Hans Kroll
Hans Kroll (* 18. Mai 1898 in Deutsch Piekar (heute: Piekary Śląskie), Oberschlesien; † 8. August 1967 in Starnberg, Bayern) war ein deutscher Diplomat und Botschafter in Belgrad, Tokio und Moskau.
Leben
BearbeitenHans Kroll trat nach seinem Studium und seiner Promotion 1920 in den diplomatischen Dienst ein. Er war eingesetzt bei der Gesandtschaft in Lissabon, der Botschaft in Madrid und in den Generalkonsulaten in Odessa, Chicago und San Francisco. Von 1929 bis 1936 arbeitete er im Auswärtigen Amt im Sonderreferat Wirtschaft unter der Leitung von Karl Ritter. 1934/35 reiste er für mehrere Monate mit einer deutschen Wirtschaftsdelegation durch Südamerika. Kroll war von 1936 bis 1943 in der Türkei tätig, zuletzt als Erster Botschaftsrat, ab 1939 unter dem Botschafter Franz von Papen. Anschließend leitete er bis zum Kriegsende das Generalkonsulat in Barcelona.
Nach 1945 arbeitete Kroll für den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Karl Arnold, für den Außenpolitischen Ausschuss der CDU der Britischen Besatzungszone und für die Presse. 1950 trat er ins Bundesministerium für Wirtschaft ein, wurde erster bundesdeutscher Gesandter bei den COCOM-Ausschüssen in Paris und leitete dann die Gruppe West-Ost.
Von 1953 bis 1955 war Kroll deutscher Botschafter in Belgrad, Jugoslawien, und hatte dort die Gelegenheit, die durch den Tod Stalins verursachten politischen Auswirkungen zu beobachten. Von 1955 bis 1958 war Kroll erster deutscher Botschafter in Tokio, Japan.
Von 1958 bis 1962, zur Zeit der sogenannten Zweiten Berlin-Krise und des Mauerbaues der DDR im Jahre 1961 war Kroll Botschafter in Moskau. Dabei war sein Ziel stets die Verbesserung der bilateralen Beziehungen. Zu diesem Zweck lud er sich beispielsweise am 9. November 1961 selbst zu einem Gespräch bei Partei- und Regierungschef Nikita Chruschtschow ein, das in der internationalen Presse starke Aufregung verursachte.
Im Februar 1962 entstand eine Affäre um Hans Kroll, der neue ostpolitische Überlegungen Konrad Adenauers, die auf dem sogenannten Globke-Plan beruhten, gegenüber Pressevertretern ausplauderte. Im September 1962 wurde er von seinem Posten abberufen und arbeitete die wenigen Monate bis zu seiner Pensionierung im Mai 1963 als Berater der Bundesregierung für Ostfragen im Auswärtigen Amt.
Kroll war Mitglied der katholischen Studentenverbindungen KDStV Winfridia (Breslau) Münster (seit 1918) und KDStV Sugambria (Jena) Göttingen im CV[1] sowie Mitglied der CDU.
Kroll-Affäre
BearbeitenHans Kroll war als Botschafter der Bundesrepublik Mittler und geschätzter Vertrauter von Adenauer und Chruschtschow.
Kroll wurde vorgeworfen, in einem Gespräch mit Chruschtschow am 9. November 1961 ohne Auftrag Adenauers eigene Vorstellungen zur Lösung des Deutschland-Problems entwickelt zu haben – Vorstellungen, die der offiziellen Politik der Bundesrepublik zuwiderliefen. Trotzdem schickte ihn der Kanzler, nachdem er ihn umgehend zur Berichterstattung nach Bonn einberufen hatte, zurück nach Moskau. Adenauer wusste es wohl zu schätzen, in der sowjetischen Hauptstadt einen Vertreter zu wissen, der sich eines guten Kontaktes zu Chruschtschow erfreute.
Am 17. Februar 1962 kam ein neuer Paukenschlag: Der Bonner Korrespondent der Welt, Georg Schröder, schrieb in einem Leitartikel: „Die Zahl derer in Bonn ist nicht klein, die wissen, dass es einen vielgenannten Beamten gibt, der den deutschsowjetischen Ausgleich, koste es, was es wolle, propagiert.“ Er konnte sich dabei auf ein Gespräch Krolls mit Journalisten am 13. Februar berufen, in dem der Botschafter neue ostpolitische Überlegungen des Kanzlers und seiner beiden Vertrauten Hans Globke und Heinrich Krone ausgeplaudert hatte.
Zwischen Kanzleramt und Auswärtigem Amt kam es in den folgenden Tagen zu intensiven Diskussionen, in denen man sich schließlich darauf einigte, Kroll nach einigen Monaten – schließlich dann im September 1962 – aus Moskau abzuberufen. Auf diese Entscheidung hatte, trotz gegenteiliger Gerüchte, die amerikanische Regierung keinen Einfluss. Forciert wurde die Affäre jedoch durch die Springer-Zeitungen Welt und Bild. Letztere titelte am 1. März 1962: „Schickt Kroll sofort in die Wüste!“[2]
Schriften
Bearbeiten- Hans Kroll. Lebenserinnerungen eines Botschafters Kiepenheuer & Witsch; Köln, Berlin, 1967.
- Mémoires d’un ambassadeur. Fayard, Paris 1968
- Botschafter in Belgrad, Tokio und Moskau: 1953–1962 Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1969.
Literatur
Bearbeiten- Konrad Fuchs: Hans Kroll. Schlesische Lebensbilder. Wissenschaftlicher Informationsdienst WID.
- Kordula Kühlem: Hans Kroll (1898–1967). Eine diplomatische Karriere im 20. Jahrhundert. Droste, Düsseldorf 2008, ISBN 978-3-7700-1904-5 (Forschungen und Quellen zur Zeitgeschichte 53), (Zugleich: Bonn, Univ., Diss., 2006).
- Maria Keipert (Red.): Biographisches Handbuch des deutschen Auswärtigen Dienstes 1871–1945. Herausgegeben vom Auswärtigen Amt, Historischer Dienst. Band 2: Gerhard Keiper, Martin Kröger: G–K. Schöningh, Paderborn u. a. 2005, ISBN 3-506-71841-X.
- Hans Gresmann: Die Posse am Rhein – Affäre Kroll: Es bleibt die Wahl zwischen zwei Übeln. In: Die Zeit, Nr. 10/1962
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Hans Kroll im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Die Intrige gegen Botschafter Kroll. (PDF; 59 kB) In: Friedrich-Ebert-Stiftung: Deutsche Politik, S. 301 f.
- Hans Kroll. In: Konrad-Adenauer-Stiftung
- Kroll, Hans. In: Ostdeutsche Biografie (Kulturportal West-Ost)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Cartellverband der Katholischen Deutschen Studentenverbindungen: Gesamtverzeichnis des CV 1961 - Die Verbindungen des CV mit ihren Ehrenmitgliedern, Alten Herren und Studierenden - München 1961, S. 513.
- ↑ Hans Kroll: Lebenserinnerungen eines Botschafters. Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln/Berlin 1967, Bucheinband.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Heinrich Graf von Hardenberg | Deutscher Botschafter in Belgrad 1953–1954 | Karl Georg Pfleiderer |
Heinrich Northe | Deutscher Botschafter in Tokio 1955–1958 | Wilhelm Haas |
Wilhelm Haas | Deutscher Botschafter in Moskau 1958–1962 | Horst Groepper |
Personendaten | |
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NAME | Kroll, Hans |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Diplomat und Botschafter in Belgrad, Tokio und Moskau |
GEBURTSDATUM | 18. Mai 1898 |
GEBURTSORT | Deutsch Piekar (heute: Piekary Śląskie), Oberschlesien |
STERBEDATUM | 8. August 1967 |
STERBEORT | Starnberg, Bayern |