Jacobsthal-Reliefs
Jacobsthal-Reliefs, auch Melische Reliefs oder Melische Tonreliefs, wird eine Gattung von dünnen Tonplatten genannt, die im Schnitt 11 × 14 cm groß sind und auf der Vorderseite ein Relief zeigen, das in einer Matrize geformt wurde. Sie wurden erstmals von Paul Jacobsthal umfassend untersucht, der in der Annahme, die gesamte Gruppe sei auf der griechischen Insel Melos gefertigt, die Bezeichnung Melische Reliefs prägte. Durch eine Neuuntersuchung stellte sich heraus, dass nur ein kleiner Teil der Reliefs von Melos stammt, deshalb gilt der Begriff Melische Reliefs inzwischen als veraltet. Auf Vorschlag von Florian Stilp[1] und zu Ehren Paul Jacobsthals wird die Gruppe heute meist als Jacobsthal-Reliefs bezeichnet.[2][3][4]
Es sind bis heute ca. 110 Exemplare bekannt, deren Herkunftsorte der Reliefs sich über die gesamte griechische Welt erstrecken. Ein Teil stammt von Melos, die Zentren sind jedoch die Insel Ägina sowie Athen und Attika. Weitere Fundorte reichen von Sizilien bis nach Kleinasien.[5] Die Reliefs waren einst bemalt und datieren in das 5. Jahrhundert v. Chr. Ihr einstiger Verwendungszweck ist unklar. Sie haben meist Löcher, waren also auf andere Objekte angenagelt. Vielleicht zierten sie einst Möbel. Ihre Verbreitung zeigt, dass sie gerne exportiert wurden. Der Produktionszeitraum der Reliefs wird nach aktuellen Erkenntnissen zwischen 500 und 440 v. Chr. datiert.[6] (Jacobsthal datierte das Ende der Produktionszeit etwas später – um 420 v. Chr. – und nahm einen Zusammenhang mit der Eroberung der Insel Melos durch Athen im Peloponnesischen Krieg an.)
Die Reliefs zeigen ein weites Spektrum an Motiven. Es gibt Szenen aus dem Alltagsleben und Szenen aus der griechischen Mythologie, wobei die olympischen Gottheiten keine große Rolle spielten. Gut belegt sind Bellerophon, Perseus und die Meduse, beliebt sind auch die Ilias und Odyssee. Die Reliefs variieren stark im Stil und der Qualität. Sie zeigen wenig Plastizität.
Literatur
Bearbeiten- Paul Jacobsthal: Die melischen Reliefs. Keller, Berlin-Wilmersdorf 1931, DNB 580983293.
- Werner Ekschmitt: Kunst und Kultur der Kykladen, Teil II: Geometrische und Archaische Zeit (= Kulturgeschichte der Antike, Band 28,2). Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1986, ISBN 3-8053-0900-7, S. 248–254, Taf. 61–64.
- Florian Stilp: Die Jacobsthal-Reliefs. Konturierte Tonreliefs aus dem Griechenland der Frühklassik. Bretschneider, Rom 2006, ISBN 88-7689-211-7.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Florian Stilp: Die Jacobsthal-Reliefs. Konturierte Tonreliefs aus dem Griechenland der Frühklassik. Bretschneider, Rom 2006, ISBN 88-7689-211-7, S. 1–1.
- ↑ Otto-Herman Frey: Jacobsthal, Paul. In: Peter Kuhlmann, Helmuth Schneider: Geschichte der Altertumswissenschaften. Biographisches Lexikon. (= Der Neue Pauly. Supplementband 6). 2012, ISBN 3-476-02033-9, Sp. 615.
- ↑ Laura Puritani: Die Original- und Abguss-Sammlung des Archäologischen Seminars Marburg. In: Florian Martin Müller (Hrsg.): Archäologische Universitätsmuseen und -sammlungen im Spannungsfeld von Forschung, Lehre und Öffentlichkeit. (= Archäologie, Forschung und Wissenschaft. Band 4). Lit-Verlag, Wien/Berlin 2013, S. 431 Anm. 12.
- ↑ H. A. Shapiro: Periphrôn Pênelopeia. The Reception of Penelope in Fifth Century Athens. In: R. Ancona, G. Tsouvala (Hrsg.): New Directions in the Study of Women in the Greco-Roman World. Oxford University Press, New York City 2021, ISBN 978-0-1909-3763-8, S. 34–35.
- ↑ Florian Stilp: Die Jacobsthal-Reliefs. Konturierte Tonreliefs aus dem Griechenland der Frühklassik. Bretschneider, Rom 2006, ISBN 88-7689-211-7, S. 57–64.
- ↑ Florian Stilp: Die Jacobsthal-Reliefs. Konturierte Tonreliefs aus dem Griechenland der Frühklassik. Bretschneider, Rom 2006, ISBN 88-7689-211-7, S. 54.