Joya de Cerén
Joya de Cerén (sp.: Juwel von Cerén) ist eine archäologische Ausgrabungsstätte im Departamento La Libertad in El Salvador und war ein präkolumbisches Dorf der Maya, das unter Schichten von Vulkanasche erstaunlich gut erhalten blieb.
Archäologische Stätte Joya de Cerén | |
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UNESCO-Welterbe | |
Feuerstelle im Innern eines Lehmhauses oder eines Schwitzbades (temazcal); im Hintergrund freigelegte Ascheschichten | |
Vertragsstaat(en): | El Salvador |
Typ: | Kultur |
Kriterien: | (iii)(iv) |
Fläche: | 3.200 ha |
Referenz-Nr.: | 675 |
UNESCO-Region: | Lateinamerika und Karibik |
Geschichte der Einschreibung | |
Einschreibung: | 1993 (Sitzung 17) |
Die Stätte gehört seit 1993 zum UNESCO-Weltkulturerbe und gilt als eine der wichtigsten archäologischen Fundstellen Mittelamerikas. Da sie im Gegensatz zu anderen Maya-Ruinen das Leben des einfachen Volkes zeigt, wird Joya de Cerén oft auch als „amerikanisches Pompeji“ bezeichnet.
Lage
BearbeitenDie Fundstätte Joya de Cerén liegt etwa 4,5 Kilometer südlich der Ortschaft San Juan Opico etwa 35 Kilometer (Fahrtstrecke) nordwestlich von San Salvador in einer Höhe von ca. 490 Metern ü. d. M.
Geschichte
BearbeitenUm das Jahr 600 kam es, wahrscheinlich über mehrere Stunden oder Tage, zu explosiven Eruptionen aus zwei Schloten der Loma Caldera, die etwa 1,4 km nördlich und östlich von Cerén liegen.[1][2] Das basaltische Magma kam wahrscheinlich in Kontakt mit dem Wasser des Rio Sucio, so dass hydromagmatische Explosionen auftraten. Pyroklastische Ströme, Brände und der Einschlag von Gestein zerstörten Teile des Dorfes, was übrig blieb, wurde unter einer mehr als fünf Meter mächtigen Schicht pyroklastischen Materials begraben. Die Dicke der Schicht nimmt mit Entfernung von der Caldera rasch ab, etwa einen Kilometer weiter südlich von Cerén beträgt sie noch einen Meter, nach einem weiteren Kilometer noch 10 cm. Dass das Material aus einem der zahlreichen anderen Vulkanschlote der Gegend stammt, gilt mittlerweile als unwahrscheinlich.[1] Unterhalb der Loma-Sequenz befindet sich eine etwa 50 cm tiefe Schicht Tephra aus der Tierra Blanca Joven (TBJ)-Eruption des etwa 40 km entfernten Ilopango,[1] die sich demnach vor der Loma-Eruption ereignete (wahrscheinlich 431[3] oder 539[4]).
Man glaubt, dass die Bewohner ausreichend Zeit zur Flucht hatten, da keine Leichenüberreste gefunden wurden. Sie ließen bei ihrer hastigen Flucht aber ihre Habseligkeiten (Keramik, Möbel, Werkzeug etc.) und sogar Speisereste zurück.
Der Ort wurde erst 1976 durch Payson Sheets, einen Professor der Anthropologie an der University of Colorado, wiederentdeckt und seitdem ausgegraben.
Stadtstruktur
BearbeitenBislang wurden die Überreste von etwa 70 Lehmbauten oder Holzhütten gefunden; diesen konnten fünf Funktionen zugewiesen werden: Schlafhäuser, Küchen (hier wurden Messer, Mahlsteine, Tongefäße mit Speiseresten – Bohnen, Kakao, Chili – sowie Lehmteller gefunden), Vorratshäuser, Werkstätten und Schwitzhäuser (temazcals). Die Häuser hatten Vorgärten und – in einigen Fällen – Wände aus hölzernen Stangen, die miteinander verknotet waren. Die Außenwände einiger Lehmbauten sind – möglicherweise aus unheilabwehrenden (apotropäischen) Gründen – mit geometrischen Ornamenten (Rauten) geschmückt.
Funde
BearbeitenWichtiger als die Gebäude sind jedoch die archäobotanischen Artefakte. Die niedrige Temperatur der nassen Asche der Loma Caldera sowie deren hohe Niederschlagsrate ermöglichte die Konservierung von Pflanzenmaterial. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Entdeckung von Maniokfeldern, da es sich hierbei um das erste Mal handelte, dass Maniok in einer archäologischen Ausgrabungsstätte in der neuen Welt gefunden wurde. Obwohl der Maniok schon lange verwest war, gelang es Wissenschaftlern der University of Colorado Gipsabdrücke aus den resultierenden Hohlstellen herzustellen. Die Bauern hatten den Maniok nur Stunden vor dem Vulkanausbruch gepflanzt.
Museum
BearbeitenTeile des Ausgrabungsgeländes sind mit einem Metalldach abgedeckt worden. In unmittelbarer Nähe zur Ausgrabungsstätte befindet sich ein Museum mit Artefakten, Fotografien und (Rekonstruktions-)Zeichnungen. Das Museum wurde am 19. Juni 1993 gegründet, das heutige Gebäude wurde am 12. Dezember 2003 eingeweiht.
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Payson Sheets: From a Bulldozer Cut to a World Heritage Site. In: Volcanoes - Updates in Volcanology. 14. September 2020, doi:10.5772/intechopen.93624 (open access).
- Payson Sheets (Hrsg.): Before the Volcano Erupted: The Ancient Cerén Village in Central America. University of Texas Press, 2002. ISBN 9780292777613
Weblinks
Bearbeiten- Eintrag auf der Website des Welterbezentrums der UNESCO (englisch und französisch).
- Joya de Ceren, Tourismusseite – Foto, Kurzvideo und Infos (spanisch)
- Joya de Ceren – Bericht der New York Times (englisch)
- Website Museum
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c C. Dan Miller: Volcanology, Stratigraphy, and Effects on Structures. In: Payson Sheets (Hrsg.): Before the Volcano Erupted: The Ancient Cerén Village in Central America. University of Texas Press, 2013, ISBN 978-0-292-74961-0.
- ↑ Clive Oppenheimer: Eruptions that Shook the World. Cambridge University Press, 2011, ISBN 978-0-521-64112-8, 5.1.1 El Salvador's Pompeii´.
- ↑ Victoria C. Smith, Antonio Costa, Gerardo Aguirre-Díaz, Dario Pedrazzi, Andrea Scifo, Gill Plunkett, Mattieu Poret, Pierre-Yves Tournigand, Dan Miles, Michael W. Dee, Joseph R. McConnell, Ivan Sunyé-Puchol, Pablo Dávila Harris, Michael Sigl, Jonathan R. Pilcher, Nathan Chellman, Eduardo Gutiérrez: The magnitude and impact of the 431 CE Tierra Blanca Joven eruption of Ilopango, El Salvador. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. 28. September 2020, doi:10.1073/pnas.2003008117.
- ↑ Robert A. Dull, John R. Southon, Steffen Kutterolf, Kevin J. Anchukaitis, Armin Freundt, David B. Wahl, Payson Sheets, Paul Amaroli, Walter Hernandez, Michael C. Wiemann, Clive Oppenheimer: Radiocarbon and geologic evidence reveal Ilopango volcano as source of the colossal ‘mystery’ eruption of 539/40 CE. In: Quaternary Science Reviews. Band 222, 2019, doi:10.1016/j.quascirev.2019.07.037.
Koordinaten: 13° 49′ 40″ N, 89° 21′ 23″ W