Albrecht (Jüngerer Titurel)

mittelhochdeutscher Dichter
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Albrecht (geboren vor 1270; gestorben nach 1270) war ein mittelhochdeutscher Dichter. Er ist Autor des sogenannten Jüngeren Titurel (entstanden um 1260–75), einer Ergänzung und Fortsetzung der Titurel-Fragmente Wolframs von Eschenbach.

Nur in einem einzigen, in der Universitätsbibliothek Heidelberg aufbewahrten Handschriftenfragment (Signatur: Heid. Hs. 1332), dem sogenannten „Verfasserfragment“, tritt Albrecht als Verfasser des Jüngeren Titurels namentlich in Erscheinung.[1] Über das Leben Albrechts gibt es nur wenige Informationen, durchweg dessen eigenem Werk entnommen: Demnach war er verheiratet, hatte zumindest ein Kind und einen Bruder, war bei Abfassung seines Romans nicht mehr jung. Er verfügte über umfängliches Wissen, beherrschte die lateinische, vermutlich auch die französische Sprache. Über den Geburtsort Albrechts ist die Forschung uneins; es gibt begründete Vermutungen für eine bayerische wie für eine mitteldeutsche Herkunft. Albrecht schrieb im Auftrag von Gönnern – und machte dies in seinen Texten deutlich.[2]

Das Sangversepos, zu dem eine zeitgenössische Melodie überliefert ist, enthält über 6300 vierzeilige Strophen in Form der sogenannten Titurelstrophe. Es verstärkt in manieristischer Weise viele der für sein Vorbild Wolfram typischen Stilmerkmale, wie die dunkle Rätselhaftigkeit und Gelehrsamkeit. Offenbar gerade wegen dieser geblümten Rede stand das Werk bei den Zeitgenossen und noch mehr bei den nachfolgenden Generationen in großem Ansehen. Albrecht dichtet in der Maske Wolframs. Daher galt der Jüngere Titurel bis in die Neuzeit als das Werk Wolframs und war etwa für den spätmittelalterlichen Literaturkenner Jakob Püterich von Reichertshausen das haupt ab teutschen buechen (Inbegriff aller deutschen Dichtungen). Erst in Strophe 5883 gibt der Autor die Wolfram-Maske auf und gibt sich als Albrecht zu erkennen.

1812 entdeckte August Wilhelm Schlegel (nach den Vorarbeiten in Bernhard Joseph Docens Aufsatz Titurels Sendschreiben), dass der Ältere Titurel (die Fragmente) von Wolfram stammt, was seine Autorschaft am Jüngeren Titurel endgültig ausschloss.

Der Jüngere Titurel in der Forschung

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Thomas Neukirchen führt aus, dass die germanistische Forschung sich mit dem Jüngeren Titurel lange schwer getan habe.[3]

Wissenschaftskontroverse um die Identität mit Albrecht von Scharfenberg

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Die Identität Albrechts mit einem sonst unbekannten Albrecht von Scharfenberg, den Ulrich Fuetrer in seinem Buch der Abenteuer im 15. Jahrhundert mehrfach als Quelle seines Werks angibt, galt fachwissenschaftlich seit 1809 als gegeben,[4] wurde aber in der germanistischen Mediaevistik immer wieder neu diskutiert und infrage gestellt. Seit Ende des 20. Jahrhunderts wird dagegen allgemein von zwei verschiedenen Dichtern ausgegangen, auch wenn sie gleiche Stoffe behandeln und teilweise gleiche Quellen verwenden.[5]

Ausgaben des Werks

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  • Werner Wolf, Kurt Nyholm (Hrsg.): Albrechts von Scharfenberg „Jüngerer Titurel“. Nach den ältesten und besten Handschriften kritisch herausgegeben. 4 Bände (Band 3–4 hrsg. von Kurt Nyholm). Akademie-Verlag, Berlin 1955–1995 (= Deutsche Texte des Mittelalters. Band 45, 55/61, 73/77 und 79).[8]

Literatur

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  • Thomas Neukirchen: Albrecht, Verfasser des ‚Jüngeren Titurel‘. In: Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. Bd. 1: A-Blu. Begründet von Walther Killy. Hrsg. von Wilhelm Kühlmann. 2., vollständig überarbeitete Auflage. De Gruyter, Berlin / Boston 2008, ISBN 978-3-11-018962-9, S. 75–78.
  • Thomas Wilhelmi: Neue Tübinger Bruchstücke zum „Jüngeren Titurel“. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, Bd. 163 (1994), 398–411.
  • Dietrich Huschenbett: Albrecht, Dichter des „Jüngeren Titurel“. In: Kurt Ruh u. a. (Hrsg.): Die deutsche Literatur des Mittelalters, Verfasserlexikon. 2., völlig neu bearbeitete Auflage, Band 1. Verlag De Gruyter, Berlin/New York 1978, ISBN 978-3-11-022248-7, Sp. 158–173.
  • Kurt Nyholm: Zum Problem der Wolfram-Rezeption im „Jüngeren Titurel“. In: Albrecht Schöne (Hrsg.): Akten des VII. Internationalen Germanisten-Kongresses, Göttingen 1985. Tübingen 1986.
  • Hans-Henning Rausch: Methoden und Bedeutung naturkundlicher Rezeption und Kompilation im „Jüngeren Titurel“. Frankfurt am Main/Bern/Las Vegas 1977 (= Mikrokosmos. Band 2).
  • Ingrid Hahn: Kosmologie und Zahl. Zum Prolog des „Jüngeren Titurel“. In: Klaus Grubmüller u. a. (Hrsg.): Geistliche Denkformen in der Literatur des Mittelalters. München 1984, S. 226–244.
  • Kurt Nyholm: Die Tübinger Titurelbruchstücke. In: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur, Bd. 89 (1959), S. 100–134.
  • Hellmut Rosenfeld: Albrecht. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, ISBN 3-428-00182-6, S. 176 f. (Digitalisat).
  • Paul Hamburger: Albrecht von Scharfenberg. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 30, Duncker & Humblot, Leipzig 1890, S. 583–586.
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Anmerkungen

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  1. Digitalisat des „Verfasserfragments“ (Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 1332).
  2. nach Dietrich Huschenbett 1978 (2010): Albrecht, Dichter des ‚Jüngeren Titurel‘, VL2, Band 1, Sp. 158–160.
  3. Einen Forschungsüberblick biete der Beitrag Thomas Neukirchen: Bibliografie zum „Jüngeren Titurel“ 1807-2009. In: Wolfram von Eschenbach. Ein Handbuch. Hrsg. von Joachim Heinzle. 2 Bde., Berlin 2011, S. 1307–1346, und in Ders.: Die ganze aventiure und ihre lere. Der „Jüngere Titurel“ Albrechts als Kritik und Vervollkommnung des Parzival Wolframs von Eschenbach. Heidelberg 2006 (Beihefte zum Euphorion 52), S. 12–35.
  4. Hellmut Rosenfeld: Albrecht, NDB, 1, 1953, S. 176 f.; abgerufen am 19. August 2020.
  5. vgl. dazu Dietrich Huschenbett 1978 (2010): Albrecht von Scharfenberg, VL2, Band 1, Sp. 204–206.
  6. Albrecht von Scharfenberg. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 1, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 301.
  7. Albrecht von Scharfenberg. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 1, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 301.
  8. In seinem Beitrag Edition und Erkenntnis: Für eine neue Ausgabe des „Jüngerer Titurel“ des Dichters Albrecht. In: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 146 (2017), H. 1, S. 70–87, führt Thomas Neukirchen auf S. 85 aus: „Es dürfte klar geworden sein, dass die Eingriffe Wolfs/Nyholms die Rezeption des JT in die falsche Richtung steuern und dass ihre Edition die Erkenntnis des Rezipienten nicht befördert, sondern verwirrt, trübt und verdunkelt.“ und merkt ferner an, dass die Probleme der Edition in den jüngeren Forschungsbeiträgen nicht genügend gewürdigt würden, ebd., S. 85. In seinem Beitrag arbeitet er die vielen Probleme und Unzulänglichkeiten der Edition heraus. Im Fazit kommt er zu folgendem Urteil: „Die Edition Wolf/Nyholm jedenfalls kann nicht mehr als Grundlage der Forschung dienen. Auch wenn sie eine wichtige Dokumentation der Varianten der Hss. des Überlieferungszweiges I bleibt, vermag sie darüber hinaus nur noch als Monument des wissenschaftlichen Scheiterns der JT-Forschung, des Scheiterns der althergebrachten Textkritik und überhaupt der Altgermanistik Geltung zu beanspruchen.“, ebd., S. 86–87.