Gustavo Gutiérrez
Gustavo Gutiérrez Merino OP (* 8. Juni 1928 in Lima, Peru; † 22. Oktober 2024 ebenda[1]) war ein peruanischer römisch-katholischer Priester, Dominikaner und Hochschullehrer. Er war einer der Begründer der Befreiungstheologie und gab ihr diesen Namen.
Leben
BearbeitenGutiérrez studierte in Lyon, Löwen, Rom und Paris Medizin, Kunst, Philosophie, Psychologie und Theologie. Danach arbeitete er in Peru als Berater der nationalen Vereinigung der katholischen Studenten (Unión Nacional de Estudiantes Católicos, UNEC) und lehrte als Professor für Theologie und Sozialwissenschaften an der Päpstlichen Katholischen Universität von Peru in Lima.[2] Ab 1971 arbeitete er in der Christlichen Friedenskonferenz (CFK) mit.
1970/1971 schrieb Gutiérrez das Buch Teología de la Liberación, das grundlegende Werk der Theologie der Befreiung, das ihr auch den Namen gab. Es erschien im Dezember 1971 beim Centro de Estudios y Publiciones (CEP) in Lima. Die erste Auflage von 8000 Exemplaren war – für ein theologisches Werk in Peru höchst ungewöhnlich – binnen kurzem ausverkauft.[3] Innerhalb von zwei Jahren war es in sechs Sprachen übersetzt.[3] In seinem Buch beschrieb er das Selbstverständnis und die Methode der Theologie der Befreiung und markierte so den Beginn einer neuen Art, Theologie zu betreiben.[2] Eine immer wieder geäußerte Kritik an den marxistischen Inhalten veranlasste den Verfasser, zwanzig Jahre später eine „korrigierte“ Fassung des umstrittenen Buches herauszugeben.[4]
Gutiérrez gründete 1974 das Bartolomé-de-las-Casas-Institut in Lima,[5] dessen Leiter er war. Er war Gastprofessor an mehreren nordamerikanischen Universitäten.[6]
Der peruanische Theologe leistete auch wichtige Beiträge zu einer „Spiritualität der Befreiung“. Das Leben mit den Armen in den Elendsvierteln von Lima war für Gutiérrez zeitlebens die praktische Basis seiner Theologie.[2] 1999 trat er dem Dominikaner-Orden bei.[7] Später arbeitete er im Distrikt Rímac in Lima.
Gutiérrez musste lange auf Anerkennung von höchster Stelle der katholischen Kirche warten. Erst 2018, anlässlich seines 90. Geburtstages, erhielt er einen Brief von Papst Franziskus, der ihm schrieb: „Ich schließe mich Ihrem Dank an Gott an und danke Ihnen auch für Ihren Beitrag für die Kirche und die Menschheit durch Ihren theologischen Dienst und Ihre vorrangige Liebe zu den Armen und Ausgestoßenen der Gesellschaft.“[8]
Ehrungen
BearbeitenGutiérrez wurde an mehreren Universitäten zum Doctor honoris causa ernannt, u. a. in Tübingen, Québec und Freiburg im Breisgau. 1993 wurde er in die französische Ehrenlegion aufgenommen.[9] 2002 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences gewählt. Im Jahr 2003 erhielt er den Prinz-von-Asturien-Preis in der Sparte „Kommunikation und Humanwissenschaften“.
Schriften (Auswahl)
Bearbeiten- Theologie der Befreiung. Matthias-Grünewald-Verlag, München 1973, ISBN 3-459-00878-4.
- Gott oder das Gold. Der befreiende Weg des Bartolomé de Las Casas. Herder Verlag, Freiburg im Breisgau/Basel/Wien 1990, ISBN 3-451-21994-8.
- mit Gerhard Ludwig Müller: An der Seite der Armen. Theologie der Befreiung. Sankt-Ulrich-Verlag, Augsburg 2004, ISBN 3-936484-40-6.
- Nachfolge Jesu und Option für die Armen. Beiträge zur Theologie der Befreiung im Zeitalter der Globalisierung. Academic Press/Kohlhammer, Fribourg/Stuttgart 2009, ISBN 978-3-17-020526-0.
Literatur
Bearbeiten- Gottlieb Matejka: Zur Weltsituation der politischen Theologie mit besonderer Berücksichtigung von Leonardo Boff und Gustavo Gutiérrez. Diss., Universität Wien 1986.
- Michelle Becka, Franz Gmainer-Pranzl (Hrsg.): Gustavo Gutierrez’ „Theologie der Befreiung“ (1971/2021). Der bleibende Impuls eines theologischen Klassikers. Tyrolia, Innsbruck 2021, ISBN 978-3-7022-3946-6.
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Gustavo Gutiérrez im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Gustavo Gutiérrez Merino, Lebenslauf auf der Website der Peruanischen Katholischen Studentenvereinigung UNEC (als deren Beirat Gutiérrez amtierte), spanisch
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Muere el sacerdote e intelectual peruano Gustavo Gutiérrez, padre de la Teología de la Liberación. In: Sur. 23. Oktober 2024, abgerufen am 23. Oktober 2024 (spanisch).
- ↑ a b c Bruno Kern: Theologie der Befreiung, Verlag A. Francke, Tübingen 2013, ISBN 978-3-8252-4027-1, S. 123.
- ↑ a b Edmundo Victor Paz: Theology of Liberation. Impact and Controversy. In: Latinamerica Press (englischsprachige Ausgabe der Noticias aliadas), 2. Mai 1974, S. 3–7, hier S. 3.
- ↑ Gerhard Kruip, Edith Wittenbrink: Eine Entwicklung der Befreiungstheologie? Zu den Unterschieden zwischen der ersten Auflage und der überarbeiteten Neuauflage der Theologie der Befreiung von Gustavo Gutierrez. In: Michelle Becka, Franz Gmainer-Pranzl (Hrsg.): Gustavo Gutierrez’ „Theologie der Befreiung“ (1971/2021). Der bleibende Impuls eines theologischen Klassikers. Tyrolia, Innsbruck 2021, S. 87–111.
- ↑ Instituto Bartolomé de las Casas – Homepage (spanisch)
- ↑ Gustavo Gutierrez, O.P. In: Department of Theology: People. University of Notre Dame, abgerufen am 14. Juni 2014 (englisch).
- ↑ Befreiungstheologe Gustavo Gutierrez ist gestorben. In: domradio.de. 23. Oktober 2024, abgerufen am 23. Oktober 2024.
- ↑ Hans Weber: Priester Gustavo Gutiérrez, Begründer der linken Befreiungstheologie, gestorben. In: amerika21.de. 26. Oktober 2024, abgerufen am 6. November 2024.
- ↑ Gustavo Gutiérrez: Biography. University of Notre Dame, abgerufen am 24. Oktober 2024
Personendaten | |
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NAME | Gutiérrez, Gustavo |
ALTERNATIVNAMEN | Gutiérrez Merino, Gustavo (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | peruanischer Mitbegründer und Namensgeber der Befreiungstheologie |
GEBURTSDATUM | 8. Juni 1928 |
GEBURTSORT | Lima, Peru |
STERBEDATUM | 22. Oktober 2024 |
STERBEORT | Lima, Peru |