Die Hatta-Zahl (Ha) ist eine dimensionslose Kennzahl aus dem Bereich der chemischen Makrokinetik. Sie beschreibt das Zusammenwirken von Stofftransportphänomenen und reiner Reaktionskinetik (Mikrokinetik) für Flüssig-Flüssig- oder Gas-Flüssig-Systeme. Das Pendant zur Hatta-Zahl aus der Heterogenen Katalyse (Gas-Fest oder Flüssig-Fest) ist der Thiele-Modul.

Allgemein definiert man die Hatta-Zahl als

.

In der Literatur findet man oft folgende Definition:

Oder ausführlicher:

mit

Für eine einfache Reaktion 1. Ordnung vereinfacht sich die Hatta-Zahl zu der oftmals verwendeten, verkürzten Form:

,
  • Schichtdicke der Grenzschicht,
  • Geschwindigkeitskonstante der Reaktion,
  • Stofftransportgeschwindigkeit der Komponente A
  • Konzentration der Komponente A an der Phasengrenzfläche
  • Reaktionsordnung von Komponente A
  • Reaktionsordnung von Komponente B
  • Diffusionskoeffizient der Komponente A in der fluiden Phase (Erklärung unten im Text).

Klassifikation von mehrphasigen Reaktionen

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Mit Hilfe der Hatta-Zahl lassen sich Reaktionen, denen Stofftransportvorgänge vorgelagert sind oder die mit Stofftransportvorgängen gekoppelt sind, klassifizieren. Beispiele sind die Chemische Absorption oder mehrphasige Reaktionen.

Zunächst betrachtet man eine Grenzschicht zwischen zwei Phasen (Flüssig-Flüssig oder Gas-Flüssig). Das Konzentrationsprofil der diffundierenden Komponente lässt sich mit dem Zweifilm-Modell (nach Lewis und Whitman) beschreiben.

Die Hatta-Zahl gibt nun das Verhältnis der Reaktionsgeschwindigkeit in der Reaktionsphase zur Stofftransportgeschwindigkeit durch die Phasengrenze in die Reaktionsphase an.

Man unterscheidet mehrere Fälle:

  • Langsame Reaktion
Dieser Fall gilt für einen Wert der Hatta-Zahl kleiner 0,3.
Die Reaktion ist viel langsamer als der Stoffübergang. Die Reaktion findet nur in der Reaktionsphase statt.
Die Reaktion übt keine Wechselwirkung mit dem Stoffübergang aus.
  • Mittlere Reaktion
Dieser Fall gilt für einen Wert der Hatta-Zahl zwischen 0,3 und 3.
Die Reaktion ist in etwa so schnell wie der Stoffübergang. Ein Teil der diffundierenden Komponente reagiert bereits in der Grenzschicht.
  • Schnelle Reaktion
Dieser Fall gilt für einen Wert der Hatta-Zahl größer 3.
Die Reaktion ist schneller als der Stoffübergang. Die diffundierende Komponente reagiert bereits in der Grenzschicht.
Das bedeutet, dass die Reaktion ständig die übergehende Komponente aus dem Grenzfilm entfernt. Das Konzentrationsprofil durch den Film ist nicht mehr gerade, sondern gebogen. Dies führt zu einer Beschleunigung des Stofftransports gegenüber dem nicht reaktiven Stoffübergang.
Der entsprechende Beschleunigungsfaktor, Verstärkungsfaktor genannt, hat den Wert
 
  • Momentane Reaktion
Dieser Fall liegt vor bei Ha≫3
Die Reaktion ist wesentlich schneller als der Stoffübergang. Die diffundierende Komponente reagiert bereits kurz nach dem Eintritt in die Grenzschicht innerhalb einer Ebene parallel zur Oberfläche. Die maximal erreichbare Reaktionsgeschwindigkeit ist durch die Diffusion des flüssigen Reaktionspartners zur Reaktionsebene limitiert. In der Nähe dieser Ebene sind die Eduktkonzentrationen gering, die Produktkonzentrationen sind hoch.

Der Einfluss des Stoffübergangs auf die effektive Reaktionsgeschwindigkeit

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Die verschiedenen Fälle aus dem obigen Abschnitt Klassifikation von mehrphasigen Reaktionen können anschaulich anhand einer Reaktion zwischen einem Gas und einer gelösten Komponente verdeutlicht werden. Dabei wird folgende Reaktionsgleichung als Basis verwendet:

 

Hierbei stellt die Komponente   die Gasphase und Komponente   die gelöste Komponente dar. Da die gelöste Komponente im Überschuss vorliegen soll, vereinfacht sich der Ausdruck der Reaktionsgeschwindigkeit wie folgt:

  mit  

Die Reaktion ist hinsichtlich   demnach erster Ordnung. Es wird angenommen, dass zwischen der Gasphase und der Flüssigkeit keine Grenzschicht vorliegt, die den Stofftransport limitiert. Des Weiteren wird angenommen, dass zwischen der Phasengrenzfläche und dem Kern der flüssigen Phase eine Grenzschicht der Dicke   vorliegt. Damit ist die Basis für die Betrachtung verschieden schneller Reaktionen im Vergleich zum Stofftransport gegeben.[1]

Langsame Reaktion im Vergleich zum Stofftransport

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Für den Fall einer langsamen Reaktion, im Vergleich zu dem Stofftransport von   durch die Grenzschicht in der flüssigen Phase ( ), findet die Reaktion quasi nur im Kern der flüssigen Phase statt. Der auf das gesamte Flüssigkeitsvolumen bezogene Stoffmengenstrom an  , wird demnach durch das Erste Ficksche Gesetz beschrieben:

 

Wobei   für den Stoffmengenfluss an A,   für die spezifische Austauschfläche mit der Einheit  ,   für die Konzentration von   an der Phasengrenzfläche und   für die Konzentration von A im Kern der Flüssigkeit steht. Die linke Seite der Gleichung hat demnach die Einheit einer Reaktionsgeschwindigkeit. Werden der letzte Ausdruck und der Ausdruck für die Reaktionsgeschwindigkeit gleichgesetzt, kann ein Ausdruck für die unbekannte Konzentration   gefunden werden:

 
 

Mithilfe dieses Ausdrucks kann in der Gleichung für die Reaktionsgeschwindigkeit die unbekannte Konzentration   ersetzt werden und damit ein Ausdruck für die effektive Reaktionsgeschwindigkeit erhalten werden.

 

Reaktion mittlerer Geschwindigkeit im Vergleich zum Stofftransport

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Für den Fall einer mittleren Geschwindigkeit der Reaktion, im Vergleich zum Stofftransport von   durch die Grenzschicht der flüssigen Phase ( ), findet die Reaktion bereits in der Grenzschicht statt. Um einen Ausdruck für die Konzentration von   in der Grenzschicht zu erhalten, muss die Gleichung des Massenerhalts für das vorliegende Problem angepasst werden:

 

Dabei wird ein stationärer Zustand angenommen, bei dem es keine Konvektion, sondern ausschließlich Diffusion gibt. Diese Differentialgleichung kann dahingehend umgeformt werden, dass die Ortskoordinate   relativ zur Dicke der Grenzschicht   verwendet wird, wodurch die Hatta-Zahl erhalten wird.

 

Wird diese Differentialgleichung mit den Randbedingungen   und   gelöst, kann folgende Gleichung für die Konzentration von   in Abhängigkeit der relativen Position in der Grenzschicht erhalten werden:

 

Um auch hier wieder einen Ausdruck für die effektive Reaktionsgeschwindigkeit zu erhalten, wird erneut der, auf das gesamte Flüssigkeitsvolumen bezogene, Stoffmengenstrom an   betrachtet. Da dieser Stoffmengenstrom durch die Grenzschicht hindurch geringer wird (  reagiert ab) muss der Stoffmengenstrom genau an der Phasengrenzfläche betrachtet werden. Dafür wird das mit   erweiterte Erste Ficksche Gesetz verwendet.

 

Wird der erhaltene Ausdruck für   abgeleitet und an der Stelle   in die vorheriger Gleichung eingesetzt, wird die effektive Reaktionsgeschwindigkeit erhalten:

 

Dabei wurde die Definition des Stoffübergangskoeffizienten   verwendet.

Reaktion hoher Geschwindigkeit im Vergleich zum Stofftransport

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Für den Fall hoher Geschwindigkeit der Reaktion, im Vergleich zum Stofftransport von   durch die Grenzschicht der flüssigen Phase ( ), gelten die gleichen Gesetzmäßigkeiten wie in der Herleitung der Reaktion mittlerer Geschwindigkeit. Da der Cosinus hyperbolicus für Hatta-Zahlen größer als   schnell sehr groß und mit steigender Reaktionsgeschwindigkeit   sehr klein wird, kann der rechte Term in der Klammer von   vernachlässigt werden. Die effektive Reaktionsgeschwindigkeit ergibt sich demnach zu:

 

Mit

 

Wobei   Verstärkungsfaktor genannt wird. Um zu verstehen, weshalb dieser Name für den vorherigen Ausdruck gewählt wurde, kann der Stoffmengenfluss von   betrachtet werden ( ).

 

Dieser Ausdruck entspricht der Lösung des Ersten Fickschen Gesetzes für  . Der Stoffmengenfluss von   wird durch die ablaufende Reaktion um den Faktor   verstärkt (Verstärkungsfaktor).

Literatur

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  • Heinz M. Hiersig: Lexikon Produktionstechnik, Verfahrenstechnik. Springer, 1995, ISBN 3-18-401373-1, S. 431. (Google Books)
  • E. Fitzer, W. Fritz, G. Emig: Technische Chemie, Einführung in die chemische Reaktionstechnik. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1995.
  • M. Baerns, H. Hofmann, A. Renken: Chemische Reaktionstechnik. 2. Auflage. Georg-Thieme-Verlag, Stuttgart 1987.
  • L. K. Doraiswamy, M. M. Shrama: Heterogeneous Reactions: Analysis, Examples and Reactor Design. Volume 2, John Wiley & Sons, New York u. a. 1984.

Einzelnachweise

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  1. Manfred Baerns: Technische Chemie. 2., erw. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim, Bergstr 2013, ISBN 3-527-33072-0 (wiley.com [abgerufen am 7. Februar 2022]).