Kirche Canitz (Riesa)

Kirchhof mit Kirchengebäude in Deutschland

Die evangelisch-lutherische Kirche in Canitz, einem Stadtteil von Riesa in Nordsachsen befindet sich in dem ländlichen Gebiet zwischen Oschatz, Riesa und Strehla.

Kirche Canitz mit neuem Dach, 2020
Ansicht Canitz um 1830
Kirche Canitz: Grundriss
Notsicherung, Sicherung des Mauerwerks
Zustand April 2018

Geschichte

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13. bis 17. Jahrhundert

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Im Zusammenhang mit dem Herrensitz des Bero de Kaniz wird Canitz 1221 erstmals urkundlich erwähnt.[1] Die Entstehung einer Kirche wird somit im 13. Jahrhundert vermutet. Canitz gehörte zur Lehnsherrschaft der Burggrafen von Meißen. Der Bischof Johann von Ienzenstein stiftete in der Zeit von 1376 bis 1379 den Altar des heiligen Wenzeslaus und schenkte urkundlich belegt 10 ½ Schock neue Meißner Groschen.[2]

Um 1430 bis 1431 erfolgte der Einbau eines Glockengeläutes. Im 16. Jahrhundert – ein Rittergut ist im Jahr 1513 belegt[1] – befand sich Canitz im Besitz der Familie von Pflugk, und diese ließ um 1550 das alte Schloss erbauen.

Ab dem Jahr 1539 ist die Kirche als Pfarrkirche belegbar und wurde spätestens seit dem Jahr 1630 als Filialkirche der Kirche in Borna aufgeführt. Im Jahr 1631 brach in Canitz die Pest aus und forderte unter den 143 Einwohnern 106 Todesopfer. Um 1655 war die Familie von Schleinitz in Besitz von Canitz, Rittergutsbesitzer Andreas Dietrich von Schleinitz schenkte der Kirche einen silbernen Kelch für 25 Thaler und 8 Groschen.[3] Als der Nachbesitzer Johann Wilhelm Wittmann 1798 in Canitz verstarb, übernahm seine Witwe Johanna Sophie Wilhelmine als Wohltäterin das Gut. Sie vermachte zu Lebzeiten 10.000 Thaler der Kirche und 1000 Thaler der Gemeinde als „eisernes Kapital“.[4]

Bis 1800

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Die schlichte Kirche befand sich neben dem Herrenhof und wurde vom Schlosspark des neuen Schlosses – 1758 erbaut und als Folge der Bodenreform 1947 abgerissen und beseitigt – umgeben.[5] Von 1693 bis 1697 ließ sie der Rittergutsbesitzer Andreas Dietrich von Schleinitz umbauen und erweitern.[6] Es entstand ein rechteckiges Kirchenschiff mit einem an der Westseite befindlichen Turm mit achteckigen Turmgeschoss und einer abschließenden geschweiften Haube. Im Altarraum waren zwei zweistöckige Betstuben angeordnet.

Ein neuer Turm, höher und kräftiger wurde 1697 angefügt.[6] Nachlässigkeiten und die Gründung auf Schwemmsand beim Bau führten immer wieder zu Rissbildungen am Turm.

Um 1672 wurde ein massiver Altar eingebaut. Von einem umfassenden Umbau der Kirche berichten die Chroniken in dem Jahr 1697. Preußische Soldaten plünderten im Siebenjährigen Krieg 1758 die Kirche und stahlen vornehmlich die aus Zinn bestehenden Orgelpfeifen. Um 1741 wurde das neue Pfarrhaus fertiggestellt.[7]

Um 1784 erfolgten umfangreiche Reparaturarbeiten am Turm der Kirche und an den Außenmauern. Zugleich wurde das Dach komplett erneuert, neue Emporen eingebaut und ein neues Gestühl in der Kirche aufgestellt.[6]

Bis 1945

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In den Jahren 1829 bis 1830 wurden die Pfarrwirtschaftsgebäude neu erbaut. Um 1891 brannte die große Scheune nieder und wurde nicht wieder aufgebaut. Eine weitere Erneuerung der Kirche erfolgte in den Jahren 1863 und 1869 bis 1870. Insbesondere wurde der Kirchturm, der Treppenaufgang zur Kanzel und zur nördlichen Betstube erneuert.

Anlässlich des 200-jährigen Bestehens der Kirche wurde aus den Zinsen des Wittmannschen Legats eine neue Orgel installiert. Ein ebenfalls neuer Taufstein aus Eichenholz mit bronzenen Taufbecken vervollständigten das Inventar. Den alten gotischen Taufstein aus dem 14. Jahrhundert platzierte man 1863 auf dem Kirchhof hinter der Kirche.[8] Im Jahr 1894 wurden wiederum am Turm bedenkliche Risse repariert.

Im Jahr 1871 wurde innen eine Gedenktafel für die Opfer des Deutsch-Französischen Krieges angebracht.

Von dem ursprünglichen Geläut wurde 1914 eine Glocke eingeschmolzen. Im Jahr 1921 erfolgte die Anbringung und die Weihe eines Gedenksteines mit den Namen der Opfer des Ersten Weltkrieges an der Außenwand der Kirche. Ab 1931 gehörte die Kirche Canitz zur Bornaer evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde, seit 2020 zur Kirchgemeinde Oschatzer Land im Kirchenbezirk Leisnig-Oschatz der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens.

Wiederum wurde im Jahr 1942 eine Glocke des historischen Geläutes aus dem Jahr 1431 für Rüstungszwecke abgeliefert. Diese konnte 1948 von der Sammelstelle in Hamburg zurückgeholt werden. Beim Einmarsch der Roten Armee 1945 wurden Canitz und auch die Kirche geplündert. Dabei wurde das Kirchgebäude stark beschädigt.

Nach 1945

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Kirchenruine Canitz

In den Jahren 1948 bis 1949 erfolgte eine Renovierung der Kirche, außerdem wurden die Kriegsschäden beseitigt. In den Jahren 1953 bis 1954 wurde eine Außensanierung mit der Erneuerung des Fassadenputzes vorgenommen. Der bauliche Zustand verschlechterte sich zusehends. Das Dach wies größere Schadstellen auf und war somit undicht. Das Regenwasser zerstörte das hölzerne Dachtragwerk. Der Erhalt dieser Kirche scheiterte nicht zuletzt an der mangelnden Bereitstellung von Material und Baufirmen durch die staatlichen Stellen.

Im Jahr 1967 erfolgte die Schließung der Kirche wegen Baufälligkeit und akuter Einsturzgefahr. Sie wurde ab 1975 bis auf die Umfassungsmauern bis zur Traufhöhe abgetragen. Einiges Inventar wurde an umliegende Kirchen verschenkt oder verkauft. Seit dem Verlust des Kirchgebäudes finden die Gottesdienste im Gemeinderaum des Pfarrhauses Oschatzer Straße 85 statt.

Das Geläut bestand aus zwei Bronzeglocken, hergestellt von der Glockengießerei Schilling aus Apolda.[9] Der Glockenstuhl besteht aus einer Holzkonstruktion und die Glockenjoche ebenfalls. Die Glocken wurden 1904 gegossen und sind am 29. Januar 1907 gemeinsam mit der Kirche geweiht worden.

Im Folgenden eine Datenübersicht:[9]

Nr. Gussdatum Gießer Durchmesser Masse Schlagton
1 1933 Glockengießerei Schilling 575 mm 122 kg e″
2 1430 Glockengießerei unbekannt 573 mm 119 kg fis″

Glockenturm

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Im Jahr 1989 entstand ein Glockenturm auf dem Friedhof für die beiden Canitzer Glocken. Somit läutet die historische Glocke aus dem Jahr 1431 wieder.

Wiederaufbauprojekt

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Im November 2005 gründete sich ein Förderverein[10] zum Wiederaufbau einer neuen Kirche. In der Folgezeit wurde die Kirche enttrümmert, der Schutt des eingestürzten Daches und des Turmes beräumt und das Mauerwerk gesichert. Dabei wurden zwei historische Grabtafeln aus dem 16. Jahrhundert und von 1890 freigelegt und sichergestellt. Auch Teile von den Emporen und der Turmuhr wurden geborgen und eingelagert. Über 100 Tonnen wiederverwendbares Mauerwerk ist inzwischen aussortiert und wartet auf die Wiederverwendung.

Bei einem Neubau sollen die noch vorhandenen verbliebenen Mauerreste mit einbezogen werden.[11] Dann könnten wieder eine „lebendige“ Kirche mit Gottesdiensten, Ausstellungen und Konzerten entstehen. Auch an neue Nutzer wurde dabei gedacht, wie die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens, die Stadtteil-Feuerwehr[12] der Spielmannszug Canitz,[13] die Sportgemeinschaft Canitz[14] oder auch der Segelfliegerclub.[15] Vom Förderverein wurden Spenden gesammelt und Fördermittel beantragt. Mit Zuschüssen von der Landeskirche und Mitteln von der Denkmalpflege konnte so eine Notsicherung erfolgen. Sichtbares Resultat ist der erreichte Baufortschritt, der neue Dachstuhl mit dem am 11. November 2017 gefeierten Richtfest. Aus der Notsicherung heraus wurde das Dach komplett neu gedeckt und eröffnet die Planungen für eine Innengestaltung. Derzeit hat die Kirche einen überdachten Kirchenraum und einem Vorraum, der Turmraum. Sanierungsbedürftig sind noch die ruinösen Mauerwerkreste von Apsis und Chorraum.[16] Mit der beliebten Fernsehsendung des MDR Mach Dich Ran erspielten sich die Canitzer einen Betrag von 70,000 Euro für den weiteren Aufbau der Canitzer Dorfkirche. Am 27. September 2019 erfolgte in der Livesendung Oh Happy Day die Scheckübergabe. Am 26. Juni 2022 wurde die wiederaufgebaute Kirche wieder geweiht.[17] Das Wiederaufbauprojekt wurde, nach einem Entwurfsverfasser Peter Zirkel Architekten aus Dresden ab dem 18. März 2021, mit einem außergewöhnlichen hohen Anteil an Eigenleistungen und somit sparsamen Budget, realisiert. Besonders hervor zu heben sind die Holzeinbauteile, besonders die teilweise zu bewegenden Holzlamellen am Ostgiebel. Das im ländlichen Raum geschaffene hochwertige Objekt verkörpert das Miteinander und wurde deshalb im Rahmen des Staatspreises für Baukultur 2022 mit einer Anerkennung von der Zentral für Baukultur Sachsen bedacht.[18]

Literatur

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  • Georg Buchwald: Neue Sächsische Kirchen-Galerie, Die Ephorie Oschatz. Verlag von Awed Strauch, Leipzig 1901, Band 6, S. 140ff.
  • Richard Steche: Sachsen Kirchen-Galerie, Die Inspektion Oschatz. Verlag von Hermann Schmidt, Band 3, S. 140 ff.
  • Bau und Kunstdenkmäler des Königreiches Sachsen. Heft 27: Amthauptmannschaft Oschatz. Bearbeitet von Cornelius Gurlitt. Verlag Meinhold und Söhne 1910, S. 61–67. Digitalisat
  • Kirchenvorstand Borna-Canitz, Pfarrer Jochen Kinder: Gemeindebrief, Sonderausgabe März 2009.
  • Matthias Donath, Jörg Blobelt: Evangelische Kirchen im Kirchenbezirk Leisnig-Oschatz. Druck Druckerei Dober, Mügeln; 2011; S. 27.
  • Horst Bilz: Heimatbuch Canitz. 1958.
  • Werte unserer Heimat: Um Oschatz und Riesa. Akademie-Verlag Bertin, 1977.
  • Riesaer Heimat Heft 7/1958; Canitz im Wandel der Zeiten.
  • Cindy Zscherper: Projekt in Gemeinschaftskunde – Stelle deinen Heimatort vor! Ortschronik: 9. Dezember 2002.
  • Rainer Thümmel: Glocken in Sachsen. Klang zwischen Himmel und Erde. Hrsg. vom Evangelischen Landeskirchenamt Sachsens. Mit einem Geleitwort von Jochen Bohl und Fotografien von Klaus-Peter Meißner. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2011, ISBN 978-3-374-02871-9, S. 280.
  • Katalog: Sächsischer Staatspreis für Baukultur 2022; Herausgeber: Staatsministerium für Regionalentwicklung (SMR); Verlag Druckhaus Dresden 2022; S. 22 bis 25
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Commons: Kirche Canitz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Canitz im Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
  2. Georg Buchwald: Neue Sächsische Kirchen-Galerie, Die Ephorie Oschatz. Verlag von Awed Strauch, Leipzig 1901, Band 6, S. 139.
  3. Georg Buchwald: Neue Sächsische Kirchen-Galerie, Die Ephorie Oschatz. Verlag von Awed Strauch, Leipzig 1901, Band 6, S. 140.
  4. Steche: Sachsen Kirchen-Galerie, Die Inspektion Oschatz. Verlag von Hermann Schmidt, Band 3, S. 75.
  5. Georg Buchwald: Neue Sächsische Kirchen-Galerie, Die Ephorie Oschatz. Verlag von Awed Strauch, Leipzig 1901, Band 6, S. 145.
  6. a b c Bau- und Kunstdenkmäler des Königreiches Sachsen, Heft 27, Amtshauptmannschaft Oschatz. Bearbeitet von Cornelius Curlitt. Verlag Meinhold und Söhne, 1910, S. 61.
  7. Georg Buchwald: Neue Sächsische Kirchen-Galerie, Die Ephorie Oschatz. Verlag von Awed Strauch, Leipzig 1901, Band 6, S. 142.
  8. Georg Buchwald: Neue Sächsische Kirchen-Galerie, Die Ephorie Oschatz. Verlag von Awed Strauch, Leipzig 1901, Band 6, S. 146.
  9. a b Rainer Thümmel: Glocken in Sachsen: Klang zwischen Himmel und Erde. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2011, ISBN 978-3-374-02871-9, S. 280.
  10. Förderverein
  11. Studie – Wiederaufbau Kirche Canitz als Gemeindezentrum. Lienig & Baumeister Architekten, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 1. November 2016; abgerufen am 26. Juni 2022.
  12. Stadtteil-Feuerwehr
  13. Spielmannszug Canitz (Memento vom 25. Juni 2016 im Internet Archive)
  14. Sportgemeinschaft Canitz
  15. Segelfliegerclub
  16. Gemeindebrief-Dezember-2019-Januar-Februar-2020.pdf
  17. Sachsenspiegel vom MDR vom Tag
  18. Katalog Sächsischer Staatspreis für Baukultur 2022; Herausgeber:Staatsministerium für Regionalentwicklung (SMR); Verlag Druckhaus Dresden 2022; S. 22 bis 25

Koordinaten: 51° 18′ 48″ N, 13° 13′ 5,8″ O