Guido Cagnacci

italienischer Maler des Barock

Guido Cagnacci (* 19. Januar 1601 in Santarcangelo di Romagna, Rimini; † 1663 in Wien; eigentlich Guido Canlassi) war ein italienischer Maler des Barock und als solcher Vertreter der Bologneser Schule, der seinen Künstlernamen „Cagnacci“ (deutsch: „Köter“) aufgrund seines unansehnlichen Gesichts erhalten hatte.[1]

Cagnaccis Familie stammte aus der italienischen Gemeinde Urbania. Sein Vater Matteo hatte der Familientradition gemäß den Beruf des Kürschners erlernt und war als Prediger in Santarcangelo di Romagna tätig. Cagnaccis Mutter Livia war die Tochter von Carlo Serra, einem Prediger aus Rimini. Cagnacci wuchs mit seinen Schwestern Lucia und Virginia in Santarcangelo di Romagna auf und schuf dort seine ersten Bilder. Sein Vater schickte ihn um 1616 nach Bologna, wo er ein vierjähriges Kunststudium absolvierte. Zu seinen Lehrmeistern zählten Guido Reni, Giovanni Francesco Barbieri und Lodovico Carracci.

Nach seiner Ausbildung unternahm Cagnacci zwei Reisen nach Rom, wo er sich mit den Werken und dem Stil Caravaggios vertraut machte.[2] Zurück in seiner Heimatregion erhielt er Aufträge in Rimini und Forlì. 1628, als er in Rimini mit Sakralbildern für die Kirche San Giovanni Battista beschäftigt war, begann er eine Affäre mit Teodora Stivi, einer verwitweten und wohlhabenden Gräfin. Da es Bürgerlichen und Adeligen nicht gestattet war, einander zu heiraten, versuchten Cagnacci und die Gräfin durchzubrennen. Ihre Flucht wurde jedoch vereitelt und Cagnacci aus der Stadt verbannt. Infolgedessen wandten sich seine bisherigen Auftraggeber, Mitglieder des Klerus und des Adels, von ihm ab.[2] Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Bologna lebte er ab 1650 in Venedig, wo er eine Kunstschule gründete und sich mit dem Maler Pietro Liberi anfreundete. Unter seinem eigentlichen Namen Canlassi war er in Venedig vor allem für seine erotischen Werke bekannt. Im Jahr 1658 wurde Cagnacci von Leopold I. als Hofmaler nach Wien berufen, wo er fünf Jahre später verstarb und in der Augustinerkirche beigesetzt wurde.[2]

Hatte sich Cagnacci in Santarcangelo di Romagna, Rimini und Forlì vor allem züchtigen Sakralwerken gewidmet, malte er ab 1650 in Venedig und Wien bevorzugt Frauen wie Lucretia, Kleopatra und Maria Magdalena in sinnlicher, halbnackter Pose. Der Erotik stellte er dabei zumeist Motive der Buße, des Unglücks und des Todes gegenüber. In seinem Malstil verband er Caravaggios Naturalismus und Renis Klassizismus.[2] Auch eine weiche Modellierung und eine dekorative Bildsprache werden ihm attestiert.[1]

Rezeption

Bearbeiten

Zu Lebzeiten hatte Cagnacci in Italien und Wien Bekanntheit erlangt, wurde von zeitgenössischen Kunstkritikern jedoch eher wenig beachtet. Nach seinem Tod geriet er schnell in Vergessenheit. Auch in der jüngeren Vergangenheit wird er im Schatten Caravaggios und Renis eher zu den zweitrangigen Barockmalern Italiens gezählt. Überraschend wurde 2007 eines seiner Bilder der Lucretia im Wiener Dorotheum bei einem geschätzten Wert von 80.000 Euro von einem italienischen Bieter für 1,15 Millionen Euro ersteigert. 2008 wurde Cagnacci im San Domenico Museum in Forlì eine Ausstellung mit mehr als hundert Exponaten gewidmet.[1]

Werke (Auswahl)

Bearbeiten
Bild Titel Jahr Größe / Material Ausstellung / Sammlung / Besitzer
  Himmelfahrt der heiligen Maria Magdalena um 1640 192,5 × 138,5 cm,
Öl auf Leinwand
Florenz, Palazzo Pitti, Galleria Palatina
  Porträt eines jungen Mönchs mit Kompass und chirurgischen Instrumenten um 1640–1645 170 × 74 cm,
Öl auf Leinwand
Rimini, Museo della Città
  Glorie des heiligen Mercuriale um 1642–1643 411 × 230 cm,
Öl auf Leinwand
Forlì, Pinacoteca Comunale
  David mit dem Kopf des Goliath um 1645–1650 108,3 × 86,4 cm,
Öl auf Leinwand
Los Angeles, Getty Museum
  Der Raub der Europa um 1650 115,5 × 94 cm,
Öl auf Leinwand
Bologna, Marano di Castenaso, Sammlung Molinari Pradelli
  Allegorie auf das menschliche Leben um 1650 110 × 86,5 cm,
Öl auf Leinwand
Ferrara, Sammlung der Fondazione Cavallini-Sgarbi
  Allegorie auf das menschliche Leben um 1655 74,3 × 60 cm,
Öl auf Leinwand
Andalusia, Pennsylvania, Nelson and Leona Shanks Collection
  Kaiser Leopold I. (1640–1705) im Krönungsharnisch um 1658 190 × 120 cm,
Öl auf Leinwand
Wien, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie
  Büßende Magdalena nach 1659 44 × 53 cm,
Öl auf Kupfer
Wien, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie
  Hl. Hieronymus nach 1659 160 × 110,5 cm,
Öl auf Leinwand
Wien, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie
  Selbstmord der Kleopatra nach 1659 124 × 93,5 cm,
Öl auf Leinwand
Wien, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie
  Selbstmord der Kleopatra um 1660 120 × 158 cm,
Öl auf Leinwand
Mailand, Pinacoteca di Brera
  Martha tadelt ihre Schwester Maria nach 1660 229,2 × 266,1 cm,
Öl auf Leinwand
Pasadena, Norton Simon Museum
  Selbstmord der Kleopatra 1661–1662 153 × 169 cm,
Öl auf Leinwand
Wien, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie
  Maria Magdalena 1663 86 × 72 cm,
Öl auf Leinwand
Rom, Palazzo Barberini, Galleria Nazionale d’Arte Antica
  Büßende Magdalena 47,5 × 62 cm,
Öl auf Leinwand
Privatsammlung
  Der trunkene Noah 64 × 81 cm,
Öl auf Leinwand
Privatsammlung
  Lucrezia 114,5 × 112 cm,
Öl auf Leinwand
Italien, Privatbesitz
  Susanna und die Ältesten 144,5 × 173 cm,
Öl auf Leinwand
Sankt Petersburg, Eremitage
  Kleopatra 75,3 × 62,3 cm,
Öl auf Leinwand
London, Dulwich Picture Gallery

Literatur

Bearbeiten
  • Sandra Vasco: Cagnacci, Guido. In: Alberto Maria Ghisalberti (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani. Band 16. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 1973, S. 296–298 (online (Memento vom 8. Januar 2014 im Internet Archive)).
  • Guido Cagnacci. In: Marco Bussagli, Gloria Fossi et al.: Italian Art. From the Origins to the Present Day. Giunti Editore, Florenz 2004, ISBN 88-09-03726-X, S. 368.
Bearbeiten
Commons: Guido Cagnacci – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b c Johannes Sander: Guido Cagnacci in Forlì. kunstmarkt.com, 6. Februar 2008.
  2. a b c d Guido Cagnacci. Protagonista del Seicento tra Caravaggio e Reni. (Memento vom 13. April 2013 im Webarchiv archive.today) italica.rai.it (Rai Internazionale online), 13. April 2013.