Haus Himmelreich
Haus Himmelreich ist eine abgegangene Burg und ehemaliger Repräsentationsbau in Friedewalde, einem Ortsteil der ostwestfälischen Stadt Petershagen im Nordosten des Mindener Landes im Kreis Minden-Lübbecke in Nordrhein-Westfalen.
Haus Himmelreich | ||
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Staat | Deutschland | |
Ort | Friedewalde | |
Entstehungszeit | 1551 | |
Burgentyp | Wasserburg | |
Erhaltungszustand | Reste | |
Geographische Lage | 52° 21′ N, 8° 51′ O | |
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Lage
BearbeitenDas Anwesen lag südlich des Ortes Friedewalde an der heutigen Holzhauser Straße (L 772), am südlichen Ufer der Ösper. Deren Wasser wurde für die Anlage als Wasserburg genutzt. Die Anlage war von einem tiefen, wasserführenden Burggraben umgeben.
Geschichte
BearbeitenDie zweite Burganlage in Friedewalde wurde nach der Burg Friedewalde in den Jahren 1551 bis 1555 vom Oberst und Heerführer Georg von Holle gebaut. Die Anlage war von einer hohen Mauer mit Brüstung umgeben und zwei der großen Gebäude hatten einen Turm.[1] Architektonisch gehört das Renaissanceschloss zur Weserrenaissance.[2]
Georg von Holle starb 1576 ohne männlichen Erben, danach gab es mehrere Besitzer.[2]
Vor 1662 muss die Adelsfamilie von der Decken die Burg als Lehen der Kurfürsten von Brandenburg besessen haben, denn urkundlich per 30. August 1662 verkauften sie mit Zustimmung des Lehensherren das Haus Himmelreich an Christoph von Kannenberg, der seit 1659 als Beauftragter der Brandenburger zu Verhandlungen mit den niedersächsischen Kreisständen im Gebiet weilte und Gouverneur der Festung Minden war.[3] Ende 1667 erkaufte sich Kannenberg auch das Patronatsrecht über Friedewalde, das Anfang 1668 vom Rat der Stadt Minden bestätigt wurde.[3]
Das zugehörige Gut bewirtschaftete die Hälfte der Fläche des Gutes Altenberg, das wiederum aus dem bischöflichen Anteil am Gut hervorgegangen war. Im 18. Jahrhundert vermutete man die Fläche von rund 600 bis 700 Morgen Land, die sich in der Umgebung und in den Nachbardörfern befanden.[4] Zudem gehörten zu den Besitztümern von Haus Himmelreich ein Viehhaus, ein Kornhaus, eine Wassermühle, eine Windmühle, eine Ölmühle, eine Rossmühle und eine Schmiede.[5]
Die letzte adelige Besitzerfamilie von Tannenberg verkaufte 1729 Haus Himmelreich an den preußischen Staat. Ab da wurde das Gut in Erbpacht vergeben. Das Anwesen verfiel Stück für Stück, bis wegen Baufälligkeit um 1880 die meisten Teile abgerissen wurden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war es gänzlich aufgelöst und abgetragen.[4] Heute ist die Anlage verfallen, lediglich ein altes Kellergewölbe und Reste eines Burggrabens zeugen von seinem Standort.[6] Eine Infotafel des Dorfspazierganges Friedewalde erinnert vor Ort an das Anwesen.[7]
Sonstiges
BearbeitenDie Wasserburg muss einst mit Relief- und Wappendarstellungen geschmückt gewesen sein. Auf benachbarten Höfen wurden mehrere davon in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wiedergefunden. Drei sind heute an der Vorderfront der Friedewalder Kirche angebracht und zeigen die Vertreibung aus dem Paradies, die Geschichte von Kain und Abel und die Geschichte vom verlorenen Sohn.[2] Ein großes Wappenfeld mit den Wappen (von links nach rechts) derer von Münchhausen, von Holle und derer von Horne mit 2,17 m Breite und 0,56 m Höhe und wohl vom ursprünglichen Bauherren Georg von Holle stammend, dessen Mutter Kunigunde von Münchhausen und der mit Gertrud von Horne verheiratet war, befindet sich auf dem Hof Traue.[2]
Weitere Wappen:
- Ein Wappenstein mit der Inschrift Jürgen von Holle Overster 1551 befindet sich heute im Park von Gut Benkhausen in Espelkamp,[2]
- Ein Allianzwappen Holle/Horne mit der Inschrift Jorgen von Holle Oberster / Anno domini 1555 aus dem Haus Himmelreich befindet sich in Friedewalde.[2]
Haus Himmelreich und die Geschichte von Ritter Holle kommen in Elise Polkos Buch Schönen Frauen vor.[8]
Literatur
Bearbeiten- Gertrud Angermann: Das Gut Haus Himmelreich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Rechte und Besitzungen der Burg Friedewalde, in: Mindener Heimatblätter, Mitteilungsblatt der Mindener Geschichts- und Museumsvereins, 30. Jahrgang, März/Mai (Nr. 3/5) 1958, Minden 1958, S. 194–196.
- Gertrud Angermann: Das Gut Haus Himmelreich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Rechte und Besitzungen der Burg Friedewalde (Fortsetzung), in: Mindener Heimatblätter, Mitteilungsblatt der Mindener Geschichts- und Museumsvereins, 30. Jahrgang, Juni/September (Nr. 6/9) 1958, Minden 1958, S. 230–234.
- Gertrud Angermann: Drei untergegangene Wasserburgen in Friedewalde, In: An Weser und Wiehen: Beiträge zur Geschichte und Kultur einer Landschaft, Festschrift für Wilhelm Brepohl, Hrsg.: im Auftrag des Mindener Geschichtsvereins: Hans Nordsiek, Minden 1983, S. 175–188.
- Gerhard Seib: Der Spuk im Schloß Himmelreich. Ein Lehrstück populärer Aufklärungsbestrebungen, mitgeteilt von Rudolph Zacharias Becker (1752–1822). In: Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereins, Jahrgang 57 (1985), S. 141–146.
Weblinks
Bearbeiten- Eintrag zu Verschwundene Wasserburg Friedewalde in der privaten Datenbank Alle Burgen.
- Haus Himmelreich, private Webseite von Jürgen Sturma
- Zwei Burganlagen in Friedewalde – Ein Blick in längst vergangene Zeiten. In: Petershäger Anzeiger. 3. Juni 2023, abgerufen am 8. August 2023. (Mit Foto aus dem Jahr 1956.)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Peterhäger Anzeiger: Zwei Burganlagen in Friedewalde, ein Blick in längst vergangene Zeiten in www.petershaeger-anzeiger.de vom 3. Juni 2023; abgerufen am 20. Juni 2023
- ↑ a b c d e f Gertrud Angermann: Ein unbekannter Wappenfries von Haus Himmelreich, abgerufen am 16. Juli 2023
- ↑ a b 19. Dezember 1667, this day in history-Seite der Ortsheimatpflege Petershagen; abgerufen am 5. Juli 2023
- ↑ a b Jürgen Sturma: Haus Himmelreich. Abgerufen am 19. Juli 2023.
- ↑ Peterhäger Anzeiger: Zwei Burganlagen in Friedewalde, ein Blick in längst vergangene Zeiten in www.petershaeger-anzeiger.de vom 3. Juni 2023; abgerufen am 21. Juli 2023
- ↑ Friedewalde.de: Daten und Fakten, abgerufen am 20. Juni 2023
- ↑ Dorfspaziergang Friedewalde: Übersicht (PDF-Datei; 1,05 MB); abgerufen am 5. Juli 2023
- ↑ Elise Polko: Feuilleton. Ein Saltomortale. In: Die Presse, 17. Dezember 1864, S. 1 (online bei ANNO). (Auszug aus Elise Polkos Buch Schönen Frauen.)