Halloysit

Mineral, Schichtsilikat
(Weitergeleitet von Halloysit-7Å)

Halloysit (ehemals Halloysit-7Å) ist ein Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der chemischen Zusammensetzung Al4[(OH)8|Si4O10][5] und damit chemisch gesehen ein Aluminium-Silikat mit zusätzlichen Hydroxidionen. Strukturell gehört Halloysit zu den Schichtsilikaten (Phyllosilikaten).

Halloysit
Halloysit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2022 s.p.[1]

IMA-Symbol

Hly[2]

Andere Namen
  • Endellit
  • Halloysit-7Å[3]
  • Metahalloysit[3]
  • Pelikanit[4]
Chemische Formel
  • Al2Si2O5(OH)4[1]
  • Al4[(OH)8|Si4O10][5]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Schichtsilikate (Phyllosilicate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/E.11a
VIII/H.25-040[4]

9.ED.10
71.01.01.04
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-domatisch; m[6]
Raumgruppe Cc (Nr. 9)Vorlage:Raumgruppe/9[5]
Gitterparameter a = 5,14 Å; b = 8,90 Å; c = 14,9 Å
β = 101,9°[5]
Formeleinheiten Z = 2[5]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2 bis 2,5[7]
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,55 bis 2,565; berechnet: 2,57[7]
Spaltbarkeit möglich nach {001}[7]
Bruch; Tenazität muschelig[7]
Farbe weiß, grau, gelblich, rötlich, grünlich, bläulich, bräunlich
Strichfarbe weiß
Transparenz durchscheinend bis undurchsichtig
Glanz Perlglanz, Wachsglanz, matt[7]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,553 bis 1,565[8]
nβ = 1,559 bis 1,569[8]
nγ = 1,560 bis 1,570[8]
Doppelbrechung δ = 0,007[8]
Optischer Charakter zweiachsig

Halloysit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und entwickelt ausschließlich knollige oder erdige Aggregate in weißer, grauer, gelblicher, rötlicher, grünlicher, bläulicher oder bräunlicher Farbe.

Etymologie und Geschichte

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d’Omalius d’Halloy etwa 1850

Entdeckt wurde Halloysit zuerst in einem Steinbruch bei Angleur (heute Stadtteil von Lüttich) in der belgischen Provinz Wallonien. Die Erstbeschreibung erfolgte 1826 durch Pierre Berthier, der das Mineral nach dem belgischen Geologen Jean Baptiste Julien d’Omalius d’Halloy (1783–1875) benannte.

In einer 1943 publizierten Studie über die Verwandtschaft der Tonminerale Halloysit und dem später als Hydrohalloysit (Al2Si2O5(OH)4·2H2O[1]) bekannten Endellit wurde unter anderem festgestellt, dass Halloysit durch eine partielle Dehydratisierung von Endellit entsteht. Die Röntgenpulverbeugungsdaten ergaben für Endellit eine intensive Reflexion mit einem Abstand von 10,1 Å und für Halloysit von 7,2 Å.[9] Nach Beschluss des Nomenklatur-Kommittees der International Mineralogical Association (IMA/CNMNC) von 1980 wurde die wasserlose Verbindung von Halloysit in Halloysit-7Å und die wasserhaltige Verbindung in Halloysit-10Å umbenannt.[10]

2022 wurde die Nomenklatur für Polymorphe und Polysome neu definiert und die Namen der betroffenen Minerale entsprechend geändert. Das bis dahin als Halloysit-7Å bekannte Mineral erhielt dabei wieder seinen ursprünglichen Namen Halloysit und Halloysit-10Å wurde in Hydrohalloystit umbenannt.[11] Halloysit wird seitdem in der „Liste der Minerale und Mineralnamen“ der IMA unter der Summenanerkennung „IMA 2022 s.p.“ (special procedure) geführt.[1]

Klassifikation

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In der letztmalig 1977 überarbeiteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Halloysit zur Mineralklasse der „Silikate“ und dort zur Abteilung „Schichtsilikate (Phyllosilikate)“, wo er zusammen mit Chrysokoll und Hydrohalloysit (ehemals Halloysit-10Å) sowie dem inzwischen als fraglich geltenden Ablykit die „Halloysit-Reihe (dioktaedrisch)“ mit der Systemnummer VIII/E.11a bildete.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer VIII/H.25-040. Dies entspricht ebenfalls der Abteilung „Schichtsilikate“, wo Halloysit zusammen mit Dickit, Kaolinit und Nakrit die „Kaolinitgruppe“ mit der Systemnummer VIII/H.25 bildet.[4]

Die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[12] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Halloysit in die erweiterte Klasse der „Silikate und Germanate“, dort aber ebenfalls in die Abteilung der „Schichtsilikate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Struktur der Silikatschichten, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Schichtsilikate (Phyllosilikate) mit Kaolinitschichten, zusammengesetzt aus tetraedrischen und oktaedrischen Netzen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Hydrohalloysit und Hisingerit die „Halloysitgruppe“ mit der Systemnummer 9.ED.10 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Halloysit die System- und Mineralnummer 71.01.01.04. Auch dies entspricht der Klasse der „Silikate“ und dort der Abteilung „Schichtsilikatminerale“, wo das Mineral zusammen mit Dickit, Endellit, Kaolinit, Nakrit und Odinit in der „Kaolinitgruppe“ mit der Systemnummer 71.01.01 innerhalb der Unterabteilung „Schichtsilikate: Schichten von sechsgliedrigen Ringen mit 1:1-Lagen“ zu finden ist.

Kristallstruktur

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Halloysit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe Cc (Raumgruppen-Nr. 9)Vorlage:Raumgruppe/9 mit den Gitterparametern a = 5,14 Å; b = 8,90 Å; c = 14,9 Å und β = 101,9° sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[5]

Eigenschaften

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Halloysit zeigt einige Parallelen mit dem Kaolinit auf. Eine Unterscheidung gelingt jedoch durch eine Behandlung der Probe mit Glycerin oder Harnstoff. Dabei wird das Kristallgitter aufgeweitet, sodass eine Unterscheidung zwischen dem erzeugten Hydrohalloysit (ehemals Halloysit-10Å) und Kaolinit mittels der Röntgenbeugung eindeutig ist.

Bildung und Fundorte

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Halloysit bildet sich entweder durch Verwitterung vulkanischer Gläser oder durch hydrothermale Vorgänge. Als Bestandteil vieler Tone und Böden wird Halloysit auch zu den Tonmineralen gerechnet.[13]

Als seltene Mineralbildung konnte Halloysit bisher (Stand: 2012) nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei rund 20 Fundorte als bekannt gelten.[14] Seine Typlokalität Angleur ist der bisher einzige bekannte Fundort in Belgien.

In Deutschland trat das Mineral bisher bei Thelenberg und In den Dellen nahe Mendig in der Eifel sowie in der Grube Käusersteimel bei Kausen im Siegerland auf.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in China, Indonesien, Neuseeland, Peru, Russland und den Vereinigten Staaten von Amerika.[15]

Siehe auch

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Literatur

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  • P. Berthier: Analyse de l'halloysite. In: Annales de Chimie et de Physique. Band 32, 1826, S. 332–334 (französisch, rruff.info [PDF; 256 kB; abgerufen am 18. Dezember 2024]).
  • M. Mehmel: Über die Struktur von Halloysit und Metahalloysit. In: Zeitschrift für Kristallographie. Band 90, 1935, S. 35–43.
  • Bernd Schwaighofer: Zur Verwitterung vulkanischer Gesteine – ein Beitrag zur Halloysit-Genese. In: Mitteilungen der Geologischen Gesellschaft in Wien. 66.–67. Band, 1973, S. 221–236 (zobodat.at [PDF; 1,6 MB] [abgerufen am 18. Dezember 2024]).
  • S. W. Bailey: Summary of recommendations of the AIPEA nomenclature committee. In: The Canadian Mineralogist. Band 18, 1980, S. 143–150 (englisch, rruff.info [PDF; 5,3 MB; abgerufen am 19. Dezember 2024]).
  • R. Miyawaki, F. Hatert, Marco Pasero, S. J. Mills: IMA Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) Newsletter 69. In: European Journal of Mineralogy. Band 34, Nr. 5, 2022, S. 463–468, doi:10.5194/ejm-34-463-2022 (englisch, rruff.info [PDF; 161 kB; abgerufen am 18. Dezember 2024]).
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Commons: Halloysite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: November 2024. (PDF; 3,1 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, November 2024, abgerufen am 18. Dezember 2024 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4., durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 565–567.
  4. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 676 (englisch).
  6. David Barthelmy: Halloysite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 18. Dezember 2024 (englisch).
  7. a b c d e Halloysite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 74 kB; abgerufen am 18. Dezember 2024]).
  8. a b c d Halloysite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 18. Dezember 2024 (englisch).
  9. L. T. Alexander, G. T. Faust, S. B. Hendricks, H. Insley, H. F. McMurdie: Relationship of the clay minerals halloysite and endellite. In: American Mineralogist. Band 28, 1943, S. 1–18 (englisch, rruff.info [PDF; 2,2 MB; abgerufen am 19. Dezember 2024]).
  10. S. W. Bailey: Summary of recommendations of the AIPEA nomenclature committee. In: The Canadian Mineralogist. Band 18, 1980, S. 143–150; hier: 146 (englisch, rruff.info [PDF; 5,3 MB; abgerufen am 19. Dezember 2024]).
  11. R. Miyawaki, F. Hatert, Marco Pasero, S. J. Mills: IMA Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) Newsletter 69. In: European Journal of Mineralogy. Band 34, Nr. 5, 2022, S. 463–468, doi:10.5194/ejm-34-463-2022 (englisch, rruff.info [PDF; 161 kB; abgerufen am 18. Dezember 2024]).
  12. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  13. Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Springer, Berlin [u. a.] 2005, ISBN 3-540-23812-3, S. 107.
  14. Localities for Halloysite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 18. Dezember 2024 (englisch).
  15. Fundortliste für Halloysit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 18. Dezember 2024.