangbüchern stand es als Danklied. Im Feldgesangbuch der evangelischen und katholischen Militärseelsorge von 1939 lautete die Schlussstrophe „Dort, wo unsre Fahnen wehn, seis zu Lande, seis zu Meere, laß die Treue Schildwach stehn, sei uns selber Waff’n und Wehre! Losungswort sei allzugleich: ‚Treu zu Führer, Volk und Reich.‘“[5][6]
Das Gesangbuch der Deutschen Christen von 1941 wurde nach diesem Lied „Großer Gott wir loben dich“ benannt und enthielt eine von „jüdischen Elementen“ gereinigte und der nationalsozialistischen Ideologie angepasste Version.[7]
Der Aufbau des Liedes lässt sich in drei Abschnitte teilen: je einen hymnischen Abschnitt über Gott, den Vater (Strophen 1 bis 5) und Gott, den Sohn (Strophen 6 und 7) und schließlich die Bitten (Strophen 8 bis 11).
Ökumenische Fassung
BearbeitenIn den Kirchengesangbüchern in Deutschland und Österreich (Gotteslob Nr. 380, Evangelisches Gesangbuch Nr. 331, Mennonitisches Gesangbuch Nr. 34, Alt-katholisches Gesangbuch Nr. 550[8]) steht die von der Arbeitsgemeinschaft für ökumenisches Liedgut erarbeitete Textfassung; dazu hier in Synopse das Te Deum in der Übersetzung von Romano Guardini:
Liedtext | Te Deum |
1. Großer Gott, wir loben dich; |
Dich, Gott, loben wir, |
2. Alles, was dich preisen kann, |
Dir rufen die Engel alle, |
3. Heilig, Herr Gott Zebaoth! |
Heilig, heilig, heilig |
4. Der Apostel heilger Chor, |
Dich preist der glorreiche Chor der Apostel; |
5. Dich, Gott Vater auf dem Thron, |
dich preist über das Erdenrund die heilige Kirche; |
6. Du, des Vaters ewger Sohn, |
Du König der Herrlichkeit, Christus. |
7. Durch dich steht das Himmelstor |
|
8. Herr, steh deinen Dienern bei, |
Dich bitten wir denn, |
9. Sieh dein Volk in Gnaden an. |
Rette dein Volk, o Herr, |
10. Alle Tage wollen wir |
An jedem Tag |
11. Herr, erbarm, erbarme dich. |
Erbarme dich unser, o Herr, erbarme dich unser. |
Schweizer Gesangbücher
BearbeitenDie Schweizer Gesangbücher (Gesangbuch der Evangelisch-reformierten Kirchen der deutschsprachigen Schweiz, Nr. 247; Gesangbuch der römisch-katholischen Kirche der deutschsprachigen Schweiz Nr. 175; Gebet- und Gesangbuch der christkatholischen Kirche der Schweiz, Nr. 495) folgen ebenfalls dieser ökumenischen Fassung, haben aber folgende Abweichung in der letzten Strophe:
11. Herr, erbarm, erbarme dich; auf uns komme, Herr, dein Segen.
deine Güte zeige sich allen der Verheissung wegen.
Auf dich hoffen wir allein: lass uns nicht verloren sein.
In der Schweiz gibt es außerdem eine in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg entstandene pazifistische Neufassung von Karl von Greyerz, die im evangelisch-reformierten (Nr. 518) und im christkatholischen Gesangbuch jeweils besonders für den eidgenössischen Dank-, Buss und Bettag vorgesehen ist.
2. Unser Land mit seiner Pracht,
seine Berge, seine Fluren
sind die Zeugen deiner Macht,
deiner Vatergüte Spuren.
Alles in uns betet an;
Großes hast du uns getan.
3. Zieh uns in dein Liebesreich;
mach aus Sündern Gotteskinder;
mach uns dir, o Heiland, gleich:
Helfer, Kämpfer, Überwinder,
im Geringsten wahr und treu;
großer Gott, mach du uns frei.
4. Herr, erbarm, erbarme dich
deiner blutbefleckten Erde;
unsre Seele sehnet sich,
dass du sprichst ein neues „Werde!“.
Send uns Kraft und Zuversicht,
die der Waffen Joch zerbricht.
5. Zünd in uns dein Feuer an,
dass die Herzen gläubig brennen
und, befreit von Angst und Wahn,
wir als Menschen uns erkennen,
die sich über Meer und Land
reichen fest die Friedenshand.
6. Mach vom Hass die Geister frei,
frei von Sündenlast und -ketten;
brich des Mammons Reich entzwei;
du nur kannst die Menschheit retten.
Rette uns aus Schuld und Not,
Heilger Geist, barmherz’ger Gott.
Text Zürcher Disputation 1984
BearbeitenStrophe 1: Ignaz Franz 1719–1790, Strophen 2–6 Gruppe der Zürcher Disputation 1984[9] nach Karl von Greyerz, 1870–1949.
1. Großer Gott, wir loben dich,
Herr, wir preisen deine Stärke.
Vor dir neigt die Erde sich
und bewundert deine Werke.
Wie du warst vor aller Zeit,
so bleibst du in Ewigkeit.
2. Herr, erbarm, erbarme dich,
denn der Mensch bedroht die Erde.
Unsre Seele sehnet sich,
dass du sprichst ein neues „Werde“!
Gib uns Kraft, Verstand und Mut,
hilf bewahren der Schöpfung Gut.
3. Hilf zu schützen deine Welt
mit den Wassern und den Wäldern,
mit den Tieren ungezählt
in der Luft, im Meer, Wald und Feldern.
Lass uns folgen deiner Spur
für den Schutz der Kreatur.
4. Mach von Angst die Herzen frei,
frei von Zwängen, Süchten, Ketten.
Brich der Habgier Macht entzwei.
Du nur kannst uns daraus retten.
Du nur kennst der vielen Not,
denen Arbeit fehlt und Brot.
5. Sieh, wie Kinder hungern hier,
während Menschen Korn zerstören.
Grössetes Unrecht ists vor dir,
andrer Hilfeschrei nicht zu hören.
Gib uns Kraft, gib eine Sicht,
dass des Elends Joch zerbricht.
6. Ja, erbarm, erbarme dich.
Es bedroht der Mensch die Erde.
Unsere Seele sehnt sich,
dass du sprichst ein neues „Werde!“
und ein Frieden weltweit sei.
Mach für ihn uns Menschen frei.
Übersetzungen
Bearbeiten- Holy God, Thy Name we bless, englisch 1923
- Holy God, We Praise Thy Name, englisch von Clarence A. Walworth (1820–1900)
- Grand Dieu, nous te bénissons, französisch von Henri-Louis Empeytaz (1790–1853), Genf 1817
- 주 천주의 권능과, koreanisch
- Te lodiamo, Trinità, italienisch von Gino Stefani (1929–2019)[10]
- Grote God, wij loven U, niederländisch von Hélène Swarth (1859–1941)
- Ó Senhor do altos céus, portugiesisch
- Gud, vår Gud, vi lovar dig, schwedisch von Olof Hartman (1906–1982)
- Store Gud, ditt namn ske pris, schwedisch von Johan Nordström (1891–1967)
- Hvala večnemu Bogu, slowenisch von Blaž Potočnik (1799–1872) bzw. Gregorij Pečjak (1867–1961)
- Bože, chválíme tebe, tschechisch
Rezeption
BearbeitenFür ihre Verabschiedung als Bundeskanzlerin wählte Angela Merkel Großer Gott, wir loben dich als einen von drei Musiktiteln der Serenade bei dem zu ihren Ehren am 2. Dezember 2021 abgehaltenen Großen Zapfenstreich aus.[11]
Literatur
Bearbeiten- Ansgar Franz, Andreas Marti: 331 – Großer Gott, wir loben dich. In: Martin Evang, Ilsabe Alpermann (Hrsg.): Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch. Band 22. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2016, ISBN 978-3-525-50345-4, S. 42–53, doi:10.13109/9783666503450.42.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Alexandra Kemmerer: Sound der Macht. Merkels Te Deum. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 2. Dezember 2021, abgerufen am 2. Dezember 2021.
- ↑ Katholisches Gesangbuch, auf allerhöchsten Befehl Ihrer k. k. apostolischen Majestät Marien Theresiens zum Druck befördert. Verlag der Katechetischen Bibliothek, Wien 1776.
- ↑ Heinrich Bone (Hrsg.): Melodieen zu dem katholischen Gesangbuche Cantate. Schöningh, Paderborn 1852, Lied-Nr. 576, S. 107 f. (nbn-resolving.org).
- ↑ apwiki.de – Großer Gott, wir loben dich Textvarianten in der Neuapostolischen Kirche u. a.
- ↑ Evangelisches Feldgesangbuch. Berlin [1939], Nr. 19, S. 35 f.; zitiert nach: Großer Gott, wir loben dich. In: Populäre und traditionelle Lieder, Historisch-kritisches Liederlexikon, abgerufen am 14. Juli 2024.
- ↑ Erfahrungsbericht Kriegspfarrer Wilhelm Wöste Kein Segen für Geschütze. In: Mensch was wollt ihr denen sagen? Katholische Feldseelsorger im Zweiten Weltkrieg Hrsg.: Katholisches Militärbischofsamt, Pattloch Verlag, 1991, ISBN 3-629-00660-4, S. 52.
- ↑ Vgl. Michael Fischer, Großer Gott wir loben dich. (PDF; 2,5 MB) Ausführlicher Kommentar zur Liedgeschichte (Februar 2006 / Juli 2007), dort v. a. S. 13–17 zum Te deum und seinen deutschen Versionen unter nationalistischen und militaristischen Vorzeichen
- ↑ Katholisches Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland (Hrsg.): Eingestimmt. Gesangbuch des Katholischen Bistums der Alt-Katholiken in Deutschland. 2. verbesserte und erweiterte Auflage. Alt-Katholischer Bistumsverlag, Bonn 2015, ISBN 978-3-934610-53-8.
- ↑ Reformationsdisputation in Zürich in Anlehnung der Zürcher Disputationen von Zwingli. Vgl. Alexander Völker: Den Glauben heute bekennen und leben: Das Zürcher „Projekt Bekenntnis“. In: Martin Klöckener, Arnaud Join-Lambert (Hrsg.): Études liturgiques et oecuméniques sur l’Eucharistie et la vie liturgique en Suisse. Universitätsverlag Freiburg Schweiz, Freiburg Schweiz 2001, ISBN 3-7278-1337-7, S. 398–423, hier: S. 407 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Dario Coppola: Te Lodiamo, Trinità (Franz-G. Stefani). 25. Mai 2013, abgerufen am 30. Mai 2024.
- ↑ Lothar Schröder: Mit Punk in den Ruhestand. In: Rheinische Post, 29. November 2021, S. D1.