Isabelle Huppert

französische Schauspielerin

Isabelle Anne Huppert (* 16. März 1953 in Paris) ist eine französische Theater- und Filmschauspielerin, die im Laufe ihrer Karriere mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde. Sie etablierte sich seit den 1970er-Jahren als Star des französischen Kinos und trat zudem in zahlreichen internationalen Filmproduktionen auf.

Isabelle Huppert bei der Berlinale 2024
Isabelle Huppert bei den Filmfestspielen von Cannes 2018

Privatleben

Bearbeiten

Huppert kam 1953 als Tochter des Sicherheitsingenieurs Raymond Huppert und der Englischlehrerin Annick Huppert in Paris zur Welt.[1] Sie hat drei Schwestern, Caroline Huppert (Regisseurin), Jacqueline und Elisabeth (Schauspielerin), und einen Bruder, Rémi.[2]

Seit 1982 ist sie mit dem libanesischen Produzenten und Regisseur Ronald Chammah (* 1951)[3][4] verheiratet. Das Ehepaar hat drei Kinder. Ihre Tochter, Lolita Chammah (* 1983), ist ebenfalls Schauspielerin und spielte in Copacabana (2010) Hupperts Filmtochter.[5] Ihr jüngster Sohn wurde 1997 geboren.[6] Huppert lebt in Paris.[7]

Leben und Karriere

Bearbeiten
 
Huppert mit Paul Verhoeven in Cannes 2016

Im Jahr 1971 gab Huppert ihr Filmdebüt in Faustine et le bel été unter der Regie von Nina Companéez. Zu den frühen Höhepunkten ihrer Filmkarriere zählen Die Ausgebufften, Der Richter und der Mörder und Die Spitzenklöpplerin. Spätere Filme festigten ihren Ruf als Darstellerin tiefgründiger Charaktere, deren zerbrechliche Erscheinung mit ihrer Willensstärke kontrastiert, so z. B. Die Kameliendame (1981). Sie drehte häufig mit dem Regisseur Claude Chabrol, mit dem sie ein tiefgehendes künstlerisches Verständnis verband.[8] Mehrfach arbeitete sie auch mit dem österreichischen Regisseur Michael Haneke. In dessen Film Die Klavierspielerin (2001) spielte sie die Rolle der Erika Kohut, für die sie bei den Filmfestspielen in Cannes als beste Schauspielerin ausgezeichnet wurde.

Im Jahr 1980 nahm sie ein Angebot aus Hollywood an; Michael Ciminos Spätwestern Heaven’s Gate geriet jedoch zu einem der größten Flops der Filmgeschichte. Amerikanische Filme blieben in Hupperts Filmografie die Ausnahme. Sie drehte 1987 noch Das Schlafzimmerfenster, 1994 Amateur von Hal Hartley und 2004 I Heart Huckabees.

Im Mai 2009 übernahm Huppert bei den 62. Internationalen Filmfestspielen von Cannes das Amt der Jurypräsidentin. Mit dem Hauptpreis der Goldenen Palme wurde in diesem Jahr der Beitrag Das weiße Band von Michael Haneke ausgezeichnet.[9] Bereits bei den Filmfestspielen von 1984 war sie unter der Leitung des britischen Schauspielers Dirk Bogarde neben Michel Deville und Stanley Donen Mitglied der Wettbewerbsjury in Cannes.

Einer von Hupperts bislang größten künstlerischen Erfolgen war die Mitwirkung in Paul Verhoevens Erotikthriller Elle (2016). Für ihre Rolle als Tochter eines Massenmörders, die selbst Opfer einer Vergewaltigung wird, wurde sie mit einer Vielzahl an Preisen ausgezeichnet, darunter ihr zweiter César, ein Golden Globe Award und ihre bisher einzige Oscar-Nominierung. Im gleichen Jahr spielte sie die Hauptrolle in dem Filmdrama Ein Chanson für Dich (2016), das am 6. Juli 2017 in die deutschen Kinos kam. 2018 hatte sie in dem Thriller Eva die Titelrolle inne.

 
Huppert bei einer Aufführung von Quartett im Odéon – Théâtre de l’Europe

Bereits im Alter von vierzehn Jahren nahm Huppert am Conservatoire à rayonnement régional de Versailles Schauspielunterricht, dem Kurse bei Jean-Laurent Cochet folgten. Parallel zu ihrer Filmarbeit trat Huppert immer wieder erfolgreich als Theaterschauspielerin in Erscheinung. Auf französischen und europäischen Bühnen übernahm sie in französischsprachigen Aufführungen sowohl Hauptrollen in klassischen Stücken wie Shakespeares Komödie Maß für Maß (Paris, 1991) und Schillers Maria Stuart (London, 1996) als auch in zeitgenössischen Stoffen wie Sarah Kanes 4.48 Psychose (Paris, 2002; Berlin, 2005), Heiner Müllers Quartett (Paris und Berlin, 2006), Yasmina Rezas Der Gott des Gemetzels (2008) oder Krzysztof Warlikowskis Un Tramway (Paris und Berlin, 2010).

Für die Titelrollen in Un mois à la campagne, Virginia Woolfs Orlando, EuripidesMedea und Ibsens Hedda Gabler wurde sie insgesamt fünfmal für den Molière in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin nominiert. Im Jahr 2017 wurde sie mit dem Europäischen Theaterpreis ausgezeichnet.[10] Nach Orlando (1993) trat Huppert im Jahr 2019 zum zweiten Mal in einem von Robert Wilson inszenierten Monolog auf: als Maria Stuart in Darryl Pinckneys Mary Said What She Said. Nach seiner Premiere am 22. Mai 2019 im Espace Cardin des Pariser Théâtre de la Ville gastierte das Stück an mehreren europäischen Bühnen, unter anderem bei den Wiener Festwochen und im Hamburger Thalia Theater.

Im Sommer 2021 war sie beim Festival von Avignon in der Rolle der Ljubow in Tschechows Der Kirschgarten zu sehen.[11] Dieser Arbeit – Ankunft in Avignon, letzte Phase des Rollenstudiums, Reflexionen über die Schauspielkunst – ist eine Dokumentation von Benoît Jacquot gewidmet – sein Film Par cœurs,[12] in dem er parallel und in ähnlichem Aufbau auch Fabrice Luchinis damalige Lesung in Avignon dokumentiert.

Als Sängerin zeichnete Huppert gemeinsam mit Jean-Louis Murat für den Liederzyklus Madame Deshoulières (2001) verantwortlich. Ein Jahr danach übernahm sie einen Gesangspart in dem Film 8 Frauen (2002).

Kuratorin

Bearbeiten

Huppert ist zudem als Kuratorin tätig, so etwa für eine Robert-Mapplethorpe-Ausstellung in Salzburg und die Fotomesse Paris Photo 2014.[13][14]

Seit 2022 modelt Huppert für die Modemarke Balenciaga. 2023 wurde sie im Alter von 70 Jahren zum Brand-Ambassador ernannt.[15][16]

Filmografie

Bearbeiten

Auszeichnungen

Bearbeiten

Huppert gewann zahlreiche Preise, darunter 1996 den César für die beste Darstellerin für ihre Rolle der Jeanne im Film Biester von Claude Chabrol. Darüber hinaus wurde sie 13 weitere Male für den César nominiert. Zweimal wurde sie als beste Darstellerin bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes ausgezeichnet, 1978 für Chabrols Violette Nozière und 2001 für Die Klavierspielerin, nach dem gleichnamigen Roman von Elfriede Jelinek. 2002 erhielt sie zusammen mit ihren sieben Partnerinnen einen Silbernen Bären bei der Berlinale für die Krimikomödie 8 Frauen. Im November 2011 erhielt die Schauspielerin den mit 10.000 Euro dotierten Darstellerpreis „Die Europa“ des Internationalen Filmfests Braunschweig. Für das Jahr 2022 ist ihr der Goldene Ehrenbär der Berlinale zuerkannt worden.[17]

 
Huppert in Karlsbad, 2009
 
Huppert bei der César-Verleihung 2017
  • 1988: Auszeichnung als Beste Darstellerin für Eine Frauensache
  • 1995: Auszeichnung als Beste Darstellerin für Biester
  • 2017: Auszeichnung als Beste Hauptdarstellerin – Drama für Elle
  • 1978: Auszeichnung als Beste Darstellerin für Violette Nozière
  • 2001: Auszeichnung als Beste Darstellerin für Die Klavierspielerin
  • 1989: Nominierung als Beste Hauptdarstellerin für Un mois à la campagne
  • 1994: Nominierung als Beste Hauptdarstellerin für Orlando
  • 1995: Nominierung als Beste Hauptdarstellerin für Orlando
  • 2001: Nominierung als Beste Hauptdarstellerin für Medée
  • 2005: Nominierung als Beste Hauptdarstellerin für Hedda Gabler
  • 2017: Nominierung als Beste Hauptdarstellerin für Elle

Literatur

Bearbeiten
Bearbeiten
Commons: Isabelle Huppert – Sammlung von Bildern und Videos
Interviews

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Naomi Pfefferman: Isabelle Huppert uncovers the true strength of her characters. Jewish Journal, 17. Februar 2017
  2. 2022 | Homage - Isabelle Huppert. Webseiten der Berlinale (abgerufen am 19. August 2024)
  3. EN IMAGES - Couples mythiques : Isabelle Huppert et Ronald Chammah, l’amour secret. Yahoo Life France, 16. März 2021
  4. Prisma Média: Ronald Chammah - La biographie de Ronald Chammah avec Gala.fr. Abgerufen am 4. Januar 2024 (französisch).
  5. Matthias Greuling: Es bleibt in der Familie. In: Wiener Zeitung, 28. Juni 2012.
  6. Gabriela Herpell: Isabelle Huppert: Die Schauspielerin im Interview. 9. September 2013, abgerufen am 4. Januar 2024.
  7. Christiane Peitz: Isabelle Huppert zum 70.: Diese lauernde Intensität. Tagesspiegel, 16. März 2023
  8. Badische Zeitung: Zum Tod von Claude Chabrol - der scharfsichtige Kritiker. 13. September 2010, abgerufen am 4. Januar 2024.
  9. Dirk Knipphals: Porträt Isabelle Huppert: Jurypräsidentin mit Ausdruckskraft. In: Die Tageszeitung: taz. 2. Januar 2009, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 4. Januar 2024]).
  10. a b Vgl. Europäischer Theaterpreis an Isabelle Huppert und Jeremy Irons auf derStandard.at, 27. Oktober 2017.
  11. Archivseite des Festivals von Avignon zur Inszenierung von Der Kirschgarten (La Cerisaie; französisch; abgerufen am 22. August 2024).
  12. Les Films du Losange: Par coeurs de Benoit Jacquot - Bande-annonce officielle auf YouTube, abgerufen am 22. August 2024 (französisch).
  13. Vgl. „Kulturmontag“: 70. Filmfestspiele von Venedig, Isabelle Huppert als Kuratorin und Aliens bei der Ars Electronica (Memento vom 29. November 2014 im Internet Archive) auf programm.orf.at, 2. September 2013.
  14. Salzburger Nachrichten: Filmstar Isabelle Huppert als Kuratorin in Salzburg. 31. August 2013, abgerufen am 4. Januar 2024.
  15. Desireé Oostland: Schauspiel-Ikone Isabelle Huppert wird mit 69 Jahren Balenciaga-Model. 27. November 2022, abgerufen am 17. Oktober 2023 (deutsch).
  16. Sarah Maisey: Why Balenciaga naming 70-year-old Isabelle Huppert as brand ambassador matters. 3. August 2023, abgerufen am 17. Oktober 2023 (englisch).
  17. Hommage und Goldener Ehrenbär für Isabelle Huppert bei der Berlinale 2022. In: berlinale.de, 16. Dezember 2021 (abgerufen am 16. Dezember 2021).