Karl Dietrich Wolff

deutscher Verleger (* 1943)
(Weitergeleitet von KD Wolff)

Karl Dietrich Wolff, häufig KD Wolff, (* 27. Februar 1943 in Marburg an der Lahn) ist ein deutscher Verleger. Nach seinem Engagement als SDS-Vorsitzender in der 68er-Bewegung machte er sich als Verleger von historisch-kritischen Editionen der Gesamtwerke von Hölderlin, Kafka, Kleist, Robert Walser, Georg Trakl und Gottfried Keller einen Namen.

Karl Dietrich Wolff (1968)

Wolff wuchs im mittelhessischen Wallau auf.[1] Sein Vater Ernst Wolff war Amtsrichter, von 1935 bis 1943 am Amtsgericht Battenberg und von 1949 bis zu seinem Tod 1960 am Amtsgericht Biedenkopf.[1] Seine Eltern stammten beide aus evangelischen Pfarrhäusern.[2][3] Zu seinen Geschwistern gehören der Cellist Frank Wolff sowie der Erziehungswissenschaftler und Soziologe Reinhart Wolff.

Wolff besuchte das Gymnasium Lahntalschule in Biedenkopf.[1] Während seiner Schulzeit verbrachte er 1959/60 ein Austauschjahr in Michigan in den USA.[4][2] Nach dem Abitur verpflichtete er sich 1962 freiwillig für zwei Jahre als Reserveoffiziersanwärter bei der Bundeswehr.[5] 1964 begann er mit dem Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Marburg.[1] Hier hielt er spontan vor mehreren hundert Studierenden während einer Vorlesung von Erich Schwinge, der im Zweiten Weltkrieg als Militärrichter tätig gewesen war, eine kritische politische Rede.[1][4] Wolff wechselte im Laufe des Studiums zunächst an die Universität Freiburg und dann an die Universität Frankfurt am Main. Während seines Studiums engagierte er sich wie auch sein jüngerer Bruder Frank in der Studentenbewegung. Wolff saß von 1965 bis 1967 in Freiburg i. Br. im Studentenparlament und im AStA. 1966 suchte er den Philosophen Martin Heidegger und den Rechtswissenschaftler Fritz Pringsheim auf und ließ von diesen eine Protestnote des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) gegen die von der Großen Koalition (Kabinett Kiesinger) geplanten Notstandsgesetze unterzeichnen.[3][6] Wolff war von 1967 bis 1968 Bundesvorsitzender des SDS.[2] In dieser Funktion hielt er 1968 auf dem Internationalen Vietnamkongress in Berlin die Eröffnungsrede.[7] 1968/69 war er für ein Jahr studentischer Vertreter im Senat der Universität Frankfurt am Main.[2] Wolff brach das Jurastudium ab.[2] Er trat 1969 auf Einladung der Students for a Democratic Society eine Rundreise durch die USA an. Nachdem er den US-Senator Strom Thurmond als „rassistischen Banditen“ bezeichnet hatte, wurde er vor das Komitee für unamerikanische Umtriebe geladen und mit einem Einreiseverbot belegt.[8] Wolff besuchte 1970 auf Einladung durch das Regime Nordkorea[9] und berichtete darüber im Kursbuch.[10] Gegen Wolff wurden in der Zeit seines politischen Engagements in der Studentenbewegung insgesamt 38 Strafverfahren eingeleitet, zu einer Verurteilung kam es nicht, u. a. auch wegen des 1970 in Kraft getretenen Straffreiheitsgesetzes für sog. Demonstrationsdelikte.[5]

1969 war Wolff neben Jörg Schröder Mitbegründer des März Verlages.[2] Nach Differenzen zwischen diesen beiden gründete Wolff im folgenden Jahr das Verlagsunternehmen Roter Stern mit Michael Schwarz, Johannes Weinrich und Wilfried Böse.[2][11] 1975 erschien im Verlag die in der Öffentlichkeit vielbeachtete Frankfurter Hölderlin-Ausgabe, die von D. E. Sattler herausgegeben wurde. 1993 wurde Wolff an seinem Verlagsstand auf der Frankfurter Buchmesse vom damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl besucht und beide unterhielten sich über die von Wolff verlegten Hölderlin-Bände – schließlich galt Kohl als Verehrer dessen literarischen Werks.[12] Wolff machte bei dieser Gelegenheit Kohl auf finanzielle Probleme seines Verlags aufmerksam, wodurch Kohl kurze Zeit später dafür sorgte, dass eine Stiftung aus Liechtenstein bei Wolffs Verlag Hölderlin-Bände im Wert von 200.000 DM kaufte, die dann an Goethe-Institute im Osten verschenkt wurden.[13][14][15]

Weitere Klassiker-Ausgaben folgten von Franz Kafka, Heinrich von Kleist, Gottfried Keller, Robert Walser, Georg Trakl, Johann Peter Hebel, Clara Schumanns Tagebücher, E.T.A. Hoffmann. Außerdem entdeckte Wolff Peter Kurzeck für seinen Verlag, verlegte das Werk des Religionswissenschaftlers Klaus Heinrich und das Erfolgsbuch Männerphantasien von Klaus Theweleit.

1979 gründete er in Basel den Stroemfeld Verlag mit einer Niederlassung in Frankfurt am Main.[2] 1993 ging der Verlag Roter Stern in den Konkurs. Im September 2018 musste der in Frankfurt am Main niedergelassene Teil des Stroemfeld Verlages Insolvenz anmelden; die Niederlassung in Basel war davon nicht betroffen.[16]

Von 1993 bis 1997 war Wolff Beiratsmitglied im Vorstand des PEN-Zentrums Deutschland.[17]

Auszeichnungen

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Schriften (Auswahl)

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  • KD Wolff (Hrsg.): 15 Jahre. Almanach aufs Jahr 1986. Stroemfeld/Roter Stern, Basel/Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-87877-015-4.
  • Karl D. Wolff (Hrsg.): Georg K. Glaser. Zeuge seiner Zeit, Schmied und Schriftsteller. Guntersblum 1910–1995 Paris. [Zur Ausstellung „Georg K. Glaser, Zeuge Seiner Zeit“ vom 1.–28. Juni 1997 in der Stadtbibliothek Worms.] Stroemfeld, Basel, Frankfurt am Main, 1997; ISBN 3-87877-621-7

Von Wolff verlegte Werke

Literatur

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  • Doris Kern und Michel Leiner (Hrsg.): Stardust. Post für die Werkstatt. KD Wolff zum Sechzigsten. Stroemfeld, Frankfurt am Main, Basel 2003, 431 S., Ill., Serie: Roter Stern, ISBN 3-87877-960-7, Festschrift
  • Kurt Reumann: Buch und Barrikade. Aus dem Organisator der Studentenrevolte KD Wolff ist ein Gralshüter des Dichterworts geworden. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29. Januar 2001, S. 8.
  • Kurt Reumann: Der sanfte Revolutionär : 1968 und kein Ende: Der Weg des Verlegers und früheren SDS-Vorsitzenden KD Wolff, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. Mai 2018, S. 10.
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Commons: Karl Dietrich Wolff – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Manfred Hitzeroth: „Revolte hat für mich 1964 angefangen“. In: Oberhessische Presse. 21. April 2018, abgerufen am 4. April 2021.
  2. a b c d e f g h Ulrike Jaspers: "Die Offenheit der Debatten, die die 68er erkämpft haben, lässt sich nicht mehr zurücknehmen". In: Forschung Frankfurt. Januar 2014, abgerufen am 5. April 2021.
  3. a b KD Wolff – Klassische Kantinenkost. In: Cicero. Abgerufen am 5. April 2021.
  4. a b Ein sanfter Revolutionär. In: Göttinger Tageblatt. 6. April 2018, abgerufen am 4. April 2021.
  5. a b Reinhard Müller: KD Wolff: Rebell aus der Waffenkammer. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 4. April 2021]).
  6. Jochen Hieber: Karl Dietrich Wolff, genannt KD: Mehr als ein Verleger. In: FAZ.NET. 27. Februar 2013, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 5. April 2021]).
  7. Vietnam-Kongreß in der TU: Vom bloßen Protest zum Widerstand. In: Der Tagesspiegel. 16. Februar 2018, abgerufen am 5. April 2021.
  8. Noble Geste des US-Botschafters; Die Welt, 28. November 2009
  9. Wolfgang Kraushaar: Die blinden Flecken der RAF. Klett-Cotta, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-608-98140-7, S. 265
  10. K. D. Wolff: Korea und Korea, in: Kursbuch 30, Dezember 1972, S. 119–128
  11. Lorenz Jäger: Dem Verleger KD Wolff zum achtzigsten Geburtstag. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 28. Februar 2023]).
  12. Ich war in Hölderlin gut in Der Spiegel 35/1976 vom 22. August 1976
  13. Ich habe nicht mehr so viel Angst wie früher - Gespräch mit dem Verleger KD Wolff im Börsenblatt vom 23. Juli 2015
  14. Kafka und Walser im Faksimile: Der Stroemfeld-Verlag meldet Insolvenz an in NZZ vom 12. September 2018
  15. Der rote Dichterfreund in Frankfurter Rundschau vom 30. Januar 2019
  16. Jürgen Kaube: Stroemfeld-Verlag insolvent: Einst, als wir lasen. In: FAZ.NET. 7. September 2018, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 5. April 2021]).
  17. KD Wolff. In: Internationale Heiner Müller Gesellschaft. Abgerufen am 5. April 2021.
  18. Bedeutendes verlegerisches und literarisches Wirken. Frankfurter Verleger KD Wolff erhält das Bundesverdienstkreuz; (Memento vom 29. Oktober 2013 im Internet Archive) Frankfurt-Live.com, 12. Dezember 2009
  19. Universität Basel: Ehrenpromotionen Philosophisch-Historische Fakultät