Jindřichovice

ehemalige Bergstadt im Okres Sokolov in Tschechien

Jindřichovice (deutsch Heinrichsgrün) ist eine ehemalige Bergstadt im westlichen Erzgebirge im Karlovarský kraj in Tschechien.

Jindřichovice
Wappen von Jindřichovice
Jindřichovice (Tschechien)
Jindřichovice (Tschechien)
Basisdaten
Staat: Tschechien Tschechien
Region: Karlovarský kraj
Bezirk: Sokolov
Fläche: 4439,689[1] ha
Geographische Lage: 50° 17′ N, 12° 36′ OKoordinaten: 50° 16′ 57″ N, 12° 36′ 8″ O
Höhe: 646 m n.m.
Einwohner: 516 (1. Jan. 2023)[2]
Postleitzahl: 357 04 bis 357 05
Kfz-Kennzeichen: K
Verkehr
Straße: SokolovKraslice
Struktur
Status: Gemeinde
Ortsteile: 2
Verwaltung
Bürgermeister: Martina Majdáková (Stand: 2018)
Adresse: Jindřichovice 232
358 01 Kraslice
Gemeindenummer: 560413
Website: www.obecjindrichovice.cz
Lage von Jindřichovice im Bezirk Sokolov

Geographie

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Geographische Lage

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Die Ortschaft liegt in Westböhmen zwischen 640 und 700 m auf einer Hochfläche des Nejdecka vrchovina (Neudecker Bergland), das den Südwestteil des Westerzgebirges bildet. Nachbarorte sind im Südwesten Oloví (Bleistadt), im Nordwesten Rotava (Rothau) und im Norden Šindelová (Schindlwald). Im Süden sind die Abraumhalden des Braunkohletagebaus im Falkenauer Becken bei Dolní Nivy (Unter Neugrün) etwa fünf Kilometer entfernt.

Gemeindegliederung

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Die Gemeinde Jindřichovice besteht aus den Ortsteilen Háj (Silbersgrün) und Jindřichovice (Heinrichsgrün).[3] Grundsiedlungseinheiten sind Háj, Heřmanov (Hermannsgrün), Hradecká (Scheft), Jindřichovice, Loučná (Waitzengrün), Mezihorská (Kührberg), Poušť (Oed), Rác und Stará (Altengrün).[4] Zu Jindřichovice gehört außerdem die Einschicht Smrčina (Kronesberg).

Das Gemeindegebiet gliedert sich in die Katastralbezirke Háj u Jindřichovic, Heřmanov v Krušných horách, Hradecká, Jindřichovice v Krušných horách, Loučná v Krušných horách, Mezihorská, Poušť und Stará.[5]

Nachbarorte

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Rotava (Rothau) Šindelová (Schindlwald)
Oloví (Bleistadt)   Nejdek (Neudek), Černava (Schwarzenbach)
Dolní Nivy (Unterneugrün) Tatrovice (Dotterwies)
 
St. Martinskirche
 
Schloss Heinrichsgrün
 
Mausoleum der Kriegsgefangenen

Geschichte

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Heinrichsgrün wurde 1273 in einem Schriftstück von Papst Gregor X. erstmals erwähnt. Der Ort gehörte damals zur Grundherrschaft des Klosters Tepl. 1340 kaufte Peter Plick von Plickenstein, der Besitzer von Burg und Stadt Neudek, den Ort.[6] Von 1434 bis 1672 war Heinrichsgrün im Besitz der Grafen Schlick, unter denen der Ort – wie auch das benachbarte Sankt Joachimsthal – eine wirtschaftliche Blüte erlebte. Zinn, Eisenerz, Blei und Silber wurden abgebaut. 1518 wird Heinrichsgrün als „Bergstadt“ (Bergbaustadt) bezeichnet. 1523 wurde erstmals der Zinnbergbau bei Heinrichsgrün genannt und 1525 waren dort zwei Bergbauunternehmer ansässig. Im Jahre 1537 bestätigte Ferdinand I. als König von Böhmen dem Markt Heinrichsgrün das volle Elbogener Stadtrecht.[6] Im selben Jahr ist eine Brauerei bezeugt. Zu dieser Zeit bestand Heinrichsgrün aus 55 Anwesen, die zweimal jährlich einen Gulden Erbzins an die Herrschaft abtreten mussten. 1546 erhielt Heinrichsgrün ein eigenes Wappen. 1592 wurde neben der alten Kirche eine Schulhaus errichtet. Von 1601 bis 1686 wurde für Heinrichsgrün ein eigenes Bergbuch geführt.

Im Zuge der Gegenreformation mussten die Schlick im Jahre 1627 den Besitz an Otto von Nostitz verkaufen, der sogleich einen katholischen Priester in Heinrichsgrün einsetzte. Jedoch hielten die Bewohner bis 1641 am lutherischen Bekenntnis fest. 1654 hatte Heinrichsgrün 75 bewohnte Häuser, während 15 leer standen. Ihre Eigentümer waren wohl aus Glaubensgründen abgewandert. Im Jahre 1794 entstand in Heinrichsgrün durch die Einziehung der Maria-Trost-Bruderschaft ein Armeninstitut. Die ursprüngliche Patrimonialgerichtsbarkeit wurde im Kaisertum Österreich nach den Revolutionsjahren 1848/49 aufgehoben. 1854 wurde Heinrichsgrün dem Gerichtsbezirk Graslitz zugeteilt und im Zuge der Trennung der politischen von der judikativen Verwaltung ab 1868 dem Bezirk Graslitz. Letzter Eigentümer des Ortes war bis 1945 Friedrich von Nostitz-Rieneck (1893–1973), verehelicht mit Sophie von Nostitz-Rieneck, geborene Fürstin von Hohenberg aus dem Hause Habsburg; sie lebten nach der Vertreibung in Salzburg-Aigen.[7] Der auf Silber und Blei betriebene Bergbau war bereits vor Ende des 19. Jahrhunderts aufgelassen.[8]

Während des Ersten Weltkrieges errichtete 1915 die k.u.k. Monarchie ein Gefangenenlager, hauptsächlich für serbische, russische und italienische Gefangene, in der Nähe von Heinrichsgrün. Etwa 28.000 Gefangene mussten in den Eisen- und Bergbaubetrieben, besonders in Rothau und Chodau, oder in einem Basaltsteinbruch in der Nähe des Lagers arbeiten. Gefangene arbeiteten auch bei der Errichtung des Chemiewerks in Falkenau (Sokolov) mit. Viele von ihnen starben vor Hunger, Erschöpfung und wegen der schlechten Hygiene auch an Epidemien. Sie wurden zunächst in der Nähe des Lagers, teils in Massengräbern, begraben. Nachdem die Region nach Kriegsende 1919 der neu geschaffenen Tschechoslowakei zugeschlagen worden war, ließ die damalige tschechoslowakische Regierung ein von den Gefangenen gebautes Wasserwerk in ein Mausoleum umbauen. Die meisten der Gebeine wurden exhumiert und dort beigesetzt. Heute befindet sich dort eine Gedenkstätte. Nach dem Münchner Abkommen kam der Ort an das Deutsche Reich und gehörte bis 1945 zum Landkreis Graslitz, Regierungsbezirk Eger, im Reichsgau Sudetenland. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs übernahm die Tschechoslowakei die im Münchner Abkommen an das Deutsche Reich übertragene Region. In der Folgezeit wurde die deutschsprachige Bevölkerung größtenteils enteignet und vertrieben.

Jagdschlösschen Favorit (Jindřichovice)

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Jagdschlösschen Favorit

1888–89 wurde im Wildpark des Schlosses von Jindřichovice (Heinrichsgrün) anstelle eines älteren Jagdschlösschens ein Neubau im Stile des Neobarock errichtet. Dieses Schlösschen existiert noch heute.[9] Im Vorgängerbau soll Kaiserin Sissi einmal zu Gast gewesen sein.

Einwohnerentwicklung

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Bis 1945 war Heinrichsgrün überwiegend von Deutschböhmen besiedelt, die vertrieben wurden.

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohner Anmerkungen
1785 0 k. A. 181 Häuser[10]
1830 1.669 in 262 Häusern[11]
1847 1.977 in 267 Häusern[12]
1869 1.811
1880 1.809
1890 1.745
1900 1.796 deutsche Einwohner[8]
1910 1.911
1921 1.726 davon 1.673 Deutsche[13]
1930 1.804 [14]
1939 1.668 [14]
Einwohnerzahlen seit Ende des Zweiten Weltkriegs[15]
Jahr 1950 1961 1 1970 1 1980 1 1991 1 2001 1 2011 1
Einwohner 617 779 551 394 318 386 472
1 
Jindřichovice mit Háj, Heřmanov, Hradecká, Loučná, Mezihorská, Poušť und Stará

Die in den beiden Tabellen angegebenen Einwohnerzahlen beziehen sich auf den jeweiligen Gebietsstand.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

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  • Schloss, 1672 von Johann Hartwig von Nostitz als Ersatz für die alte Schlick-Festung erbaut. Es wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts neogotisch umgebaut und ist Sitz des Bezirksarchivs Sokolov (Státní Okresní Archiv Sokolov)
  • Neobarockes Jagdschlösschen Favorit im ehemaligen Wildpark des Schlossparks
  • Mausoleum für ehemalige Kriegsgefangene des Ersten Weltkrieges. Dort ruhen die sterblichen Überreste von 189 Russen und annähernd 7100 Serben.
  • St. Martinskirche, ein Bau aus dem Jahre 1803 mit achteckigen Turm.

Persönlichkeiten

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Söhne und Töchter der Gemeinde

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Personen mit Bezug zu Heinrichsgrün

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Literatur

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  • Hermann Brandl: Festschrift zur 400 Jahrfeier der Stadt Heinrichsgrün. Stadtgemeinde Heinrichsgrün, Heinrichsgrün 1937.
  • Vinzenz Uhl: Burgen und Schlösser des Erzgebirges und Egertales. Kaaden, 1935.
  • Beranová/Bružeňák: Der Nachhall des großen Kriegs. Dreisprachige Ausgabe. Sokolov, 2022.
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Commons: Jindřichovice – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. http://www.uir.cz/obec/560413/Jindrichovice
  2. Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2023 (PDF; 602 kB)
  3. http://www.uir.cz/casti-obce-obec/560413/Obec-Jindrichovice
  4. http://www.uir.cz/zsj-obec/560413/Obec-Jindrichovice
  5. http://www.uir.cz/katastralni-uzemi-obec/560413/Obec-Jindrichovice
  6. a b Lubomír Zeman: Wege des Kulturerbes. Ein Reiseführer durch die bedeutenden Bergbaudenkmale des westlichen Erzgebirges (Reihe Der Weg der Bergbaudenkmale). Herausgegeben vom Nationalen Denkmalinstitut Tschechien. Polypress, Karlovy Vary 2013, ISBN 978-80-87104-73-6, S. 38.
  7. Josef Weinmann: Egerländer Biografisches Lexikon. Mit ausgewählten Personen aus dem ehemaligen Regierungsbezirk Eger. Band 2: N – Z. Weinmann, Männedorf/ZH 1987, ISBN 3-922808-12-3, S. 24; Graslitzer Nachrichten. 1, 1974, ZDB-ID 958738-x.
  8. a b Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 9, Leipzig und Wien 1907, S. 111.
  9. deutschsprachige Kurzartikel, längere tschechische Artikel sowie Bilder im Bildband: "Krajem zapadoceskych lazni" (Die westböhmischen Kurorte und ihre Umgebung), mehrsprachig/deutsch, Autoren: Jaroslav Wagner/Karel Kibic/Ladislav Neubert, Verlag Orbis Praha, Tschechien, 1974, Interdruck Leipzig, DDR (Schlösschen Favorit), S. 96 u. 265
  10. Jaroslaus Schaller: Topographie des Königreichs Böhmen. Band 2: Ellbogner Kreis, Prag 1785, S. 52–54, Ziffer 1).
  11. Jahrbücher des böhmischen Museums für Natur- und Länderkunde, Geschichte, Kunst und Literatur. Band 2, Prag 1831, S. 200, Ziffer 4).
  12. Johann Gottfried Sommer: Das Königreich Böhmen. Band 15: Elbogner Kreis, Prag 1847, S. 72.
  13. Genealogie-Netz Sudetenland
  14. a b Michael Rademacher: Landkreis Graslitz. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  15. Historický lexikon obcí České republiky - 1869-2015. (PDF) Český statistický úřad, 18. Dezember 2015, abgerufen am 14. Februar 2016 (tschechisch).