Hotel Stadt Leipzig (Leipzig)

Hotel in Leipzig

Das Hotel Stadt Leipzig war zwischen 1965 und 1994 ein im Stil der Sozialistischen Moderne gebautes Hotel gehobenen Standards in Leipzig.

Hotel Stadt Leipzig, 1966
Hotel Stadt Leipzig vom Bahnhofsvorplatz aus gesehen, 1965
Hotel Stadt Leipzig vom Brühl aus gesehen, 1965

Lage und Gestalt

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Die offizielle Adresse des Hotels lautete Richard-Wagner-Straße 1/6, hier war der Eingang zum eigentlichen Hotel zu finden. Die Anlage mit Hotel, einem größtenteils frei zugänglichen Erdgeschoss, Parkplätzen und einer Grünfläche lag in der nördlichen Innenstadt Leipzigs zwischen Richard-Wagner-Straße und dem Brühl in unmittelbarer Nähe zur Goethestraße, mittig auf Höhe des Müller-Denkmals in den Promenadenanlagen gegenüber des Hauptbahnhofs.

Das Hotel war ein siebengeschossiger Stahlbetonbau im Stil der Sozialistischen Moderne, bestehend aus einem Flachbau in Richtung Brühl mit einem Restaurant (330 Plätze), einem Tanzcafé (200 Plätze), einem Frühstücksraum für die Hotelgäste (200 Plätze) und Ladengeschäften sowie einem Hochbau als Bettenhaus für 384 Gäste (312 Einzel- und 36 Doppelzimmer[1]). Die Zimmer in den sechs Etagen konnten über drei Personenaufzüge erreicht werden. Der Gebäudekomplex hatte insgesamt eine Länge von 91 Metern, das Erdgeschoss war direkt mit dem benachbarten Parkhotel in der Richard-Wagner-Straße verbunden.[2] In Inneren waren die Wände des Flachbaus im Restaurantbereich teilweise mit Meissener Porzellan ausgestattet,[3] in der Hotelhalle hing ein großflächiger Gobelin von Gabriele Meyer-Dennewitz an der Wand.[4] Das Hotelrestaurant wurde 1984 von Renate Herfurth umgestaltet.[5]

Die Unterkunft war der erste DDR-Hotelneubau in Plattenbauweise.[6][7]

Geschichte

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Bereits 1950 war ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben worden, um auf dem Gelände des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Hauptsitzes der Allgemeinen Deutschen Credit-Anstalt (vorher bis 1871 Georgenhaus) ein Messehotel zu errichten.[8] Konkrete Skizzen für die Bebauung des Areals wurden allerdings erst Ende 1961 öffentlich gemacht,[9] als Architekt zeichnete sich Manfred Böhme aus.[10] Die Arbeiten am zu diesem Zeitpunkt noch Hotel am Hauptbahnhof genannten Bau begannen 1963.[11] Die Fertigstellung war, wie für andere in der Zeit entstandenen Prestige-Neubauten, für das das Jahr 1965 geplant. In jenem Jahr feierte die Stadt Leipzig ihr 800-jähriges Jubiläum (Verleihung des Stadtrechts und somit auch 800 Jahre Leipziger Messe).[12] Die Schlüsselübergabe des nun Hotel Stadt Leipzig genannten Hauses erfolgte am 8. Februar 1965, zwanzig Tage vor Beginn der Leipziger Frühjahrsmesse, einen Tag später öffnete sich das Hotel für die ersten Gäste.[13]

Von 1965 bis 1992 gehörte das Hotel der gehobenen Klasse der Interhotel-Kette an, es besaß zu DDR-Zeiten vier Sterne.[14] 1992 wurde das Haus mit nun auf 350 Zimmern verteilten 385 Betten noch einmal rekonstruiert, die Zahl der Beschäftigten wurde von etwa 320 auf 180 reduziert.[15]

Am 30. September 1994 schloss das Hotel, bereits zuvor fand am 23. des Monats die Grundsteinlegung für das Nachfolgegebäude Forum am Brühl statt.[16] Der Hotelbau wurde anschließend abgerissen, diese Arbeiten zogen sich bis zum Januar 1995 hin. Bereits zuvor fanden an der Ostseite des Hotelgebäudes zwischen August 1993 und April 1994 auf etwa 6.000 Quadratmetern umfangreiche archäologische Ausgrabungen statt.[17] Dabei wurden u. a. drei Massengräber mit fast 100 beigesetzten Personen auf dem Gelände des ehemaligen Georgenhauses entdeckt.[18] Der Gebäudekomplex Forum am Brühl mit Hotel, Büros, Geschäften, Wohnungen und einer Tiefgarage wurde auf dem Areal des Hotels Stadt Leipzig 1996/97 errichtet.[19]

Literatur

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  • Günther Fischer: Steckbrief eines Hotels. In: Treffpunkt Leipzig. Kulturspiegel der Messestadt 3 (1964), Nr. 9, ISSN 0232-4083, S. 17.
  • Joachim Tesch (Hrsg.): Bauen in Leipzig 1945 – 1990. Akteure und Zeitzeugen auf persönlichen Spuren der Leipziger Baugeschichte. 2. Aufl., GNN Verlag Sachsen, Schkeuditz 2003, ISBN 3-89819-159-1 (online auf der Website der Rosa-Luxemburg-Stiftung, abgerufen am 16. Mai 2023).
  • Sebastian Ringel: Wie Leipzigs Innenstadt verschwunden ist. 150 verlorene Bauten aus 150 Jahren. Leipzig 2018, ISBN 978-3-948049-00-3, S. 206.
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Commons: Hotel Stadt Leipzig – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Günther Fischer 1964.
  2. Manfred Böhme: Neues Hotel am Hauptbahnhof. In: Leipziger Volkszeitung Nr. 68 vom 9. März 1963, ISSN 0232-3222, S. 15.
  3. Prächtiger Wandschmuck. In: Leipziger Volkszeitung Nr. 160 vom 13. Juni 1965, S. 7.
  4. Günter Meißner: „Leipzig als Buchstadt“. Zu einem Gobelin im Hotel „Stadt Leipzig“ von Gabriele Meyer-Dennewitz. In: Leipziger Volkszeitung Nr. 180 vom 3. Juli 1965, Beilage In freien Stunden, S. 6.
  5. Mit Profilwandel zum Wohle der Gäste. 20 Jahre Interhotel "Stadt Leipzig". In: Die Union. Tageszeitung für die Region Leipzig. Bezirk Leipzig 40 (1985) vom 31. Januar, ISSN 0232-1939.
  6. Als erstes Hotel übergeben: "Stadt Leipzig". In: Sächsisches Tageblatt. Bezirk Leipzig 20 (1965) vom 9. Februar, ZDB-ID 1138345-8.
  7. Werner Starke: Und auf dem Dach das Wappentier. Heute in dieser Serie: Interhotel "Stadt Leipzig". In: Mitteldeutsche Neueste Nachrichten. Tageszeitung für Sachsen und Sachsen-Anhalt 21 (1973) vom 12. Mai, ZDB-ID 1386595-X.
  8. Walter Lucas: Messehotel wird Wirklichkeit. In: Leipziger Volkszeitung Nr. 111 vom 15. Mai 1956, S. 8.
  9. Wie wird es, das Hotel am Hauptbahnhof?. In: Leipziger Volkszeitung Nr. 357 vom 29. Dezember 1961, S. 12.
  10. Joachim Tesch (Hrsg.) 2003, S. 197.
  11. Hotelneubau 1963 rohbaufertig. In: Leipziger Volkszeitung vom 12. Januar 1963, Nr. 12, S. 12.
  12. Sabine Knopf: „Wir würden uns nur lächerlich machen“. Leipzig und seine Stadtjubiläen. In: Leipziger Blätter 65 (2014), ISSN 0232-7244, S. 54–57, (online auf der Website der Stadt Leipzig unter dem Titel Wirren und Wahrheiten: Stadtjubiläen in der Vergangenheit, abgerufen am 16. Mai 2023).
  13. Neues Hotel „Stadt Leipzig“ übergeben. In: Leipziger Volkszeitung Nr. 40 vom 9. Februar 1965, S. 1.
  14. Anfangs war es schwer. Im Gespräch mit Joachim Bischoff über die Geschichte des Interhotels "Stadt Leipzig". In: Die Union. Tageszeitung für die Region Leipzig. Bezirk Leipzig 40 (1985) vom 9. Februar.
  15. "Stadt Leipzig". In: Leipziger Volkszeitung 97 (1991), Nr. 271 vom 22. November, S. 15.
  16. Tage sind gezählt: Hotel "Stadt Leipzig" wird abgerissen. In. Leipziger Volkszeitung 100 (1994), Nr. 194 vom 20./21. August, S. 15.
  17. Hans Geisler, Gerhard Graf: Die Ausgrabung Leipzig "Hotel Stadt Leipzig". In: Archäologie aktuell im Freistaat Sachsen 2 (1994), ISSN 0947-4803, S. 125–134.
  18. Gerhard Graf: Notbestattungen auf dem Gelände des Georgenhauses in Leipzig und Albert Zink, Franz Parsche, Andreas Nerlich, Peter Betz, Imgard Wiest: Abschlußbericht der anthropologischen/paläopathologischen Untersuchungen zu den Ausgrabungen beim "Hotel Stadt Leipzig". In: Arbeits- und Forschungsberichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege 39 (1997), ISBN 978-3-910-00839-7, S. 204–206, 207–226.
  19. Hans Seidel: Kleine Chronik der Stadt Leipzig 1994. In: Leipziger Kalender 1995, hrsg. von der Stadt Leipzig, Stadtarchiv. Edition Reintzsch, Leipzig 1995, ISBN 3-930846-03-9, S. 36–37.

Koordinaten: 51° 20′ 34,3″ N, 12° 22′ 47,5″ O