Hotel Oranienhof (Bad Kreuznach)
Das Hotel Oranienhof war ein Luxus- und Badehotel in Kreuznach im preußischen Landkreis Kreuznach (seit 1924 Bad Kreuznach) der Rheinprovinz im heutigen Rheinland-Pfalz, das von 1834/42 bis 1929 bestand. Im Ersten Weltkrieg wurde es 1917/18 als Generalstabsgebäude der Obersten Heeresleitung genutzt.
Geschichte
BearbeitenDas Hotel Oranienhof stand an der Stelle, an der sich ungefähr 600 Meter südwestlich der Kreuznacher Altstadt nicht weit vom rechten Naheufer an der Stelle des heutigen Oranienparks von etwa 1140 bis 1566/68 das Augustiner-Chorfrauenstift St. Peter und Ende des 17. Jahrhunderts eine Holländerei und Menagerie des Schlosses Oranienhof befanden.
Der Wirtschaftshof des Schlosses Oranienhof, der nach dem Pfälzischen Erbfolgekrieg zerfiel, wurde im 18. Jahrhundert teilweise wiederhergestellt. Durch die französische Besetzung und Annexion des linken Rheinufers 1794/97 gelangte das Anwesen in Staatsbesitz und war um 1796 an Eberhard Hönes verpachtet.[1][2][3]
Am 3. November 1803 wurde in Koblenz das Nationalgut Oranienhof mit Wirtschaftsgebäuden und landwirtschaftlichen Nutzflächen von dem Kaufmann Johann Heinrich Schellhaas aus Kaiserslautern für 38.200 Franc ersteigert.[4][3] Pächter Hönes machte sofort eine Hypothekenforderung geltend,[1][2] und Reichsgraf Franz von Sickingen (1760–1834), der das Anwesen 1784/88/91 vor der französischen Enteignung erworben hatte,[5] erhob 1815 Ansprüche auf die bei dem Oranienhof gelegene Salzquelle.[6] In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebten 10–12 Personen am Wohnplatz Oranienhof außerhalb des engeren Stadtgebietes von Kreuznach.[7]
Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der alte Oranienhof teilweise abgetragen. Der Gastwirt Carl Friedrich Pitthan (* um 1805; † 1845) und seine Frau Johanna Karoline Philippine Schellhaas (1810–1857), die in Gütergemeinschaft lebten,[8] errichteten an dieser Stelle neben den alten Gebäuden 1834–42 ein Bade-Hotel.[9] Das Hauptgebäude enthielt einen Salon, 14 Bäder, 56 Zimmer und zwei Küchen, die Nebengebäude sechs weitere Zimmer, vier Badestuben und einen Salon, und es gab ein eigenes Badehaus.[10]
Die 1838 wiederentdeckte Oranienquelle auf der Oranienwiese in der Nähe des Oranienhofes[11] war 1840 von Justus von Liebig und Friedrich Ludwig Knapp chemisch analysiert worden.[12] C. F. Pitthan ließ die Quelle fassen und das Wasser durch eine Dampfmaschine anheben, davon wurde seit 1841 eine Soleleitung für das Hotel gespeist[13] und auf dem Hotelgelände ein Springbrunnen betrieben. Neben der Oranienquelle wurde eine Trinkhalle errichtet, in dem die Sole an alle Kurgäste kostenlos zum Trinken abgegeben wurde.[14]
Die Witwe Pitthan war auch Pächterin der Saline Karlshalle,[15] die bis 1897 eine großherzoglich-hessische Domäne war, aber seit dem Friedensvertrag von 1866 preußischen Mitbestimmungsrechten unterlag.[16] An der Karlshalle wurde die Sole aus der Hauptquelle durch ein Pumpwerk gehoben, in ein Reservoir geleitet und durch eiserne Röhren in Hotels und Privat-Badehäuser weiter geleitet.[17]
Nach dem Tod der Eheleute Pitthan, deren Sohn Heinrich Carl Theodor Pitthan (* um 1834; † 1866) sie nur wenige Jahre überlebte, wurde das Hotel 1864 versteigert.[18] Das Badehôtel Oranienhof wurde von Karl Joseph von Lehenner erworben,[19] der 1871 die Witwe Amalie Pitthan geb. Doetsch (1843–1930) heiratete und das Hotel zusammen mit ihr bis 1883 führte. Die Küche des Hotels mit einem beliebten „25-Groschen-Menü“[20] galt als die beste der Stadt.[21] Seit 1884 war das Hotel im Besitz von Heinrich D. Alten,[22] der früher im Pariser Luxushotel Le Meurice gearbeitet hatte.
Zu den Gästen des Hotels gehörten Kronprinz Wilhelm von Preußen, Kronprinzessin Victoria, Kronprinz Ferdinand von Rumänien, Marcel Proust[23] oder Thomas Power O’Connor, MP (1848–1929)[24]. 1913 verfügte das Hotel und Badeetablissement Oranienhof von H. D. Alten in der Luisenstraße/Oranienstraße über 135 Betten in 100 Zimmern.[25]
Um 1907 führte der Architekt Heinrich Gieseke aus Hannover-Limmer Umbauten am Hotel durch. Im Ersten Weltkrieg wurde der Oranienhof vom 2. Januar 1917 bis zum 8. März 1918 als Generalstabsgebäude (Hauptbüro) der Obersten Heeresleitung genutzt. Hier trafen sich am 19. Dezember 1917 General Mustafa Kemal Pascha (Atatürk), Kaiser Wilhelm II., Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg (1847–1934) und Generalquartiermeister Erich Ludendorff zu Gesprächen.
Nach dem Krieg waren in dem Haus, das jetzt Caserne d'Alger hieß, französische Besatzungstruppen untergebracht. 1929 wurde der Komplex wegen Baufälligkeit abgerissen. 1933 eröffnete die Kurverwaltung Bad Kreuznach an der Stelle des 1930 geschleiften ehemaligen Kaiserbunkers im Oranienhofpark ein Museum Großes Hauptquartier 1917/18.[26] Heute befindet sich an dieser Stelle der Oranienpark mit einem Minigolfplatz.
Das heutige Restaurant Oranienhof in Bad Kreuznach knüpft mit Namen und Standort an das Badehotel Oranienhof an.
Weblinks
Bearbeiten- Peter Borniger: Panorama von Kreuznach (Stahlstich). Borniger, Frankfurt am Main o. J. [um 1842] (Digitalisat der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden in der Deutschen Fotothek)
- Kurviertel mit Hotel Oranienhof um 1900 Federzeichnung, Reproduktion von Matthias Luhn; Schlossparkmuseum Bad Kreuznach. In: Horst Silbermann (Red.): 150 Jahre Verein für Heimatkunde für Stadt und Kreis Bad Kreuznach e.V. 1856–2006. Dokumente und Abhandlungen zur Vereinsgeschichte. odd Grafische Betriebe, Bad Kreuznach 2006, S. 96 (Digitalisat des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz Koblenz)
Literatur
Bearbeiten- Rolf Schaller: Die Kreuznacher Soleleitung. Eine technische Meisterleistung vor über 140 Jahren. In: Bad Kreuznacher Heimatblätter (2013), S. 1–4 (PDF des Vereins für Heimatkunde für Stadt und Kreis Bad Kreuznach e. V.)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Landeshauptarchiv Koblenz (Bestand 256 Präfektur des Rhein Mosel Departements in Koblenz, Staatsgüterverwaltung, Nr. 6314)
- ↑ a b Vgl. Joseph Anton Vahlkampf (Hrsg.): Reichskammergerichtliche Miscellen, Bd. II/1. Tasche & Müller, Gießen / Wetzlar 1806, S. 187f.
- ↑ a b Landeshauptarchiv Koblenz (Bestand 256 Präfektur des Rhein Mosel Departements in Koblenz, Staatsgüterveräußerungen, Nr. 9926, 10141); Wolfgang Schieder (Hrsg.): Säkularisation und Mediatisierung in den vier rheinischen Departements. 1803–1813, Bd. II Rhein-Mosel-Departement. (Forschungen zur deutschen Sozialgeschichte 5). Harald Boldt, Boppard 1991, S. 530 (Google-Books; eingeschränkte Vorschau).
- ↑ Landeshauptarchiv Koblenz (Bestand 261 Unterpräfektur des Arrondissements Simmern, Finanzverwaltung, Domänensachen (Nationalgüter), Verkauf und Versteigerung, Sachakte 75).
- ↑ Hessisches Staatsarchiv Darmstadt (Mittelrheinische Reichsritterschaft, 159/10 und 183/3; Gräflich Wartenbergsches Archiv (Kriegsverlust), 431 und 435); o. V.: Die ehmalige Reichsgraffschaft Wartemberg. In: Intelligenzblatt des Rheinkreises 10 (1827), S. 167–172, bes. S. 169 (Google-Books).
- ↑ Landeshauptarchiv Koblenz (Bestand 350 Generalgouvernement des Nieder- und Mittelrheins in Aachen, 03 Finanzsachen, 07 Domänensachen, Sachakte 53).
- ↑ Vgl. Der Regierungs-Bezirk Coblenz. L. Pauli, Koblenz 1817, S. 21; Königliche Regierung (Hrsg.): Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Coblenz. J. Hölscher, Koblenz 1843, S. 43.
- ↑ Vgl. Urteil Büttner ./. Pithan des 1. Senats des Königlichen Rheinischen Appellationsgerichtshofes in Köln vom 31. August 1846. In: Archiv für das Civil- und Criminalrecht der Königl. Preuß. Rheinprovinzen 41 (1846), S. 8–13.
- ↑ Vgl. Willi Wagner: Die Wittelsbacher der Linie Pfalz-Simmern. (Schriftenreihe des Hunsrücker Geschichtsvereins 34). Hunsrücker Geschichtsverein, Simmern 2003, S. 287.
- ↑ Vgl. Website ( des vom 31. Oktober 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. des „Pétanque Club Bad Kreuznach im Oranienpark“; abgerufen am 26. September 2014.
- ↑ Bericht über die Wiederentdeckung bei Friedrich Wiest, Edward Hartenfels: Statistisches Panorama der Heilbäder Kreuznach, Weilbach, Kronthal, Soden, Homburg im Gegenbilde zu Ems, Wiesbaden und Baden-Baden. Johann Wirth, Mainz 1840, S. 35f.
- ↑ Analysewerte in: Kurdirektion Kreuznach (Hrsg.): Das Radium-Solbad Kreuznach in Wort und Bild. R. Voigtländer Nachfolger P. Doepgen, Kreuznach 1911, S. 12 (Digitalisat des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz Koblenz).
- ↑ Vgl. Rolf Schaller: Die Frauen der Familie Pitthan und die Kreuznacher Soleleitung. Vortrag der Stiftung Haus der Stadtgeschichte am 19. Februar 2014.
- ↑ Vgl. Friedrich Heusner, Paul Foltynski: Bad Kreuznach. Mitteilungen für Ärzte und Kurgäste. J. H. Maurer-Greiner, Berlin 1884, S. 86–88.
- ↑ Vgl. Verhandlungen der ersten Kammer der Landstände des Großherzogthums Hessen im Jahre 1852. Protokolle, Bd. IV. Heinrich Brill, Darmstadt 1852, 112. Sitzung, S. 1 und 113. Sitzung, S. 40.
- ↑ Vgl. Art. 18 des Friedensvertrags von Berlin zwischen Preußen und dem Großherzogthum Hessen vom 3. September 1866; Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland Duisburg (Oberbergamt Bonn, Nr. 18–24); Hessisches Staatsarchiv Darmstadt (G 1, 47/3 Ausführung des Friedensvertrags mit Preußen, insbesondere die Salinen Karls- und Theodorshalle, 1867–1897).
- ↑ Vgl. Carl Engelmann: Kreuznach, seine Heilquellen und deren Anwendung. Joseph Engelmann, Heidelberg 1839, S. 17; Alois Strasser, Franz Kisch, Ernst Sommer: Handbuch der klinischen Hydro-, Balneo- und Klimatotherapie. Urban & Schwarzenberg, Berlin / Wien 1920, S. 713.
- ↑ Vgl. Allgemeine Zeitung, Augsburg 2. März 1864, Nr. 62, S. 1008 (Google-Books).
- ↑ Vgl. Karl Grass, Johann Beisiegel (Hrsg.): Adressbuch von Kreis und Stadt Kreuznach. R. Voigtländer, Kreuznach 1878, S. 31 und 55; dies. (Hrsg.): Adressbuch von Stadt Kreuznach, der Salinen Karls- und Theodorshalle und Bad Münster am Stein. R. Voigtländer, Kreuznach 1881, S. 25 und 51; 1884, S. 25 und 52.
- ↑ Ein Tagesverdienst von 25 Groschen (= 5/6 Taler) für einen Arbeiter in der Drahtzieherei Poensgen in Gemünd in der Eifel galt als sehr hoch; vgl. Alphons Thun: Die Industrie am Niederrhein und ihre Arbeiter, Bd. I. Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 35; Tagesverdienst 1871 eines Kreuznacher Maurers oder Zimmermanns; Rolf Schaller: Die „Schwarze Brücke“. In: Bad Kreuznacher Heimatblätter (2012), S. 9–12, bes. S. 11 (heimatkundeverein-kh.de).
- ↑ Vgl. o. V.: Creuznach and its Saline Cure. In: London Society. An Illustrated Magazine 16 (1869), S. 433–444, bes. S. 444 (Google-Books).
- ↑ Vgl. Wilhelm Tönsmann (Hrsg.): Adressbuch von Stadt Kreuznach, der Salinen Karls- und Theodorshalle und Bad Münster am Stein. R. Voigtländer, Kreuznach 1887, S. 1 und 56; Adreßbuch von Stadt und Kreis Kreuznach. 14. Aufl. R. Voigtländer Nachfolger P. Doepgen, Kreuznach 1912, S. 4, 109 und 122.
- ↑ Klaus Meyer: Eine Saison in Kreuznach - Heilbad und Nahetal als Proust’sche Erinnerungslandschaft (2022). In: (https://www.regionalgeschichte.net).
- ↑ T. P. O’Connor: Dog Stars - Three Luminaries in the Dog World. George H. Doran Company, Toronto 1915, S. 46 (Google-Books; eingeschränkte Vorschau).
- ↑ Vgl. Kurverwaltung Kreuznach (Hrsg.): Das Radium-Solbad Kreuznach in Wort und Bild. R. Voigtländer Nachfolger P. Doepgen, Kreuznach 1913, S. 42.
- ↑ Vgl. Kurverwaltung Bad Kreuznach (Hrsg.): Museum Großes Hauptquartier, Bad Kreuznach (1917-1918). Jung, Bad Kreuznach 1935.
Koordinaten: 49° 50′ 14,4″ N, 7° 51′ 11,7″ O