Jakob Minor
Jakob Minor (Pseudonyme: Junius; J. Löw) (* 15. April 1855 in Wien; † 7. Oktober 1912 ebenda) war ein österreichischer Literaturwissenschaftler.
Familie
BearbeitenJakob Minor war ein Sohn des Zuckerbäckers Jakob Minor (1820–1896) und der Friederike, geb. Löw (1829–1900). 1882 heiratete er in Wien Margarethe Oberleitner (1860–1927), Vizepräsidentin des Bundes österreichischer Frauenvereine. Die Ehe wurde 1905 geschieden. Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor, die Germanistin und Pädagogin Rita Zoebl-Minor (1883–1958) und die Kunstgewerblerin Eleonore (Lilli) Minor (* 1885), Ehefrau des Mathematikers Hans Hahn und Mutter der Schauspielerin Nora Minor.
Werdegang
BearbeitenMinor besuchte zunächst das Schottengymnasium in Wien. Da er aufgrund eines Gehörfehlers nicht Schauspieler werden konnte, studierte er ab 1874 an der Universität Wien Germanistik bei Karl Tomaschek (1828–1878) und Richard Heinzel und promovierte dort 1878. Nach einem Jahr an der Universität Berlin bei Karl Müllenhoff und Wilhelm Scherer habilitierte er sich 1880 für deutsche Sprache und Literatur.
1882 lehrte er an der Accademia scientifico-letteraria in Mailand, danach war er Privatdozent und ab 1884 außerordentlicher Professor in Prag.
1885 kehrte er nach Wien zurück, wo er zunächst Extraordinarius und ab 1888 Ordinarius für deutsche Sprache und Literatur in der Nachfolge Erich Schmidts war. 1898 wurde er korrespondierendes Mitglied, 1905 wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Er war auch als Herausgeber tätig, brachte als solcher vor allem eine eigene Novalis-Ausgabe heraus und arbeitete an der Weimarer Goethe-Ausgabe (‚Sophienausgabe‘) mit.
Minor war Vizepräsident der Weimarer Goethe-Gesellschaft und von 1907 bis 1911 Präsident des Wiener Goethe-Vereins.[1] Er wurde am Wiener Zentralfriedhof bestattet.[2]
Würdigung
BearbeitenIm Jahr 1930 wurde in Wien-Penzing (14. Bezirk) die Minorgasse nach ihm benannt.
Werke
Bearbeiten- Christian Felix Weiße und seine Beziehungen zur deutschen Literatur des achtzehnten Jahrhunderts. Wagner’sche Universitäts-Buchhandlung, Innsbruck 1880 (406 S.; Scan – Internet Archive).
- Studien zur Goethe-Philologie. Carl Konegen, Wien 1880 (mit August Sauer [in gemeinsamer Verfasserschaft: „Im Uebrigen haben wir unser Eigenthum nicht besonders unterscheiden wollen […].“ S. IX]; 292 S.; Scan in der Google-Buchsuche).[3]
- Johann Georg Hamann in seiner Bedeutung für die Sturm- und Drangperiode. Ruetten & Loening, Frankfurt a. M. 1881 (66 S.; Scan in der Google-Buchsuche). Unveränderter Nachdruck der Originalausgabe von 1881: 1. Auflage. BoD – Books on Demand, Outlook Verlag GmbH, Frankfurt 2024, ISBN 978-3-385-07518-4 (68 S.; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Die Schicksals-Tragödie in ihren Hauptvertretern. Ruetten & Loening, Frankfurt a. M. 1883 (189 S.; Scan in der Google-Buchsuche).
- Schiller. Sein Leben und seine Werke. 2 Bände. Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1890 (591 S. und 629 S.; Scans: Band 1: Schwäbische Heimatjahre und Band 2: Pfälzische und Sächsische Wanderjahre in der Google-Buchsuche).
- Ferdinand von Saar. Eine Studie. Carl Fromme, Leipzig/Wien 1898 (135 S.; Scan in der Google-Buchsuche).
- Goethes Faust. Entstehungsgeschichte und Erklärung. 2 Bände. Cotta, Stuttgart 1901 (402 S. und 286 S.; eingeschränkte Vorschau auf Band 1 und eingeschränkte Vorschau auf Band 2 in der Google-Buchsuche).
- Aus dem alten und neuen Burgtheater (= Amalthea-Bücherei. Band 16–17). Amalthea Verlag, Zürich/Leipzig/Wien 1920 (257 S.; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Der Urfaust und das Fragment (= Goethes Faust: Entstehungsgeschichte und Erklärung. Band 1). Cotta, Stuttgart 1901 (402 S.; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Herausgeberschaften
Bearbeiten- Friedrich Schlegel. Seine prosaischen Jugendschriften 1794–1802. 2 Bände. Konegen, Wien 1882 (Scans: Band 1; Band 2 in der Google-Buchsuche).
- Achim von Arnim: Hollin's Liebeleben. Ein Roman. Mohr, Freiburg/Tübingen 1883 (Volltext online im Projekt Gutenberg ).
- Lessings Jugendfreunde. Chr. Felix Weiße, Joh. Friedr. v. Cronegk, Joach. Wilh. v. Brawe, Friedrich Nicolai (= Joseph Kürschner (Hrsg.): Deutsche National-Litteratur. Historisch krititsche Ausgabe. Band 72). W. Spemann, Berlin/Stuttgart 1883 (Scan in der Google-Buchsuche). Nachdruck: Niemeyer, Tübingen 1974, DNB 750498676.
- Novalis Schriften. 4 Bände. Diederich, Jena 1907 (Scans: Band 1 [Vorwort, S. XL–LVI]; eingeschränkte Vorschau auf Band 2; eingeschränkte Vorschau auf Band 3; eingeschränkte Vorschau auf Band 4 in der Google-Buchsuche).
- Ferdinand von Saars Sämtliche Werke. 12 Bände. Im Auftrage des Wiener Zweigvereins der Deutschen Schillerstiftung mit einer Biographie des Dichters von Anton Bettelheim. Hesse, Leipzig 1908 (Scans – Wikisource; Datenblatt – OBV).
- Achim von Arnim: Ariel's Offenbarungen (= Veröffentlichung der Gesellschaft der Bibliophilen. Band 15). Gesellschaft der Bibliophilen, Weimar 1912, DNB 578769085 (324 S.; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche; Neuauflage der Ausgabe 1804 in der Google-Buchsuche).
- A. W. Schlegels Vorlesungen über Schöne Litteratur und Kunst (= Bernhard Seuffert (Hrsg.): Deutsche Litteraturdenkmale des 18. und 19. Jahrhunderts in Neudrucken. Band 17–19). 3 Bände. Band 1. Gebr. Henninger, Heilbronn 1884 (Scan – Internet Archive; Scan in der Google-Buchsuche); Band 2. Göschen, Stuttgart 1884 (Scan – Internet Archive; Scan in der Google-Buchsuche); Band 3. Göschen, Stuttgart 1884 (Scan – Internet Archive; Band 3 in der Google-Buchsuche).
Literatur
Bearbeiten- Sebastian Meissl: Minor, Jakob. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, ISBN 3-428-00198-2, S. 543–545 (Digitalisat).
- Moriz Enzinger: Minor, Jakob (1855–1912), Literarhistoriker. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 6, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1975, ISBN 3-7001-0128-7, S. 311 f. (Direktlinks auf S. 311, S. 312).
- Verzeichnis der Schriften Jakob Minors. Hrsg. von Rita Zoebl-Minor. [s. n.], [s. l.] 1914, DNB 361235011 (43 S.; aus: Almanach der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. Hölder, Wien/Leipzig. Jg. 1913, ISSN 0257-6104, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Peter-Henning Haischer: Minor, Jakob. In: Christoph König (Hrsg.) unter Mitarbeit von Birgit Wägenbaur u. a.: Internationales Germanistenlexikon 1800–1950. Band 2: H–Q. de Gruyter, Berlin / New York 2003, ISBN 3-11-015485-4, S. 1236–1238.
- Sigfrid Faerber: Ich bin ein Chinese. Der Wiener Literarhistoriker Jakob Minor und seine Briefe an August Sauer (= Hamburger Beiträge zur Germanistik. ISSN 0930-0023, Band 39). Lang, Frankfurt/M. 2004, ISBN 3-631-52073-5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).[4]
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Jakob Minor im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Eintrag zu Jakob Minor im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- Bestand in den Katalogen der Österreichischen Nationalbibliothek Wien:
- Kleine Chronik. Todesfall [Jakob Minor]. In: Czernowitzer Tagblatt, Separat-Ausgabe, 8. Oktober 1912, S. 2, Sp. 2 unten (online bei ANNO).
- Jakob Minor † (Mit Porträt auf Seite 10.). In: Wiener Bilder, Illustrirtes Familienblatt, 13. Oktober 1912, S. 5, Sp. 2–3 (online bei ANNO).
- Jakob Minor. Suche in ANNO – AustriaN Newspapers Online (ca. 750 Ergebnisse in österreichischen historischen Zeitungen und Zeitschriften)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Geschichte der Österreichischen Goethe-Gesellschaft ( vom 18. September 2012 im Webarchiv archive.today) In: univie.ac.at, Universität Wien, 2012, abgerufen am 22. Mai 2011.
- ↑ Verstorbenensuche – Friedhöfe Wien. Grabstelle Dr. Minor, Jakob. Wien, Zentralfriedhof, Gruppe 43, Gruppe Erweiterung A, Reihe 4, Nr. 21.
- ↑ R. M. Werner: [Rezension]. In: Zeitschrift für deutsches Alterthum und deutsche Litteratur. Band 26. Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1882, S. 238–275 (Scan in der Google-Buchsuche; Scan bei DigiZeitschriften).
- ↑ Wolfgang Höppner: Aus der Geschichte der Germanistik: Jakob Minor in seinen Briefen an August Sauer. (Rezension). In: IASLonline, 25. Februar 2005, abgerufen am 10. August 2024.
Personendaten | |
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NAME | Minor, Jakob |
ALTERNATIVNAMEN | Minor, J.; Junius (Pseudonym); Löw, J. (Pseudonym); Minor, Jacob |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Literaturwissenschaftler |
GEBURTSDATUM | 15. April 1855 |
GEBURTSORT | Wien, Kaisertum Österreich |
STERBEDATUM | 7. Oktober 1912 |
STERBEORT | Wien, Österreich-Ungarn |