Huaxia ist ein historisches Konzept, das die chinesische Nation repräsentiert. Es stammt aus dem gemeinsamen kulturellen Bewusstsein der verschiedenen Konföderationen der Vorfahren der Han vor der Qin-Dynastie und damit vor der Zeit des Chinesischen Kaiserreiches.

Etymologie

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Der früheste authentische Beleg des Huaxia-Konzepts findet sich im Zuo Zhuan, einem historischen Werk und Kommentar, das vor 300 v. Chr. verfasst wurde.[1][2] Im Zuo Zhuan bezieht sich Huaxia auf die zentralen Staaten (中國 zhōngguó) im Tal des Gelben Flusses, die von den Huaxia bewohnt wurden, die ethnisch den Han-Chinesen in vorkaiserlichen Diskursen entsprachen.[3][4]

Nach dem Konfuzianer Kong Yingda stand das Schriftzeichen xià (夏, „erhaben“) für die „Größe“ (大) der zeremoniellen Etikette der zentralen Staaten, während huá (華, „Blume“, „Blüte“) die Schönheit (美) der hanfu-Kleidung bezeichnete, die die Bewohner dieser Staaten trugen.

Geschichte

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Ursprung

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Der Historiker Sima Qian aus der Han-Dynastie berichtet, dass „Xia“ der Name des Staates war, der dem legendären König Yu dem Großen verliehen wurde, und dass Yu diesen Namen als seinen Familiennamen verwendete.[5] In der modernen Historiographie bezieht sich Huaxia auf eine Konföderation von Stämmen, die entlang des Gelben Flusses lebten und die Vorfahren der späteren Han-Volksgruppe in China waren.[6][7] Während der Zeit der Streitenden Reiche (475–221 v. Chr.) entwickelte sich das Selbstbewusstsein der Huaxia-Identität und festigte sich im alten China.[7] Ursprünglich definierte Huaxia eine zivilisierte Gesellschaft, die sich von den als barbarisch angesehenen Völkern um sie herum abhob.[8] Die Huaxia-Identität entstand in der Östlichen Zhou-Dynastie als Reaktion auf die zunehmenden Konflikte mit den Rong- und Di-Völkern, die in die Zhou-Gebiete einwanderten und einige Zhou-Staaten zerstörten.[9]

Moderner Gebrauch

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Die offiziellen chinesischen Namen sowohl der Volksrepublik China (VR China) als auch der Republik China (Taiwan) enthalten den Begriff Huaxia in Kombination mit Zhongguo (中國, 中国, übersetzt als „Reich der Mitte“), und zwar als Zhonghua (中華, 中华).[10] Der offizielle Name der VR China lautet Zhonghua Renmin Gongheguo (中华人民共和国), während der der Republik China Zhonghua Minguo (中華民國) lautet. Der Begriff Zhongguo ist eng mit einem Staat verbunden, während sich Zhonghua vor allem auf Kultur bezieht.[11] Letzterer wird auch als Teil des nationalistischen Begriffs Zhōnghuá Mínzú verwendet, der sich auf eine multiethnische chinesische Nationalität bezieht.

Der Begriff Huaren (華人) für eine chinesische Person ist eine Abkürzung von Huaxia mit ren (人, Person).[12] Huaren wird im Allgemeinen für Menschen chinesischer Abstammung verwendet, im Gegensatz zu Zhongguoren (中國人), das normalerweise (aber nicht immer) Bürger Chinas bezeichnet.[11] Obwohl einige Zhongguoren als Bezeichnung für die chinesische Ethnie verwenden, ist dieser Gebrauch in Taiwan eher unüblich.[11] In Auslandsgemeinschaften von Chinesen, etwa in Singapur oder Malaysia, werden Huaren oder Huaqiao (Überseechinesen) verwendet, da diese Personen keine Bürger Chinas sind.[13][14]

Siehe auch

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Einzelnachweise

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  1. 春秋左氏傳/襄公 - 维基文库,自由的图书馆. Abgerufen am 14. Oktober 2024 (chinesisch).
  2. Jie Shi: Modeling Peace: Royal Tombs and Political Ideology in Early China. Columbia University Press, New York 2020, S. 341–466.
  3. Joseph Esherick: "How the Qing Became China". Empire to Nation: Historical Perspectives on the Making of the Modern World. Rowman & Littlefield, Lanham 2006.
  4. Jie Shi: Modeling Peace: Royal Tombs and Political Ideology in Early China. Columbia University Press, New York 2020, S. 140, 142–466.
  5. 史記/卷002 - 维基文库,自由的图书馆. Abgerufen am 14. Oktober 2024 (chinesisch).
  6. Claudio Cioffi-Revilla, David Lai: War And Politics in Ancient China, 2700 B.C. to 722 B.C.: Measurement and Comparative Analysis. In: Journal of Conflict Resolution. Band 39, Nr. 3, September 1995, ISSN 0022-0027, S. 467–494, doi:10.1177/0022002795039003004 (sagepub.com [abgerufen am 14. Oktober 2024]).
  7. a b Encyclopaedia of the history of science, technology, and medicine in non-western cultures. Kluwer Acad. Publ, Dordrecht 1997, ISBN 978-0-7923-4066-9, S. 197: „Aus dem Englischen übersetzt: "Während der Zeit der Streitenden Reiche (475–221 v. Chr.) entwickelte sich der Feudalismus, und die Huaxia-Nationalität entstand aus den Nationalitäten der Xia, Shang und Zhou in den mittleren und oberen Regionen des Gelben Flusses. Aus den Huaxia ging das Han-Volk hervor."“
  8. Charles Holcombe: A history of East Asia: from the origins of civilization to the twenty-first century. Cambridge University Press, New York 2011, ISBN 978-0-521-51595-5, S. 7.
  9. Xiaolong Wu: Material culture, power, and identity in ancient China. Cambridge University Press, Cambridge New York Port Melbourne 2017, ISBN 978-1-107-13402-7, S. 13–14.
  10. Charles Holcombe: A history of East Asia: from the origins of civilization to the twenty-first century. Cambridge University Press, New York 2011, ISBN 978-0-521-51595-5, S. 7: „Aus dem Englischen übersetzt: "Zhongguo — […] Heute ist Zhongguo wahrscheinlich das chinesische Wort, das am ehesten dem englischen Begriff „China“ entspricht. Dennoch werden sowohl die moderne Volksrepublik China auf dem Festland als auch die Republik China (seit 1949 auf die Insel Taiwan beschränkt) offiziell durch eine hybride Kombination der beiden alten Begriffe Zhongguo und Huaxia bezeichnet: Zhonghua (中華)."“
  11. a b c Hui-Ching Chang, Richard Holt: Language, Politics and Identity in Taiwan: Naming China. Routledge, 2014, ISBN 978-1-135-04635-4 (google.de [abgerufen am 14. Oktober 2024]).
  12. Jesús Solé-Farràs: New Confucianism in twenty-first century China: The construction of a discourse. Routledge, London 2013: „Aus dem Englischen übersetzt: "Huaren (華人), was „chinesische Person“ bedeutet — hua (華) ist die Abkürzung von Huaxia, einem Synonym für Zhongguo (中國, China), und ren (人) bedeutet „Person“.“
  13. Sheng Lijun: China and Taiwan: Cross-strait Relations Under Chen Shui-bian. Institute of Southeast Asian Studies, 2002, ISBN 978-981-230-110-9, S. 53.
  14. Karl Hack, Kevin Blackburn: War Memory and the Making of Modern Malaysia and Singapore. NUS Press, 2012, ISBN 978-9971-69-599-6 (google.de [abgerufen am 14. Oktober 2024]).