Juristenausbildung in Griechenland

Ausbildung für die Tätigkeit in juristischen Berufen in Griechenland

Die Juristenausbildung in Griechenland bezeichnet die erforderliche Ausbildung für die Tätigkeit in juristischen Berufen in Griechenland. Sie ist zweistufig und gliedert sich in einen universitären und einen berufspraktischen Abschnitt. Durchschnittlich wird die Ausbildung nach 6,5 Jahren beendet.[1]

Akademischer Abschnitt

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Voraussetzung für alle juristischen Curricula ist der Abschluss eines rechtswissenschaftlichen Studiums. Erforderlich hierfür sind bestimmte Fachkombinationen beim Abschluss der griechischen Lykeios (gr. Λύκειο). Ein Jurastudium ist an drei Universitäten möglich: Athen, Thessaloniki und Komotini.[2]

Das Jurastudium dauert acht Semester (vier Jahre) und endet mit dem Ptychio Nomikis (gr. Πτυχίο Νομικής, Bachelor of Laws). An das Ptychio kann sich ein postgraduales zweijähriges Masterstudium (gr. Μεταπτυχιακο Νομικης) anschließen.[3] Prüfungen sind bestanden, wenn auf einer Notenskala von 1 bis 10 mindestens 5 Punkte erreicht wurden; sie können beliebig oft wiederholt werden.[4] Dem liegt folgende Notenskala zugrunde:

Griechenland (0.00 – 10.00) ECTS Verteilung in %
Ἀριστα (Arista, hervorragend) (8.50 – 10.00) ECTS A
Λίαν Καλώς (Lian kalos, sehr gut) (6.50 – 8.50) ECTS B
Καλώς (kalos, Gut) (5.00 – 6.49) ECTS C
Ohne Abschluss

Die Universität verleiht das Ptychio, wenn der Student 31 Pflichtmodule, 6 Wahlmodule und 4 optionale Module erfolgreich absolviert hat.[2] Die angebotenen Vorlesungen bzw. Prüfungen sind dabei an den drei Universitäten zu 90 % identisch.[5] Im akademischen Jahr 2012/2013 gliederten sich die Kurse in Athen wie folgt:

Pflichtfächer Wahlpflichtfächer Obligatorische Fächer
  1. Rechtsgeschichte
  2. Verfassungsrecht
  3. Allgemeine Grundsätze des Zivilrechts
  4. Einführung in die Rechtswissenschaft
  5. Familienrecht
  6. Strafrecht I: Allgemeine Grundsätze
  7. Völkerrecht
  8. Allgemeines Verwaltungsrecht
  9. Immobiliarsachenrecht
  10. Deliktsrecht (allgemeiner Teil)
  11. Strafrecht II: Verbrechen des Strafgesetzbuches
  12. Handelsrecht (allgemeiner Teil)
  13. Europarecht
  14. Schuldrecht (Besonderer Teil)
  15. Bürgerliche und soziale Grundrechte
  16. Zivilprozessrecht I
  17. Strafprozessrecht
  18. Erbrecht
  19. Verwaltungsprozessrecht
  20. Recht der Handelsgesellschaften
  21. Wertpapierrecht
  22. Individualarbeitsrecht
  23. Anwendungen des Völker- und Europarechts
  24. Zivilverfahrensrecht II
  25. Rechtsphilosophie
  26. Internationales Privatrecht
  27. Kollektives Arbeitsrecht
  28. Praxis des Zivilrecht
  29. Praxis des Öffentlichen Rechts
  30. Praxis des Zivilprozessrechts
  31. Praxis des Strafrechts und Strafprozessrechts
  1. Staatslehre und politische Systeme
  2. Methodenlehre
  3. Rechtssoziologie
  4. Geschichte der politischen und Verfassungsinstitutionen
  5. Kirchenrecht
  6. Römisches Recht
  7. Seerecht
  8. Insolvenzrecht
  9. Versicherungsrecht
  10. Gewerblicher Rechtsschutz
  11. Verwertungsrechte
  12. Recht der Handelsverträge
  13. Umweltrecht
  14. Vorläufiger Rechtsschutz – freiwillige Gerichtsbarkeit – besondere Verfahrensarten
  15. Steuerrecht
  16. Parlamentsrecht
  17. Besonderes Verwaltungsrecht
  18. Sozialversicherungsrecht
  19. Landesplanung und Stadtplanungsrecht
  20. griechische politische und Verfassungsgeschichte
  21. Kriminologie
  22. Sonderstrafgesetze
  23. Strafzumessungsrecht
  24. Wirtschaftsstrafrecht
  25. Forensische Psychologie und Psychiatrie
  26. internationales Strafrecht
  27. Internationale Organisationen
  28. internationaler Geschäftsverkehr
  29. EU-Wirtschaftsrecht
  30. Internationaler Schutz der Menschenrechte
  1. Politikwissenschaft
  2. Volkswirtschaftslehre
  3. Allgemeine Soziologie
  4. Antike griechische Gesetze
  5. Geschichte der Außenpolitik
  6. Politische Ideengeschichte
  7. Jugendstrafrecht
  8. Byzantinische und post-byzantinisches Recht
  9. Recht und Wirtschaft
  10. Recht der Gleichstellung in EU-Mitgliedstaaten und auf europäischer Ebene
  11. Strafrecht und Gender im nationalen und europäischen Recht
  12. Gender: Rechtliche Ausprägungen der Geschlechterverhältnisse im modernen Griechenland
  13. Institutionelle Darstellung der Funktionsweise von Gender in der Sozialpolitik
  14. Rechtsvergleichung
  15. Medien- und Kommunikationsrecht
  16. Kriminalistik
  17. Bankrecht
  18. Ausländerrecht
  19. Gesetz des freien Wettbewerb
  20. Medizinrecht
  21. Luft- und Weltraumrecht
  22. Organisation der Kirchen und internationalen kirchlichen Institutionen
  23. Internationales Wirtschaftsrecht
  24. Schiedsgerichtsbarkeit – Internationale und europäische Zivilprozessrecht
  25. Moderne Formen der Kreditgeschäfte und Wertpapiere
  26. Sportrecht
  27. Rechtsinformatik
  28. Einführung in die Finanzbuchhaltung und Analyse von Finanzkalkulationstabellen
  29. Europäisches Verfassungsrecht

Berufsvorbereitender Abschnitt

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Anwälte

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Die weitere Ausbildung erfolgt getrennt für Richter, Staatsanwalts- und Rechtsanwaltslaufbahn. Bis zum Erlass des Kodikas Dikigoron (Κώδικας Δικηγόρων (N. 4194/2013, ΦΕΚ Α' 208/27-9-2013)) im Jahr 2013[6] oblag die Ausbildung zum Rechtsanwalt gemäß der Rechtsverordnung Nr. 3026 vom 6/8.10.1954 den 63 griechischen Anwaltskammern (Dikigorikos Syllogos, gr. Δικηγορικός Σύλλογος), nunmehr untersteht sie dem Justizministerium.[2]

Seit der Reform 2013 folgt für die werdenden Anwälte auf das Studium ein 18-monatiger berufsvorbereitender Abschnitt; er schließt mit der Zulassungsprüfung zur Anwaltschaft ab. Der Auszubildende arbeitet in dieser Zeit bei einem Rechtsanwalt, oder einer Rechtsanwaltsgesellschaft mit Zulassung an einem griechischen Oberlandesgericht oder dem Areopag oder bei dem Nomiko Symboulio tou Kratous (gr. Νομικό Συμβούλιο του Κράτους). Einzelne Stationen können bis zu sechs Monate in der Verwaltung eines Gerichts, der Staatsanwaltschaft oder der Rechtsanwaltskammer verbracht werden.[2]

Die Zulassungsprüfung besteht aus schriftlichen und mündlichen Prüfungen in Zivilrecht, Strafrecht, Handelsrecht, Zivilprozessrecht und Strafprozessrecht. Die Prüfung kann an zwei Prüfungsterminen jährlich abgelegt werden, jeweils am 31. März und am 30. September. Besteht der Kandidat die Prüfung ist er als Dikigoros (gr. Δικηγόρος) an den Gerichten erster Instanz zugelassen.[2]

Die Richterlaufbahn erfordert eine bestandene Aufnahmeprüfung an der Nationalen griechischen Richterschule (gr. Εθνική Σχολή Δικαστικών Λειτουργών) in Thessaloniki. Voraussetzung für die Prüfung ist ein abgeschlossenes Jurastudium und ein Mindestalter von 27 Jahren und mindestens zwei Jahre lange Ausübung als Anwalt. Für jede Fachgerichtsbarkeit (ordentliche Gerichte und Verwaltungsgerichte) unterscheidet sich die Aufnahmeprüfung.[7]

Die notarielle Tätigkeit bedingt eine vorgehende als Rechtsanwalt. Notariatsprüfungen bietet das Justizministerium jährlich an, soweit Stellen unbesetzt sind. Rechtsgrundlage bildet der Kodikas Symvolaiografon (Κώδικας Συμβολαιογράφων (Ν. 2830/2000), ΦΕΚ Α 96/16-3-2000).[7]

Literatur

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  • Christina Deliyanni-Dimitrakou, Christina M. Akrivopoulou, Yannis Naziris: The role of practice in Greek legal education. In: Revue helĺenique de droit international. 2010, ISSN 0035-3256.
  • Kalliopi Kerameos: Der Rechtsanwalt in Griechenland. In: AnwBl. 2001, S. 349–353 (dgjv.de).
  • Nikolaos Kanellou Klamaris: Das rechtswissenschaftliche Hochschulstudium in Griechenland in der Epoche des Bologna-Prozesses und dessen Evaluierungs-Verfahrensregelungen nach dem Gesetz 3374/2005. In: Jahrbuch des internationalen Zivilprozeßrechts. Vol.10, 2005, S. 181–194.
  • Irini Stamatoudi: An introduction to Greek legal education. In: European Journal of Legal Education. Vol. 1, Nr. 1, 2004, S. 64–66, doi:10.1080/16841360408522921.
  • Anwaltsgesetz (Κώδικας Δικηγόρων (N. 4194/2013, ΦΕΚ Α' 208/27-9-2013), griechisch)
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Einzelnachweise

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  1. Hermann Stephan: Kein Ende der teuren Misere – die zweite juristische Staatsprüfung. In: NJW. 2003, S. 2800.
  2. a b c d e Information der International Bar Association
  3. Der Ausschuss der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister zur Koordinierung der Juristenausbildung (Hrsg.): Bericht über Möglichkeiten und Konsequenzen einer Bachelor-Master-Struktur anhand unterschiedlicher Modelle einschließlich der berufspraktischen Phase unter Berücksichtigung des entwickelten Diskussionsmodells eines Spartenvorbereitungsdienstes. 2011, S. 114 (jm.nrw.de (Memento vom 16. Oktober 2013 im Internet Archive) [PDF]).
  4. Kalliopi Kerameos: Der Rechtsanwalt in Griechenland. In: AnwBl. 2001, S. 349–353 (Online).
  5. Nikolaos Kanellou Klamaris: Das rechtswissenschaftliche Hochschulstudium in Griechenland in der Epoche des Bologna-Prozesses und dessen Evaluierungs-Verfahrensregelungen nach dem Gesetz 3374/2005. In: Jahrbuch des internationalen Zivilprozeßrechts. Vol.10, 2005, S. 181–194.
  6. Siehe zur Ausbildung vor 2013: Kalliopi Kerameos: Der Rechtsanwalt in Griechenland. In: AnwBl. 2001, S. 349–353 (dgjv.de).
  7. a b Information auf Globalex