Johann Friedrich (Braunschweig-Calenberg)
Johann Friedrich, Herzog von Braunschweig-Lüneburg (* 25. April 1625 auf Schloss Herzberg in Herzberg am Harz; † 28. Dezember 1679 in Augsburg) aus dem Haus der Welfen war 1665 für kurze Zeit Fürst von Lüneburg sowie von 1665 bis 1679 Fürst von Calenberg mit der Residenz in Hannover. Er machte Herrenhausen zu seiner Sommerresidenz und holte den Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz sowie Niels Stensen an seinen Hof nach Hannover.
Leben
BearbeitenAls dritter Sohn von Herzog Georg von Calenberg geboren, unternahm Johann Friedrich zahlreiche Bildungsreisen durch Frankreich und Italien, wo er zuletzt 1651 in Assisi, nach einer Begegnung mit Joseph von Copertino, zum Katholizismus übertrat.
Als sein Bruder Christian Ludwig 1665 starb, versuchte er, in einem Handstreich die Regentschaft über das Fürstentum Lüneburg in Celle anzutreten, die eigentlich seinem älteren Bruder Georg Wilhelm zustand. Doch dieser befand sich gerade in Holland bei seiner damaligen Mätresse Eleonore d’Olbreuse und der jüngste Bruder, Ernst August, befand sich mit seiner Gemahlin Sophie von der Pfalz am Hof von deren Bruder in Heidelberg. Johann Friedrich hatte das Ehepaar zuvor auf seiner Italienreise bis nach Rom begleitet, war aber vorzeitig zurückgekehrt, weil zu seiner Enttäuschung Papst Alexander VII. es abgelehnt hatte, ihn zu empfangen. Sophie schrieb darüber später: „Johann Friedrich erwarb sich den Ruf großer Geschicklichkeit, als ob er seit langem diesen Streich vorbereitet hätte, während er doch nur die Gelegenheit beim Schopf ergriffen hatte.“[1] Nach Verhandlungen unter Vermittlung des Grafen Georg Friedrich von Waldeck, die ein halbes Jahr dauerten, begnügte Johann Friedrich sich mit dem Fürstentum Calenberg, das um die Fürstentümer Grubenhagen und Göttingen erweitert wurde, und trat 1665 seine Regentschaft in Hannover an.[2]
Er machte 1666 das Dorf Haringehusen unter dem Namen Herrenhausen zu seiner Sommerresidenz, sorgte für einen ersten einfachen Schlossbau und begann mit der Anlage des Großen Gartens. Auch die Anlage des Tiergartens in Kirchrode geht auf seine Initiative zurück. Die Schlosskirche im Leineschloss wurde nach dem römischen Ritus geweiht, und Johann Friedrich holte Kapuziner nach Hannover. Am Status des Fürstentums Calenberg als evangelischer Reichsstand änderte sich aber nichts.[3]
Unter Johann Friederich zeichnete sich eine Entwicklung zu Zentralbehörden und fürstlicher Machtkonzentration im Sinne des Absolutismus ab. Wie sein Vater und seine Brüder bemühte er sich um die Beschneidung der Macht der Stände. 1674 führte er eine Amtsordnung ein, die erst 1808 durch die westphälische Verwaltungsgliederung ersetzt wurde.[4] Johann Friedrich baute das Stehende Heer aus, wodurch sich Calenberg zu einem politischen Machtfaktor entwickelte. Dies war allerdings nur mithilfe von ausländischen Geldmitteln möglich. Diese Abhängigkeit von Subsidien setzte sich auch unter seinen Nachfolgern fort.[5]
1676 berief er den damals erst 30-jährigen Gelehrten und Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz als Hofhistoriographen und Bibliothekar an seinen Hof.[6] Ebenso geht auf ihn die Gründung der späteren Königlichen Bibliothek, der heutigen Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, zurück. Seinen aufwändigen Regierungsstil finanzierte Johann Friedrich durch französische Unterstützungsgelder.
Auf dem Weg zu seinem fünften Italien-Aufenthalt starb Johann Friedrich in Augsburg und wurde 1680 in Hannover mit einem pompösen Staatsbegräbnis beigesetzt. Dann trat sein jüngerer Bruder Ernst August die Herrschaft in Hannover an.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Sarkophag von Johann Friedrich vom Leineschloss in das Welfenmausoleum im Berggarten von Herrenhausen überführt.[7]
Nachkommen
BearbeitenSeiner Ehe mit Benedicta Henriette von der Pfalz, Tochter des 1645 zum Katholizismus konvertierten Pfalzgrafen Eduard von der Pfalz und seiner italienischen Gemahlin Anna Gonzaga, entstammten vier Töchter:
- Anne Sophie (1670–1672)
- Charlotte Felicitas (1671–1710) ⚭ Rinaldo d’Este (1655–1737), Herzog von Modena und Reggio
- Henriette Marie (1672–1757)
- Wilhelmine Amalie (1673–1742) ⚭ Kaiser Joseph I. (1678–1711)
Literatur
Bearbeiten- Jill Bepler: Ansichten eines Staatsbegräbnisses. Funeralwerke und Diarien als Quelle zeremonieller Praxis. In: Jörg Jochen Berns, Thomas Rahn (Hrsg.): Zeremoniell als höfische Ästhetik in Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Tübingen 1995, ISBN 3-484-36525-0, S. 183–197 (über die Beisetzung von Herzog Johann Friedrich 1680 in Hannover).
- Adolf Köcher: Johann Friedrich, Herzog zu Braunschweig-Lüneburg (Hannover). In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 14, Duncker & Humblot, Leipzig 1881, S. 177–181.
- Klaus Mlynek: In: Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 189.
- Waldemar R. Röhrbein: Die Schloßkirche wird katholisch. In: Hans Werner Dannowski, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.): Geschichten um Hannovers Kirchen. Studien, Bilder, Dokumente. Lutherhaus-Verlag, Hannover 1983, ISBN 3-87502-145-2, S. 166–169.
- Georg Schnath: Johann Friedrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 10, Duncker & Humblot, Berlin 1974, ISBN 3-428-00191-5, S. 478 f. (Digitalisat).
- Annette von Stieglitz: Landesherr und Stände zwischen Konfrontation und Kooperation. Die Innenpolitik Herzog Johann Friedrichs im Fürstentum Calenberg 1665–1679. Hahn, Hannover 1994, ISBN 3-7752-5895-7 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 24; Untersuchungen zur Ständegeschichte Niedersachsens 7).
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Memoiren der Kurfürstin Sophie von Hannover: Ein höfisches Lebensbild aus dem 17. Jahrhundert, herausgegeben von Martina Trauschke, Wallstein Verlag Göttingen 2014, S. 91
- ↑ Sophie erklärte diesen Tausch wie folgt: „Durch das Testament des Herzogs Georg, des Vaters der Herzöge, das sie alle wie einen Staatsgrundsatz betrachteten, war bestimmt worden, daß der ältere Bruder die Wahl zwischen den Staaten Celle und Hannover haben solle, und da der Celler Anteil der bessere war, so fiel die Wahl leicht“. In: Memoiren der Kurfürstin Sophie von Hannover: Ein höfisches Lebensbild aus dem 17. Jahrhundert, herausgegeben von Martina Trauschke, Wallstein Verlag Göttingen 2014, S. 91
- ↑ Barbara Beck: Die Welfen. Das Haus Hannover 1692–1918, Wiesbaden 2014, marix, ISBN 978-3-86539-983-0, S. 12
- ↑ Karl Dietrich Hüllmann: Geschichte der Domainen-Benutzung in Deutschland. 1807, S. 55.
- ↑ Barbara Beck: Die Welfen. Das Haus Hannover 1692–1918, Wiesbaden 2014, marix, ISBN 978-3-86539-983-0, S. 12–13
- ↑ Eike Christian Hirsch: Der berühmte Herr Leibniz. Eine Biographie. 2. Auflage. C.H.Beck, München 2017, ISBN 978-3-406-69816-3, S. 101 ff.
- ↑ Helmut Knocke, Hugo Thielen: Mausoleum. In: Hannover Kunst- und Kultur-Lexikon. S. 92.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Christian Ludwig | Herzog zu Braunschweig-Lüneburg Fürst von Lüneburg 1665 | Georg Wilhelm |
Georg Wilhelm | Herzog zu Braunschweig-Lüneburg Fürst von Calenberg 1665–1679 | Ernst August |
Personendaten | |
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NAME | Johann Friedrich |
ALTERNATIVNAMEN | Braunschweig-Calenberg, Johann Friedrich von |
KURZBESCHREIBUNG | Herzog von Braunschweig-Lüneburg und Braunschweig-Calenberg |
GEBURTSDATUM | 25. April 1625 |
GEBURTSORT | Herzberg am Harz |
STERBEDATUM | 28. Dezember 1679 |
STERBEORT | Augsburg |