Karpholith

seltenes Mineral, Mangan-Aluminium-Silikat mit zusätzlichen Hydroxidionen

Karpholith ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Mn2+Al2[(OH)4|Si2O6][3] und damit chemisch gesehen ein Mangan-Aluminium-Silikat mit zusätzlichen Hydroxidionen. Der Kristallstruktur nach gehört Karpholith zu den Ketten- und Bandsilikaten (Inosilikaten).

Karpholith
Radialstrahlige Aggregate aus nadeligen, gelben Karpholithkristallen, ausgestellt im Nationalmuseum Prag
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Car[1]

Andere Namen
Chemische Formel
  • Mn2+Al2Si2O6(OH)4[2]
  • Mn2+Al2[(OH)4|Si2O6][3]
  • MnAl2[(F,OH)4|Si2O6][4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Kettensilikate und Bandsilikate (Inosilikate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/D.03
VIII/F.03-030[3]

9.DB.05
65.01.05.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-dipyramidal; 2/m2/m2/m
Raumgruppe Ccce[5] (Nr. 68)Vorlage:Raumgruppe/68[4]
Gitterparameter a = 13,72 Å; b = 20,22 Å; c = 5,13 Å[4]
Formeleinheiten Z = 8[4]
Zwillingsbildung nach {100}[6]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 5 bis 5,5[3] oder 5,5 bis 6[6]
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,935 bis 3,031; berechnet: [3,07][6]
Spaltbarkeit vollkommen nach {010}[6]
Bruch; Tenazität splitterig; sehr spröde
Farbe strohgelb bis wachsgelb, bräunlichgelb
Strichfarbe gelblichweiß[3]
Transparenz durchscheinend bis undurchsichtig
Glanz Seidenglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,610[7]
nβ = 1,628[7]
nγ = 1,630[7]
Doppelbrechung δ = 0,020[7]
Optischer Charakter zweiachsig negativ

Karpholith kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem entwickelt feinnadelige bis prismatische Kristalle, die meist in büscheligen bis radialstrahligen Mineral-Aggregaten angeordnet sind, was auch die Ursache für den seidenähnlichen Glanz des Minerals ist. Die Kristalle selbst sind durchscheinend und von strohgelber Farbe, die gelegentlich ins Wachsgelbe bis Bräunlichgelbe übergeht. Aufgrund der Aggregatbildung erscheint das Mineral allerdings undurchsichtig.

Mit dem Eisen-Analogon Ferrokarpholith (Fe2+Al2[(OH)4|Si2O6][8][9]) bildet Karpholith eine lückenlose Mischkristallreihe.[6]

Etymologie und Geschichte

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Erstmals entdeckt wurde Karpholith bei Horní Slavkov (deutsch Schlaggenwald) in der tschechischen Region Karlovarský kraj (Karlsbad, Böhmen) und beschrieben 1817 durch Abraham Gottlob Werner. Er benannte das Mineral aufgrund seiner charakteristischen Farbe und seiner büscheligen Aggregatform nach den altgriechischen Worten χαρφος karphos für Stroh und λίθος lithos für Stein, daher auch das deutsche Synonym Strohstein.[10]

Da der Karpholith bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt war, wurde dies von ihrer Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen und bezeichnet den Karpholith als sogenanntes „grandfathered“ (G) Mineral.[2] Die seit 2021 ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Karpholith lautet „Car“.[1]

Das Typmaterial des Minerals wird in der Mineralogischen Sammlung der Technischen Universität der Bergakademie Freiberg (TU-BA) unter den Katalognummern 103027 bis 103038 aufbewahrt.[11][12]

Klassifikation

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In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Karpholith zur Mineralklasse der „Silikate“ und dort zur Abteilung „Kettensilikate und Bandsilikate (Inosilikate)“, wo er gemeinsam mit Ferrokarpholith und Lorenzenit sowie im Anhang mit Joesmithit in der „Karpholith-Ramsayit-Gruppe“ mit der Systemnummer VIII/D.03 steht.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer VIII/F.03-030. Dies entspricht ebenfalls der Abteilung „Ketten- und Bandsilikate“, wo Karpholith zusammen mit Balipholit, Capranicait, Eliseevit, Ferrokarpholith, Kaliumkarpholith, Kukisvumit, Lintisit, Lorenzenit, Magnesiokarpholith, Manganokukisvumit, Paravinogradovit, Punkaruaivit, Vanadiokarpholith, Vinogradovit und Yegorovit eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer VIII/F.03 bildet.[3]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[13] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Karpholith in die erweiterte Klasse der „Silikate und Germanate“, dort aber ebenfalls in die Abteilung „Ketten- und Bandsilikate (Inosilikate)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Struktur der Silikatketten. Das Mineral ist hier entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Ketten- und Bandsilikate mit 2-periodischen Einfachketten Si2O6; mit zusätzlich O, OH, H2O; Pyroxen-verwandte Minerale“ zu finden ist, wo es zusammen mit Balipholit, Ferrokarpholith, Magnesiokarpholith, Kaliumkarpholith und Vanadiokarpholith die „Karpholithgruppe“ mit der Systemnummer 9.DB.05 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Karpholith die System- und Mineralnummer 65.01.05.01. Auch dies entspricht der Klasse der „Silikate“ und dort der Abteilung „Kettensilikatminerale“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Kettensilikate: Einfache unverzweigte Ketten, W=1 mit Ketten P=2“ in der „Karpholithgruppe“, in der auch Ferrokarpholith, Magnesiokarpholith, Balipholit, Kaliumkarpholith und Vanadiokarpholith eingeordnet sind.

Kristallstruktur

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Karpholith kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Ccce[5] (Raumgruppen-Nr. 68)Vorlage:Raumgruppe/68 mit den Gitterparametern a = 13,72 Å; b = 20,22 Å und c = 5,13 Å sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Eigenschaften

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Vor dem Lötrohr bläht sich Karpholith auf, wenn die Flamme an die Enden der Fasern gehalten wird. Zudem ist das Mineral sehr spröde und zerspringt leicht mit splitterigem Bruch.[10]

Karpholith ist auch in konzentrierter und erhitzter Salzsäure unlöslich.[14]

Bildung und Fundorte

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Faseriger, seidig glänzender Karpholith aus Biesenrode, Sachsen-Anhalt, Deutschland (Sichtfeld 3 cm)

Karpholith bildet sich in Drusenräumen von Greisen sowie in Quarzknauern (bergmännisch für „festes, schwer zu gewinnendes Gestein“[15]) von metamorphisierten Schiefern. Als Begleitminerale können unter anderem Chloritoid, Fluorit, manganhaltiger Granat, Kassiterit, Sudoit und Zinnwaldit auftreten.

Als seltene Mineralbildung konnte Karpholith nur an wenigen Orten nachgewiesen werden, wobei weltweit bisher knapp 30 Vorkommen dokumentiert sind (Stand 2014).[16] Außer an seiner Typlokalität Horní Slavkov (Schlaggenwald) trat das Mineral in Tschechien nur noch im nahe gelegenen Schacht „Huber“ bei Krásno nad Teplou (deutsch Schönfeld) auf.

In Deutschland kennt man Karpholith bisher nur aus dem Sengelbachtal bei Biesenrode und aus Wippra (Sangerhausen) in Sachsen-Anhalt. Der bisher einzige bekannte Fundort in der Schweiz ist die Tea Alp nahe Martina GR im Kanton Graubünden.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Belgien, Brasilien, China, Frankreich, Griechenland, Italien, Japan, Kasachstan, Polen, Rumänien, Spanien, der Türkei, im Vereinigten Königreich (England) und den Vereinigten Staaten von Amerika (Idaho).[17]

Siehe auch

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Literatur

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  • Abraham Gottlob Werner: Abraham Gottlob Werner’s letztes Mineral-System. Aus dessen Nachlasse auf oberbergamtliche Anordnung herausgegeben und mit Erläuterungen versehen. Hrsg.: Johann Carl Freiesleben. Craz und Gerlach und Carl Gerold, Freiberg und Wien 1817, S. 43–44, 38) Karpholith (rruff.info [PDF; 166 kB; abgerufen am 10. Dezember 2024]).
  • Josef Steinmann: Chemische Untersuchung des Karpholiths. In: Johann Salomo Christoph Schweigger (Hrsg.): Neues Journal für Chemie und Physik in Verbindung mit mehreren Gelehrten herausgeben. Band 25, Heft 1. Schrag’sche Buchhandlung, Nürnberg 1819, S. 413–424 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • W. Lindemann, R. Wögerbauer, P. Berger: Die Kristallstruktur von Karpholith (Mn0.97Mg0.08FeII0.07)(Al1.90FeIII0.01)Si2O6(OH)4. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte. 1979, S. 282–287.
  • Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4., durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 527.
  • Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 237.
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Commons: Karpholith (Carpholite) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 10. Dezember 2024]).
  2. a b c Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: November 2024. (PDF; 3,1 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, November 2024, abgerufen am 10. Dezember 2024 (englisch).
  3. a b c d e f Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  4. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 622 (englisch).
  5. a b Die ehemalige Bezeichnung dieser Raumgruppe lautete Ccca.
  6. a b c d e Carpholite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 76 kB; abgerufen am 10. Dezember 2024]).
  7. a b c d Carpholite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 10. Dezember 2024 (englisch).
  8. Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4., durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 527.
  9. Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 724 (Erstausgabe: 1891).
  10. a b Abraham Gottlob Werner: Abraham Gottlob Werner’s letztes Mineral-System. Aus dessen Nachlasse auf oberbergamtliche Anordnung herausgegeben und mit Erläuterungen versehen. Hrsg.: Johann Carl Freiesleben. Craz und Gerlach und Carl Gerold, Freiberg und Wien 1817, S. 43–44, 38) Karpholith (rruff.info [PDF; 166 kB; abgerufen am 10. Dezember 2024]).
  11. Alexander Matthies: Typmaterialkatalog Deutschland – Karpholith. Mineralogisches Museum der Universität Hamburg, 5. August 2024, abgerufen am 10. Dezember 2024.
  12. Catalogue of Type Mineral Specimens – C. (PDF 312 kB) Commission on Museums (IMA), 9. Februar 2021, abgerufen am 10. Dezember 2024 (Gesamtkatalog der IMA).
  13. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  14. Josef Steinmann: Chemische Untersuchung des Karpholiths. In: Johann Salomo Christoph Schweigger (Hrsg.): Neues Journal für Chemie und Physik in Verbindung mit mehreren Gelehrten herausgeben. Band 25, Heft 1. Schrag’sche Buchhandlung, Nürnberg 1819, S. 413–424; hier:415 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 10. Dezember 2024]).
  15. „knaur, m. bis knaufeln“ In: Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, Band 11, Spalte 1365 bis 1368, Leipzig 1854–1961. In: woerterbuchnetz.de. Kompetenzzentrum – Trier Center for Digital Humanities, abgerufen am 10. Dezember 2024.
  16. Localities for Carpholite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 10. Dezember 2024 (englisch).
  17. Fundortliste für Karpholith (Carpholite) beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 10. Dezember 2024.