Juhan Peegel

estnischer Schriftsteller Sprachwissenschaftler

Juhan Peegel (* 19. Mai 1919 in Reina auf Saaremaa; † 6. November 2007 in Tartu) war ein estnischer Schriftsteller, Sprachwissenschaftler und Professor für Journalistik an der Universität Tartu.

Juhan Peegel
Grab auf dem Friedhof Tartu (Raadi kalmistu)

Juhan Peegel machte 1938 auf dem Gymnasium von Saaremaa Abitur und arbeitete danach in der Redaktion der Lokalzeitung Meie Maa. 1939 leistete er seinen Militärdienst in der estnischen Armee ab, was nach der Sowjetisierung Estlands dazu führte, dass er in die Rote Armee eingezogen wurde. In deren Reihen musste er am Zweiten Weltkrieg teilnehmen, den er leicht verwundet überstand. 1946 konnte er sein Studium der estnischen Philologie an der Universität Tartu aufnehmen, das er 1951 abschloss. Nach einer dreijährigen Aspirantur wurde er 1954 Kandidat der Wissenschaften, was dem Dr. phil. entspricht, und 1973 Doktor der Wissenschaften. Seit 1957 war er Dozent, ab 1976 Professor an der Universität Tartu.[1]

Bereits seit 1954 bemühte sich Peegel an der Universität Tartu um eine eigenständige Journalistenausbildung. Zunächst geschah dies im Rahmen von Vorlesungen für Studierende der estnischen Philologie, zu denen schrittweise Lehrmaterialien erstellt wurden. 1979 wurde eine eigene Abteilung eingerichtet, deren Leiter Peegel wurde. Für viele künftige Journalisten wurde dieser als „Peegels Privatuniversität“[2] bezeichnete Studiengang zur Vorbereitung auf ihren unter sowjetischen Umständen schwierigen Beruf.

Peegel war seit 1956 Mitglied des Estnischen Schriftstellerverbands.

Juhan Peegel veröffentlichte bereits vor dem Krieg erste literarische Texte in einer Zeitschrift und publizierte 1964 seinen ersten Band mit Kurzprosa. Nach einigen weiteren Prosasammlungen landete er seinen größten Erfolg mit dem 1979 erschienenen Roman Ma langesin esimesel sõjasuvel ('Ich fiel im ersten Kriegssommer'), an dem er seit 1966 gearbeitet hatte. Hierin beschrieb er aus dem Blickwinkel eines einfachen Soldaten nicht nur den Krieg, sondern auch die fremdsprachige Umgebung, in der sich jemand zurechtfinden muss, der einem gerade erst von Stalin eroberten Gebiet entstammte. Die Kritik war sichtlich überrascht, und Peegels Mut, die Dinge nüchtern beim Namen zu nennen, ist noch Jahrzehnte später vom finnischen Literaturwissenschaftler Pekka Lilja bewundert worden.[3] Das Werk, das in den 1980er-Jahren in acht Sprachen übersetzt worden ist, bewies, dass „es im vermeintlich starren Sowjetsystem immer wieder Schlupflöcher gab.“[4]

Neben seinem Prosawerk weist Peegel auch ein umfangreiches Œuvre im wissenschaftlichen Bereich auf, wo er vor allem die Sprache der estnischen Volksdichtung und die Geschichte der estnischen Journalistik untersuchte.

Rezeption in Deutschland

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Ma langesin esimesel sõjasuvel wurde ins Deutsche übersetzt und in Tallinn verlegt:

  • Ich fiel im ersten Kriegssommer. Aus dem Estnischen übersetzt von Viktor Sepp. Tallinn: Perioodika 1982. 190 S.

Vermutlich ist diese Übersetzung nie ins Ausland gelangt.[5] Laut der Literaturwissenschaftlerin Angela Burmeister wurde der Titel dem Leipziger Kommissions- und Großbuchhandel nie angeboten, „sicherlich aufgrund erkannter Übersetzungsmängel“.[6] Tatsächlich ist die Übersetzung mangelhaft.[7]

Auszeichnungen

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Bibliografie

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  • Saaremaa motiive. Pilte ja mõlgutusi. ('Motive aus Saaremaa. Bilder und Betrachtungen'). Tallinn: Ajalehtede-Ajakirjade Kirjastus 1964. 63 S. (Loomingu Raamatukogu 42/1964)
  • Üks kaunis jutu- ja õpetuseraamat ('Ein schönes Erzählungs- und Lehrbuch'). Tallinn: EKP KK Kirjastus 1966. 79 S.
  • Lühikesed lood ('Kurze Geschichten'). Tallinn: Eesti Raamat 1970. 189 S.
  • Kolm tahedat lugemist ('Drei saftige Lektüren'). Tallinn: EKP KK Kirjastus 1973. 94 S.
  • Teed ja ristteed ('Wege und Kreuzwege'). Tallinn: Eesti Raamat 1976. 135 S.
  • Ma langesin esimesel sõjasuvel ('Ich fiel im ersten Kriegssommer'). Tallinn: Eesti Raamat 1979. 170 S.
  • Tuli koduaknas. Valitud teosed ('Feuer im heimatlichen Fenster. Ausgewählte Arbeiten'). Tallinn: Eesti Raamat 1983. 430 S.
  • Aegade jäljed. Kaks habrast juttu ('Die Spuren der Zeiten. Zwei zerbrechliche Geschichten'). Tallinn: Eesti Raamat 1990. 124 S.

Literatur zum Autor

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  • Mihkel Mutt: Üks vanamoeline eesti kirjamees, in: Looming 5/1979, S. 719–725.
  • Professor Juhan Peegli trükitööde nimestik. Koost. Krista Aru. Tartu: TRÜ 1989. 78 S.
  • Sulev Uus: Koolmeister Juhan Peegel, in: Keel ja Kirjandus 5/1994, S. 273–279.
  • Pekka Lilja: Eesti poisid punaarmees 1941. Juhan Peegli romaan "Ma langesin esimesel sõjasuvel", in: Looming 5/2004, S. 748–757.
  • Krista Aru: Hüvasti, Juhan Peegel!, in: Keel ja Kirjandus 1–2/2008, S. 139–142.
  • Alguses oli Juhan. Meenutuslood õpetaja Juhan Peeglist. Koostajad ja toimetajad Maarja Lõhmus, Sulev Uus, Peeter Vihalemm. Tartu: Eesti Akadeemiline Ajakirjanduse Selts, Postimees 2012. 192 S.
  • "Ma lõpetan selle jama ära." Ajakaaslaste meenutuslood Juhan Peeglist. Koostajad ja toimetajad Sulev Uus, Maarja Lõhmus, Peeter Vihalemm. Tartu: Eesti Akadeemiline Ajakirjanduse Selts 2014. 192 S.
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Einzelnachweise

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  1. Eesti kirjanike leksikon. Koostanud Oskar Kruus ja Heino Puhvel. Tallinn: Eesti Raamat 2000, S. 402–403.
  2. Sulev Uus: Koolmeister Juhan Peegel, in: Keel ja Kirjandus 5/1994, S. 276.
  3. Pekka Lilja: Eesti poisid punaarmees 1941. Juhan Peegli romaan "Ma langesin esimesel sõjasuvel", in: Looming 5/2004, S. 757.
  4. Cornelius Hasselblatt: Geschichte der estnischen Literatur. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Berlin, New York: Walter de Gruyter 2006, S. 610.
  5. Cornelius Hasselblatt: Estnische Literatur in deutscher Übersetzung. Eine Rezeptionsgeschichte vom 19. bis zum 21. Jahrhundert. Wiesbaden: Harrassowitz 2011, S. 228.
  6. Angela Burmeister: Estnische Literatur in Deutschland und in der Deutschen Demokratischen Republik von Beginn des 20. Jahrhundert [sic] bis Ende der achtziger Jahre. [Ungedruckte] Dissertation A zur Erlangung des akademischen Grades Doktor eines Wissenschaftszweiges (doctor philosophiae) vorgelegt dem Wissenschaftlichen Rat der Wilhelm-Pieck-Universität Rostock. Februar 1990. S. 127.
  7. Vgl. die Rezension in Estonia 1/1985, S. 22.