Johann Carl Enslen
Johann Carl Enslen (* 20. Mai 1759 in Stuttgart; † 10. Dezember 1848 in Dresden) war ein deutscher Reisemaler, Schausteller, Panoramenkonstrukteur und Pionier der Luftfahrt wie der Fotografie.
Leben
BearbeitenEnslen führte ein Wanderleben als Reisemaler und Schausteller auf Jahrmärkten, wobei sein technisches Geschick und seine Fähigkeiten als „Mechanikus“ im Vordergrund standen, während arbeitsteilig die künstlerische Umsetzung vom Schwerpunkt her zunächst eher bei seinem Bruder und später bei seinem Sohn lag. Er wurde durch den ersten Ballonflug Montgolfières bestimmt und ließ selbst gemeinsam mit seinem Bruder, dem Maler Gottfried Christian Enslen, ab 1784 (erstmals in Straßburg) Ballons aufsteigen, die von ihm und seinem Bruder teilweise mit allegorischen Figuren bemalt waren. Er zog mit seinen Exponaten über die Jahrmärkte und war so z. B. 1788 und 1792 in Wien wie auch 1793 in Breslau präsent. Über seinen Auftritt in Lübeck 1789 berichtete Johann Rudolph Becker:[1]
„1789 den 8. Oktober ließ der Mechanicus Enslen verschiedene colossalische Figuren, welche mit brennbarer Luft angefüllet waren, auf dem Bürger-Schützenhofe in die Höhe steigen. Zuerst schickte er einen Ballon vorauf, nachher folgte ein wildes Schwein, welches von einem Hund verfolget ward; dann kam ein Reuter zu Pferde, welcher als Jäger den vorausgeschickten Figuren nacheilete; auf welche Art denn eine Jagd in der Luft vorgestellet ward. Sämmtliche Figuren schwungen sich zu einer solchen Höhe, daß sie gänzlich aus den Augen der Zuschauer verschwunden.“
Enslen siedelte 1795 in Oliva bei Danzig und betrieb dort eine Eisengießerei. Spätestens über den Schulbesuch seines Sohnes Karl Georg Enslen erhielt er Kontakt zum Direktor der Kunstschule Danzig Johann Adam Breysig, der sich für Panoramen begeisterte und sich, wenn auch irrtümlich, für den Erfinder dieser neuen Form der Landschaftspräsentation hielt.
Im Jahr 1811 zog die Familie nach Berlin, um das Talent des malenden Sohnes voll auszuschöpfen. Enslen eröffnete eine optisch-cosmoranische Anstalt in der Französischen Straße 38[2], ein optisches Kabinett, in dem er spektakuläre Experimentalvorführungen veranstaltete und das unter anderem E. T. A. Hoffmann inspirierte.[3] Der Sohn wurde als Maler an der Berliner Akademie angenommen (und später auch deren Mitglied), was die Gesamtfamilie in der Vermarktung zu verarbeiten verstand. Die Familie Enslen spezialisierte sich Ende der 1810er Jahre auf halbrund dargebotene Panoramen, insbesondere europäischer Hauptstädte, die in ganz Deutschland zu Jahrmarktsattraktionen wurden.
Enslen zog 1834 nach Dresden. Im Frühjahr 1839 begann er (im Alter von 80 Jahren) mit photographischen Experimenten nach dem Vorbild von Thomas Wedgwood und William Henry Fox Talbot. Er gilt als der Erste, der in Deutschland Papierabzüge herstellte.[4] Dabei benutzte er zeitlebens keine Kamera, sondern fertigte der Kalotypie nahestehende fotogenische Zeichnungen, die Natur und Bauwerke oder Personen kombinierten.
Schriften
Bearbeiten- Ansichten und Muthmassungen, dass die Lufthülle, welche den Erdball umgiebt ausser der Kugel-bogenförmigen Strahlenbrechung … noch eine unbekannte eigenthümliche Lichtstrahlbrechung gleich einer Hohl-Kugel haben müsse (etc.). Gärtner, Dresden 1834. (urn:nbn:de:bvb:12-bsb10133694-9 Digitalisat BSB München).
- Versuch, die Natur des Lichtes aus seinen Erscheinungen zu erklären. Dresden, Leipzig: Arnold 1841.
Literatur
Bearbeiten- Victor Alexander Carus: Enslen, Johann Carl. In: Ulrich Thieme (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 10: Dubolon–Erlwein. E. A. Seemann, Leipzig 1914, S. 568 (Textarchiv – Internet Archive).
- Deac Rossell: Enslen, Johann Carl (1759–1848). In: John Hannavy (Hrsg.): Encyclopedia of Nineteenth-century Photography. Band 1: A–I. CRC Press, New York 2007, ISBN 978-0-415-97235-2, S. 491–493.
- Felix Thürlemann: „[...] und dieses Bildchen abgedrückt.“ Ein Lichtbild von Johann Carl Enslen aus dem Jahre 1839 in einem Faksimiledruck von 1888. In: Rundbrief Fotografie. Bd. 30 (2023), Heft 118, S. 4–7.
Weblinks
Bearbeiten- Biographischer Eintrag bei der SLUB Dresden
- Weitere Bilder bei zeno.org
- Richter, Regine (Fotograf) & Baumgarten, Friedrich August: Frontispiz mit Bildnis J. C. Enslen. Europeana, abgerufen am 22. Oktober 2013.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Umständliche Geschichte der kaiserl. und des Heil. Römischen Reichs freyen Stadt Lübeck. Band 1. Lübeck 1805, S. 380.
- ↑ Siehe die Anzeige in Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen vom 29. Juli 1813 (books.google.com).
- ↑ Rupert Gaderer: Poetik der Technik: Elektrizität und Optik bei E.T.A. Hoffmann. Freiburg, Br.: Rombach 2009 (Rombach-Wissenschaften, Edition Parabasen; Band 9) ISBN 978-3-7930-9574-3, S. 29.
- ↑ Deac Rossell: Enslen, Johann Carl (1759–1848). In: John Hannavy (Hrsg.): Encyclopedia of Nineteenth-century Photography. Band 1: A–I. S. 491.
Personendaten | |
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NAME | Enslen, Johann Carl |
ALTERNATIVNAMEN | Ensslen, Johann Carl; Enßlen, Johann Carl |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Maler, Schausteller, Panoramenkonstrukteur und Pionier der Fotografie |
GEBURTSDATUM | 20. Mai 1759 |
GEBURTSORT | Stuttgart |
STERBEDATUM | 10. Dezember 1848 |
STERBEORT | Dresden |