Johanniterkommende Beilau
Die Johanniterkommende Beilau war eine Niederlassung des Johanniterordens in Beilau im damaligen Herzogtum Breslau im späteren Landkreis Breslau (seit 1945 Piława, Woiwodschaft Niederschlesien, Polen). Der Johanniterorden erhielt im Zeitraum 1170/89 die Zehnten aus den Dörfern Lossen, Gleinitz, Groß Tinz, Goslau und Beilau, die allerdings zuerst der Verwaltung der Kommenden Lossen und Groß Tinz unterstellt wurden. 1261 ist die Niederlassung des Ordens in Beilau durch die Nennung eines Kommendators als selbständige Kommende belegt. 1411 wurde die Kommende Beilau der Kommende Groß Tinz als „Membrum“ (Filiale) unterstellt. Die Johanniterkommende Groß Tinz wurde 1810 säkularisiert.
Lage
BearbeitenDie Kommende hatte ihren Sitz in Beilau, knapp sechs Kilometer südsüdwestlich von Neumarkt. Von den Gebäuden der Kommende hat sich nichts erhalten.
Stellung der Kommende in der Organisationshierarchie des Johanniterordens
BearbeitenDie Kommende Beilau gehörte innerhalb der Organisationshierarchie des Johanniterordens zum Großpriorat Böhmen der Deutschen Zunge. Im 14. und 15. Jahrhundert benannte der böhmische Großprior wegen der größeren Entfernung vom Amtssitz einen Statthalter oder Stellvertreter für die schlesischen Kommenden, d. h. zu dieser Zeit existierte quasi eine schlesische Unterprovinz des Großpriorats. In aller Regel kommunizierte der Großprior nicht direkt mit den schlesischen Kommendatoren; sein Statthalter in Schlesien gab die entsprechenden Anweisungen des Großpriors an die schlesischen Kommendatoren weiter.[1]
Geschichte
BearbeitenNach einer undatierten Urkunde aus dem Zeitraum 1170/89 schenkte Bischof Siroslaus II. von Breslau dem Johanniterorden die Zehnten aus den Dörfern Lossen, Gleinitz, Tinz, Goslau und Beilau.[2] Nach Waldstein-Wartenberg soll die Niederlassung anfangs von der vor 1189 gegründeten Johanniterkommende Groß Tinz abhängig gewesen sein.[3]
Beilau gehörte im Hochmittelalter bzw. zur Zeit der Schenkung zum Herzogtum Schlesien. Nach dem Tod des Herzogs Heinrich II. in der Schlacht bei Liegnitz (1241) und der Teilung des Herzogtums 1249 in drei Teilherzogtümer kam Beilau zum Herzogtum Breslau.
Die Niederlassung in Beilau ist 1261 mit der Nennung des Kommendators Theodoricus bzw. Dietrich als selbständige Kommende belegt.[4] 1302 beauftragte Beatrix von Brandenburg, Witwe des Schweidnitzer Herzogs Bolko I., Herzogin von Schlesien und Herrin auf Fürstenberg ihren Striegauer Landvogt Heidenreich von Buzich und den Erbvogt Gerhard in Kanth mit einer Grenzregulierung, bei der festgestellt wurde, dass ein Busch zwischen zwei Gewässern zur Kurie (Hof) der Johanniter in Beilau gehörte. Unter den Zeugen ist auch ein Bruder Heinrich von Kammendorf erwähnt; allerdings ist unklar, ob er Kommendator der Niederlassung in Beilau war.[5]
Zwischen 1325 und 1334 ist der Kommendator Günther von Pylavia[6] mehrfach in Urkunden erwähnt. Er nahm am 8. Mai 1334 an einem Generalkapitel des Großpriorats Böhmen in Groß Tinz teil.[7]
1331 schenkte Herzog Boleslaus III. den Johanniterkommenden in Klein-Oels und Beilau den vierten Teil des fürstlichen Goldzehnts vom Bergwerk vor Goldberg (... wie weit sich die Stollen auch ausdehnen mögen.). Der Zehnte wurde wöchentlich entrichtet.[8]
Aus bisher nicht ersichtlichen Gründen wurde die Kommende Beilau nach 1411 mit der Kommende Groß Tinz vereinigt.[9][10] Die Johanniterkommende Groß Tinz wurde 1810 säkularisiert.
Der Ort Beilau gehörte auch nach dem 1742 erfolgten Übergang Schlesiens an Preußen 1743 noch dem Malteserorden.[11]
Kommendatoren
BearbeitenAmtszeit | Kommendator | Sonstige Ämter und Anmerkungen |
---|---|---|
1261 | Theodoricus/Dietrich | Kommendator[12] |
1325 bis 1334 | Günther von Pylavia | Kommendator in Beilau,[13][14][15] nahm am 8. Mai 1334 an einem Generalkapitel in Groß Tinz teil[7] |
Literatur
Bearbeiten- Joseph Delaville de Roulx: Cartulaire général de l’Ordre des Hospitaliers de S. Jean de Jérusalem v. 3 (1260–1300). 819 S., Ernest Leroux, Paris, 1899 Online bei Biblioteca Nacional Digital (Im Folgenden abgekürzt Delaville de Roulx, Cartulaire général, Bd. 3 mit entsprechender Seitenzahl)
- Mathias Maria Feyfar: Aus dem Pantheon der Geschichte des hohen souveränen Johanniter-Ritter-Ordens. Verlag des Verfassers, Nikolsburg 1882 (Im Folgenden abgekürzt Feyfar, Pantheon mit entsprechender Seitenzahl)
- Colmar Grünhagen, Konrad Wutke (Hrsg.): Codex diplomaticus Silesiae. Bd. 16: Regesten zur schlesischen Geschichte. 1301–1315. Josef Max, Breslau, 1892 Online bei Czech medieval sources FONTES (Im Folgenden abgekürzt Grünhagen & Wutke, CDS, Bd. 16 mit entsprechender Regestennummer und Seitenzahl)
- Colmar Grünhagen, Konrad Wutke (Hrsg.): Codex Diplomaticus Silesiae. Bd. 22: Regesten zur schlesischen Geschichte. 1327–1333. E. Wohlfahrt’s Buchhandlung, Breslau, 1903 Online bei Czech medieval sources FONTES (Im Folgenden abgekürzt Grünhagen & Wutke, CDS, Bd. 22 mit entsprechender Regestennummer und Seitenzahl)
- Aloys Lerche: Die territoriale Entwicklung der schlesischen Johanniter-Kommenden Groß-Tinz, Beilau, Lossen und Alt-Zülz bis zum Jahre 1333. 41 S., Inaugural-Dissertation, Philosophische Fakultät, Schlesische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau, 1912 (Im Folgenden abgekürzt Lerche, Schlesische Johanniter-Kommenden mit entsprechenden Seitenzahl)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Maria Starnawska: Die innere Korrespondenz der Johanniter im schlesisch-polnischen Ordenszweig in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts auf Grund des Formelbuches aus dem Nationalarchiv in Prag. Ordines Militares, Colloquia Torunensia Historica (Yearbook for the Study of the Military Orders), 25: 229–242, Torun 2020 doi:10.12775/Om.2020.010
- ↑ Ivan Hlaváček, Zdeňka Hledíková: Nichtbohemikale mittelalterliche Originalurkunden in den böhmischen Ländern. Archiv und Wissenschaft, Neue Folge, Bd. 1, Böhlau Verlag, Köln, Wien, 1977, ISBN 3 412 04576 4, S. 92
- ↑ Berthold Graf Waldstein-Wartenberg: Das Großpriorat von Böhmen. In: Adam Wienand in Verbindung mit Carl Wolfgang Graf von Ballestrem, Albrect von Cossel (Hrsg.): Der Johanniter-Orden – Der Malteser-Orden: Der ritterliche Orden des heiligen Johannes vom Spital zu Jerusalem – Seine Aufgaben, seine Geschichte. 3. überarbeitete Auflage, S. 312–320, Wienand-Verlag, Köln, 1988
- ↑ Feyfar, Pantheon, S. 86. Online bei Google Books
- ↑ Grünhagen & Wutke, CDS, Bd. 16, Reg.Nr. 2709, S. 28. Online bei Czech medieval sources FONTES
- ↑ vermutlich dieses Piława
- ↑ a b Stehr, Chronik, S. 54 Online bei Google Books
- ↑ Gustav Adolf Stenzel: Geschichte Schlesiens: Von den ältesten Zeiten bis zum Jahre 1355, Band 1. Verlag Josef Max und Komp., Breslau, 1853 Online bei Google Books
- ↑ Feyfar, Pantheon, S. 106. Online bei Google Books
- ↑ Ernst Staehle: Geschichte der Johanniter und Malteser: Die Johanniter und Malteser der deutschen und bayerischen Zunge: international und überregional. Gnas, Weishaupt, 2002, hier S. 105.
- ↑ Paul Boenisch: Die geschichtliche Entwickelung der laendlichen Verhaeltnisse in Mittel-Schlesien. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der philosophischen Doctorwürde der Hohen Philosophischen Facultät der Universität Jena, Buchdruckerei von Friedrich Stollberg, Merseburg, 1894, hier S. 50 Online bei Google Books von
- ↑ Delaville de Roulx, Cartulaire géneral, Bd. 3, S. 8/9, Urk.Nr. 2989.
- ↑ Grünhagen & Wutke, CDS, Bd. 22, Reg.Nr. 4825, S. 60. Online bei Czech medieval sources FONTES
- ↑ Grünhagen & Wutke, CDS, Bd. 22, Reg.Nr. 5030, S. 124. Online bei Czech medieval sources FONTES
- ↑ Grünhagen & Wutke, CDS, Bd. 22, Reg.Nr. 5107, S. 148. Online bei Czech medieval sources FONTES
Koordinaten: 50° 59′ 6,2″ N, 16° 44′ 7,1″ O