Informationskrieg
Der Begriff Informationskrieg, kurz Infokrieg (englisch infowar oder information warfare) beschreibt moderne Konflikte, bei denen Informationen als primäres Mittel zur Erreichung strategischer Ziele eingesetzt werden. Im Kontext aktueller geopolitischer Spannungen hat sich der Informationskrieg als ein zentrales Element entwickelt, das weit über traditionelle militärische Auseinandersetzungen hinausgeht. Dazu werden Medien gezielt mit manipulierten Informationen, Fake News, Desinformation und Propaganda gefüttert, um so die öffentliche Meinung zu beeinflussen, die Entscheidungsfindung zu stören und die Gegner zu destabilisieren. Informationskrieg ist heute ein komplexes und vielseitiges Phänomen, das eine breite Palette von Aktivitäten umfasst, von Cyberangriffen bis hin zu psychologischen Operationen, und eine erhebliche Herausforderung für Staaten, Gesellschaften und Individuen darstellt.
Hybride Bedrohungen
BearbeitenDer Informationskrieg ist eine Form des Cyberkrieges, in dem es um die gesteuerte Ausnutzung manipulierter Informationen und um deren Verbreitung zum eigenen Vorteil geht. Mit einer Kommunikationsstrategie, die Desinformation mit Halbwahrheiten und Verschwörungserzählungen vereint, soll die öffentliche Meinung beeinflusst werden.[1][2] Mit populistischer Verzerrung der Realität und Diffamierung soll das Vertrauen in die freiheitlichen Demokratien zersetzt werden.[3][4] Den Akteuren geht es darum, Hass, Gewalt, Ausgrenzung und Grausamkeit, also für den gesellschaftlichen Zusammenhalt negative Stimmungen in den alltäglichen Diskurs zu bringen. Dabei werden in den sozialen Medien gezielt sogenannte Social Bots und Künstliche Intelligenz eingesetzt.[5][6][7][8] Mit Hilfe ausgefeilter PR-Kampagnen werden Medien und Öffentlichkeit möglichst umfangreich und weitreichend infiltriert. Illiberale Regimes, aber auch politische Demagogen brauchen abweichende Meinungen nicht mittels Zensur zum Schweigen zu bringen, wenn es ihnen gelingt, mit Propaganda und Desinformation die Öffentlichkeit zu stören und zu verwirren.[9] Die Regierung Russlands spielt in diesem Zusammenhang schon lange eine herausragende Rolle als international agierender, destruktiver Störenfried.[10] Russische Staatsmedien treffen bei rechts- sowie linksaußen stehenden Anhängern von Verschwörungsmythen auf eine bereitwillige Zuhörerschaft. Die russische Propaganda hat zum Ziel, die gesellschaftliche Spaltung hinsichtlich Migration, Klimawandel, Genderthemen und Gesundheitspolitik (COVID-19) zu verstärken und unbegründete Zweifel an demokratischen Institutionen zu streuen.[11]
Ferner werden Methoden der elektronischen Kampfführung, die dazu dienen, „feindliche“ Kommunikations- und Führungseinrichtungen auszuschalten und zu sabotieren, als Infowar bezeichnet. Dazu gehören z. B. Angriffe auf Computernetzwerke, Softwaremanipulation, Manipulation wirtschaftlicher Daten sowie Cyber-Spionage.[1][2] Auch die Zerstörung von Anlagen für Fernseh- und Radiosendungen, die Nutzung fremder Fernseh- und Radiostationen für die Ausstrahlung eigener Informationen oder die Zerstörung der Kommunikationslogistik sind Ziele des Informationskriegs. Dabei wird immer Informationsüberlegenheit und Informationsdominanz angestrebt.
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Sandro Gaycken: Cyberwar – Das Internet als Kriegsschauplatz, Open Source Press, November 2010, ISBN 978-3-941841-23-9
- Lawrence T. Greenberg et al.: Information Warfare and International Law. National Defense University Press, 1998. – PDF, 59 S., 323 kB
- Christian Stelter: Gewaltanwendung unter und neben der UN-Charta, Verlag Duncker und Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-12547-0.
Zeitschriftenartikel
- William M. Darley: Clausewitz's Theory of War and Information Operations. In: Joint Force Quarterly, Januar 2006. – PDF, 7 S., 723 kB
Weblinks
Bearbeiten- Reinhard Wolff: Heer, Luftwaffe, Marine – Medien? (taz, 31. Dezember 2002)
- Dirk Eckert: Von Cyber-War zu Infowar (2000)
- Ralf Bendrath: Postmoderne Kriegsdiskurse. Die Informationsrevolution und ihre Rezeption im strategischen Denken der USA. Telepolis, 13. Dezember 1999
- Christian Meurers: Der Informationskrieg im 21. Jahrhundert und seine Auswirkungen auf die Militärdoktrinen der USA (2008)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Lance Y. Hunter et al.: Artificial intelligence and information warfare in major power states: how the US, China, and Russia are using artificial intelligence in their information warfare and influence operations. In: Defense & Security Analysis, Band 40/2, S. 235–269, 2024.
- ↑ a b Olivier Minkwitz: Ohne Hemmungen in den Krieg? Cyberwar und die Folgen Peace Research Institute Frankfurt 2003.
- ↑ Annegret Bendiek, Raphael Bossong: Hybride Bedrohungen: Vom Strategischen Kompass zur Nationalen Sicherheitsstrategie. In: Stiftung Wissenschaft und Politik Aktuell, 2022/A40 vom 23. Juni.2022.
- ↑ Jessika Aro: Desinformation als Waffe. Über einen Krieg, den Russland seit Jahren führt. In: Bundeszentrale für politische Bildung, Aus Politik und Zeitgeschichte, vom 8. Juli 2022.
- ↑ D. Geissler, D. Bär, N. Pröllochs et al.: Russian propaganda on social media during the 2022 invasion of Ukraine. In: EPJ Data Sci. 12, 35 (2023).
- ↑ Wulf Rohwedder: Der Krieg in den Netzen. auf tagesschau.de, vom 22. Februar 2024.
- ↑ Veronika Datzer, Paula Köhler: Unterstützung für Russland in den Sozialen Medien: Der Informationskrieg ist nicht gewonnen. Tagesspiegel vom 8. April 2022.
- ↑ Frank Seibert: Social Bots im Netz, Die Meinungsmaschinen sind unter uns. In: Bayerischer Rundfunk. 21. Januar 2015, archiviert vom am 6. August 2019 .
- ↑ McKay Coppins: In der Welt der Lügen, republik.ch, 19. März 2020
- ↑ Jessika Aro: Putins Armee der Trolle. Der Informationskrieg des Kreml gegen die demokratische Welt. Bonn 21. Februar 2023, ISBN 978-3-7425-0971-0.
- ↑ Two Years On: An Analysis of Russian State and Pro-Kremlin Information Warfare in the Context of the Invasion of Ukraine. In: Institute for Strategic Dialogue (ISD) 23. Februar 2024.