Inge Morath
Ingeborg „Inge“ Morath (* 27. Mai 1923 in Graz; † 30. Jänner 2002 in New York City) war eine österreichische Fotografin.
Leben und Wirken
BearbeitenDie Tochter des Naturwissenschaftlers Edgar Mörath und der Mathilde Wiesler zog mit ihren Eltern in den 1930er Jahren, bedingt durch deren Berufstätigkeit, zunächst nach Darmstadt und später nach Berlin. Bevor sie dort zum Studium der Romanistik und Sprachwissenschaften zugelassen wurde, leistete sie einen einjährigen sozialen Einsatz an einem Kindergarten in einem Berliner Arbeiterbezirk. Morath konnte gerade noch ihr Staatsexamen ablegen, bevor sie für einen „kriegswichtigen“ Betrieb in Berlin-Tempelhof arbeitsverpflichtet wurde. Infolge eines Bombenangriffs auf den Betrieb schloss sich Morath einem Flüchtlingszug nach Österreich an, wo sie unter Mühen ihr Elternhaus wiederfand.[1][2] Sie arbeitete zunächst als Journalistin in Salzburg, wo seit 2008 auch ein Platz nach ihr benannt ist, sowie danach in Wien.[3] Unterstützt vom Fotografen Ernst Haas konnte sie 1949 nach Paris übersiedeln, wo sie für die Fotoagentur Magnum Texte erstellte. Dort lernte Morath die Faszination der Fotografie kennen. 1951 beschloss sie ihre Fotografie-Ausbildung in London mit einem Praktikum bei Simon Guttmann.
Ab 1953 arbeitete sie für Magnum, außerdem für Zeitschriften wie Vogue und Paris Match. Schon bald wurde sie auch selbstständig tätig. Ausstellungen in vielen bedeutenden Museen und Galerien belegen ihre weltweite Bedeutung. Morath war die erste Frau, die in den legendären und bis dahin rein männlichen Kreis der Fotoagentur Magnum aufgenommen wurde.[4]
Morath reiste viel und lebte zeitweilig in New York City. Um die Rolle ihres favorisierten Mentors wetteiferten Henri Cartier-Bresson und Gjon Mili.[5] Von 1962 bis zu ihrem Tod war sie mit dem Schriftsteller Arthur Miller verheiratet, den sie bei den Dreharbeiten zum Film Misfits mit dessen damaliger Ehefrau Marilyn Monroe kennengelernt hatte. Auch mit Miller unternahm sie etliche Reisen, die zu immer neuen Büchern mit ihren Fotos führten. Daneben entstanden zahlreiche Auftragsarbeiten für Agenturen, Zeitschriften und Verlage. Ihre gemeinsame Tochter Rebecca Miller (* 1962) ist Malerin, Drehbuch-Autorin und Film-Regisseurin. Der Sohn Daniel (* 1966) wurde mit Down-Syndrom geboren, was das Ehepaar geheim hielt.[6]
Werke (Auswahl)
BearbeitenBücher als Alleinautorin
Bearbeiten- De La Perse A L'Iran, Delpire 1980
- Der liebe Augustin – Photos aus Wien, Luzern 1981
- Portraits, New York 1986
- Photographs 1952–92, 1992
- Donau, 1995
- Arthur Miller, Mailand 1999
- Regensburg, Regensburg 2000
- Saul Steinberg, New York 2000
- Reno, Steidl Verlag, Göttingen 2006
- Iran, Steidl Verlag, Göttingen 2009
Bücher gemeinsam mit anderen Autoren/Fotografen
Bearbeiten- Guerre à la tristesse (mit Dominque Aubier, herausgegeben von Robert Delpire), Paris 1955
- Persien (Text von Edouard Sablier), Zürich 1960
- In Russland (mit Arthur Miller), Luzern/Frankfurt 1974
- Salzburg - An Artist's View (mit Othmar Thormann und Verena von Gagern), 1991, Salzburg: Edition Fotohof im Otto Müller Verlag.
- Women to Women (mit Eve Arnold), Tokyo 1996
- Spanien in den fünfziger Jahren (herausgegeben von Batuz Foundation Sachsen), Altzella 2000
- New York (herausgegeben von Kurt Kaindl), Salzburg 2002
- Durch Österreich, gemeinsam mit Karl-Markus Gauß, Salzburg: FOTOHOF edition, 2005
- Weiterhin veröffentlichte sie zahlreiche Beiträge in Anthologien, Sammelbänden und Ausstellungskatalogen.
Ausstellungen (Auswahl)
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Filme
Bearbeiten- Sabine Eckhard: Copyright by Inge Morath. 1991 (ein Portrait über Inge Morath)
- Regina Strassegger (Regie): Grenz.Räume – Inge Morath – Letzte Reise. Dokumentation, Österreich, 2003, 90 Min. Interview mit Regina Strassegger bei 3sat. (Stark autobiographisch; Kommentare im Film von Arthur Miller)
Die Filmemacherin Strassegger hat über Morath eine Filmdokumentation (Inge Moraths letzte Reise – in Deutsch, Englisch und Slowenisch) produziert. In dieser Dokumentation wird das Leben der Fotografin von den Wurzeln in Slowenien bis zu ihrem Tod dargestellt. Inge Morath verstarb während der Dreharbeiten.
Auszeichnungen
Bearbeiten- Österreichischer Staatspreis für Fotografie 1991
- Ehrendoktor der University of Connecticut
- Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold
Ehrungen
Bearbeiten2010 wurde in Wien-Meidling (12. Bezirk) die Morathgasse nach der Fotografin benannt. Auch in ihrer Geburtsstadt Graz gibt es (vorgeschlagen im Jänner 2003,[11] spätestens seit April 2012) im Stadtteil Andritz eine Inge-Morath-Straße. Im Salzburger Stadtteil Lehen gibt es seit 2011 einen Inge-Morath-Platz. Seit Februar 2012 ist dort der Fotohof ansässig, der seit Gründung Anfang der 1980er Jahre einige Publikationen und Ausstellungen[12] mit Inge Morath machte.[13]
Anlässlich ihres 100. Geburtstags eröffneten Ausstellungen in München (2022), Salzburg (2023) und Monschau (2023) und erschien eine Sondermarke der Österreichischen Post (24. Mai 2023).[14]
Inge-Morath-Preise
Bearbeiten- Inge Morath Award: Ein Förderpreis für Fotografinnen unter 30 Jahren. Er wird seit ihrem Tod 2002 jährlich von Magnum Photos zu Ehren von Inge Morath vergeben.[15][16]
- Inge-Morath-Preis für Wissenschaftspublizistik des Landes Steiermark.[17]
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Inge Morath im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Inge Morath bei IMDb
- The Inge Morath Foundation (englisch)
- Kurzbiographie
- Nekrolog in: Frankfurter Allgemeine Zeitung
- Radio-Porträt über Inge Morath in der Ö1-Sendereihe Chronisten, Reporter, Aufklärer aus dem Jahr 2002.
- Inge Morath In: magnumphotos.com (englisch)
- Evelyn Vogel: It-Girl in New York. In: Süddeutsche Zeitung. 30. Dezember 2022, abgerufen am 21. Januar 2023.
Sekundärliteratur
Bearbeiten- 2023: Kurt Kaindl, Nach der Arbeit. Im Haus von Inge Morath. mit einem Text von Karl-Markus Gauß. Salzburg: FOTOHOF EDITION 2023, ISBN 978-3-903334-59-5
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Arthur Miller: Zeitkurven, deutsche Ausgabe Frankfurt/Main 1989, Seite 663
- ↑ Linda Gordon: Inge Morath: Magnum Legacy - An Illustrated Biography, englische Ausgabe, Magnum Foundation/Prestel 2018, Seite 16
- ↑ Kurt Kaindl: Inge Morath: Biographie einer Fotografin. In: Inge Morath - Fotografien 1952–1992. Salzburg: Edition Fotohof im Otto Müller Verlag, S. 8.
- ↑ La vita, la fotografia - Inge Morath | Casa dei Carraresi | Treviso. Abgerufen am 17. März 2019.
- ↑ Miller, Zeitkurven, Seite 649.
- ↑ Zeitfallen | NZZ. In: Neue Zürcher Zeitung. 11. September 2007, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 25. Februar 2018]).
- ↑ Werk der Magnum-Fotografin: Inge Morath. Abgerufen am 20. Dezember 2018. , Das Verborgene Museum (26. April – 26. August 2018)
- ↑ Evelyn Vogel: Fotografin Inge Morath : It-Girl in New York sueddeutsche.de, 30. Dezember 2022, abgerufen am 30. Mai 2023.
- ↑ Kunstfoyer: Inge Morath : Homage versicherungskammer-kulturstiftung.de, 21. Dezember 2022, abgerufen am 30. Mai 2023.
- ↑ Morath-Ausstellungen in Salzburg orf.at, 29. Mai 2023, abgerufen am 30. Mai 2023.
- ↑ Colette M. Schmidt: Auf den Spuren der Grazer "Superfrauen" 12./21. Januar 2003, abgerufen am 30. Mai 2023. Vgl. woment.mur.at .
- ↑ Künstlerseite von Inge Morath auf der Fotohof Homepage
- ↑ Fotohof Salzburg, abgerufen am 2. März 2012.
- ↑ 100. Geburtstag Inge Morath Post AG, 24. Mai 2023, Ersttag 10. Juni 2023, abgerufen am 30. Mai 2023.
- ↑ Archivlink ( vom 14. Januar 2016 im Internet Archive)
- ↑ Archivlink ( vom 7. Februar 2011 im Internet Archive)
- ↑ Land Steiermark ( vom 29. Januar 2010 im Internet Archive) Übersicht zum Inge-Morath-Preis für Wissenschaftspublizistik mit den Preisträgern von 2006 bis 2008.
Personendaten | |
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NAME | Morath, Inge |
ALTERNATIVNAMEN | Morath, Ingeborg (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | österreichische Fotografin |
GEBURTSDATUM | 27. Mai 1923 |
GEBURTSORT | Graz |
STERBEDATUM | 30. Januar 2002 |
STERBEORT | New York City |