Kehrichtverwertungsanlage Winterthur

Anlage zur energetischen Verwertung von Abfällen in Winterthur

Die Kehrichtverwertungsanlage Winterthur (KVA Winterthur) ist eine Anlage zur energetischen Verwertung von Abfällen in Winterthur. Die jährlich verarbeitete Abfallmenge beträgt 190 000 Tonnen. Durch Wärme-Kraft-Kopplung werden je 20 % des Winterthurer Strom- und Wärmebedarfs durch die KVA gedeckt.[1]

Kehrichtverwertungsanlage Winterthur
Lage

Kehrichtverwertungsanlage Winterthur (Stadt Winterthur)
Kehrichtverwertungsanlage Winterthur (Stadt Winterthur)
Koordinaten 699081 / 261623Koordinaten: 47° 29′ 52″ N, 8° 45′ 13″ O; CH1903: 699081 / 261623
Daten

Primärenergie Müllverbrennung
Leistung 22 MW (elektrisch)
97 MW (Fernwärme)
Eigentümer Stadtwerk Winterthur
Betreiber Stadtwerk Winterthur
Projektbeginn 1963
Betriebsaufnahme 1965
Website https://stadtwerk.winterthur.ch/Angebot/Entsorgung/Kehrichtverwertung
Stand 2024

Geschichte

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KVA Winterthur (1967)

Vor der Inbetriebnahme der Kehrichtverwertungsanlage wurde der Abfall der Region in verschiedenen Deponien gelagert. Die KVA nahm 1965 mit zwei Verbrennungslinien ihren Betrieb auf und versorgte neben Winterthur elf weitere Gemeinden. Seit 1971 produziert die KVA mit Dampfturbinen Strom. Die erneuerte Verbrennungslinie 1 wurde 1978 in Betrieb genommen. In einer Volksabstimmung im Jahr 1986 wurde der Bau der neuen Verbrennungslinie 2 mit Rauchgasreinigung beschlossen; 1994 wurde sie in Betrieb genommen. Die Erneuerung der Verbrennungslinie 1 wurde 2007 beschlossen und in den Jahren 2009 bis 2012 durchgeführt. Gleichzeitig wurde die Rauchgasreinigung um eine vierte Stufe zur Dioxin- und Furanabscheidung erweitert.[1][2] Im Zuge der Umbauarbeiten wurde im Juli 2012 auch der 80 Meter hohe Kamin der KVA abgebrochen und durch neue Schornsteine von 60 Meter Höhe ersetzt. Mit der höheren Temperatur und geringeren Feuchtigkeit der Abgase nach dem Umbau wurden die Phänomene von Dampffahnen und Industrieschnee seltener.[3] Stand 2014 versorgte die KVA Winterthur 52 Gemeinden und verwertete 180 000 Tonnen Abfall pro Jahr.[2]

Seit den 2010er Jahren gab es aussergewöhnlich häufig Brände in der KVA Winterthur, die zu Schäden von 15 Millionen Franken führten. 96 % der Brände in Kehrichtverwertungsanlagen im Kanton Zürich fielen auf die KVA Winterthur.[4] Mitarbeitende der KVA sahen die Ursache der Brände unter anderem in Missmanagement durch den Produktionsleiter.[5]

Eine Erneuerung der Verbrennungslinie 2 mit verbesserter Rauchgasreinigung und Wärmeauskopplung ist geplant. Künftig soll so ein Drittel des Wärmebedarfs von Winterthur gedeckt und 12,6 Kubikmeter Frischwasser pro Stunde eingespart werden.[6] Dem für den Bau notwendigen Kredit in Höhe von rund 293 Millionen Franken stimmte die Bevölkerung im September 2024 zu.[7] Ebenfalls geplant ist der Bau einer Anlage zur CO2-Abscheidung und -Speicherung.[6]

Die Abfälle werden an fünf Abladestellen angenommen und in einem Bunker mit einer Kapazität von 8000 Kubikmetern gelagert. Von dem Bunker werden die Abfälle auf die zwei Verbrennungslinien mit den folgenden technischen Daten aufgeteilt:[2]

Verbrennungslinie 1 Verbrennungslinie 2
Abfalldurchsatz in t/h 10,5 14
Inbetriebnahme 2012 1993
Rostlieferant Martin
Kessellieferant Wulff Sulzer
Dampferzeugung in t/h 45 56
Totale Dampfmenge in t/a 690.000
Dampfdruck in bar 43
Dampftemperatur in °C 400

Die Rauchgase werden in vier Stufen, bestehend aus Elektrofiltern, Rauchgaswäsche und Oberflächenfiltern, gereinigt. Das Abwasser der Rauchgaswäsche wird vorbehandelt und anschliessend zur Abwasserreinigungsanlage Winterthur-Hard weitergeleitet.[1] Der produzierte Dampf wird für Fernwärme mit einer installierten Leistung von 97 MW genutzt oder durch den Turbosatz, bestehend aus einer MAN-Dampfturbine und einem Generator mit einer maximalen Leistung von 22 MW, in elektrische Energie umgewandelt.[8][2]

Kunst am Bau

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Kerberos am Scheideggweg

Nach der Erneuerung der Verbrennungslinie 1 wurde im Jahr 2013 das Werk Kerberos der Schweizer Künstlerin Katja Schenker an der KVA installiert. Kerberos ist ein 225 Meter langer und 4 Meter hoher Zaun aus verformten Gittermatten, der die KVA an der St. Gallerstrasse und am Scheideggweg einfasst. Der Titel des Werks bezieht sich auf den Höllenhund Kerberos aus der griechischen Mythologie.[9] Das Kunstwerk löste Diskussionen aus, unter anderem wegen der Kosten in Höhe von 380.000 Franken, welche durch die Abfallgebühren finanziert wurden.[10]

Siehe auch

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Commons: Kehrichtverwertungsanlage Winterthur – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c Kehrichtverwertung in Winterthur. (winterthur.ch [PDF; abgerufen am 23. April 2024] Stadtwerk Winterthur).
  2. a b c d Stadtwerk Winterthur – von der Lehmgrube zum umweltschonenden KHKW. 2014 (z-a-v.ch [PDF; abgerufen am 29. März 2024] Zürcher Abfallverwertungs AG).
  3. Dampffahne und Industrieschnee fast passé. In: Der Landbote. 3. Juli 2012, abgerufen am 6. April 2024.
  4. Jonas Keller: Führungsprobleme in der KVA verursachten Millionenschäden. In: Tages-Anzeiger. 18. Oktober 2023, abgerufen am 29. März 2024.
  5. Jonas Keller: Nach mehreren Grossbränden: Kadermann geht nach heftiger Kritik. In: Tages-Anzeiger. 29. Januar 2024, abgerufen am 29. März 2024.
  6. a b Kredit für den Ersatz der Verbrennungslinie 2 der Winterthurer KVA sowie energetische und ökologische Verbesserungen. In: Medienmitteilungen Stadt Winterthur. 1. Dezember 2023, abgerufen am 1. April 2024.
  7. Ja zur Erneuerung der Kehrichtverwertungsanlage (KVA). In: Medienmitteilungen Stadt Winterthur. 22. September 2024, abgerufen am 23. Oktober 2024.
  8. 50 Jahre Kehrichtverbrennung in Winterthur. In: Medienmitteilungen Stadt Winterthur. 31. August 2015, abgerufen am 16. Mai 2024.
  9. Tanja Kummer: Kerberos. In: Kunstbulletin. Abgerufen am 8. Juni 2024.
  10. Patrick Aeschlimann: Ein Höllenzaun für Winterthurs KVA. In: Baublatt. 24. Februar 2014, abgerufen am 8. Juni 2024.