Hermann Billing
Hermann Billing (* 7. Februar 1867 in Karlsruhe; † 2. März 1946 ebenda) war ein deutscher Architekt, Designer und Hochschullehrer. Er gilt als bedeutender Vertreter des Jugendstils in Karlsruhe und Südwestdeutschland.
Leben
BearbeitenBilling war der Sohn eines Karlsruher Bauunternehmers. Er besuchte das Gymnasium, machte aber nicht das Abitur. Die Kunstgewerbeschule und ein Architekturstudium brach er vorzeitig ab, er war u. a. Schüler von Otto Warth. Dank des Vermögens seiner Frau, die er während eines Architektur-Praktikums in Berlin ca. 1890 kennengelernt hatte, war er als Privatarchitekt in seiner Heimatstadt (ab 1892) finanziell einigermaßen abgesichert. Zu diesem Zeitpunkt bezog er, 25-jährig, mit seiner Frau eine Wohnung in der Friedenstraße 14. So konnte er es sich leisten, zunächst lediglich an Wettbewerbsentwürfen zu arbeiten – so avantgardistisch und kühn, dass er als „Moderner“ rasch überregional bekannt wurde. Ab Mitte der 1890er Jahre erhielt er größere Aufträge (Fassade Melanchthonhaus in Bretten / Maschinenfabrik Lorenz in Ettlingen / Villen in der Jahnstraße / Hofapotheke). 1899 ließ er ein komplettes Zimmer auf der Deutschen Kunstausstellung in Dresden einrichten. Er war sehr umtriebig und wechselte des Öfteren die Büropartner, von 1895 bis 1903 war Billing bereits sechsmal umgezogen. Jedes Jahr stand praktisch ein Umzug ins Haus. Ebenso verhielt es sich mit seinem Familienleben. Er war dreimal verheiratet und hatte insgesamt acht Kinder, ferner einen unehelichen Sohn (* 1905), was zu dieser Zeit als skandalös betrachtet wurde. Seine erste Frau ließ sich aus diesem Grund von ihm scheiden. Mit seiner dritten Frau wohnte er am Leopoldsplatz in der Leopoldstraße 7c. Billing liegt auf dem Hauptfriedhof Karlsruhe begraben.[1]
Billing sah sich als Universalkünstler. Er stand der Künstlerszene in Karlsruhe nahe und trat 1896 als einziger Architekt dem neu gegründeten Karlsruher Künstlerbund bei. Dieser hatte sich als Sezession gebildet und engagierte sich in besonderem Maße für den Bau einer Kunsthalle in Baden-Baden, die dann auch von Billing projektiert wurde. Von ihm sind zahlreiche Gemälde, Zeichnungen und Radierungen erhalten. Im Mittelpunkt seines druckgrafischen Werks stehen Architekturphantasien. Billings künstlerisches Wirken blieb – hierin vergleichbar mit den belgischen Künstlern Victor Horta und Henry van de Velde – im Wesentlichen auf die Zeit des Jugendstils beschränkt.
Aufgrund der guten Auftragslage stellte Billing laufend neue Mitarbeiter ein und unterhielt Zweigbüros in anderen Städten. Das „Gesamtkunstwerk“ Baischstraße machte ihn deutschlandweit bekannt. Bei der Kunsthalle Mannheim vertrat er, wie schon in Baden-Baden, einen wuchtigen, lapidaren Jugendstil, der bereits zum Neoklassizismus überleitete. Billing war jedoch nicht nur Architekt, sondern auch Designer, Hochschullehrer, Gutachter und Preisrichter in unzähligen Architekturwettbewerben bis hin nach Russland und Finnland.
Zu Studienzeiten war Billing Mitglied der Akademischen Verbindung Cheruskia, welche später zum Corps wurde und schließlich im Zusammenschluss des Corps Friso-Cheruskia aufging. Jährlich wird der Hermann-Billing-Preis von dem Corps Friso-Cheruskia für herausragende Diplomarbeiten oder Dissertationen an der Universität Karlsruhe gestiftet. Von 1903 bis 1937 war Hermann Billing Professor an der Technischen Hochschule Karlsruhe und an der Kunstakademie Karlsruhe. In den Jahren ab 1920 beschränkte er sich weitgehend auf seine Tätigkeit als Professor an der Akademie (bis 1923) bzw. an der Technischen Hochschule (bis 1937). Sein Werkarchiv liegt teilweise im Architekturmuseum der TU München und im Südwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau.
Bauten und Entwürfe (Auswahl)
BearbeitenKarlsruhe
Bearbeiten- 1898–1899: Wohnhäuser Rankestraße 8 und 10
- 1899–1900: Friedenskirche, Südweststadt, Karlstraße 49b (nicht erhalten)
- 1901: Hof-Apotheke
- 1900–1903: Wohnbebauung Baischstraße mit Torhaus
- 1903: Haus Baumeister[2]
- 1904–1905: Brunnen auf dem Stephanplatz
- 1905: Büro- und Atelierhaus Leopoldstraße 7c
- 1927: Feuerwache in der Südweststadt
- 1928: Wohnbebauung Hermann-Billing-Straße / Beiertheimer Allee
- 1935–1939: Verwaltungsgebäude der Oberpostdirektion Karlsruhe
Andere Standorte
Bearbeiten- 1890–1892: Domaine d’Hellocourt in Lothringen
- 1894–1896: Große Weserbrücke in Bremen (nicht erhalten)
- 1897–1900: Fassade des Melanchthonhauses in Bretten
- 1905–1906: Geschäftshaus der Freiburger Zeitung in Freiburg im Breisgau[3][4]
- 1904–1907: Brückentürme der Rheinbrücke Ruhrort / Homberg in Duisburg
- 1905–1907: Kunsthalle Mannheim
- 1906–1907: Wohnhaus für Richard Weber in Gernsbach, Scheffelstraße 1
- 1907–1911: Kieler Rathaus
- 1907–1911: Kollegiengebäude I der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (verändert)
- 1908–1909: Kunsthalle Baden-Baden
- 1909–1910: Hotel Bad Schachen in Lindau (gemeinsam mit Wilhelm Vittali)
- 1909–1910: Korpshaus des Corps Suevia Freiburg
- 1909–1911: Schlossbrücke in Mülheim an der Ruhr (durch Neubau ersetzt)
- 1910: Wettbewerbsentwurf für ein Bismarck-Nationaldenkmal auf der Elisenhöhe bei Bingerbrück (gemeinsam mit dem Maler Hans Adolf Bühler; nicht prämiert)[5]
- 1910–1911: Umbau und Erweiterung des Verwaltungsgebäudes der Zuckerfabrik Frankenthal AG (heute Musikschule) in Frankenthal (Pfalz)
- 1926–1929: Krankenhaus in Singen (Hohentwiel)
Literatur
Bearbeiten- Rudolf Wohlleben: Bekannte Weinheimer Corpsstudenten (Hermann Billing). In: Wulf Thommel: 100 Jahre Weinheimer Verband Alter Corpsstudenten (WVAC e. V.) 1903–2003. Weinheim 2003, S. 59–60.
- Gerhard Kabierske: Der Architekt Hermann Billing (1867–1946). Leben und Werk (= Materialien zu Bauforschung und Baugeschichte, 7). Karlsruhe 1996, ISSN 0940-578X.
- Gerhard Kabierske: Hermann Billing. Architekt zwischen Historismus, Jugendstil und Neuem Bauen. In: Notizen aus dem Südwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau an der Universität Karlsruhe. Nr. 3, Januar 1998 (PDF; 1,2 MB).
- Erika Rödiger-Diruf et al.: Hermann Billing. Architekt zwischen Historismus, Jugendstil und Neuem Bauen. Ausstellungskatalog Städtische Galerie Karlsruhe 1997, ISBN 3-923344-38-4.
- Friedemann Schäfer: Stadtspaziergänge in Karlsruhe. Jugendstil. Karlsruhe 2007, ISBN 978-3-7650-8360-0.
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Hermann Billing im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Hermann Billing. In: archINFORM.
- Nachlass Hermann Billing im Architekturmuseum der TU München
- Biographie und Archivbestände im Südwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau
- Website des Hermann-Billing-Preises
- Hermann Billing im Stadtwiki Karlsruhe
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Untere Terrasse, 102B; Karl Zahn: Gräber, Grüfte, Trauerstätten, die Friedhöfe und Begräbnisstätten der Kernstadt Karlsruhe. Verlag für Regionalkultur, Ubstadt-Weiher u. a. 2022 (Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs; 37), ISBN 978-3-95505-352-9, S. 183.
- ↑ Erich Haenel, Heinrich Tscharmann (Hrsg.): Das Einzelwohnhaus der Neuzeit. Bd. 1, J. J. Weber, Leipzig 1909, S. 152–154 [mit Abb.].
- ↑ Werner Wolf-Holzäpfel: Der Architekt Max Meckel 1847–1910. Studien zur Architektur und zum Kirchenbau des Historismus in Deutschland. Josef Fink, Lindenberg 2000, ISBN 3-933784-62-X, S. 379.
- ↑ Kabierske, S. 212 f.
- ↑ Max Schmid (Hrsg.): Hundert Entwürfe aus dem Wettbewerb für das Bismarck-National-Denkmal auf der Elisenhöhe bei Bingerbrück-Bingen. Düsseldorfer Verlagsanstalt, Düsseldorf 1911. (n. pag.)
Personendaten | |
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NAME | Billing, Hermann |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Architekt, Designer und Hochschullehrer |
GEBURTSDATUM | 7. Februar 1867 |
GEBURTSORT | Karlsruhe |
STERBEDATUM | 2. März 1946 |
STERBEORT | Karlsruhe |