Hermann Saitz
Hermann Hans Saitz (* 9. Oktober 1936 in Erfurt)[1] ist ein ehemaliger Stadt- und Verkehrsplaner in Erfurt. Er arbeitete auf den Fachgebieten der Verkehrsplanung, des Städtebaus, der Stadtgestaltung und der Architektur.[2] Er gehörte zu führenden Verkehrsplanern der DDR. Seine Arbeiten zur Stadtverkehrspolitik fanden international Beachtung.[3]
Leben
BearbeitenAusbildung
BearbeitenIm Jahr 1954 schloss Hermann H. Saitz am Heinrich-Mann-Gymnasium Erfurt – Staatliches Gymnasium „Zur Himmelspforte“ seine Schulausbildung mit dem Abitur ab.[1][4] Danach absolvierte er eine Maurerlehre. Anschließend studierte er von 1955 bis 1961 an der Hochschule für Bauwesen Cottbus, Fachrichtung Technische Stadtplanung und städtischer Ingenieurbau.[1][5] 1961 schloss er das Studium als Diplom-Ingenieur ab.[1] Danach war er als praktischer Infrastrukturplaner im Bezirk Rostock und als wissenschaftlicher Assistent an der Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar am Lehrstuhl Verkehrsbau und Verkehrsplanung tätig.[3] 1967 wurde Saitz an dieser Hochschule für seine Dissertation Beiträge zur Bewältigung des Fahrradverkehrs auf Stadtstraßen zum Dr.-Ing. promoviert.[6] Im Jahr 1973 habilitierte er sich an der Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar zum Dr. sc. techn. (1991 evaluiert zum Dr.-Ing. habil.) mit einer Arbeit über Die Auswirkungen der Standortverteilung von Wohn- und Arbeitsstätten einer Stadt auf den Straßenverkehr – gezeigt am Beispiel der Bezirksstadt Erfurt.[1][7]
Arbeitsaufgaben und -ergebnisse
BearbeitenVon 1967 bis 1990 war Saitz Leiter des Büros für Verkehrsplanung der Stadt Erfurt.[8] Hier entwickelte er die Generalverkehrsplanung Erfurt beispielgebend für die DDR. In diesen Jahren planten die Fachleute wichtige Infrastrukturmaßnahmen in Erfurt,[9] unter anderem der Knoten Schmidtstedter Brücke, Juri-Gagarin-Ring,[10] die Führung der B4 im Borntal, der Fußgängerbereich Anger[10] und die Straßenbahnerschließung der großen Neubaugebiete.
Zusammen mit Kurt Ackermann, Günther Förschner und Werner Siemers war Saitz Mitinitiator für das System repräsentativer Verkehrsbefragungen – SrV.[11] Die erste SrV-Erhebung wurde 1972 durchgeführt, weitere folgten in den Jahren 1977, 1982 und 1987.[12] Dabei gehörte Erfurt von Anfang an zu den SrV-Stammstädten.[13]
Nach der deutschen Wiedervereinigung und der Neugründung der ostdeutschen Bundesländer war Saitz von 1990 bis 1994 Baudezernent (Stadtbaudirektor) der Landeshauptstadt Erfurt[8] und leitete den Neuaufbau der Bauverwaltung von Erfurt sowie die Notsicherung und den Sanierungsbeginn der verfallenden Altstadt.[14]
Von 1995 bis 2001 war Saitz Geschäftsführer im Geschäftsbereich Parkraumwirtschaft der Stadtwerke Erfurt.[15]
Im Jahr 2001 ging er in den Ruhestand, führte jedoch noch bis 2004 Lehrveranstaltungen in Dresden durch.[1]
Gremien
BearbeitenVon 1994 bis 2008 war Saitz Vorstandsmitglied der Ingenieurkammer Thüringen und verantwortete den Bereich Öffentlichkeitsarbeit.[16]
Lehrtätigkeit und Publikationen
BearbeitenIm Jahr 1997 wurde Saitz zum Honorarprofessor an der Technische Universität Dresden, Fakultät für Verkehrswesen „Friedrich List“ für die Lehrgebiete Verkehrsplanung, Verkehrsraumgestaltung und Anlagen des ruhenden Verkehrs berufen.[17] Im Jahr 2004 endete seine Lehrtätigkeit an der Technische Universität Dresden.[1]
Neben zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen in Deutschland und im Ausland.[18][19] publizierte er als Autor mehrere populärtechnische Bücher zum Thema Stadtverkehr wie Stadt und Verkehr, Der Verkehr der großen Städte und Tunnel der Welt – Welt der Tunnel.
Gesellschaftliches Engagement
BearbeitenSaitz ist Mitglied des Ortskuratoriums Erfurt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz[20]
Buchveröffentlichungen (Auswahl)
BearbeitenSachbücher
Bearbeiten- Stadt und Verkehr. Transpress Verlag, Berlin 1979, DNB 790275112.
- Der Verkehr der großen Städte. Transpress Verlag, Berlin 1983, DNB 831176016.
- Tunnel der Welt – Welt der Tunnel. Transpress Verlag, Berlin 1988, ISBN 978-3-344-00273-2.
- Mein Erfurt – Als Verkehrs- und Stadtplaner in Erfurt. Erinnerungen, Gedanken, Bekenntnisse. 1967–2001. (enthält Autobiografie 1961–2001 und Lebenslauf). Blick Verlag, Erfurt 2018, ISBN 978-3-9818445-1-1.
Mitautorenschaft
Bearbeiten- Stadtverkehr von A bis Z. Herausgegeben von Hans Glißmeyer. Transpress Verlag, Berlin 1985, DNB 860479870.[21]
- 50 Jahre Stadtverkehrsplanung in Erfurt. In: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Hrsg.): Straßen- und Verkehrsgeschichte deutscher Städte nach 1945. Dresden – Leipzig – Halle – Chemnitz – Erfurt. (= Archiv für die Geschichte des Straßen- und Verkehrswesens. Heft 16), Kirschbaum, Bonn 2001, ISBN 3-7812-1533-4.
Stadtführer
Bearbeiten- Erfurt zu Fuß. Blick Verlag, 6. Auflage, Erfurt 2016, ISBN 978-3-9812927-8-7.
- Weimar zu Fuß. Verlag Feldhoff & Martin, Köln 1998, ISBN 978-3-931257-02-6.
- Erfurt for you. Weimardruck, Weimar 2003, ISBN 978-3-930687-53-4.
Ehrungen
Bearbeiten- 1977: Auszeichnung Verdienter Werktätiger des Verkehrswesens der DDR für die Planung des Verkehrsknotens Schmidtstedter Brücke und die Generalverkehrsplanung Erfurt[22]
- 2006: Goldene Ehrennadel der Ingenieurkammer Thüringen[23]
- 2010: Bundesverdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland[24] für sein Lebenswerk[25]
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c d e f g Catalogus professorum dresdensis. Abgerufen am 1. August 2023.
- ↑ Namensliste für die Besetzung von Preisgerichten für Wettbewerbe der Bundesingenieurkammer (Stand 1. April 2019) (PDF; 208 KB), S. 11. Abgerufen am 2. August 2023.
- ↑ a b The authors in this issue: Hermann Saitz. In: Transport Reviews. Band 8, Nr. 1, 1988, ISSN 1464-5327 S. 1–2 (doi: 10.1080/01441648808716669). Abgerufen am 4. August 2023.
- ↑ Hermann H. Saitz: Von der bürgerlichen zur sozialistischen Schule. Erinnerungen an die Schulzeit 1950–1954. In: Tom Fleischhauer (Hrsg.): Heinrich-Mann-Gymnasium Erfurt. Staatliches Gymnasium „Zur Himmelspforte“ 1844–2019. Eine Festschrift zum 175. Jubiläum mit Schulgeschichte(n) aus drei Jahrhunderten. Erfurt 2019, ISBN 978-3-00-062562-6, S. 266–270. Abgerufen am 3. August 2023.
- ↑ Fritz Kabus: Mein Berufsleben. Ein Zeitzeugenbericht. Berlin 2010 (ergänzt 2021) (PDF; 1,7 MB), S. 105. Abgerufen am 3. August 2023.
- ↑ Frank Simon-Ritz (Hrsg.): 50 Jahre Dissertationen an der Hochschule für Architektur und Bauwesen und der Bauhaus-Universität Weimar. Verlag der Bauhaus-Universität Weimar 2016, ISBN 3-86068-275-X, (PDF; 2,9 MB), S. 31. Abgerufen am 2. August 2023.
- ↑ OCLC 247858241. Abgerufen am 2. August 2023.
- ↑ a b Frank Karmeyer: Die Weiße Gasse einst und heute. In: Thüringische Landeszeitung Erfurt. 31. Juli 2020 (online). Abgerufen am 2. August 2023.
- ↑ Katja Wüllner: Hinter der Fassade – Das institutionelle System der Denkmalpflege in der DDR untersucht am Beispiel der thüringischen Städte Erfurt, Weimar und Eisenach. (Dissertation). Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg 2015 (PDF; 15,3 MB), S. 190. Abgerufen am 2. August 2023.
- ↑ a b Stadt und Geschichte. Zeitschrift für Erfurt. Autoren. Abgerufen am 2. August 2023.
- ↑ Hermann Saitz: System der Verkehrserhebungen in Erfurt. In: Die Straße. 16. Jahrgang, 1976. ISSN 0039-2146, S. 56–61.
- ↑ Technische Universität Dresden. Mobilität in den Städten. Das SrV. Abgerufen am 4. August 2023.
- ↑ Alexander Badrow: Verkehrsentwicklung deutscher Städte im Spiegel des Systems repräsentativer Verkehrsbefragungen unter besonderer Berücksichtigung des Freizeitverkehrs. (Dissertation). Technische Universität Dresden 2020, S. 23–25 (PDF; 7,4 MB). Abgerufen am 4. August 2023.
- ↑ Hartmut Schwarz: Erfurt. Wie die verfallene Altstadt wieder vorzeigbar wurde. In: Thüringische Landeszeitung Erfurt., 7. Juni 2015 (online). Abgerufen am 2. August 2023.
- ↑ Erfurter Verkehrsräume analysiert. Universitätsjournal der Technischen Universität Dresden, Nr. 14/1999, S. 4. Abgerufen am 2. August 2023.
- ↑ DIB THÜRINGEN. Infos und Mitteilungen der Ingenieurkammer Thüringen. Nr. 1–2, 2002, S. 6–8. Abgerufen am 2. August 2023.
- ↑ Technische Universität Dresden. Fakultät für Verkehrswissenschaften „Friedrich List“. Professoren/innen und Hochschullehrer/innen seit 1992. Abgerufen am 2. August 2023.
- ↑ Hermann H. Saitz: A survey of town planning and transportation in the German Democratic Republic. In: IATSS research. 1987, ISSN 0386-1112, S. 69–78 (OCLC 18092413). Abgerufen am 4. August 2023.
- ↑ Hermann H. Saitz: A survey of town planning and transportation in the German Democratic Republic Erfurt city and traffic – an example of transport policy and planning in the German Democratic Republic. In: Transport Reviews. Band 8, Nr. 1, 1988, ISSN 1464-5327, S. 1–17 (doi: 10.1080/01441648808716670). Abgerufen am 4. August 2023.
- ↑ Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Mitglieder des Ortskuratoriums Erfurt. Abgerufen am 2. August 2023.
- ↑ Hinweis auf Mitautorenschaft in der Buchrezension von Eberhard Russek. In: Neues Deutschland. 41. Jahrgang, Nr. 57, 1986, ISSN 0323-3375, S. 10 (ZEFYS Zeitungsinformationssystem). Abgerufen am 6. August 2023.
- ↑ Werktätige des Verkehrswesens erfüllen zuverlässig ihre Aufgaben. Ehrenliste der Ausgezeichneten. In: Neues Deutschland. 32. Jahrgang, Nr. 138, 1977, ISSN 0323-3375, S. 2 (ZEFYS Zeitungsinformationssystem). Abgerufen am 4. August 2023.
- ↑ Würdigungen der Ingenieurkammer Thüringen. Abgerufen am 1. August 2023.
- ↑ Bundespräsidialamt: Bekanntgabe von Verleihungen des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland vom 1. Mai 2010. In: Bundesanzeiger – Amtlicher Teil. GENIOS, Dokumentnummer 62078001. Abgerufen am 18. August 2023.
- ↑ Hermann H. Saitz, Prof. Dr.-Ing. habil.; Lebenslauf. In: hermannsaitz.com. (Herausgeber unbekannt, kein Impressum), 2022, abgerufen am 22. Juni 2023.
Personendaten | |
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NAME | Saitz, Hermann |
ALTERNATIVNAMEN | Saitz, Hermann Hans Gerhard (vollständiger Name); Saitz, Hermann Hans; Saitz, Hermann H. |
KURZBESCHREIBUNG | langjähriger Stadt- und Verkehrsplaner in Erfurt |
GEBURTSDATUM | 9. Oktober 1936 |
GEBURTSORT | Erfurt |