Heiliggeistkirche (Tallinn)
Die Heilig-Geist-Kirche (estnisch Püha Vaimu kirik, Pühavaimu kirik) ist eine evangelisch-lutherische Kirche und eines der Wahrzeichen der estnischen Hauptstadt Tallinn. Sie befindet sich in der Altstadt (Vanalinn) unterhalb des Dombergs (Toompea).
Geschichte
BearbeitenDie Heilig-Geist-Kirche wurde um 1300 als Erweiterung der ursprünglichen Kapelle des Armen- und Siechenhauses der Stadt errichtet. Erstmals erwähnt wurde sie 1319. Der älteste Bauteil des nicht geosteten Kirchbaus ist der Chor, an den in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts das zweischiffige Langhaus mit zehn Kreuzrippengewölbejochen angebaut wurde. Die Heilig-Geist-Kirche ist die kleinste der mittelalterlichen Kirchen Tallinns. 1380 wurde sie fertiggestellt.
An die Westwand schließt sich ein minarettartiger barocker Turm vom Ende des 17. Jahrhunderts an. Er ersetzte einen Renaissanceturm, der vom Blitz getroffen worden war. Im achtstöckigen Turm befand sich neben zwei Glocken aus dem 17. Jahrhundert die älteste Kirchenglocke Tallinns. Sie stammt aus dem Jahr 1433. Ihre berühmte Inschrift in Mittelniederdeutsch (unterhalb einer lateinischen Zeile) lautet: „ik sla rechte / der maghet als deme knechte / der vrouwen als dem heren / des en kan mi nemant ver keren“ („Ich schlage gleichwohl / für die Magd wie für den Knecht / für die Dame wie für den Herrn / das kann mir niemand verwehrn“).[1] Darunter steht der Name des Glockengießers: Merten Seifert. Die Glocke wurde bei einem Brand des Turms 2002 schwer beschädigt.[2]
Die Heilig-Geist-Kirche hat in der Geschichte Estlands eine zentrale Rolle gespielt. Der Rat der Stadt hielt vor seinen Sitzungen im Tallinner Rathaus hier regelmäßig die Heilige Messe ab. In der Kirche wurden ab 1531 die ersten Predigten in estnischer Sprache gehalten.[3] Pastoren der Kirche waren unter anderem Johann Koell, der 1535 den lutherischen niederdeutschen Katechismus des Simon Wanradt ins Estnische übersetzte, und der Chronist Balthasar Rüssow.
Kunstwerke
BearbeitenBerühmte Kunstwerke der Heilig-Geist-Kirche sind ein spätgotisches Kruzifix, die Renaissance-Kanzel von 1597 und der gotische Schrankaltar von Bernt Notke mit der Jahreszahl 1483 und dem kleinen Stadtwappen Tallinns. Er wurde als Auftragsarbeit des Tallinner Rats nach Lübeck vergeben, mit dem Tallinn über die Hanse enge Beziehungen pflegte. Geöffnet zeigt der Altar das Pfingstwunder, die Ausgießung des Heiligen Geistes. Die allegorischen Holzschnitzereien der Empore stammen von dem Meister Elert Thiele aus dem 17. Jahrhundert.
An der nördlichen Außenwand der Heilig-Geist-Kirche ist die älteste Uhr Tallinns zu sehen. Sie wurde 1684 von dem renommierten Holzschnitzer Christian Ackermann hergestellt. Die bunte Bemalung zeigt Sonnenstrahlen und die vier Evangelisten.
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Innenraum mit Altar und Emporen
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Schrankaltar (1483)
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Renaissance-Kanzel (1597)
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Emporen (17. Jahrhundert)
Orgel
BearbeitenDie Geschichte der Orgeln reicht zurück in das Jahr 1511. Das heutige Instrument wurde 1929 von dem Orgelbauer August Terkmann (Tallinn) erbaut, und in den Jahren 1985–1990 von dem Orgelbauer Hardo Kriisa restauriert und umgebaut. Das Instrument hat 66 Register auf vier Manualen und Pedal. Vom vierten Manual aus ist die Chororgel hinter dem Altar anspielbar. Die Trakturen sind pneumatisch – mit Ausnahme der Trakturen des vierten Manuals (Chororgel), die elektrisch sind.[4]
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- Koppeln
- Normalkoppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
- Suboktavkoppeln: II/I, III/I, III/II, II/P, III/P
- Superoktavkoppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
- Spielhilfen: Diverse feste Kombinationen (p, mf, f, ff, tutti, Piano Ped.) Registercrescendo, Absteller,
Literatur
Bearbeiten- Eugen von Nottbeck, Wilhelm Neumann: Geschichte und Kunstdenkmäler der Stadt Reval. Zweiter Band: Die Kunstdenkmäler der Stadt. Reval 1904. S. 108–115
Weblinks
Bearbeiten- Website (mehrsprachig, auch deutsch)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Thea Karin: Estland. Kulturelle und landschaftliche Vielfalt in einem historischen Grenzland zwischen Ost und West. Köln 1994 (= DuMont Kunst- und Landschaftsführer) ISBN 3-7701-2614-9, S. 72
- ↑ http://www.ohtuleht.ee/index.aspx?id=123391 (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Archivierte Kopie ( des vom 21. Dezember 2008 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Informationen zur Orgel ( vom 13. Juni 2011 im Internet Archive)
Koordinaten: 59° 26′ 17″ N, 24° 44′ 45″ O