Gunter Czisch

deutscher Politiker (CDU), ehemaliger Oberbürgermeister von Ulm

Gunter Czisch (* 1. April 1963 in Stuttgart) ist ein deutscher CDU-Politiker. Er war von 2016 bis 2024 Oberbürgermeister der Stadt Ulm.

Gunter Czisch am 2. Oktober 2015 in Jungingen
Czischs Unterschrift
Czischs Unterschrift

Leben und Beruf

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Gunter Czisch wuchs in Dietenheim auf, wo seine Großeltern eine Kfz-Werkstatt betrieben. Nach der mittleren Reife schlug er eine Laufbahn im öffentlichen Dienst ein und absolvierte zwischen 1980 und 1982 eine Ausbildung im mittleren Verwaltungsdienst bei der Stadt Ulm. Die ab 1983 folgende Ausbildung im gehobenen Verwaltungsdienst mit Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl schloss Czisch 1987 als Diplom-Verwaltungswirt (FH) ab. Von 1987 bis 1994 arbeitete er bei der Stadt Überlingen im Bereich der Finanzverwaltung, als Personalratsvorsitzender, zuletzt als Leiter des Rechnungsprüfungsamtes. Von 1994 bis 2000 war er als Dezernent des Bodenseekreises für die Bereiche Finanzen, Bau, Abfallwirtschaft und Schulen zuständig.

Ab August 2000 war Czisch Erster Bürgermeister der Stadt Ulm und in dieser Funktion verantwortlich für den Bereich „Zentrale Steuerung“ mit den Bestandteilen Finanzen, Personal, Organisation, Verwaltungsmodernisierung, Informations- und Kommunikationstechnologien sowie städtische Beteiligungen.[1] Im Juni 2008 wurde er mit großer Mehrheit durch den Gemeinderat im Amt bestätigt.[2]

Am 21. Juli 2015 gab Gunter Czisch seine Kandidatur für die Ulmer Oberbürgermeisterwahl 2015 bekannt.[3] Bei der Wahl am 29. November 2015 konnte er im ersten Wahlgang 52,9 % der Stimmen auf sich vereinen.[4] Er setzte sich dabei unter anderem gegen Martin Rivoir (SPD) durch. Seine Vereidigung als Oberbürgermeister der Stadt Ulm in Nachfolge von Ivo Gönner (SPD) fand am 29. Februar 2016 statt.[5]

Bei der Oberbürgermeisterwahl am 3. Dezember 2023 verfehlte Czisch im ersten Wahlgang die zur Wiederwahl nötige absolute Mehrheit.[6][7] Am 17. Dezember 2023 fand daher eine Stichwahl zwischen ihm und dem zweitplatzierten Kandidaten Martin Ansbacher (SPD) statt, in der er schließlich unterlag.[8] Czisch hatte das Amt bis Ende Februar 2024 inne.

Am 18. Juli 2024 wurde Czisch mit 123 von 141 Stimmen vom Landtag von Baden-Württemberg zum Richter in der Gruppe „ohne Befähigung zum Richteramt“ am Verfassungsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg gewählt.[9] Am 22. Juli 2024 wurde er im Rahmen der Schwörfeier zum Ehrenbürger der Stadt Ulm ernannt.[10]

Czisch hat zwei Söhne und lebt mit seiner Ehefrau in Ulm.[11] In seiner Jugend betrieb er Leichtathletik-Leistungssport und war Skilehrer. In den 1980er Jahren war er aktives Mitglied der Stadtkapelle Dietenheim und spielte in verschiedenen Formationen von der Tanzmusik bis zur Klassik. Seit den 1980er Jahren ist Czisch aktiv beim Deutschen Roten Kreuz, zeitweise als stellvertretender Vorsitzender des DRK-Kreisverbandes. Seit den 1990er Jahren war Czisch Schlagzeuger in der Dixieband „Mississippi Steamboat Chicken“ und anderen Formationen, darunter die „United Urban Jazzcats“.[12]

Politische Positionen, Kontroversen und Kritik

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Nach seiner Tätigkeit als Dezernent im Bodenseekreis wurde Czisch im Dezember 2000 durch den Gemeinderat zum Ersten Beigeordneten und Finanzbürgermeister der Stadt Ulm gewählt. Unter seiner Mitwirkung beteiligte sich Ulm am US-amerikanischen Steuersparmodell Cross-Border-Leasing und verleaste seine Abwasserkanäle an die PNC Financial Services.[13]

Sedelhöfe und McDonald’s

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Für das Bauprojekt zum Quartier „Sedelhöfe“ musste ein Gebäude, in dem eine McDonald’s-Filiale untergebracht war, abgerissen werden. Aufgrund eines bestehenden, bis 2026 laufenden Mietvertrags der Fast-Food-Kette wurde während Czischs Zeit als Finanzbürgermeister ein Container-Provisorium in der Fußgängerzone als Ersatz geschaffen. Die Unterbringung der Filiale war anfangs bei Passanten und Händlern umstritten.[14] Die Kosten des Provisoriums in Höhe von 1,3 Millionen Euro wurden durch die Stadt getragen, Eigentümerin war jedoch McDonald’s.[15]

Verschwörhaus e. V.

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Seit etwa 2016 wurde der Verein „Verschwörhaus e. V.“ (jetzt „temporärhaus e. V.“) als ehrenamtlicher Akteur in die Gestaltung der digitalen Zukunft von Ulm mit einbezogen und konnte im gleichen Jahr in städtische finanzierte Arbeitsräume einziehen. Nach Streitigkeiten um Namensrechte, angemessene Anerkennung und Beteiligung der ehrenamtlichen Tätigkeit kam es zum Bruch zwischen Stadtverwaltung und Verein, sodass das bundesweite Leuchtturm-Projekt[16][17] die Zusammenarbeit mit der Stadt beenden und sowohl die Räume als auch seinen Namen abgeben musste.[18][19][20]

Ehemalige Ämter:

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Commons: Gunter Czisch – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Stadt Ulm: Erster Bürgermeister Gunter Czisch (Memento vom 26. Juni 2015 im Internet Archive). Stadt Ulm. Abgerufen am 5. August 2015.
  2. „Czisch wiedergewählt“ In: Donau 3 FM, 18. Juni 2008.
  3. Gunter Czisch kandidiert als Oberbürgermeister in Ulm. In: Augsburger Allgemeine, 22. Juli 2015. Abgerufen am 30. November 2015
  4. Wahlergebnis Oberbürgermeisterwahl 2015. Abgerufen am 30. November 2015
  5. Südwest Presse: Gunter Czischs Antrittsrede im Wortlaut. Abgerufen am 29. Februar 2016.
  6. Ergebnis. Abgerufen am 3. Dezember 2023.
  7. Catharina Strass: So wählt Ulm: Hier alle Infos und Entwicklungen zur OB-Wahl 2023 im Liveticker. In: SWR Aktuell. 3. Dezember 2023, abgerufen am 3. Dezember 2023.
  8. Maren Haring: Stichwahl in Ulm: Martin Ansbacher ist neuer Oberbürgermeister. In: SWR Aktuell. 17. Dezember 2023, abgerufen am 17. Dezember 2023.
  9. Sechs neue Richter und Stellvertreter fürs Verfassungsgericht. In: staatsanzeiger.de. 18. Juli 2024, abgerufen am 18. Juli 2024.
  10. Chirin Kolb: Schwörmontag Ulm: Gunter Czisch ist Ehrenbürger. In: swp.de. 22. Juli 2024, abgerufen am 22. Juli 2024.
  11. Hans-Uli Thierer: Sigrid Czisch: Das Büro bleibt an der Haustür. In: Südwest Presse, 31. August 2013.
  12. Gunter Czisch: Gunter Czisch – „über mich“. Abgerufen am 5. August 2015.
  13. Sonia Shinde: Cross-Border-Leasing: Ulm und sein unterirdisches Geschäftl. Handelsblatt vom 28. Februar 2009.
  14. DC Commercial und der Sedelhof. In: donaufischulm.wordpress.com, 30. Januar 2015.
  15. Erstes McDonalds-Restaurant in Baden-Württemberg abgerissen. In: augsburger-allgemeine.de, 4. Februar 2014.
  16. Markus Reuter: Verschwörhaus: Stadt Ulm schmeißt Hackerspace raus – und will den Namen auch gleich haben. In: netzpolitik.org. 15. Juni 2022, abgerufen am 2. Dezember 2023.
  17. Matthias Punz: Ulm: Streit um „Verschwörhaus“. In: tagesspiegel.de. 5. Oktober 2022, abgerufen am 2. Dezember 2023.
  18. Markus Reuter: Hackspace in Ulm: Verschwörhaus verliert seinen Namen an die Stadt. In: netzpolitik.org. 24. April 2023, abgerufen am 2. Dezember 2023.
  19. Helen Bielawa: Verschwörhaus-Streit: Lektionen für die Verwaltung. In: Der Tagesspiegel. 8. Juli 2022, abgerufen am 2. Dezember 2023.
  20. Die digitale Zukunft macht gerade Pause im Rahmen, vom 29. März 2023.
  21. Präsidium und Vorstand – DRK KV Ulm. Abgerufen am 17. Dezember 2023.
  22. Czisch baut Ulmer Donaukontakte aus. (Memento vom 24. September 2015 im Internet Archive) In: Südwest Presse, 2. Juli 2011.
  23. Parkbetriebsgesellschaft Ulm: [1]. Impressum der PBG. Abgerufen am 5. August 2015.
  24. Die Datenzentrale Baden-Württemberg (DZBW). (PDF, 239 kB) Abgerufen am 8. August 2018.