Der Kantschu (auch Kantschuk und volksetymologisch Kantschuh oder Kandschuh, im 18. Jahrhundert[1] in allen vier Formen[2] ins Deutsche entlehnt über polnisch kańczug oder tschechisch kančuch aus türkisch kamçı,[3] im Russischen dagegen нага́йка, Nagaika genannt) ist eine bei orientalischen und slawischen Völkern verbreitete, aus Leder geflochtene Riemenpeitsche, mit einem kurzen Stiel oder auch ohne Stiel nur an einer Schlaufe um das Handgelenk getragen. Im deutschen Sprachraum wurde sie durch Reiseberichte und als Attribut russischer Kosaken und Offiziere bekannt und ihr Name dann auch auf einheimische Züchtigungsinstrumente im Strafvollzug und Erziehungswesen übertragen.

Kantschu mit abgesetztem Stiel

Als scherzhafte Ableitung aus ihrem Namen hat Jean Paul auch das Verb kantschuhen „peitschen, mißhandeln“ gebildet,[4] das jedoch keinen bleibenden Eingang in den deutschen Wortschatz gefunden hat.

Alternativbezeichnung

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Peserik ist eine veraltete Bezeichnung für den Kantschu.[5]

Siehe auch

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Einzelnachweise

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  1. Herman Alfred Hirt: Etymologie der neuhochdeutschen Sprache. 2. verb. und verm. Auflage. Beck, München 1921, S. 145.
  2. Pellander (Pseudonym): Thüringischer Robinson, Das ist: Robinson Baackers, eines gebohrnen Thüringers, curieuse Lebens-Beschreibung. Frankfurt/Leipzig 1737, S. 197: „50. Hiebe mit dem Kantschuh“ (als Strafe des Scharfrichters für dessen grausame Behandlung eines der Verurteilten des „Thorner Blutgerichts“ von 1724);
    Anonym: Der Russische Einfall in die Brandenburgischen Lande, und der darauf erfolgte Preußische Sieg bei Zorndorf. In: Michael Ranft (Hrsg.): Neue genealogisch-historische Nachrichten. Band 112, Leipzig 1759, S. 291–326, S. 296: „Der Landrath von Osten zu Burzen und die Prediger zu Wallachsee, Hasenfier und Wulflatzke wurden mit Kandschuhen halb todt geschlagen, wie denn auch der Landrath wirklich gestorben ist“;
    Otto Bernhard Verdion: Leben und besondere Begebenheiten Peter Roberts, eines gebohrnen Engelländers. Dresden 1763, S. 113: „tractirte er mich mit einem Kantschu, daß mir die Schwülen auf dem Rücken aufsprungen“ (über den Vater des Protagonisten);
    Anonym: Schreiben aus Petersburg vom März 1785, die russische Armee betreffend. In: Auswahl kleiner Reisebeschreibungen und anderer statistischen und geographischen Nachrichten. Teil VIII, Leipzig 1788, S. 970–977, S. 977: „Er [d.h. ein Kosak] darf nicht mit dem Stock oder der Fuchtel gestraft werden, welches man für erniedrigend und schimpflich hält, sondern mit einer Art von scharfer Peitsche, die man Kantschuk nennet.“
  3. Karl Steuerwald: Türkisch-Deutsches Wörterbuch. 2. verb. und erw. Auflage. Otto Harrassowitz, Wiesbaden 1988, S. 596, verzeichnet als erste Bedeutung für Kamçı „Fuhrmannspeitsche f“ (länger als kırbaç)
  4. kantschuhen. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 11: K – (V). S. Hirzel, Leipzig 1873, Sp. 176 (woerterbuchnetz.de).
  5. Theodor Fontane: Meine Kinderjahre. Berlin 1894, S. 295: „… geflochtener Kantschu, der damals, ich weiß nicht unter welcher sprachlichen Anlehnung, den Namen Peserik führte.“