Israel Alter (auch: Yisraʾel Alter)[1] (* 23. September 1901[2] in Lemberg (Galizien), Österreich-Ungarn, heute Ukraine; † 16. November 1979 in New York City)[3] war ein Chasan[1] und letzter Oberkantor in Hannover.[4] Er galt als „der Erste der Chasanim, der Kantor der Kantoren“.[5]

Schallplatte von Israel Alter (Berlin 1929)

Israel Alter war der Sohn des Kaufmanns Abraham Juda Alter und seiner Frau Frajda Alter, geborene Klein. Er hatte einen Bruder, der ebenfalls Kantor wurde.[3] Israel heiratete Anna Brenner (* 1901), mit der er die Kinder Eleasar (* 1923) und Klara (* 1926) hatte.

Werdegang

Bearbeiten

Über die Kindheit Israel Alters ist kaum etwas bekannt.[3] Nach Talmud-Studien schon in Lemberg[5] und Beendigung seiner Regelschule besuchte Israel Alter in Wien eine Handelsschule und legte dort 1919 eine Prüfung in verschiedenen Fächern ab. An der Wiener Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst nahm er von 1921 bis 1923 Unterricht in den Fächern „Gesang, Chorgesang, Sprech- und Vortragsübung, Mimik und Tanz, Fechten, Klavier, allgemeine Musiklehre und Italienisch“. Zusätzlich wurde Alter bei Jizchak Zwi Halprin, dem Kantor der Hauptsynagoge von Lemberg, in Kantorengesang unterrichtet, so dass Alter sowohl eine klassische sowie kantorale Gesangsausbildung erhielt. Noch während seiner Studien an der Wiener Staatsakademie erhielt Alter mit nur 20 Jahren in Wien seine erste Stelle als Kantor in der Vereinssynagoge Brigittenauer Tempel als Nachfolger von Josef Basser. Im selben Jahr 1921 heiratete Israel seine Frau Anna Brenner.[3]

In Deutschland zur Zeit der Weimarer Republik bewarb sich Israel Alter 1925 auf die Stelle als Oberkantor an der Neuen Synagoge in Hannover, für die er zum 1. Juni 1925 eingestellt wurde.[3] Nebenher hatte er „zahlreiche Auftritte in Synagogen und Konzerthäusern in Europa“,[5] darunter immer wieder auch in Polen,[3] bevor er 1929 und 1930 durch die Vereinigten Staaten tourte und dort,[5] gemeinsam mit dem aus Hannover stammenden Pianisten John Mandelbrod,[3] unter anderem seine ersten beiden Konzerte in der Carnegie Hall gab.[5] Aus dieser Zeit haben sich zahlreiche Presse-Resonanzen erhalten.[3]

Nach der Machtergreifung 1933 durch die Nationalsozialisten und die nach dem Antisemitismus dann auch in Hannover staatlich organisierte Entrechtung und Gewaltherrschaft insbesondere auch gegen Juden[6] emigrierte Israel Alter 1935 anfangs nach Südafrika. Dort wurde er an der größten Synagoge Johannesburgs tätig, der Synagoge der United Hebrew Congregation. 1961 schließlich wanderte Alter in die USA aus,[5] um in New York als Kantor zu arbeiten.[7]

Nachlass

Bearbeiten
 
Zwei Freunde in der Villa Seligmann: Andor Izsák (links) und Benjamin Z. Maissner mit dem Faksimile von Israel Alter Srapbook

Im Nachlass von Israel Alter fanden sich unter anderem ein Album mit selbst gesammelten Konzert-Kritiken in verschiedenen Sprachen (siehe im Abschnitt Literatur) sowie historische Aufnahmen von Gesängen Alters auf rund 40 Schellackplatten ab etwa 1930, darunter eine für liturgische Handlungen „eigentlich nicht statthafte“ Aufnahme eines „Seelengebets für die gefallenen Soldaten des Ersten Weltkriegs“. Nachdem 1979 zunächst die Tochter Israel Alters in Tel Aviv die Platten geerbt hatte, gelangten sie in den Besitz des in Toronto tätigen Kantors Benjamin Z. Maissner, einem Neffen Alters. Nach anfänglichen Überlegungen, die originalen Schellackplatten der Hebrew University in Jerusalem zu überlassen, entschied sich Maissner für eine Übergabe an Professor Andor Izsák, den Direktor des Europäischen Zentrums für jüdische Musik, in Hannover. Die Platten sollen nun „ihren Platz dort haben, wo sie entstanden sind.“[7]

Ausstellungen

Bearbeiten
 
Oberbürgermeister Stefan Schostok zur Ausstellungseröffnung 2013 in der Villa Seligmann

2013 präsentierte die Villa Seligmann in Hannover im Rahmen der Herbsttage der jüdischen Musik 2013 die Ausstellung Israel Alter. Der letzte Oberkantor in Hannover.[8]

Das Europäische Zentrum für jüdische Musik hat die auf Schellackplatten gesammelten Werke Israel Alters in einer dreiteiligen Edition Cantor Israel Alter neu auf CD veröffentlicht:[5]

  • Vol. 1 Liturgische Gesänge,
  • Vol. 2 Jiddische Lieder und
  • Vol. 3 Opernarien und Lieder.[5]

Literatur

Bearbeiten
  • Andor Izsák: Die gewaltsam beendete Epoche synanogaler Musik in Niedersachsen, in Hinrich Bergmeier, Günter Katzenberger (Hrsg.): Kulturaustreibung. Die Einflussnahme des Nationalsozialismus auf Kunst und Kultur in Niedersachsen, Dokumentation zur gleichnamigen Ausstellung der Hannoverschen Gesellschaft für Neue Musik in Zusammenarbeit mit dem Sprengel-Museum Hannover und dem Niedersächsischen Landesmuseum Hannover im Forum des Landesmuseums vom 7. September bis 28. Oktober 1993, Hamburg: Dölling und Galitz, 1993, ISBN 978-3-926174-70-3 und ISBN 3-926174-70-6, S. 134f.
  • Andor Izsák (Hrsg.): Israel Alter - Scrapbook (in englischer, deutscher und hebräischer Sprache), 1. Ausgabe 2013, Georg Olms, Hildesheim 2013, ISBN 978-3-487-15073-4.
  • Simon Benne: Zentrum für jüdische Musik / Schallplatten kehren nach Hannover zurück. In: Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. 26. Juni 2012, zuletzt abgerufen am 10. November 2013
  • Henning Queren: Israel Alter - der Sänger aus Hannovers Synagoge / Das Europäische Zentrum für Jüdische Musik erinnert an den legendären Kantor und die Reichspogromnacht vor 75 Jahren. In: Neue Presse. 7. November 2013, S. 19.
  • Horst Weber, Stefan Drees (Hrsg./Ed.:): Israel Alter Collection. In: Quellen zur Geschichte emigrierter Musiker. 1933 - 1950 (= Sources relating to the history of emigré musicians), 2. New York, Saur, München 2005, ISBN 3-598-23747-2, S. 172; online über Google-Bücher

Siehe auch

Bearbeiten
Bearbeiten
Commons: Israel Alter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b Vergleiche die GND-Nummer der Deutschen Nationalbibliothek
  2. handschriftliche Notiz von Benjamin Z. Maissner vom 10. November 2013 mit Hinweis auf den Geburtstag Alters am Feiertag Yom Kippur im Jahr 1901; vergleiche den Hebrew calendar für 1901 hier
  3. a b c d e f g h Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen (Hrsg.), Sophie Fetthauer (Mitarb.): Israel Alter (siehe im Abschnitt Weblinks)
  4. Faltblatt zur Ausstellungseröffnung Israel Alter. Der letzte Oberkantor in Hannover in der Villa Seligmann am 10. November 2013.
  5. a b c d e f g h Andor Izsák: Edition Cantor Israel Alter (siehe im Abschnitt Weblinks)
  6. Peter Schulze: Juden. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 326ff.
  7. a b Simon Benne: Zentrum für jüdische Musik / Schallplatten ... (siehe Literatur)
  8. Faltblatt der Villa Seligmann (mit Text von Andor Izsák): Herbsttage der jüdischen Musik 2013. Hannover 2013.