Hartwig von Raute
Hartwig von Raute (auch: Hartwig von Rute; zweite Hälfte 12. Jahrhundert, genaue Lebensdaten unbekannt) war ein deutschsprachiger Minnesänger.
Leben
BearbeitenÜber das Leben Hartwigs von Raute ist im außerliterarischen Kontext nichts überliefert. In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts erscheint eine Person mit den Namen Hartuvic de Route und Hartvic de Routa beziehungsweise de Route in verschiedenen süddeutschen Urkunden (Tegernsee, Weihenstephan, Baumburg). In der Fachliteratur wird allerdings vermutet, dass es sich hier um einen Vorfahren des Minnesängers handelt, eventuell seinen Vater.[2] Andere urkundlich erwähnten Beinamenvarianten wie riute, rutthe, oder Riuti lassen sich zudem nicht eindeutig auf den Dichter beziehen.[3]
Werk
BearbeitenHartwig wird der Hausenschule nahestehend zugerechnet.[4] Sein Werk beinhaltet ebenfalls den Konflikt zwischen Minnedienst und Ritterdienst. Im Gegensatz zum Handeln des lyrischen Ichs bei Friedrich von Hausen entscheidet sich Hartwig aber für den Minnedienst. In der Weingartner Liederhandschrift findet sich eine textuelle Erweiterung eines Liedes, in welcher eine deutliche Absage an den Kriegsherren ausformuliert ist. Die Kreuzzugslieder Hartwigs könnten womöglich im Rahmen der staufischen Italienzüge Kaiser Heinrichs VI. entstanden sein.[2] Die figurative Gestaltung des lyrischen Ichs schwankt zwischen Minnegefangenem, Minneerdulder und Minnenarren.[2] Das Werk Hartwigs von Raute orientiert sich zwar am methodischen und stilistischen Handwerk seiner Zeitgenossen wie Bligger von Steinach oder Bernger von Horheim, jedoch besitzt es – sowohl in der Reimform als auch in der Metrik – eine viel höhere Komplexität.[2] Sein Schaffen steht gattungstechnisch zwischen dem frühen und dem hohen Minnesang. Elemente des frühen Minnesangs sind in Hartwigs Dichtung die Halbreime und der freie Versrhythmus. Mit dem hohen Minnesang eint Hartwigs Werk vor allem das Nutzen der Durchreimung und die Verwendung von Kreuzreimen.[2]
Textbeispiel
BearbeitenMir tuot ein sorgen wê[5] | Übersetzung |
---|---|
Mir tuot ein sorge wê in mînem muote, |
Eine Sorge beschwert mein Herz, |
Überlieferung
BearbeitenVon Hartwig sind insgesamt vier Minnelieder erhalten, von denen drei Lieder einstrophig sind.[4] In der Weingartner Liederhandschrift finden sich diese vier Lieder[7] und eine Erweiterung des ersten Liedes. Diese kann auch als eigenes Gedicht aufgefasst werden.[8] Neben der Weingartner Liederhandschrift sind noch im Codex Manesse drei Lieder Hartwigs belegt.[9] Folgende Texte sind erhalten:
- Mir tuot ein sorge wê in mînen muote
- Als ich sîhe daz beste wîp
- Ich bin gebunden
- Ich wil versuochen[10]
Ausgaben
Bearbeiten- Des Minnesangs Frühling. Unter Benutzung der Ausgaben von Karl Lachmann und Moriz Haupt, Friedrich Vogt und Carl von Kraus bearbeitet von Hugo Moser und Helmut Tervooren, Bd. I: Texte, 38., erneut revidierte Auflage. Hirzel, Stuttgart 1988, ISBN 3-7776-0448-8, S. 230–232. – Ältere Ausgabe:
- Karl Lachmann, Moritz Haupt: Des Minnesangs Frühling. Vierte Ausgabe, Leipzig 1888.
- Ingrid Kasten (Textedition), Margherita Kühn (Übersetzung): Deutsche Lyrik des frühen und hohen Mittelalters. 2. Auflage. Deutscher Klassikerverlag, Frankfurt am Main 2014, ISBN 978-3-618-68006-2.
- Franz Pfeiffer, F. Fellner (Hrsg.): Die Weingartner Liederhandschrift (= Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart. Band 5). Literarischer Verein, Stuttgart 1843, S. 119–121; Digitalisat in der Google-Buchsuche.
Literatur
Bearbeiten- Wolfgang Achnitz (Hrsg.): Deutsches Literaturlexikon. Das Mittelalter. Band 4: Lyrik und Dramatik. De Gruyter, Berlin/Boston 2012, ISBN 978-3-598-24993-8, S. 87 f.
- Joachim Bumke: Geschichte der deutschen Literatur im hohen Mittelalter. 2. Auflage. dtv, München 1993, ISBN 3-423-04552-3.
- Konrad Burdach: Rute, Hartwig von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 30, Duncker & Humblot, Leipzig 1890, S. 38.
- Günther Schweikle: Hartwig von Raute. In: Kurt Ruh, zusammen mit Gundolf Keil, Werner Schröder, Burghart Wachinger, Franz Josef Worstbrock (Hrsg.): Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage. Band 3. Walter de Gruyter, Berlin/New York 1981, ISBN 3-11-008778-2, Sp. 536–538.
Weblinks
BearbeitenAnmerkungen
Bearbeiten- ↑ Schweikle: Hartiwg von Raute. In: Verfasserlexikon. Band 3. Sp. 536 f.
- ↑ a b c d e Wolfgang Achnitz (Hrsg.): Deutsches Literaturlexikon. Band 4. 2012, Sp. 87.
- ↑ Schweikle: Hartiwg von Raute. In: Verfasserlexikon. Band 3. Sp. 535.
- ↑ a b Joachim Bumke: Geschichte der deutschen Literatur im hohen Mittelalter. 2. Auflage. dtv, München 1993, S. 117.
- ↑ MF 116, 1-21
- ↑ Ingrid Kasten (Textedition), Margherita Kühn (Übersetzung): Deutsche Lyrik des frühen und hohen Mittelalters. 2. Auflage. Deutscher Klassikerverlag, Frankfurt am Main 2014, ISBN 978-3-618-68006-2, S. 160 f.
- ↑ Weingartner Liederhandschrift - HB XIII 1
- ↑ Wolfgang Achnitz (Hrsg.): Deutsches Literaturlexikon. Band 4. 2012, Sp. S. 88
- ↑ Universitätsbibliothek Heidelberg, Cod. Pal. germ. 848. Große Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse)
- ↑ Hugo Moser, Helmut Tervooren (Hrsg.): Des Minnesangs Frühling. 38. Auflage. Stuttgart 1988, S. 230–232.
Personendaten | |
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NAME | Hartwig von Raute |
ALTERNATIVNAMEN | Hartwig von Rute |
KURZBESCHREIBUNG | deutschsprachiger Minnesänger |
GEBURTSDATUM | 12. Jahrhundert |
STERBEDATUM | 12. Jahrhundert oder 13. Jahrhundert |