Hildegard Franz

Überlebende des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau

Hildegard Franz (* 6. Februar 1921 in Tübingen als Hildegard Reinhardt; † 7. Mai 2013 in Deißlingen[1]) war eine Überlebende des Porajmos. Sie war im „Zigeunerlager Auschwitz“ und in dem KZ Buchenwald inhaftiert.

 
Ravensburg, Mahnmal zum Gedenken an die 29 in Auschwitz ermordeten Sinti aus Ravensburg vor der Kirche der Gemeinde Sankt Jodok, deren Mitglieder die Deportierten waren. Unter den Opfern sind auch die Kinder von Hildegard Franz

Hildegard Franz wurde in Tübingen geboren und wuchs in Ravensburg auf. Nachdem sie 1936 in das Zigeunerzwangslager in Ravensburg eingewiesen worden war, wurde sie dort 1937 von der Rassenhygienischen Forschungsstelle untersucht. Aus dem Lager wurden am 13. März 1943 36 Kinder, Männer und Frauen abgeholt und am 15. März 1943 vom Güterbahnhof Stuttgart in das neu eingerichtete „Zigeunerlager Auschwitzdeportiert.[2] Zu diesem Zeitpunkt war sie verheiratet und hatte drei Töchter im Alter zwischen drei Jahren und sieben Monaten.[3] Sie wurde dort unter der Häftlingsnummer Z 4734 registriert und tätowiert. Ihre Töchter wurden nach weiteren Mitgliedern der Familie Reinhardt unter den Häftlingsnummern Z 4739 bis 4741 ebenfalls dort registriert. Die Sterbedaten der Kinder sind nicht angegeben, der Weitertransport von Hildegard Franz ist für den 15. April 1944 vermerkt.[4] An diesem Tag wurden zwei größere Gruppen Häftlinge, 884 Männer und 473 Frauen in die Konzentrationslager Buchenwald und Ravensbrück weiterdeportiert.[5]

Am 26. April 1943 wurde der in Ravensburg zurückgebliebene Hausrat zur Versteigerung und der Wohnraum ab 1. Mai zur Nachnutzung freigegeben.[6]

Später wurde Hildegard Franz im Konzentrationslager Buchenwald als Zwangsarbeiterin im Bereich Rüstung eingesetzt.[7] Auf einem Todesmarsch in Thüringen befreiten sie die Amerikaner.[8] Ihr Mann kam im KZ Bergen-Belsen um.[9]

Nach dem Krieg kehrten sie und fünf weitere Frauen nach Ravensburg zurück. Auf dem Gelände des ehemaligen Zwangslagers existiert nun in den Baracken des Lagers eine Unterkunft, die bis weit in die 80er Jahre einen sozialen Brennpunkt bildete.[10] 1957 erhielt sie für ihre Verfolgung durch den NS-Staat eine einmalige Entschädigung von 150 Mark als Ausgleich für den Freiheitsentzug der Kinder, nicht für deren Tod. Erst 2001 konnte sie eine monatliche Opferrente erreichen.[1]

Nach dem Erstarken der Bürgerrechtsbewegung hielt sie viele Vorträge, auch vor Schulklassen, und bekam zahlreiche Ehrungen. Sie erhielt das Bundesverdienstkreuz am Bande für ihren Einsatz als „unermüdliche Mahnerin gegen das Vergessen und für die Versöhnung der Völker“.[11][12]

2003 und 2007 hielt sie auf dem Gelände des ehemaligen KZ Buchenwald bei Gedenkveranstaltungen des Internationalen Lagerkomitees im KZ Buchenwald Ansprachen anlässlich der jeweiligen Jahrestage der Befreiung.[13] Auf dem Katholikentag 2004 führte sie ein Zeitzeugengespräch.[14] 2005 wurde ihr Schicksal im Rahmen einer Ausstellung Les femmes oubliées de Buchenwald im Pariser Museum Jean Moulin dargestellt.[15] Im März 2013 wurde anlässlich des siebzigsten Jahrestages der Deportation der Sinti aus der Region um Stuttgart in einem ökumenischen Gedenkgottesdienst unter Beteiligung der Bischöfe Gebhard Fürst und Ulrich Fischer aus ihren Erinnerungen vorgelesen.[16]

Hildegard Franz, der auch zahlreiche Ehrungen von Seiten der Stadt Ravensburg entgegengebracht worden waren, starb am 7. Mai 2013 im Alter von 92 Jahren an einer Lungenentzündung. Sie liegt auf dem Stadtfriedhof in Rottweil begraben.

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Zeitzeugin im Film und visuellen Dokumentationen

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Literatur zu Hildegard Franz

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  • Daniel Strauß (Hrsg.): „... weggekommen. Berichte und Zeugnisse von Sinti, die die NS-Verfolgung überlebt haben.“ Berlin 2000.
  • Dorothea Kiderlen: Verfolgung und Vernichtung der Ravensburger Sinti, in: Peter Eitel (Hg.), Ravensburg im Dritten Reich. Beiträge zur Geschichte der Stadt, 2. Aufl. Ravensburg 1998

Einzelnachweise

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  1. a b Hildegard Franz ist gestorben. In: nrwz.de. 10. Mai 2013, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 20. Oktober 2014; abgerufen am 20. Oktober 2014.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.nrwz.de Und Traueranzeige Hildegard Franz. In: Schwarzwälder Bote. 10. Mai 2013, abgerufen am 20. Oktober 2014.
  2. Kinder und Jugendliche – Mit der Reichsbahn in den Tod
  3. siehe Gabriele Trost: „Wir haben doch nichts getan...“
  4. Hauptbuch S. 305.
  5. Gedenkbuch S. 1557.
  6. Florian Lindemann: Die Sinti aus dem Ummenwinkel. Ein sozialer Brennpunkt erholt sich. Beltz, Weinheim 1991, S. 38.
  7. Politisches Gedenken in Buchenwald – Gedenkstättenarbeit ist nicht rückwärts gewandt, sondern eine Aufgabe für die Zukunft
  8. "Wir haben doch nichts getan..." – Der Völkermord an den Sinti und Roma, (Memento des Originals vom 21. Oktober 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.krieg-film.de
  9. stolpersteine-stuttgart.de
  10. Florian Lindemann: Die Sinti aus dem Ummenwinkel. Ein sozialer Brennpunkt erholt sich. Beltz, Weinheim 1991, S. 38.
  11. Bundesverdienstkreuz für Hildegard Franz aus Deißlingen (Memento des Originals vom 20. Oktober 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.nrwz.de. NRWZ, 5. Dezember 2012, abgerufen am 20. Oktober 2014.
  12. Rita Haller-Haid: Bundesverdienstkreuz für Hildegard Franz aus Deißlingen (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.haller-haid.de, 6. Dezember 2012, abgerufen am 20. Oktober 2014.
  13. 2003: "Politisches Gedenken in Buchenwald" unsere zeit – Zeitung der DKP, 25. April 2003; 2007: "Gedenkfeier zur Selbstbefreiung des KZ Buchenwald" (Memento des Originals vom 23. September 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.antifaschistische-nachrichten.de Antifaschistische Nachrichten Nr. 9, S. 9,10; vom 3. Mai 2007.
  14. Archivlink (Memento des Originals vom 21. März 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/dzokulm.telebus.de
  15. bibliotheques-clermontcommunaute.net
  16. Deutsche Ostasienmission: Gottesdienst anlässlich des 70. Jahrestages der Deportation der Sinti und Roma
  17. bildungsserver.de