Julius Bürger

österreichisch-amerikanischer Komponist, Pianist und Dirigent

Julius Bürger (im englischen Sprachraum auch als Julius Burger geläufig; * 11. März 1897 in Wien; † 12. Juni 1995 in New York City) war ein österreichisch-amerikanischer Komponist, Pianist und Dirigent.

Nachdem er bereits seit 1919 an der Akademie für Musik und darstellende Kunst (der nunmehrigen Musikuniversität) in Wien Student bei Franz Schreker war, folgte er 1920 diesem nach seiner Berufung zum Direktor an die Staatliche Akademische Hochschule für Musik (ebenfalls heute Musikuniversität) in Berlin, wo u. a. Alois Hába, Jascha Horenstein, Ernst Krenek und Karol Rathaus seine Kollegen waren. 1924–1926 war er auf Empfehlung von Bruno Walter Assistent von Artur Bodanzky an der New Yorker Metropolitan Opera. 1929 wurde er Assistent von Otto Klemperer an der Berliner Kroll-Oper. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 erzwang seine Rückkehr nach Österreich, wobei er in der Folge verschiedene musikalische Aufgaben in Wien, Brüssel, Paris und London übernahm, u. a. als Liedbegleiter und Arrangeur. Beliebt wurden seine „Radio Potpourris“ für die BBC.[1] Einige Wochen vor dem Anschluss Österreichs an den NS-Staat machte Bürger bei einer Heimreise von London nach Wien im Februar 1938 in Paris halt, um die weiteren politischen Entwicklungen abzuwarten. Mit seiner Frau ließ er sich zunächst in der französischen Hauptstadt nieder, ehe sie 1939 in die USA emigrierten. Ein großer Teil von Bürgers Familie, darunter seine Mutter und fünf seiner Brüder wurden im Holocaust nach Auschwitz deportiert, seine Mutter unterwegs erschossen, die Brüder im Lager ermordet.

Ab 1949 konnte Bürger seine Dirigiertätigkeit an der Metropolitan Opera wieder aufnehmen. Eine enge künstlerische Freundschaft verband ihn mit dem Dirigenten Dimitri Mitropoulos. Sein kompositorisches Schaffen kam nach und nach fast völlig zum Erliegen. Auch seine früheren Werke wurden kaum aufgeführt. In seinen späten Lebensjahren freundete sich Bürger mit dem US-amerikanischen Rechtsanwalt Ronald S. Pohl an, der sich in der Folge intensiv für Bürgers Musik einsetzte und wesentlich dazu beitrug, dass es zu Uraufführungen und Einspielungen kam. Ein erstes, ausschließlich Bürgers Werken gewidmetes Konzert, in dessen Rahmen u. a. die Premiere des Konzerts für Violoncello und Orchester erfolgte, fand 1991 in der Alice Tully Hall im New Yorker Lincoln Center statt. Julius Bürger starb am 12. Juni 1995 in seiner Wohnung im New Yorker Stadtteil Queens.[2] 2017 übergab Pohl den Nachlass als Dauerleihgabe dem Archiv des Exilarte-Zentrums an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Im Rahmen der Veranstaltungen des Exilarte-Zentrums fand im August 2023 ein erstes Orchesterkonzert mit Werken Julius Bürgers in Wien statt.[3] Im September 2024 folgten unter dem Titel „Aus einer alten Partitur“ ein Kammerkonzert und die Vorführung der Filmdokumentaiton „Julius Bürger – vertrieben und wiederentdeckt. Ein Wiener Komponist kehrt zurück.“[4]

Werke (Auswahl)

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Orchester

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  • Eastern Symphony, ursprünglicher Titel „Near and Far“ (1931)
  • Konzert für Violoncello und Orchester (1938)
  • Sinfonisches Scherzo für Streichorchester (1939)
  • Variationen über ein Thema von Carl Philipp Emanuel Bach (1945)
  • Adagio für Streichorchester (1978)

Kammermusik

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  • 2. Streichquartett (1968)

Diskographie

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  • Zigeunerlied – Joseph Schmidt, Lajos Kiss und sein Zigeunerorchester – (1930); CD-Wiederveröffentlichung auf mehreren Labels
  • Launisches Glück – Joseph Schmidt, Orchester der Staatsoper Unter den Linden, Dirigent: Frieder Weissmann – (1932); CD-Wiederveröffentlichung auf mehreren Labels
  • Adagio aus dem Konzert für Violoncello und Orchester' – Jan Vogler, Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken, Dirigent: Thomas Sanderling – Berlin Classics (CD, 2004)
  • Zwei Lieder für Bariton und Orchester, Scherzo, Cello Concerto, Variationen über ein Thema von Carl Philipp Emanuel Bach – Martin Kraus, Maya Beiser, Radiosymphonieorchester Berlin, Dirigentin: Simone Young – Toccata Classics (CD, 2006)
  • Zwei Lieder für Bariton und Orchester – Dietrich Henschel, Luzerner Sinfonieorchester, Dirigent: John Axelrod – Nimbus (CD, 2006)
  • „A Journey in Exile: The Lieder of Julius Burger“ – Ryan Hugh Ross, Sian Mairi Cameron, Nicola Rose, Daniel Rieppel – Spätlese Musik (CD, 2018)[5]

Literatur

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  • Ryan Hugh Ross: Media, Migration and the Music Aesthetic : Julius Burger‘s Radio Potpourri (1933–1945). Phil. Diss., University of Southampton, Faculty of Humanities, Department of Music, 2023
  • Ryan Hugh Ross (Autor) und Gerold Gruber (Hrsg.): Julius Bürger – Composer – Conductor – Vocal Coach. Böhlau Verlag, Wien 2024, 110 S. (englisch)[6]
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Einzelnachweise

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  1. Ryan Hugh Ross: Julius Burger’s Themes of London: An Émigré’s legacy at the BBC, auf www.bbc.co.uk, 7. Dezember 2020
  2. Obituary: „Julius Burger, 98, A Conductor, Dies“, in The New York Times, 15. Juni 1995, S. D26
  3. „Julius Bürger - vertrieben und wiederentdeckt“, Ankündigung zum Konzert am 18. August 2023
  4. Ankündigung zur Veranstaltung „Aus einer alten Partitur“ in Wien, 16. September 2024
  5. „About the Album“, auf www.rediscoveredbeauty.org
  6. „Die Publikation über das Werk und das Leben des jüdischen Komponisten „Julius Bürger – Composer – Conductor – Vocal Coach“ ist jetzt beim Böhlau Verlag erschienen!“, auf exilarte.org