Ein Aktivvermerk, auch Herrschvermerk genannt, ist in Deutschland eine Eintragung im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs und benennt das Recht, von dem ein Grundstück begünstigt wird.
Allgemeines
BearbeitenDa der Aktivvermerk im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs eingetragen wird, genießt er jedoch wie dieses keinen öffentlichen Glauben.[SQ 1][BS 1] Aktivvermerke haben lediglich „kundmachende“,[Sch 1] „nachrichtliche“,[D 1] also deklaratorische Bedeutung; für Inhalt und Bestand des subjektiv-dinglichen Rechtes ist allein dessen Eintragung in der Zweiten Abteilung im Grundbuchblatt des belasteten Grundstücks ausschlaggebend.
Gegenstand
BearbeitenDer für den Aktivvermerk einschlägige § 9 GBO gilt nur für subjektiv-dingliche Rechte[D 2], die gemäß § 96 BGB Bestandteile des herrschenden Grundstücks sind.[D 3] Hierzu zählen:
- Grunddienstbarkeiten (§ 1018 BGB),
- das Vorkaufsrecht, wenn es zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks bestellt wurde (dingliches Vorkaufsrecht gemäß § 1094 Abs. 2, § 1103 Abs. 1 BGB)[BS 2];
- die Reallast, wenn diese zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks bestellt wurde (§ 1105 Abs. 2, § 1110 BGB)[BS 2];
- die Überbau- und Notwegrente (§ 914 Abs. 3 BGB; § 917 Abs. 2 Satz 2 BGB), sofern deren Höhe vertraglich geregelt wurden[D 4];
- der Erbbauzins (§ 9 Abs. 2 Satz 2 ErbbauRG).
Häufigster Fall ist das Wegerecht, das als Grunddienstbarkeit, beschränkte persönliche Dienstbarkeit oder Nießbrauch eintragbar ist.
Bedingungen und Verfahrensweise
BearbeitenDie Eintragung eines Aktivvermerks erfolgt gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 GBO nur auf Antrag. Dieser bedarf keiner besonderen Form.[Sch 1][D 5] Die Gebühr bestimmt sich nach § 67 Abs. 1 Nr. 3 KostO. Ein Aktivvermerk kann nur eingetragen werden, wenn das subjektiv-dingliche Recht, auf das er sich bezieht, im Grundbuchblatt des belasteten Grundstücks bereits eingetragen ist oder gleichzeitig mit ihm eingetragen wird.[BS 3] Antragsberechtigt sind der Eigentümer des herrschenden Grundstücks und jeder, der gemäß § 876 Satz 2 BGB einer Aufhebung des Rechtes und damit einer wirtschaftlichen Wertminderung zustimmen müsste.[BS 3] Letzteres schließt regelmäßig Grundpfandgläubiger[D 6] und andere, ggf. nur mittelbar, Betroffene ein. Nach Eintrag des Aktivvermerks im Grundbuchblatt des herrschenden Grundstückes – und zwar gemäß § 7 GBV im Bestandsverzeichnis in den Spalten 1, 3 bis 6[BS 3] – wird gemäß § 9 Abs. 3 GBO von Amts wegen ein Hinweis auf diese Eintragung in die Zweite Abteilung des Grundbuchblattes des belasteten Grundstücks ergänzt. Dort werden jetzt sowohl die subjektiv-dinglichen Rechte (Belastungen) als auch Hinweise auf Aktivvermerke aufgeführt (§ 10 GBV). Wenn das subjektiv-dingliche Recht wegfällt oder sich inhaltlich[D 7] ändert, werden der Aktivvermerk sowie der Hinweis auf diesen von Amts wegen gelöscht bzw. geändert (§ 9 Abs. 2 GBO). Berichtigungen dieser Art sind gebührenfrei.[D 8]
Praktische Bedeutung
BearbeitenVorteile
BearbeitenDer Eintrag eines Aktivvermerkes kann sowohl vom Eigentümer als auch von den dinglich Berechtigten in der Zweiten und Dritten Abteilung des herrschenden Grundstücks erwogen werden. Eine Bank zum Beispiel, die im Rahmen ihrer Kreditsicherung als Grundpfandgläubiger im weiter oben genannten Sinn agiert, schützt sich hierdurch vor Löschung, Änderung (§ 877 BGB) und Rangverschlechterung (Rangrücktritt, § 880 Abs. 2 BGB) der subjektiv-dinglichen Rechte, die für den Wert des herrschenden Grundstücks von Bedeutung sind.[SQ 2][BS 1] Denn nur bei eingetragenem Aktivvermerk muss gemäß § 21 GBO das Grundbuchamt die Bewilligung oder Weigerung der Bank beachten.[SQ 3] Bei fehlendem Vermerk darf (formelles Recht) das Grundbuchamt das subjektiv-dingliche Recht löschen und das Grundbuch damit unrichtig machen. Das Recht selbst bleibt allerdings materiell bestehen, da die Bank seiner Aufhebung gemäß § 876 Satz 2 BGB hätte zustimmen müssen. Die Bank könnte die Wiedereintragung mit einer Grundbuchberichtigungsklage erzwingen[Sch 2], aber nur solange ein Dritter das Grundstück noch nicht gutgläubig erworben hat.[SQ 3]
Nachteile
BearbeitenIm Regelfall macht das subjektiv-dingliche Recht nur einen kleinen Teil des gesamten Grundstückswertes aus. Wird z. B. bei einer Teilung des herrschenden oder belasteten[BS 1] Grundstücks die Aufhebung dieses Rechtes erwogen, sind oft nicht nur ein Kreditinstitut, sondern mehrere dinglich Berechtigte, in manchen Fällen ein großer Personenkreis, zu informieren und um eine Zustimmung zu der hierdurch eintretenden (geringen) Wertminderung zu bitten. Der § 21 GBO, der bei Verzicht auf einen Aktivvermerk greift, erleichtert den Grundbuchverkehr[D 9], indem er die in § 876 Satz 2 BGB vorgeschriebene Zustimmungserforderlichkeit in formeller Hinsicht (nicht materiell-rechtlicher) unbeachtlich macht.
Von Aktivvermerken wird in der Praxis nur selten Gebrauch gemacht.[SQ 4]
Sonstiges
BearbeitenIm Wortlaut der Grundbuchordnung, der Grundbuchverfügung und des Bürgerlichen Gesetzbuches kommen weder Aktivvermerk noch Herrschvermerk als Begriffe vor.
Einzelnachweise
BearbeitenBengel/Simmerding: Grundbuch, Grundstück, Grenze. 2000.
Demharter: Grundbuchordnung. 2005.
- ↑ § 9, S. 170, Rn. 14
- ↑ § 9, S. 166, Rn. 2
- ↑ § 9, S. 165, Rn. 1
- ↑ § 9, S. 167, Rn. 5
- ↑ § 9, S. 168, Rn. 8
- ↑ § 21, S. 369, Rn. 4
- ↑ § 9, S. 169, Rn. 12
- ↑ § 9, S. 170, Rn. 15
- ↑ § 21, S. 369, Rn. 3
Schöner/Stöber: Grundbuchrecht. 2004.
Sonstige Quellen:
- ↑ Wolfgang Brehm/Christian Berger: Sachenrecht. Mohr Siebeck, Tübingen 2006, ISBN 3-16-148915-2, S. 193, Rn 6.
- ↑ Wolfgang Schmenger: „Die Grunddienstbarkeit und die beschränkte persönliche Dienstbarkeit, Grundsätze, neue Entwicklungen und neue Rechtsprechung“. Vortrag auf der XXXVII Lautenbacher Fortbildungsveranstaltung des Badischen Notarvereins vom 13. März bis 16. März 2007. In: Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg (BWNotZ). Nr. 4/2007 Juli/August ( vom 13. September 2008 im Internet Archive). (S. 73–90), S. 78.
- ↑ a b Herbert Grziwotz: Die nachträglich ‚versteigerungsfeste‘ Immobilie. In: Zeitschrift für Immobilienrecht (ZfIR), Heft 3, 7. Februar 2005, 9. Jg. RWS Verlag, Köln. (S. 91–93), S. 92.
- ↑ Michael Volmer: „Zur Unterhaltungspflicht bei Geh- und Fahrtrechten unter Mitbenutzungsbefugnis des dienenden Eigentümers (§ 1021 BGB)“. In: Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern (MittBayNot), Heft 5 September/Oktober 2000 (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2018. Suche in Webarchiven) (begr. 1864), ISSN 0941-4193. (S. 387–390), S. 388.
Literatur
Bearbeiten- Manfred Bengel, Franz Simmerding: Grundbuch, Grundstück, Grenze. Handbuch zur Grundbuchordnung unter Berücksichtigung katasterrechtlicher Fragen. 5., erw. Aufl. Luchterhand, Neuwied 2000, ISBN 3472035862.
- Johann Demharter: Grundbuchordnung mit dem Text der Grundbuchverfügung und weiterer Vorschriften (= Beck’sche Kurz-Kommentare. Band 8) 25., neubearbeitete Auflage, C. H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-53040-0.
- Hartmut Schöner, Kurt Stöber: Grundbuchrecht (= Handbuch der Rechtspraxis. Band 4). 13., neubearbeitete Auflage. C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-51044-2.