Fliehburg

Zeitweiliger Rückzugsort bei Kriegsgefahr
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Als Fliehburg (auch Fluchtburg, Volksburg, Bauernburg oder Vryburg) wird eine burgähnliche, meist von Wällen umgebene Verteidigungsanlage bezeichnet, die nicht dauerhaft bewohnt wurde, sondern einer lokal ansässigen Bevölkerung als zeitweiliger Rückzugsort bei Kriegsgefahr diente. Ihrer Bauweise nach handelt es sich meist um Wallburgen.

In vergangenen Jahrhunderten wurden derartige Anlagen oft mit historisch falschen, legendenhaften Namen bezeichnet, wie Hünenburgen, deren Entstehung Hünen zugeschrieben wurde, oder als Heidenburgen, da man Heiden als Erbauer vermutete, oder Hunnenburgen, im Zusammenhang mit dem Hunnensturm.

Geschichte

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Babilonie im Wiehengebirge, Wall der vorrömischen Eisenzeit
 
Rekonstruierte spätrömische Fliehburg Katzenberg bei Mayen

In Europa sind durch archäologische Grabungen eine Vielzahl von großräumigen Wallanlagen (meist mehr als 100 m Durchmesser) der frühgeschichtlichen Zeit nachgewiesen, die als Fliehburgen vor allem aus der Hallstattzeit (ab etwa 800 v. Chr.), insbesondere der Latènezeit (450 v. Chr. bis zur Zeit um Christi Geburt), interpretiert werden. Über die antike Geschichtsschreibung sind unter anderem die von Caesar als oppidum bezeichneten Fliehburgen der Gallier und anderer Kelten bekannt, die jedoch auch dauerhafte Siedlungen sein konnten; bei den keltischen Oppida handelt es sich oft um größere, stadtartig angelegte und befestigte Siedlungen der La-Tène-Zeit (späten Eisenzeit). Ähnliche Ringwallanlagen (Wallburgen) bauten auch die verschiedenen germanischen und slawischen Völkerschaften, letztere noch bis weit in die Zeit des Mittelalters hinein, entweder als Flucht- oder auch als dauerhafte Siedlungsorte. Als Baumaterial wurde vor allem Erde, aber auch Holz und Stein in verschiedenen Konstruktionsweisen verwendet.

Die von den Römern selbst errichteten Fliehburgen aus der Zeit um 300 n. Chr., als der Limes überrannt wurde und germanische Stämme plündernd ins römische Germanien eindrangen (Limesfall), entsprachen der hochentwickelten römischen Militärarchitektur.

Der Übergang von Fliehburgen zu dauerhaft bewohnten Plätzen ist oft fließend gewesen bzw. in wechselnden Phasen verlaufen, je nach Bedrohungslage. Ausschlaggebend waren auch die Wasserversorgung, die Nähe oder Ferne zu fruchtbaren Ebenen oder Handelswegen, die Höhenlage mit Rundblick oder Bewaldung, zur Verteidigung oder als Versteck in kriegerischen Zeiten oder auch als Rückzugsort für Talbewohner bei Überschwemmungen. Die Bandbreite reicht von simplen Ringwällen mit Palisaden, in denen Menschen und Vieh sich kurzzeitig in Sicherheit bringen konnten, bis zu längerfristig bewohnten Hüttendörfern innerhalb der Wälle. Die völkerwanderungszeitlichen Höhensiedlungen vor allem des 4. und 5. Jahrhunderts n. Chr. nahmen teilweise sogar stadtartigen Charakter an. In Italien sind solche Höhensiedlungen oft bis heute bewohnt, im Oströmischen Reich werden sie Kastrone genannt. Fliehburgen wurden während der Völkerwanderung von den vordringenden Germanenstämmen ebenso angelegt wie von den sich vor ihnen schützenden römischen Bürgern, darunter auch der romanisierten germanischen Bevölkerung im Römischen Reich. So finden sich um Ardennen und Eifel römische Fliehburgen, in Südwestdeutschland solche der Alamannen, in Mitteldeutschland der Thüringer, im Alpenraum der romanisierten Kelten, in Italien und im Balkangebiet der dortigen römischen Bevölkerung. Diese Anlagen wurden nach Ende des Weströmischen Reiches teilweise von den eingedrungenen Goten und Langobarden weitergenutzt.

Im 8. Jahrhundert führten die Auseinandersetzungen zwischen Franken und Sachsen (die Sachsenkriege Karls des Großen) zur Anlage von Fliehburgen, oft auf Höhenrücken, die schon in vorchristlicher Zeit besiedelt gewesen waren. Am Fuß von Bergen mit Sachsenwällen, wie Syburg oder Eresburg, wurden dann oft fränkische Königshöfe angelegt. Bald danach fielen die Normannen in ganz Europa ein (9./10. Jh. n. Chr.), gleichzeitig die Sarazenen im Mittelmeerraum (ab etwa 700 n. Chr.) und zwischen 899 und 955 folgten die Ungarneinfälle, ebenfalls in ganz Europa, und wiederum wurden Fliehburgen errichtet oder alte Flucht- und Siedlungsplätze auf Anhöhen erneut befestigt. Die Ungarnwälle entstanden jedoch, anders als frühere Fluchtburgen, nicht spontan, sondern vielmehr zentral geplant aufgrund der Burgenordnung, die König Heinrich I. auf dem Hoftag zu Worms (926) erließ. Neben dem Ausbau älterer Wallanlagen wurden auch bisher schutzlose Städte und Märkte mit Mauern befestigt.

 
Rekonstruierte slawische Fliehburg Raddusch (Niederlausitz)

Die slawischen Burgwälle sind im Zusammenhang mit dem zeitgleichen Burgenbau in den deutschen Nachbargebieten zu sehen, als Verteidigungsmaßnahmen gegen die deutsche Ostsiedlung. Sie kommen nur dort vor, wo selbstständige slawische Gesellschaften bestanden, fehlen also trotz slawischer Besiedlung in Thüringen, im Main-Regnitz-Gebiet (Bavaria Slavica) und in Niederösterreich, denn hier siedelten die Slawen innerhalb des Ostfrankenreichs.

Auch später im Mittelalter wurden Fliehburgen durch Bauern erbaut. Diese Bauernburgen dienten der Landbevölkerung als Schutz vor marodierenden Kriegshorden. Die Befestigungsanlagen hatten meistens nicht viel gemein mit den vom Adel erbauten, ständig bewohnten Burgen, sondern bestanden oft nur aus Erdbefestigungen und Holzpalisaden auf gut zu verteidigenden Höhenlagen.

Auch die mittelalterlichen Wehrkirchen und Kirchenburgen dienten als Fliehburgen. Sie wurden primär als Dorfkirche genutzt, waren durch Befestigung jedoch auch als temporärer Zufluchtsort für die Dorfbewohner geeignet. Die Mauer des Kirchhofs, der in seiner eigentlichen Funktion als Friedhof diente, wurde bei Kirchenburgen zu einer verteidigungsfähigen Wehrmauer ausgebaut, und auch der Kirchturm konnte Wehrfunktion übernehmen.

Gestalt der Anlagen

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Fliehburgen bestanden meist aus Erdwerken und Ringwällen (Wallburgen), waren bisweilen als Viereckschanzen angelegt und verfügten oft über Palisaden. In der Regel besitzen Fliehburgen keine Türme, teilweise kommen jedoch Torturm-ähnliche Überbauten (siehe Bennigser Burg) vor. Fliehburgen dieser Art gehörten zu unbefestigten bäuerlichen Siedlungen und boten im Falle eines feindlichen Angriffs der Bevölkerung einer Region Schutz, während die Siedlungen meist der Plünderung und Zerstörung durch die Angreifer anheimfielen. Für den Fall einer Belagerung konnten die weitläufigen Fliehburgen auch mit Vorräten ausgestattet werden. Da Fliehburgen überwiegend keine Dauersiedlungen waren, werden bei archäologischen Ausgrabungen oft nur wenige Hinterlassenschaften gefunden.

Fliehburgen in Deutschland (mit Zeitangabe)

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Grundriss der Herlingsburg
 
Rekonstruktion der eisenzeitlichen Wallburg (4. Jh. v. Chr.) auf dem Tönsberg im Archäologischen Freilichtmuseum Oerlinghausen

Fliehburgen in Österreich

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Bei der Fliehburg auf einem Hügel handelt es sich um 400 n. Chr. erbautes spätantikes Kastell, das die Aufgabe der Sicherung des Straßenüberganges in das Gailtal besaß, also primär nicht als Fliehburg angelegt worden war. Bei Ausgrabungen wurde neben den Befestigungsanlagen eine frühchristliche Kirche im Inneren des Kastells freigelegt.

Siehe auch

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Wiktionary: Fluchtburg – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen