Hedwig von Andechs

Herzogin von Schlesien, Heilige (1174–1243)

Hedwig von Andechs (auch Hedwig von Schlesien, tschechisch Hedvika Slezská, polnisch Jadwiga Śląska; * 1174 in Andechs, Stammesherzogtum Baiern; † 15. Oktober 1243 in Trebnitz bei Breslau) war Herzogin von Schlesien. Sie wird in der Römisch-katholischen Kirche als Heilige verehrt. Im Römischen Generalkalender ist ihr Gedenktag am 16. Oktober, im Evangelischen Namenkalender am 15. Oktober.

Hl Hedwig von Andechs; Darstellung im Lübener Kodex von 1353
Hl. Hedwig (vermutlich im Doppelporträt mit der sel. Gisela)[1] im ehemaligen Frauenstift Niedernburg in Passau, um 1410–1420

Herkunft und Familie

Bearbeiten

Hedwig wurde in der Burg Andechs im damaligen Stammesherzogtum Baiern geboren. Ihre Eltern waren Berthold IV., Graf von Tirol, Kärnten und Istrien, und Agnes von Rochlitz, Herzogin in Meranien, aus dem Geschlecht der Wettiner. Hedwigs Bruder Eckbert war Bischof von Bamberg, ein weiterer Bruder Berthold war Woiwode von Siebenbürgen und nach seiner Verbannung Patriarch von Aquileia, ihre Schwester Agnes war Königin in Frankreich, als Frau von König Philipp II. von Frankreich. Eine weitere Schwester, Gertrud, war Königin in Ungarn als Frau von König Andreas von Ungarn, deren Tochter war die hl. Elisabeth von Ungarn. Hedwigs einzige jüngere Schwester, Mechthild, wurde Äbtissin des Benediktinerinnenklosters Kitzingen.

Hedwig wurde im Kloster der Benediktinerinnen von Kitzingen erzogen und 1186 (mit zwölf Jahren) mit dem Herzog von Schlesien Heinrich I. aus der Dynastie der Schlesischen Piasten verheiratet, der 1233 auch Seniorherzog (lateinisch Princeps) von Polen wurde. Der Überlieferung nach lebte sie nach 22-jähriger Ehe mit ihrem Mann enthaltsam. Ihrer Ehe entstammen vier Söhne und drei Töchter, darunter:

Hedwig und Heinrich I. förderten die Vertiefung des Christentums und die kulturelle Entwicklung Schlesiens. 1202 gründeten sie die Zisterzienserinnen-Abtei in Trebnitz. Als Vorbild christlicher Nächstenliebe unterstützte Hedwig die Kirche und half den Armen. Während der Hungersnot 1220 rief sie die Notleidenden dazu auf, sich Lebensmittel von ihrem Kammergut in Schawoine zu holen.[2] Sie soll selbst im Winter barfuß gegangen sein. Der Überlieferung nach ermahnte sie ihr Beichtvater, Schuhe zu tragen, woraufhin sie diese in die Hand nahm. Deshalb wird die hl. Hedwig häufig mit Schuhen und einer Kirche in den Händen dargestellt.

Nach dem Tod ihres Mannes 1238 übertrug Hedwig ihr Kammergut in Schawoine dem von ihr gegründeten Kloster Trebnitz, in das sie anschließend eintrat.[3] Sie musste erleben, dass 1241 ihr Sohn Heinrich II. in der Schlacht bei Liegnitz getötet wurde. Deshalb gründete sie zusammen mit Heinrichs Witwe Anna von Böhmen, vormaliger Herzogin von Schlesien und Tochter des böhmischen Königs Ottokar I. Přemysl, in Wahlstatt eine Benediktinerabtei, für die sie Mönche aus dem ostböhmischen Kloster Opatowitz bei Königgrätz beriefen.

Ihre Vita wurde 1353 vom Liegnitzer Herzog Ludwig I., der zugleich Herzog von Lüben war, im reich bebilderten Lübener Kodex niedergeschrieben.

Verehrung

Bearbeiten

Hedwig von Andechs starb im Oktober 1243 und wurde in der Trebnitzer Klosterkirche vor dem Hochaltar neben ihrem Mann bestattet. 1267 wurde sie heiliggesprochen. Reliquien befinden sich u. a. im Kloster Andechs, in der Sankt-Hedwigs-Kathedrale in Berlin und in der St.-Gangolfus-Stiftskirche („Selfkant-Dom“) in Heinsberg.

Die hl. Hedwig ist Schutzpatronin von Schlesien und Andechs, des Bistums und der Stadt Görlitz und der ihr geweihten Berliner St.-Hedwigs-Kathedrale, die der preußische König Friedrich II. als Hedwigskirche für die zugewanderten Katholiken aus Schlesien errichten ließ. Nach der Gemeinde der St.-Hedwigs-Kathedrale wurde in Berlin das 1846 eröffnete St.-Hedwig-Krankenhaus benannt. Außerdem tragen mehrere Friedhöfe der Stadt den Namen der Heiligen.

Die Dynastie der Liegnitzer und Brieger Piasten leitete sich in weiblicher Linie von ihr ab, auch um eine Verbindung mit Karl dem Großen herauszustellen. Aus diesem Grund ließ sich die letzte Piastin Charlotte von Liegnitz-Brieg-Wohlau zu ihren Füßen beisetzen.[4]

Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Vertreibung des größten Teils deutschen Bevölkerung nahmen die vertriebenen katholischen Schlesier die Hedwigs-Verehrung mit in ihre neuen Wohngebiete und Pfarrgemeinden in Ost- und Westdeutschland; die hl. Hedwig wurde zur Symbolgestalt für die verlorene Heimat (z. B. St.-Hedwigs-Kirche in Görlitz). In Hannover-Bemerode wurde 1954 eine Wohnstraße (Hedwigsweg) nach ihr benannt. Drei Jahre später, 1957, wurde in der ehemaligen Hauptstadt Bonn die Katholische Hauptschule St. Hedwig im Stadtteil Auerberg gegründet.

Heute gilt die hl. Hedwig auch als Schutzpatronin der Versöhnung zwischen Deutschen und Polen.

Darstellung

Bearbeiten

Die hl. Hedwig wird als Fürstin bzw. Kurfürstin (etwa im Hochaltar der Frankfurter Marienkirche – mit Kurfürstenhut)[5] dargestellt, die Almosen verteilt, oder auch im Habit einer Nonne. Zu ihren Attributen zählen Krone, Kirchenmodell, das sie als Stifterin auszeichnet, in den Händen getragene Schuhe, Kruzifix, Rosenkranz, Gebetbuch, Marienbild oder Marienstatuette und Brot, das sie an die Armen verteilte.

Literatur

Bearbeiten
Bearbeiten
Commons: Hedwig von Andechs – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Denkmäler in Bayern. Kreisfreie Stadt Passau. In: Peter Morsbach, Irmhild Heckmann, Christian Later, Jörg-Peter Niemeier (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Friedrich Pustet, Passau 2014, S. 149.
  2. Augustin Knoblich: Herzogin Anna von Schlesien: 1204 - 1265 ; Erinnerungsblätter zu ihrem sechshundertjährigen Todestage Aderholz 1865, S. 5
  3. Colmar Grünhagen: Hedwig Deutsche Biographie, 1880, abgerufen am 1. August 2023
  4. Norbert Conrads: Schlesien in der Frühmoderne. Zur politischen und geistigen Kultur eines habsburgischen Landes. In: Joachim Bahlcke (Hrsg.): Neue Forschungen zur Schlesischen Geschichte. Band 16. Böhlau, Köln 2009, ISBN 978-3-412-20350-4, S. 73.
  5. Ernst Erich Metzner an Gundolf Keil, Korrespondenz vom 18. Februar 2012. In: Fachprosaforschung – Grenzüberschreitungen. Band 8/9, 2012/2013 (2014), S. 591.