Johann Pötscher

österreichischer Bergbauer und Geheimprotestant

Johann Pötscher (* vor 1700[1]; † 25. Februar 1750[2] in Kraig) war ein österreichischer Bergbauer und Geheimprotestant.

Er wurde wegen des Verbrechens der Gotteslästerung zum Tode durch Enthauptung verurteilt und hingerichtet.

Johann Pötscher wurde vor 1700 in Laggen am Kraigerberg als Bauernsohn vulgo Gritscher geboren. Spätestens seit der Geburt seines Sohnes Franz Pötscher am 9. Oktober 1720[3] war er Bauer am Koglerhof in Zwein (Gemeinde Frauenstein). Insgesamt hatte er mit seiner Frau Ursula zwischen 1716 und 1735 9 Kinder.[4][5][6][7][8][9] Am 2. September 1749 wurde Johann Pötscher auf Grund einer Anzeige wegen Gotteslästerung verhaftet und am 25. Februar 1750 am Galgen des Landgerichtes Kraig hingerichtet.

Vorgeschichte

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In der Zeit zwischen Beginn der habsburgischen Gegenreformation in Kärnten (erste Hälfte des 17. Jahrhunderts) und des Toleranzpatentes Josephs II. kam es am Kraigerberg zu Kryptoprotestantismus.[10] Auch Johann Pötscher und seine Familie waren unter diesen sogenannten Geheimprotestanten.[11][12]

1739 hängte der Schneidermeister Veit Mackesacher ein Gnadenbild der schmerzenreichensreichen Muttergottes an einen Baum im Wolschartwald. Nach Anrufung jenes Gnadenbildes wird 1749 ein Kind des Bauern Anton Götzhaber von seiner Krankheit geheilt. Dies führt dazu das in den Folgemonaten tausende Menschen aus der Umgebung in den Wolschartwald pilgern und an dieser Stelle eine hölzerne Kapelle errichtet wurde.[13] Da sich dieser Ort zwar auf dem Grund des Landesgerichtes Osterwitz befand, die Opfergaben der Wallfahrer allerdings dem Klosters St. Georgen abzuliefern waren, kam es zu Streitigkeiten zwischen den Pflegern der beiden Herrschaften.[14]

Laut der Kirchenchronik der evangelischen Gemeinde Eggen am Kraigerberg begab sich Johann Pötscher eines Tages in Begleitung seines Sohnes nach St. Veit/Glan. Dort traf er auf den Bauern vulgo Hansel in Zensweg, welcher Pötscher einlud an einer Wallfahrt zu dem wundertätigen Marienbilds im Wolschartwald teilzunehmen. Pötscher lehnte dies mit den Worten „dort balgt man sich wie Raben bei einem Aas“ ab. Auf Grund dieser Aussage zeigte der Zensweger Bauer Johann Pötscher am Landgericht Kraig wegen Gotteslästerung an.[15][16]

Verhaftung und Prozess

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Johann Pötscher wurde am 2. September 1749 verhaftet.[2] Da sich der Sitz des Landgerichtes Kraig zu jener Zeit im Schloss Hunnenbrunn befand,[17] ist anzunehmen das Pötscher im Kerker des Schlosses Hunnenbrunn arrestiert wurde. Da Blasphemie ein Malefizverbrechen war und das Landgericht Kraig keinen Blutbann besaß, wurde der in Kärnten tätige Landrichter Benedict Alphons von Emperger angefordert. Am 26. November 1749 kam es zum gültlichen Verhör durch den Landrichter.[2] Es wurde ein Protokoll angefertigt und an den Kriminalrat der K.K. Repräsentation und Kammer in Klagenfurt geschickt. Eine Kopie ging wohl auch an das Kollegium revisorium der innenösterreichischen Regierung in Graz.[18][19]

Johann Pötscher übergab den Bauernhof vulgo Kogler am 21. Oktober 1749 an seinen Sohn Franz Pötscher.[20]

Hinrichtung

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Reste des Kraiger Galgens

Nach 176 Tagen Kerker wurde Johann Pötscher am 25. Februar 1750 am Galgen des Landgerichtes Kraig durch das Schwert hingerichtet.[2]

Rezeption

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Erstmalig wurde die Geschichte des Johann Pötscher Ende des 18. Jahrhunderts durch den evangelischen Pastor von St. Ruprecht bei Villach Samual Sachs in der Kirchenchronik der Gemeinde Eggen am Kraigerberg aufgeschrieben.[16] Johann Pötscher wird darin als evangelischer Märtyrer stilisiert. Durch die Korrespondenz Sachs’ mit Freunden, Kollegen und Familie in Deutschland wurde seine Version einem breiteren Publikum bekannt und mehrmals in evangelischen Publikationen abgedruckt.[21][22][23][24][25] Durch mündliche Überlieferung blieb das Andenken an Johann Pötscher in der evangelischen Gemeinde Eggen am Kraigerberg lebendig.

In der Zeitschrift Carinthia I des Geschichtsvereins Kärnten bezweifelt der Historiker Wilhelm Wadl 1982 die Authentizität der Schilderung Sachs’ als wenig glaubhafte Märtyrerlegende.[26]

Die Originalabrechnungen des Landrichters, des Freimanns und der Sonderausgaben des Landgerichtes wurden in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts im Nachlass von Gottlieb Freiherr von Ankershofen wiederentdeckt.[2] Eine genaue Analyse der Abrechnungen wurde 2022 von Katja Almberger in der Zeitschrift der Kärntner Landsmannschaft abgedruckt.[27]

Einzelnachweise

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  1. Sein erstes Kind Agnes wurde am 13. Februar 1716 geboren, daher ist seine Geburt vor 1700 anzunehmen.
    Geburtsbuch I. Pfarre Kraig, Kraig 1716, S. 12 (matricula-online.eu [abgerufen am 26. September 2023]).
  2. a b c d e Archivgut: Ankershofen,Gottlieb; Nachlass; Schachtel 4. Kraig, Herrschaft und Probstei. Kärntner Landesarchiv. 1506–1806. Signatur: AT-KLA 323-C-07.2.00 Ak. Link
  3. Geburtsbuch I. Pfarre Kraig, Kraig 1720, S. 32 (matricula-online.eu [abgerufen am 26. September 2023]).
  4. Geburtsbuch I. Pfarre Kraig, Kraig 1717, S. 19 (matricula-online.eu).
  5. Geburtsbuch II. Pfarre Kraig, Kraig 1722, S. 7 (matricula-online.eu).
  6. Geburtsbuch II. Pfarre Kraig, Kraig 1726, S. 20 (matricula-online.eu).
  7. Geburtsbuch II. Pfarre Kraig, Kraig 1728, S. 25 (matricula-online.eu).
  8. Geburtsbuch II. Pfarre Kraig, Kraig 1731, S. 32 (matricula-online.eu).
  9. Geburtsbuch II. Pfarre Kraig, Kraig 1735, S. 43 (matricula-online.eu).
  10. Wilhelm Wadl: Reformation und Gegenreformation in der Propstei Kraig und die Toleranzgemeinde Eggen am Kraigerberg. In: Carinthia I. Klagenfurt 1982, S. 113 (onb.ac.at).
  11. Archivgut: Privatarchiv Millstatt; Schachtel 7. Johann Martin Michitsch, Pfleger und Religionskommissär, wegen der Evangelischen Ursula Pötscher, vulgo Kogler und ihres Sohnes Georg Kogler; die Mutter hat sich bekehrt, der Sohn wurde in das Klagenfurter Detentionshaus geliefert.. Kärntner Landesarchiv. 25.05.1753. Signatur: AT-KLA 289-C-8.1 fol. 24 Ak. Link
  12. Die Söhne Johann Pötschers bekannten sich nach dem Toleranzpatent wieder zum evangelischen Glauben.
    Oskar Sakrausky: St. Ruprecht am Moos - Die Geschichte einer evangelischen Pfarrgemeinde im Großraum Villach. Pfarramt St. Ruprecht am Moos 1986, S. 89/90.
  13. Julia Carolin Funk: Wie alles begann - Geschichten und Geschichtliches rund um den Längsee. Tourismusverband St.Georgen am Längsee, S. 7 (mittelkaernten.at [PDF; abgerufen am 6. Oktober 2023]).
  14. Walter Fresacher, Gotbert Moro: Erläuterungen zum historischen Atlas der östlichen Alpenländer II: Kirchen- und Grafschaftskarte, 8. Teil: Kärnten, 2. Ost-und Mittelkärnten nördlich der Drau. Verlag des Geschichtsvereins für Kärnten, Klagenfurt 1958, S. 228.
  15. Wilhelm Wadl: Reformation und Gegenreformation in der Propstei Kraig und die Toleranzgemeinde Eggen am Kraigerberg. In: Carinthia I. Klagenfurt 1982, S. 114 (onb.ac.at).
  16. a b Oskar Sakrausky: St. Ruprecht am Moos - Die Geschichte einer evangelischen Pfarrgemeinde im Großraum Villach. Hrsg.: Pfarramt St. Ruprecht am Moos. St. Ruprecht am Moos 1986, S. 86–88.
  17. August von Jaksch, Hans Piregger, Martin Wutte, Ludmill Hauptmann, Anton Mell: Erläuterungen zum historischen Atlas der östlichen Alpenländer I: Die Landgerichtskarte, 4. Teil: Kärnten, Krain und Istrien, 1.Kärnten,Görz und Gradizca. Verlag des Geschichtsvereins für Kärnten, Klagenfurt 1914, S. 75 (aau.at [PDF]).
  18. Martin Wutte: Das kärntische Bannrichteramt. In: Carinthia I. Klagenfurt 1912, S. 100 (onb.ac.at).
  19. Martin Wutte: Beiträge zur Verwaltungsgeschichte Kärntens. In: Carinthia I. Klagenfurt 1941, S. 126 (onb.ac.at).
  20. Dies geht aus einem „alten Inventarium nach Johann Petscher“ hervor, welches im Übergabeinventar von Franz Petscher an seinen Sohn 1793 aufgelistet ist.
    Archivgut: Sammelarchiv Geschichtsverein für Kärnten; Schachtel 7. Frauenstein, Herrschaft; Schachtel 100. Kärntner Landesarchiv. 1793. Signatur: AT-KLA 123-120 Se. Link
  21. Victor Hornyansky: Evangelisches Wochenblatt zur Erbauung und Belehrung für Kirche, Schule und Haus. Band 3. Wodianer, Pest 1859, S. 56 (google.at).
  22. Karl Zimmermann: Die Bauten des Gustav Adolf Vereins in Bild und Geschichte. Band 1. Darmstadt 1860, S. 424 ff. (archive.org).
  23. Theodor Ritz: Evangelischer Sonntagsbote - Wochenschrift für Schule, Kirche und Haus. Walisshauser, Wien 21. Juni 1862, S. 210 (google.at).
  24. Evangelischer Verein der Gustav-Adolf-Stiftung Hauptverein im Großherzogtum Hessen: Fliegendes Blatt des Hessischen Hauptvereins der Gustav-Adolf-Stiftung. Brünn 1863, S. 2 (google.at).
  25. Gustav Trautenberger, Pfarrer zu Brünn: Halte was du hast! - Illustriertes evangelisches Volksblatt zur Lehr und Erbauung aus Österreich. Brünn 1868, S. 46,101 (google.at).
  26. Wilhelm Wadl: Reformation und Gegenreformation in der Propstei Kraig und die Toleranzgemeinde Eggen am Kraigerberg. In: Carinthia I. Klagenfurt 1982, S. 115/116 (onb.ac.at).
  27. Katja Almberger: Von Bannrichtern, Gerichtsschreiben und Freimännern. In: Kärntner Landsmannschaft (Hrsg.): Kultur Land Menschen – Beiträge zu Volkskunde, Geschichte, Gesellschaft und Naturkunde. Klagenfurt September 2022, S. 6.