Die Kölner Rheinmühlen waren im Fluss vor Köln verankerte, unterschlächtige Schiffmühlen, die durch die Strömung angetrieben wurden und für den alltäglichen Bedarf der Stadt Köln produzierten. Sie sind die durch Anton Woensams Kölner Stadtansicht von 1531 am zuverlässigsten dokumentierten Flussmühlen des ausgehenden Mittelalters.

Schiffmühlen auf dem Rhein aus dem Schreinsbild Das Martyrium der Heiligen Ursula 1411 (Köln, Wallraf-Richartz-Museum)
Agrippina of Coellen, das Titelblatt der Koehlhoff-Chronik von 1499, zeigt auf dem Rhein rechts eine Rheinmühlen-Einheit
Schiffmühlen auf dem Rhein vor Köln aus Anton Woensam, Große Ansicht von Köln 1531
Reparatur einer Schiffmühlen-Einheit auf dem Werthchen, aus Anton Woensam, Große Ansicht von Köln 1531

Aus fast allen spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadtansichten kennt man die vor Köln verankerten Schiffsmühlen. Man nimmt für Köln über 900-jährige Geschichte dieser Rheinmühlen an. Im 13. Jahrhundert sollen 36 Schiffsmühlen upme rine hangent (=im Rhein verankert) betrieben worden sein.[1] Das Mahlrecht teilten sich der Erzbischof und bürgerliche Mühlenerben.

Woensams Kölner Ansicht zeigt Details des alltäglichen Betriebs. Aus der Unterreihe wird gerade eine Mühleneinheit herausgenommen und von 26 Mann an einem Seil zum Werthchen, der Werftinsel, gezogen. Das äußere Mühlhaus wird von einem Pultdach überdacht, das Mahlwerk deckt ein dagegen gesetztes Satteldach. Türen gibt es seitwärts. Fenster fehlen.

Eine Rheinmühle bestand aus kastenförmigen Schiffen, die jeweils Bord an Bord das Mühlhaus und das Mahlwerk hielten. Hinten dreht sich ein breites Wasserrad, das nach oben kaum über die Bordkante hinausragt. Mittelschiff und Achsschiff waren durch ein Plankendeck miteinander verbunden. Ein Mühlenschiff war etwa 10 Meter lang, vier Meter breit und hatte eine Seitenhöhe von knapp zwei Metern.

Johann Wilhelm Schuller zeichnet 1754 erstmals einige Bauteile einer dreischiffigen Rheinmühle. Diese arbeitete wahrscheinlich mit einem höheren Wirkungsgrad als die Woensam-Mühlen von 1531. Für einen über 200-jährigen Entwicklungszeitraum erscheinen die erkennbaren Detailverbesserungen jedoch eher gering.[2]

Die Leistung der Schiffsmühlen hängt exponential von der Fließgeschwindigkeit des Flusses ab. Mit acht solcher Mühlen waren die Kölner Rheinmüller ausgestattet, was ein Mehrfaches der jährlichen erforderlichen Mahlleistung von etwa 50.000 Malter ermöglichte.[3]

Ausführlich werden der Aufbau und die Funktionsweise im Mühlenschrein fixiert. Vier Urkunden von 1444, 1588 und 1603 verdeutlichen die Verwaltung und Organisation des Mahlbetriebs. Detaillierte Rechnungsbücher zeigen die Zusammenhänge von 21.000 Einträgen mit dem Kölner Backgewerbe.[4]

Vom 15. Jahrhundert an werden die Rheinmühlen in zahlreichen frühen zeitgenössischen Gemälden und Drucken dargestellt.[5] Detailreich zeigt das Schreinsbild Das Martyrium der Heiligen Ursula (Köln, Wallraf-Richartz-Museum) von 1411 erstmals eine arbeitende Mühleneinheit, die wie ein Wahrzeichen der Stadt dargestellt wird.[6] Im Holzschnitt Ansicht der Stadt Köln vom Rhein von 1474/80 von Werner Rolevinck, Fasciculus temporum sind die Rheinmühlen schematisch dargestellt.[7] Das Vorsatzblatt der Koehlhoff-Chronik 1499 zeigt neben einem Nachen und einem Schwimmkran die offenbar typische Wassermühlen-Einheit.[8]

Mit großem Realismus und Detailreichtum stellte Anton Woensam in seiner Kölner Stadtansicht von 1531 die Mühlen dar.[9] Ein Holzschnitt von 1548 zeigt einen Vierer- und einen Dreier-Verbund von Wassermühlen.[10] In der Darstellung des festlichen Empfangs der Braut des Herzogs Johann Wilhelm von Jülich-Berg, Antonia von Lothringen von 1599 sind Der Stat Waßer Mullen während der Arbeit zu sehen.[11] In Kupferstichen von 1610, 1632 und 1654 wie in der Großen Ansicht von Wenzel Hollar 1656 wird gleichbleibend ein gekoppelter Neuner-Verband von Wassermühlen dargestellt.[12]

Nachwirkungen

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Die Mühlengasse (platea molinendinorum) trägt ihren Namen in Erinnerung an die dort im Fluss verankerten Rheinmühlen.

Literatur

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  • Horst Kranz: Die Kölner Rheinmühlen. Untersuchungen zum Mühlenschrein, zu den Eigentümern und zur Technik der Schiffsmühlen. (= Aachener Studien zur älteren Energiegeschichte. Veröffentlichungen des Historischen Instituts der RWTH Aachen Lehrstuhl für Mittlere Geschichte Bd. 1). Alano Rader Publikationen, Aachen, 1991
  • Horst Kranz: Die Kölner Rheinmühlen II. Edition ausgewählter Quellen des 13. bis 18. Jahrhunderts. Mit einer Datenbank. (= Aachener Studien zur älteren Energiegeschichte. Veröffentlichungen des Historischen Instituts der RWTH Aachen Lehrstuhl für Mittlere Geschichte Bd. 2). Alano Rader Publikationen, Aachen, 1993
  • Horst Kranz: Eine Großstadt löst ihr Energieproblem. Mahlbetrieb der Kölner Rheinmühlen im 16. Jahrhundert Online (MS Word; 23 kB)
  • Peter C. A. Schels: Kleine Enzyklopädie des deutschen Mittelalters. Eine lexikalische Materialsammlung zum Mittelalter im deutschsprachigen Raum Online
  • Hugo Borger/Günter Zehnder: Köln, die Stadt als Kunstwerk: Stadtansichten vom 15.-20. Jh., Köln Greven, 2. Aufl. 1986, ISBN 3-7743-0222-7
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Einzelnachweise

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  1. Schiffsmühlen in: Peter C. A. Schels: Kleine Enzyklopädie des deutschen Mittelalters. Eine lexikalische Materialsammlung zum Mittelalter im deutschsprachigen Raum
  2. Horst Kranz: Die Kölner Rheinmühlen. Untersuchungen zum Mühlenschrein, zu den Eigentümern und zur Technik der Schiffsmühlen. Alano Rader Publikationen, Aachen, 1991.
  3. Horst Kranz: Die Kölner Rheinmühlen II. Edition ausgewählter Quellen des 13. bis 18. Jahrhunderts. Online auf darwin.bth.rwth-aachen.de, abgerufen am 12. Januar 2017.
  4. Horst Kranz: Die Kölner Rheinmühlen II. Edition ausgewählter Quellen des 13. bis 18. Jahrhunderts. Mit einer Datenbank. Alano Rader Publikationen, Aachen, 1993.
  5. Hugo Borger/Günter Zehnder: Köln, die Stadt als Kunstwerk: Stadtansichten vom 15.-20. Jh., Köln Greven, 2. Aufl. 1986, ISBN 3-7743-0222-7.
  6. Hugo Borger/Günter Zehnder: Köln, die Stadt als Kunstwerk: Stadtansichten vom 15.-20. Jh., Köln Greven, 2. Aufl. 1986, ISBN 3-7743-0222-7, S. 66f.
  7. Hugo Borger/Günter Zehnder: Köln, die Stadt als Kunstwerk: Stadtansichten vom 15.-20. Jh., Köln Greven, 2. Aufl. 1986, ISBN 3-7743-0222-7, S. 78f.
  8. Hugo Borger/Günter Zehnder: Köln, die Stadt als Kunstwerk: Stadtansichten vom 15.-20. Jh., Köln Greven, 2. Aufl. 1986, ISBN 3-7743-0222-7, S. 100f.
  9. Hugo Borger/Günter Zehnder: Köln, die Stadt als Kunstwerk: Stadtansichten vom 15.-20. Jh., Köln Greven, 2. Aufl. 1986, ISBN 3-7743-0222-7, S. 115 ff.
  10. Hugo Borger/Günter Zehnder: Köln, die Stadt als Kunstwerk: Stadtansichten vom 15.-20. Jh., Köln Greven, 2. Aufl. 1986, ISBN 3-7743-0222-7, S. 126f.
  11. Hugo Borger/Günter Zehnder: Köln, die Stadt als Kunstwerk: Stadtansichten vom 15.-20. Jh., Köln Greven, 2. Aufl. 1986, ISBN 3-7743-0222-7, S. 144f.
  12. Hugo Borger/Günter Zehnder: Köln, die Stadt als Kunstwerk: Stadtansichten vom 15.-20. Jh., Köln Greven, 2. Aufl. 1986, ISBN 3-7743-0222-7, S. 146f., S. 152ff., S. 168f., S. 171ff.