Jean-Fernand Audeguil
Jean-Fernand Audeguil (* 5. Januar 1887 in Monclar (Lot-et-Garonne); † 23. November 1956 in Bordeaux) war ein französischer Politiker und Widerstandskämpfer.
Leben
BearbeitenNach dem Besuch der École normale d’instituteurs in Aiguillon wurde er 1910 Lehrer in Langon und studierte gleichzeitig an der Fakultät für Naturwissenschaften in Bordeaux. Im Jahre 1919 wurde er Lehrer für Naturwissenschaften an der Ecole primaire supérieure[A 1] in Dax, danach arbeitete er in Talence und später in Bordeaux.[1]
Seit 1926 war er Mitglied der sozialistischen Partei SFIO und wurde 1935 in den Stadtrat von Talence gewählt. Da die linke Liste gewann, wurde er stellvertretender Bürgermeister. 1936 wurde er zum Abgeordneten des zweiten Wahlkreises von Bordeaux gewählt.[1]
1940 gehörte er zu den 80 Parlamentarien, die gegen die erweiterten Vollmachten für Marschall Pétain stimmten. Er wurde aus dem Erziehungswesen ausgeschlossen und als Stadtrat abgesetzt. 1941 wurde er Mitglied des Widerstandsnetzes Libération-Nord und des Comité d’action socialiste der Nordzone. 1944 gehörte er dem Widerstandskomitee der Girondisten an. Bei der Befreiung von Bordeaux wurde er Präsident der kommunalen Sonderdelegation, also amtierender Bürgermeister. Für seine Tätigkeit während des Krieges wurde er mit der Médaille de la Résistance und als Ritter der Ehrenlegion ausgezeichnet.[1]
1944 wurde er zum Bürgermeister von Bordeaux gewählt; seine Gegnerschaft zum früheren Bürgermeister Adrien Marquet einerseits und den Kommunisten andererseits führte dazu, dass er 1947 einem anderen Résistance-Kämpfer, dem späteren französischen Premierminister Jacques Chaban-Delmas unterlag.[2]
Fernand Audeguil war 1944 Mitglied der Provisorischen Beratenden Versammlung[A 2] und wurde 1945 zum Abgeordneten gewählt. Dieses Mandat behielt er bis zu den Wahlen von 1956; in dieser Zeit war er Generalrat des Departements Gironde und von 1944 bis 1951 Präsident der Departementsversammlung.[1]
Als Gegner der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) stimmte er im April 1954 gegen die diesbezüglichen Weisungen seiner Partei und gehörte zu den knapp zwanzig Abgeordneten, die von Februar bis Juni 1955 vorübergehend aus der SFIO ausgeschlossen wurden.[1]
Aus Krankheitsgründen trat er bei den Wahlen von 1956 nicht mehr an und starb Ende des Jahres nach einem chirurgischen Eingriff.[1] Fernand Audeguil wurde auf dem Friedhof Cimetière de la Chartreuse beigesetzt.
Literatur
Bearbeiten- Édouard Barthe: Le combat d’un parlementaire sous Vichy. éd. Singulières, 2007, ISBN 978-2-35478-005-0.
- André Deforges: Les Illustres de Bordeaux : catalogue. Band 2. Dossiers d’Aquitaine, Bordeaux 2014, ISBN 978-2-84622-255-6.
- Jean Maitron: Dictionnaire biographique du mouvement ouvrier français. éd. de l'Atelier, 1997.
- Pierre Miquel: Les quatre-vingts. éd.Fayard, 1995, ISBN 978-2-213-59416-3.
- Jean Odin: Les Quatre-vingts. FeniXX réédition numérique, 1996, ISBN 978-2-402-07154-3 (google.de).
- Olivier Wieviorka: Les orphelins de la République : destinées des députés et des sénateurs français, 1940–1945. Seuil, coll. « L’univers historique », Paris 2015, ISBN 978-2-02-128374-7 (persee.fr).
Weblinks
Bearbeiten- Jean, Fernand Audeguil. In: Assemblée nationale. (französisch).
- Audeguil Jean Fernand. In: Mémoires de Guerre. 9. November 2010 (französisch).
- Dominique Mirassou: Les maires de Bordeaux : « Nul n’est prophète en son pays ». In: Bordeaux Gazette. 3. April 2013 (französisch).
Anmerkungen
Bearbeiten- ↑ Die höhere Grundschule (école élémentaire supérieure, EPS) ist eine Schulform, die in Frankreich zwischen 1833 und 1941 existierte. Sie wurde von Jérôme Carcopino abgeschafft, der die höheren Grundschulen von der Grundschule trennte und sie in moderne Collèges umwandelte (1941). Ein Teil überlebte als „Ergänzungsunterricht“ in der Primarstufe und verschwand 1959. Dieser Unterricht wurde von den Schülern nach der Grundschule besucht, gehörte aber weiterhin zum Primarbereich und nicht zum Sekundarbereich. Er wurde entweder in den Primarschulen in Form von Ergänzungsunterricht oder in speziellen Schulen, die seitdem als „Höhere Primarschulen“ bezeichnet werden, erteilt. Siehe dazu auch weiterführend fr:Enseignement primaire supérieur in der französischsprachigen Wikipédia.
- ↑ Die Provisorische Beratende Versammlung war eine französische Versammlung, die die Widerstandsbewegungen, politischen Parteien und Gebiete vertrat, die unter der Führung des Comité français de libération nationale (CFLN) an der Seite der Alliierten in den Krieg eingetreten waren. Sie wurde gemäß der Verordnung des Comité français de libération nationale vom 17. September 1943 einberufen und hielt ihre Sitzungen zwischen dem 3. November 1943 und dem 25. Juli 1944 zunächst in Algier im Palais Carnot (ehemaliger Sitz der Finanzdelegationen) ab. Am 3. Juni 1944 wurde sie der Provisorischen Regierung der Französischen Republik (GPRF) unterstellt, die die Nachfolge des CFLN antrat. Nach der Befreiung wurde der Ausschuss erneuert und erweitert und hielt seine Sitzungen zwischen dem 7. November 1944 und dem 3. August 1945 im Palais du Luxembourg in Paris ab. Siehe hierzu auch in der französischsprachigen Wikipédia fr:Assemblée consultative provisoire.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c d e f AUDEGUIL Fernand (AUDEGUIL Jean, Fernand). In: Maitron. Abgerufen am 19. September 2023 (französisch).
- ↑ Histoire des maires de Bordeaux, Les Dossiers d’Aquitaine. ISBN 978-2-84622-171-9, S. 406 (google.fr).
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Adrien Marquet | Bürgermeister von Bordeaux 1944 – 1947 | Jean-Chaban Delmas |
Personendaten | |
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NAME | Audeguil, Jean-Fernand |
KURZBESCHREIBUNG | französischer Politiker |
GEBURTSDATUM | 5. Januar 1887 |
GEBURTSORT | Monclar (Lot-et-Garonne) |
STERBEDATUM | 23. November 1956 |
STERBEORT | Bordeaux |