Jost Kobusch
Jost Kobusch (* 3. August 1992 in Bielefeld[1]) ist ein deutscher Bergsteiger und Buchautor.
Leben
BearbeitenKobusch wuchs in Borgholzhausen auf. Er hat fünf Schwestern. Seine Eltern ließen sich früh scheiden. Er wuchs bei seinem Vater, einem Tischler, und in der Obhut verschiedener Au-pair-Mädchen auf. Mit zwölf Jahren begann er in einer Kletter-AG an der Peter-August-Böckstiegel-Gesamtschule in Borgholzhausen mit dem Klettern.[2][3] Kobusch schloss die Schule mit dem Abitur ab[3] und absolvierte einen freiwilligen Wehrdienst als Gebirgsjäger in Berchtesgaden.[4]
Seit 2016 lebt Kobusch in Chemnitz und studiert an der Technischen Universität Chemnitz Sports Engineering.[5]
Bergsteiger
BearbeitenIm Oktober 2013 reiste Kobusch für eine Besteigung des Pik Lenin nach Kirgistan, musste aber die Besteigung aufgrund schlechten Wetters abbrechen. Am 24. Dezember 2013 um 20:12 Uhr bestieg er als erster den bis dahin namenlosen Pik Yoko (4048 Meter).[6][7] Wenige Tage später wurde die Erstbesteigung durch Community Based Tourism Kyrgyzstan auch offiziell anerkannt.[8]
Im April 2014 bestieg Jost Kobusch die Ama Dablam solo und ohne künstlichen Sauerstoff.[9] Er ist der jüngste Solobegeher des Gipfels.[10]
Kobusch filmte am Morgen des 25. April 2015 vom Basislager des Mount Everest eine durch ein Erdbeben ausgelöste Lawine, die Teile des Basislagers verwüstete,[11] durch die mindestens 19 Menschen ihr Leben verloren und durch die mehr als 60 zum Teil schwer verletzt wurden.[12] Kobusch erlangte durch dieses auf YouTube bereitgestellte Video „schlagartig weltweite Bekanntheit“.[13] Die Filmsequenz erreichte innerhalb weniger Tage über 23 Millionen Aufrufe.[11] Nach dem Lawinenunglück gab Kobusch Interviews, unter anderem in Spiegel Online[14] und im Sat.1 Frühstücksfernsehen.[15]
Am 1. Mai 2016 erreichte Kobusch ohne die Zuhilfenahme von künstlichem Sauerstoff den Gipfel der Annapurna (8091 Meter) über die Nordflanke.[16] Es war Kobuschs erster Gipfelerfolg an einem Achttausender.[17] Er ist damit der jüngste und insgesamt achte deutsche Bergsteiger, der auf diesem Gipfel stand.[16] Kobusch war ohne Sherpas unterwegs,[16] nutzte aber nach eigener Aussage „verlegte Fixseile der Sherpas“ der 30 weiteren Bergsteiger,[18] die an diesem Tag den Gipfel erreichten.[19][20] Mit dem israelischen Bergsteiger Nadav Ben Yehuda spielte er unterhalb des Gipfels eine Partie Blitzschach,[17] filmisch dokumentiert durch einen US-Bergsteiger.[21]
Im Oktober 2017 gelang Kobusch die Erstbesteigung des 7296 Meter hohen Nangpai Gosum II.[22][23] Der Berg galt bis zu Kobuschs Solobegehung ohne künstlichen Sauerstoff als der vierthöchste unbestiegene Berg der Erde.[22] Vom Advanced Basecamp (5560 Meter) aus benötigte Kobusch über Camp 1 (6400 Meter) und Camp 2 (6840 Meter) drei Tage bis zum Gipfel, den er am 3. Oktober 2017 erreichte. Er wertete den Schwierigkeitsgrad der Begehung mit TD (Tres Difficile) gemäß dem International French Adjectival System (IFAS).[22] Für diese Leistung wurde Kobusch in die Auswahlliste 2017 – Significant ascents des Piolet d’Or aufgenommen,[24] ging bei der Preisvergabe 2018 aber „leer aus“.[25]
Zum Jahreswechsel 2019/2020 plante Kobusch einen von vielen Bergsteigern kritisch[26] und wenig aussichtsreich[27] gesehenen Versuch der Winterbesteigung des Mount Everest. Laut der »Himalayan Database« war dies nur zwei Sherpan, die mit Unterstützung einer Gruppe im Winter 1987/1988 die Spitze zusammen erklommen, gelungen. Jedoch wollte Kobusch alleine und eine technisch noch anspruchsvollere Route zur Spitze nehmen.[28] Ende Februar 2020 brach er den Versuch auf 7360 Meter ab, weil er nicht mehr in Topform gewesen sei.[29] Zum Jahreswechsel 2021/2022 startete Kobusch die Wiederholung des vor zwei Jahren gescheiterten Versuchs.[30] Er kam dabei auf eine Höhe von 6450 Metern, jedoch machte der Jetstream den Aufstieg in jener Zeit unmöglich, da der Sturm[28] ihm kein Zeitfenster zur Besteigung bot. Der andauernde Sturm zerstörte fünf seiner Zelte. Enttäuscht war Kobusch eigener Aussage zufolge nicht. Er habe sich selbst gezeigt, in der Lage zu sein, den unteren Routenteil des Mount Everest „sehr schnell zu klettern“ und habe dazugelernt. Er plant einen neuen Versuch im Jahr 2023.[28]
Am 19. Februar 2023 bestieg Kobusch in einer Winter-Solobegehung den Denali, mit 6190 m der höchste Berg Nordamerikas. Damit ist er der Erste Nicht-Amerikaner und der Erste, dem es durch das Messner-Couloir gelang. Er ist insgesamt der dritte Solobegeher im Winter. Für die Besteigung benötigte er rund 35 Stunden vom Höhenlager bis zum Gipfel und zurück.[31]
Begehungen (Auswahl)
Bearbeiten- 2014: Solobegehung der Ama Dablam ohne künstlichen Sauerstoff
- 2016: Begehung der Annapurna ohne künstlichen Sauerstoff
- 2017: Erstbegehung des Nangpai Gosum II, solo und ohne künstlichen Sauerstoff
- 2018: Eröffnung der Route Way of the Ancestors zum Gipfel Carstensz-Pyramide[32]
- 2019: Erstbegehung des Amotsang (6393 m) im nepalesischen Damodar Himal[33]
- 2021: Erstbegehung des Purbung (6465 m, auch Putrun Himal oder Purbung Himal) zusammen mit Nicolas Scheidtweiler[34][35]
- 2023: Winter-Solobegehung des Denali (6190 m) als erster Nicht-Amerikaner und als Erster durch das Messner-Couloir.[36]
Schriften
Bearbeiten- Ich. Oben. Allein. Riva, 2017, ISBN 978-3-7423-0079-9
- Reinhold Messner: Mord am Unmöglichen. Herausgegeben von Luca Calvi und Alessandro Filippini, Malik, 2018, ISBN 978-3890295138. Kapitel Jost Kobusch: Es wird immer Neues zu entdecken geben, S. 188 bis 192 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
- Reinhold Messner: „Gehe ich nicht, gehe ich kaputt.“ Briefe aus dem Himalaja. Malik, 2020, ISBN 978-3890295022, Kapitel Jost Kobusch: Mount. Everest. Base. Camp, 2. Januar 2020, Seite 386 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
Dokumentationen
BearbeitenInterviews
Bearbeiten- Wäre beinahe am Everest gestorben – Jost Kobusch | Extrembergsteiger. SWR1 Leute, 35 Min. Erstsendung am 6. Juni 2020.[39]
- Bielefelder Gipfelstürmer. Sonntagsfragen, 23 Minuten, Erstsendung am 10. Januar 2021.[40]
Weblinks
Bearbeiten- Internetseite
- Interview auf www.bento.de, 20. April 2017
- Interview auf der ISPO, 2. August 2017
- Video von Lawinenabgang am Mount Everest: „Der Boden wackelt“, Süddeutsche Zeitung, 27. April 2015.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Jost Kobusch: Was der jüngste 8000er-Bezwinger über die Rentenkasse denkt, boerse-online.de, 2. Februar 2019
- ↑ Oliver Hach: Eiskalt. In: Freie Presse. 20. September 2019, abgerufen am 8. Oktober 2019.
- ↑ a b Zwischen dem Medien-Rummel: Profi-Bergsteiger Jost Kobusch genießt den Heimatbesuch, Haller Kreisblatt, 29. Mai 2019
- ↑ Dem Tod von der Schippe gesprungen, Schwäbische Zeitung vom 1. Juni 2018 (genios.de)
- ↑ Grenzerfahrungen eines Solo-Bergsteigers: ARTE begleitete TU-Student und Profi-Bergsteiger Jost Kobusch bei Solo-Aufstieg zum Mont Blanc - Sendung am 13. Februar, 19:40 Uhr, tu-chemnitz.de, 13. Februar 2019
- ↑ Auf dem Pik Lenin war er den Naturgewalten ausgeliefert, novostan.org, 17. April 2014
- ↑ „Für die Kirgisen war meine Idee verrückt“. In: Novastan Deutsch. 27. März 2014, abgerufen am 8. Oktober 2019 (deutsch).
- ↑ Pik Lenin 7143m Solo. In: jostkobusch.com. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 9. Oktober 2019; abgerufen am 9. Oktober 2019. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Interesting Facts About Ama Dablam. MountainJourney.com, 16. November 2017, abgerufen am 10. November 2019 (englisch).
- ↑ Ama Dablam Solo Record! (video included). Gripped. The Climbing Magazine, 29. Juni 2014, abgerufen am 24. November 2019 (englisch).
- ↑ a b Hannes Vollmuth: Bergsteiger Jost Kobusch filmt eine Everest-Lawine und kommt zu zweifelhaftem Ruhm. Wie denkt er jetzt darüber? Süddeutsche Zeitung, 10. November 2015, abgerufen am 15. Oktober 2019.
- ↑ Stephanie Geiger: Bergsteiger filmte Abgang der Lawine ins Basislager. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27. April 2015, abgerufen am 10. November 2019.
- ↑ Everest: Jost Kobusch plant Solo-Winterbesteigung. In: alpin.de. 28. August 2019, abgerufen am 10. November 2019.
- ↑ Stephan Orth: „Mit 22 fühlt man sich unsterblich“. Spiegel Online, 30. April 2015, abgerufen am 15. Oktober 2019.
- ↑ Sat1 Frühstücksfernsehen 24.11.2015 Bergsteiger Jost Kobusch berichtet. In: YouTube. Jost Kobusch, 28. November 2015, abgerufen am 15. Oktober 2019.
- ↑ a b c Jost Kobusch besteigt Annapurna. In: bergsteigen.com. Alpinverlag Jentzsch-Rabl, 12. Mai 2016, abgerufen am 15. Oktober 2019.
- ↑ a b Schachmatt am Gipfel der Annapurna. Deutsche Welle, 13. Mai 2016, abgerufen am 10. November 2019.
- ↑ Michael Levy: Jost Kobusch To Attempt Everest’s West Ridge, Solo, in Winter. Rock and Ice Magazine, 2. Oktober 2019, abgerufen am 10. November 2019 (englisch): „I used the lines Sherpas put up, …“
- ↑ Ascents - Spring 2016 (updated 1 July 2019). The Himalayan Database, 1. Juli 2019, abgerufen am 10. November 2019 (englisch).
- ↑ Raheel Adnan: Carlos Soria Summits Annapurna at the Age of 77 Years; 30 More Ascents / (Updated). Explorersweb.com, 1. Mai 2016, abgerufen am 10. November 2019 (englisch).
- ↑ Schach in der Todeszone – das Höchste Schachspiel der Welt: Jost vs. Nadav auf 8071m. In: YouTube. Jost Kobusch, 26. Juni 2016, abgerufen am 10. November 2019.
- ↑ a b c Nangpai-Gosum II-Erstbesteiger Kobusch: „Sehr schwierig“. Deutsche Welle, 17. Oktober 2017, abgerufen am 12. Oktober 2019.
- ↑ Redaktion: Alpin. Jost Kobusch: Erfolg am Nangpai Gosum II: Erstbesteigung im Himalaya. In: Alpin Magazin. 17. Oktober 2017, abgerufen am 8. Oktober 2019.
- ↑ 2017 - Significant ascents. In: Internet Archive. Piolet d’Or, archiviert vom am 18. August 2018; abgerufen am 15. Oktober 2019 (englisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Bergsteiger-„Oscars“ vergeben: Piolets d’Or: Das sind die Preisträger 2018. In: alpin.de. 26. September 2018, abgerufen am 15. Oktober 2019.
- ↑ Junger Extrembergsteiger Jost Kobusch spiegel.de
- ↑ 27-Jähriger aus Bielefeld scheitert bei Solo-Winter-Besteigung des Mount Everest spiegel.de
- ↑ a b c Anne Armbrecht: (S+) Jost Kobusch am Mount Everest: »Gehofft, dass ich nicht vom Berg fliege«. In: Der Spiegel. 8. März 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 9. März 2022]).
- ↑ Jonas Damme: 1.488 Meter vorm Ziel: Jost Kobusch bricht Rekordversuch am Mount Everest ab. 29. Februar 2020, abgerufen am 9. März 2022.
- ↑ Everest-Rekordversuch von Jost Kobusch Spiegel.de
- ↑ Jost Kobusch: Erste Solo-Winter-Begehung des Denali über das Messner-Couloir. In: lacrux.com. 21. Februar 2023, abgerufen am 21. Februar 2023.
- ↑ Anwesha Ghosh: Interview: German alpinist Jost Kobusch on his epic journey to establish a new line on Carstensz Pyramid. Dream Wanderlust Society, 15. September 2019, abgerufen am 10. November 2019 (englisch).
- ↑ Noel Gonzalez: Primera en solitario al Amotsang de 6393 metros. Alpinismonline Magazine, 6. November 2019, ehemals im ; abgerufen am 9. November 2019 (spanisch). (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) (nicht mehr online verfügbar)
- ↑ Erstbesteigung: Auf dem Gipfel des Purbung. In: 7summits4help. 14. Dezember 2021, abgerufen am 21. Dezember 2021.
- ↑ Wie ein Abenteurer den Purbung im Himalaya vor anderen bezwang: Erster! Abgerufen am 21. Dezember 2021.
- ↑ Jost Kobusch gelingt Winterbegehung des Denali. In: alpin. 21. Februar 2023, abgerufen am 21. Februar 2023.
- ↑ ARTE Re: Alleingang am Mont Blanc. Grenzerfahrungen eines Solo-Bergsteigers. Spiegel Online, abgerufen am 9. November 2019.
- ↑ Re: Aufstieg am Mount Everest. ARD, abgerufen am 12. Januar 2021.
- ↑ Wäre beinahe am Everest gestorben Jost Kobusch swr.de
- ↑ Bielefelder Gipfelstürmer. WDR, abgerufen am 12. Januar 2021.
Personendaten | |
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NAME | Kobusch, Jost |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Extrembergsteiger |
GEBURTSDATUM | 3. August 1992 |
GEBURTSORT | Bielefeld, Deutschland |